Benutzer:KaraJKU/Spielwiese

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Das Individual Placement and Support-Modell, kurz IPS-Modell, ist ein evidenzbasiertes Unterstützungsmodell für die berufliche (Wieder-) Eingliederung von Menschen mit psychischen Erkrankungen am Arbeitsmarkt.

Zielsetzung im IPS-Modell

Ziel des IPS-Modells ist die Wiedereinführung in einen neuen Arbeitsplatz oder die Reintegration in den bisher bestehenden Arbeitsplatz von Personen mit psychischen Erkrankungen direkt nach einem erfolgreichen Behandlungsprozess (z. B. auf einer psychiatrischen Abteilung). Die individuelle Unterstützung findet durch sogenannte Jobcoaches im direkten Arbeitsumfeld der betroffenen Person statt. Da die Betreuung von psychisch Erkrankten eine gewisse Herausforderung sein kann und maßgeblich vom Krankheitsbild des Betroffenen abhängt, wird die Dauer der Betreuung nach Bedarf angepasst.

Die acht Prinzipien des IPS-Modells

Das IPS-Modell basiert auf acht Prinzipien, die nachfolgend genauer beschrieben werden.

IPS Prinzip
1 Ziel von IPS ist das Finden und der Erhalt des Arbeitsplatzes auf einem Gehaltsniveau, dass zumindest dem Mindestlohn entspricht.
2 Es wird keine Person, die Interesse an einem Arbeitsplatz zeigt, ausgeschlossen.
3 Klinische Behandlungen bzw. notwendige Therapien werden auf die Arbeitszeit des Betroffenen abgestimmt und/oder strategisch sinnvoll verknüpft.
4 Die Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. Ausbildung ist auf die persönlichen Präferenzen der betroffenen Person ausgerichtet.
5 Im Rahmen von IPS finden Beratungen hinsichtlich Sozialversicherungsleistungen und finanzieller Unterstützung statt.
6 Der Arbeitsplatz soll möglichst zeitnah nach Wunschäußerung, in der Regel innerhalb von 30 Tagen, von der betroffenen Person aufgesucht werden können.
7 Arbeitsplätze werden durch Vernetzungssysteme mit Betrieben am allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. nach den Präferenzen der teilnehmenden Personen gesucht.
8 Sowohl die teilnehmenden Personen als auch die Arbeitgeber werden langfristig durch Coaches betreut, wenn nötig auch unbefristet.

Forschungsergebnisse zu IPS

Die hohe Wirksamkeit des IPS-Modells konnte international in 28 randomisierten Studien nachgewiesen werden (Beleg/Quelle der Studien fehlt!). Das Wissen um die Hintergründe ist derzeit noch etwas spärlich (Welches Hintergrundwissen?). Verschiedene qualitative Studien zeigen allerdings die Tendenz, dass Menschen kompetitive Arbeit mehr schätzen als ein geschützte (Beleg fehlt!). Es hat sich weiters in den randomisierten Studien gezeigt, dass etwa zweieinhalbmal so viele Menschen mit psychischer Erkrankung am allgemeinen Arbeitsmarkt eingegliedert werden können als im Vergleich zur bisher üblichen Methode des vorherigen Trainings mit anschließender Platzierung am Arbeitsmarkt. Aufgrund der hohen Wirksamkeit wurde IPS speziell bei Personen mit schweren psychischen Erkrankungen mit dem höchsten Empfehlungsgrad versehen (Wer empfiehlt es?). Die Wirksamkeit von IPS ist maßgeblich davon abhängig, in welchem Ausmaß die oben angeführten acht Prinzipien richtig und vollumfassend umgesetzt werden.

Umsetzung von IPS am Beispiel einer Klinik in Deutschland

Am Vivantes Klinikum am Urban in Berlin, Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, wird IPS seit 2016 für Patienten, die Unterstützungsbedarf bei der (Wieder-)Eingliederung am allgemeinen Arbeitsmarkt haben, in verschiedenen klinischen Settings (vollstationär, teilstationär und ambulant) angeboten.

Das IPS-Modell ist personell mit vier Jobcoaches plus Leitung (insgesamt vier VK) (Was heißt VK?) besetzt. Ein IPS-Jobcoach bietet maximal 20 Coachings pro Woche an. Bei vielen Patienten besteht bereits in der klinischen Versorgung ein Bedarf an Unterstützung bei ihren arbeitsbezogenen Problemlagen. Jede Patient mit Interesse an Arbeit erhält innerhalb einer Woche ein Informationsgespräch. Mit seiner Bereitschaft, sich auf einen längerfristigen (Wieder-)Eingliederungsprozess einzulassen, kann der Betroffene unmittelbar in das IPS-Programm aufnehmen.

Die Teilnehmenden werden von ihrem IPS-Jobcoach settingübergreifend begleitet. Settingübergreifend bedeutet, dass in der stationären, tagesklinischen und ambulanten Behandlung der gleiche IPS-Jobcoach für den Betroffenen zuständig ist, um ein gewisses Maß an Kontinuität zu der Bezugsperson zu gewährleisten. Im Informationsgespräch werden die Interessenten für die individuelle „optimale Anforderung eines Arbeitsplatzes“ (Wenn Zitiat, bitte Quelle angeben) sensibilisiert. Dieser optimale Bereich soll idealerweise weder im Bereich der Unterforderung, die sich u. .a. durch langfristige Arbeitsunfähigkeit, fehlende Tagesstruktur, Prokrastination, Passivität und gegebenenfalls Substanzkonsum äußert, als auch im Bereich der Überforderung, die sich durch Frühwarnzeichen bemerkbar macht, angesiedelt sein. Bei rund 30 Prozent der Patienten bleibt es (vorerst) bei diesem Infogespräch bzw. einer Kurzzeitberatung mit maximal drei Terminen. Möchten Patienten nach Abschluss des Informationsgespräches die in das IPS-Programm einsteigen, treffen sie ihren Jobcoach zunächst in wöchentlicher Frequenz. Diese Treffen finden in den Büros an der Klinik, im Umfeld der Patientinnen und Patienten oder an deren Arbeitsplatz statt.

