Franz von Holtzendorff (Jurist)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. Mai 2022 um 10:25 Uhr durch imported>TaxonBot(1824919) (Bot: Steuerzeichen ersetzt).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Franz von Holtzendorff. Abbildung aus der Zeitschrift "Die Gartenlaube" (1875).

Franz von Holtzendorff (* 14. Oktober 1829 in Vietmannsdorf (Uckermark); † 4. Februar 1889 in München) war ein deutscher Strafrechtler und Hochschullehrer.

Leben

Franz von Holtzendorff, Sohn des liberalen Politikers und Publizisten Franz von Holtzendorff,[1] studierte Jurisprudenz in Berlin, Bonn und Heidelberg. In Bonn war er seit 1850 Mitglied[2] des Corps Hansea.[3]

Nach dem Studium widmete er sich der Gerichtspraxis, bis er sich 1857 an der Friedrich-Wilhelms-Universität habilitierte und Privatdozent wurde. In Berlin erhielt er 1861 eine außerordentliche Professor. 1872 nahm er einen Ruf nach München auf eine ordentliche Professur an. Seine Bemühungen waren vornehmlich auf die Reform des Gefängnis- und Strafwesens gerichtet. Dazu machte er ausgedehnte Studienreisen durch ganz Europa.

Er wandte sich gegen das in Preußen übliche Gefängniswesen, wie man aus den dazu verfassten Werken Die Brüderschaft des Rauhen Hauses (Berlin 1861) und Der Brüderorden des Rauhen Hauses und sein Wirken in den Strafanstalten (1. u. 2. Aufl., Berlin 1862) entnehmen kann. Seine Beziehung zu Hamburg lag auch an seiner Ehe mit Pauline[4] Binder (1821–1912), einer Tochter des Hamburger Bürgermeisters Nicolaus Binder. Ihre Kinder waren Richard von Holtzendorff (1867–1920) und Martha von Holtzendorff (1869–1919).

Er begründete den Deutschen Juristentag und engagierte sich für den Protestantentag und für die soziale Besserstellung der Frauen. Holtzendorff war von 1868 bis 1872 erster Vorsitzender des Lette-Vereins in Berlin. Allgemein bekannt wurde er auch durch seine Verteidigung des Grafen Harry von Arnim (1874).

Von 1861 bis 1873 gab Holtzendorff die Allgemeine deutsche Strafrechtszeitung, seit 1866 mit Virchow die Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, seit 1871 das Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege des Deutschen Reichs, seit 1872 mit Wilhelm Oncken die Zeit und Streitfragen heraus. Seit 1870 gab er die Encyklopädie der Rechtswissenschaft heraus, die umfangreichste Gesamtdarstellung der deutschen Rechtswissenschaft seiner Zeit.

Der seit 1910 nach Franz von Holtzendorff benannte Platz in Berlin-Charlottenburg wurde am 10. Juni 2010 zu Ehren des deutsch-jüdischen Schriftstellers Siegfried Kracauer, der Anfang der 1930er Jahre in der Sybelstraße 35 mit Blick auf den Holtzendorffplatz lebte, in Kracauerplatz umbenannt.[5] Die Holtzendorffstraße verläuft von der Kantstraße und vom Amtsgerichtsplatz bis zur Joachim-Friedrich-Straße und bis zum ehemaligen Holtzendorffplatz. Sie trägt ihren Namen seit dem 30. Juli 1897[6].

Im Münchner Stadtbezirk Obergiesing-Fasangarten wurde unweit der Justizvollzugsanstalt München (Stadelheim) eine Straße nach ihm benannt.

Werke (Auswahl)

Literatur

  • Leonie von Holtzendorff: Franz v. Holtzendorff. Duncker & Humblot, Berlin 2015, ISBN 978-3-428-84557-6, S. 769.
  • Michael Th. Greven: Franz von Holtzendorff als früher Theoretiker der „öffentlichen Meinung“ im Lichte der heutigen Theorie „deliberativer Öffentlichkeit“. In: Harald Bluhm, Karsten Fischer, Marcus Llanque (Hrsg.): Ideenpolitik: geschichtliche Konstellationen und gegenwärtige Konflikte. Akademie-Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-05-005099-7, S. 213–229.
  • Katja Jönsson, Matthias WolfesHoltzendorff, Franz von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 18, Bautz, Herzberg 2001, ISBN 3-88309-086-7, Sp. 658–669.
  • Carl Meltz: Holtzendorff, Franz von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 556 f. (Digitalisat).
  • Albert TeichmannHoltzendorff, Franz von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 55, Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S. 785–801.
  • Rudolf Virchow: Nachruf auf Franz von Holtzendorff. In: Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge ; N.F.,69 [Beil.] Verlagsanstalt u.nd Druckerei A.-G., Hamburg 1889. Digitalisat.
  • Felix Stoerk: Franz von Holtzendorff : ein Nachruf. In: Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge ; N.F.,71. Verlagsanstalt u.nd Druckerei A.-G., Hamburg 1889. Digitalisat.

Einzelnachweise

  1. Rochus Freiherr von Liliencron, Franz X. von Wegele, Anton Bettelheim: Holtzendorff; Franz v. H. (sen.) aus dem Hause Vietmannsdorf. In: Historische Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Allgemeine Deutsche Biographie. Auf Veranlassung Seiner Majestät des Königs von Bayern. Band 13. Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 12–16 (google.de [abgerufen am 11. Mai 2022]).
  2. Wilhelm Spuhn: Mitglieder-Verzeichniss des Corps Hansea zu Bonn. 1849 – 1892. Ehrenmitglieder der Hansea. Kramer & Baum, Bonn, Crefeld 1892, S. 5 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 10. Mai 2022]).
  3. Kösener Corpslisten 1930, 13, 14
  4. Hamburger Geschlechterbuch. 1910. In: Bernhard Koerner, Ascan W. Lutteroth (Hrsg.): Deutsches Geschlechterbuch. Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien. 18. Erster Hamburger Band, Binder. C. A. Starke, Görlitz 1910, S. 67 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 10. Mai 2022]).
  5. Kracauerplatz, ehem. Holtzendorffplatz. In: Berlin.de, Bezirksamt Charlottenburg, Über den Bezirk. Abgerufen am 23. September 2016.
  6. Holtzendorffstraße. In: Berlin.de, Bezirksamt Charlottenburg, Über den Bezirk. Abgerufen am 23. September 2016.

Siehe auch

Weblinks

Wikisource: Franz von Holtzendorff – Quellen und Volltexte