Besteht noch ein Arbeitsplatz, erfolgt die Unterstützung häufig in Form einer stufenweisen Wiedereingliederung. Diese reicht von einem vom Teilnehmenden und behandelndem Arzt gemeinsam erstellten Eingliederungsplan, der Begleitung zum BEM-Gespräch (Was bedeutet BEM?) bis hin zu regelmäßigen Standortgesprächen am Arbeitsplatz mit dem Vorgesetzten und/oder Arbeitskollegen.

Die IPS-Jobcoaches stellen sicher, dass die Teilnehmenden im Betrieb eine feste Ansprechperson haben, die gerade in der ersten Zeit des (Wieder-)Einstiegs an den Arbeitsplatz eine wichtige Unterstützung und Sicherheit vermittelnde Person darstellt. Die Frequenz der IPS-Jobcoachings wird nach Stabilisierung der Situation am Arbeitsplatz individuell reduziert und kann in Krisen wieder intensiviert werden. Die Termine mit dem Coach finden grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit statt und können in Präsenz oder online durchgeführt werden. Ist kein Arbeitsplatz vorhanden oder die teilnehmende Person kann nicht an den bestehenden Arbeitsplatz zurückkehren, erhält sie eine individuelle Unterstützung bei der Suche nach einer neuen Tätigkeit.

Für nahezu alle IPS-Teilnehmenden ist der Umgang mit der psychischen Erkrankung am Arbeitsplatz ein wichtiges Thema. Stigmatisierungserfahrungen durch andere Kollegen und/oder Selbststigmatisierung können sich negativ auf die Arbeitsleistung und die Arbeitsmotivation des Betroffenen auswirken. Der charakteristischen Vorlauf einer psychischen Krise (Absenzen, sozialer Rückzug, Überforderungserleben und reduzierte Arbeitsleistung, schwelende oder offene Konflikte mit Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten) soll idealerweise durch das offene und unaufgeregte Gespräch zwischen Betroffenen und dessen Vorgesetzten, unterstützt durch den IPS-Jobcoach, die Voraussetzungen für eine angstfreie und strukturierte stufenweise Wiedereingliederung am Arbeitsplatz schaffen.

Neues Unterkapitel - Daten zu Effektivität von IPS ?

In Deutschland gibt es derzeit zwei IPS-Programme, die ihre Eingliederungsquoten erheben. Sie erbringen Ergebnisse, die mit denen internationaler Studien vergleichbar sind. Am Zentrum für Psychiatrie (zfp) Reichenau wurden 60 Prozent  (Arbeitsplatzsuche) und 90 Prozent (Arbeitsplatzerhalt) der Teilnehmenden und am Vivantes Klinikum am Urban in Berlin 45 Prozent (Arbeitsplatzsuche) und 59 Prozent (Arbeitsplatzerhalt) der Teilnehmenden (wieder) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig.

Am Vivantes Klinikum Am Urban, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Berlin wird das IPS-Modell seit 2016 für die Patienten, die Unterstützungsbedarf bei der (Wieder-)Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anmelden, in stationärer, tagesklinischer und ambulanter Behandlung in der psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) angeboten.* (dieser Absatz ist schon vorhanden - durchstreichen ?)

Barrieren bei der flächendeckenden Ausrollung von IPS in Deutschland und Österreich

In Deutschland stellt die mangelnde einheitliche Verwaltungsstruktur mit unterschiedlichen Versicherungsträgern das größte Problem des flächendeckenden Angebots des IPS-Modells dar. Als Konsequenz werden traditionelle berufliche Maßnahmen, die weniger wirksam sind, umgesetzt (Belegte Aussage oder Meinung?).

*Ein weiteres Hemmnis stellen die im Rehabilitationsrecht (§ 10 SGB VI) definierten persönlichen Voraussetzungen (Rehabilitationsfähigkeit mit einer Erwerbsfähigkeit von mindestens drei Stunden pro Tag und das Abwarten, bis eine günstige Prognose gestellt werden kann) dar, die einem raschen und niedrigschwelligen, bedarfsorientierten Zugang zu wirksamen Interventionen, wie dem IPS, entgegenstehen. Dies befördert den Verbleib psychisch erkrankter Beschäftigter in arbeitsmarktfernen Rechtskreisen (lange Arbeitsunfähigkeiten im Krankengeldbezug), was wiederum mittel- und langfristig ungünstig auf die Prognose einer Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit wirkt.*

Literatur

  • Greshoff, R./ Schimank, U.: Hartmut Esser. In: Kaesler, Dirk (Hrsg.): Aktuelle Theorien der Soziologie. München 2005, S. 231ff
  • Rössler, W.: Soziale Psychiatrie. Stuttgart 2013, S. 212 ff.

Schriften (Auswahl)

  • Soziologie. Allgemeine Grundlagen, 2., durchgesehene Auflage, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-593-34960-4.
  • Soziologie. Spezielle Grundlagen in sechs Bänden:
    • Band 1: Situationslogik und Handeln, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-593-36335-6.

Weblinks

Wikibooks: Hartmut Esser – Lern- und Lehrmaterialien

Erfolgreiche (Wieder-)Eingliederung durch Individual Placement and Support (IPS) : DGUV forum 11/2021 : DGUV forum

Einzelnachweise