13 Glaubenssätze des Maimonides
Als 13 Grundsätze des Maimonides (hebräisch הַעִקָּרים לְפִי הַרמב"ם; „ha-Ikkarim lefi ha-Rambam“, traditionell „Schelosch essre Ikkarim“) bezeichnet man die von Maimonides in dessen Mischnakommentar aufgestellten zentralen Glaubenslehren des Judentums.
Charakteristik, Rezeption, historische Entwicklung
Sie bestehen aus einer Reihe von Grundaussagen zur jüdischen Religion (hebräisch עִיקָּרֵי הַאֱמוּנָה הַיְהוּדִית) und wurden von Maimonides formuliert in seinem Mischna-Kommentar (Kitāb al-Sirāj, Traktat Sanhedrín, Kapitel 10, 1, Einleitung zu Pereq Heleq). Sie wurden u. a. aus talmudischen Quellen zusammengestellt.
Diese, nach Ansicht einiger Gegner dem Judentum nicht inhärenten Prinzipien – insbesondere die zuvor dem Judentum völlig fremde Auferstehung – und überhaupt die damit suggerierte Auffassung, gleichsam verbindliche „Dogmen“ für das Judentum aufstellen zu können, waren sehr umstritten und führten sogleich zu heftiger Kritik, so durch die Rabbiner Isaak Abrabanel[1], Abraham ben David von Posquières, Chasdaj Crescas und Josef Albo. Letzterer schlug in seinem Hauptwerk Sefer ha-Iqqarim eine Reduktion auf 3 Prinzipien (Gott, Offenbarung, Vergeltung) vor, die aber gerade nicht als „Dogmatisierung“ verstanden werden dürfe.
Die maimonidischen Iqqarim wurden auch in den folgenden Jahrhunderten von Teilen der jüdischen Gemeinde ignoriert. Für das orthodoxe Judentum sind sie bis heute gültig. Diese Prinzipien werden im Jigdal auf poetische Art und Weise wiedergegeben. In Form eines Glaubensbekenntnisses („Ich glaube ..“) sind sie erstbelegt in einer venezianischen Haggada von 1566.[2]
Die Glaubenssätze
- Dasein Gottes
- Seine Einheit
- Seine Unverkörperlichkeit
- Seine Ewigkeit
- Die Pflicht, ihn allein anzubeten
- Die Tatsache der Prophetie
- Die Überlegenheit der Prophetie Moses über die aller anderen Propheten
- Die Göttlichkeit der Tora
- Ihre Unveränderlichkeit
- Die göttliche Allwissenheit
- Lohn und Strafe
- Das Kommen des Messias
- Die Auferstehung
Textausgaben und Übersetzungen
- Joshua Abelson: Maimonides, Commentary on the Mishnah, Introduction to Ḥelek. In: J. David Bleich (Hrsg.): With Perfect Faith: The Foundations of Jewish Belief, Ktav Pub. House, New York, N.Y. 1983, ISBN 0-87068-891-X, 21–50.
- Israel Friedländer (Hrsg.): Selections from the arabic writings of Maimonides, Leiden 1901, Nachdruck 1951, 28f. (arab. Text)
- Manuel (Manni) Gottlieb: Pērūš ha-Mišnā, Mose ben Maimon's Commentar zur Mischnah, Tractat Sanhedrin. In neuer hebräischer Übersetzung aus dem arabischen Urtext, Hannover 1906, 49–55.
- Jerzy Holzer: Moses Maimunis Einleitung zu Cheleq / Zur Geschichte der Dogmenlehre in der jüdischen Religionsphilosophie des Mittelalters, Poppelauer, Berlin 1901. (arab. und hebr. Text und dt. Übersetzung) (Digitalisat, e-Text hebr.)
- Yosef Kafih (Hrsg.): Mishnah im Peirush Rabbeinu Moshe ben Maimon, Bd. 4, Mossad ha-Rav Kook, Jerusalem 1964, 211. (hebr. Text)
- Josef Maier: [Einleitung] Zu Person und Werk des Mose ben Maimon. In: Ders. (Hrsg.): Moses Maimonides. Führer der Unschlüssigen, hg. und übers. Adolf Weiss, Bd. 1, Meiner, Hamburg, 2. Aufl. 1972, xi-civ, xli-xlviii. (dt. Übers.)
- M. D. Rabinowitz (Hrsg.): Hakdamot le-Feirush ha-Mishnah, Mossad ha-Rav Kook, Jerusalem 1961, 137f. (hebr. Text)
- Fred Rosner: Maimonides' commentary on the Mishnah, Tractate Sanhedrin, Sepher-Hermon Press, New York 1981, 134–158 (hg. und übers.)
Literatur
- Joshua Abelson: Maimonides on the Jewish Creed. In: The Jewish Quarterly Review. Bd. 19, Nr. 1, 1906, ISSN 0021-6682, S. 24–58, doi:10.2307/1451103, e-Text.
- Hanoch Ben Pazi: Ikkarim. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 3: He–Lu. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02503-6, S. 112–117.
- Jakob Guttmann: Ueber Dogmenbildung im Judenthum. Jacobsohn, Breslau 1894.
- Johannes Hildebrandt: Moses Maimonides, der große Schriftgelehrte, Arzt und Philosoph: Vortrag vor der Arbeitsgemeinschaft Judentum und Christentum in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz am 4. September 2006. In: Homiletisch-liturgisches Korrespondenzblatt 24/88 (2006/2007), S. 29–42 sowie 24/89 (2007), S. 181–184.
- Arthur Hyman: Maimonides' „Thirteen Principles“. In: Alexander Altmann (Hrsg.): Jewish Medieval and Renaissance Studies (= Philip W. Lown Institute of Advanced Judaic Studies. Studies and Texts. Bd. 4, ZDB-ID 847150-2). Harvard University Press, Cambridge MA 1967, S. 119–144.
- Menachem Kellner: Dogma in Medieval Jewish Thought. From Maimonides to Abravanel Oxford University Press, Oxford u. a. 1986, ISBN 0-19-710044-9.
- Leopold Löw: Jüdische Dogmen. Offenes Sendschreiben an den Herrn Dr. Ignatz Hirschler, Eigenthümer des „Izraelita Közlöny“. Aigner, Pest 1871 (auch als Digitalisat bei archive.org).
- Friedrich Niewöhner: Glaubensartikel II. In: Joachim Ritter (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 3: G – H. Schwabe, Basel 1974, ISBN 3-7965-0694-1, Sp. 658–662.
Weblinks
- Maimonides: Die Dreizehn Glaubenssätze: Schloschah-'Asar 'Ikarim. In: Jüdisches Leben online. haGalil – Dr. Andrea Livnat, abgerufen am 10. Juni 2018.
- Maimonides: Moses ben Maimon: Führer der Unschlüssigen, Buch III, Kap. XXVI, Sechsundzwanzigstes Kapitel. In: Jüdisches Leben online. haGalil – Dr. Andrea Livnat, abgerufen am 10. Juni 2018. , basierend auf Holzer 1901.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Isaac Yishak Abravanel: Rosh Amanah, Tel Aviv 1958, in englischer Übersetzung: Isaac Abravanel: Principles of Faith (Rosh Amanah), hg. und übers. Menachem M. Kellner, London-Toronto 1982.
- ↑ Vgl. Alexander Altmann: Articles of faith, in: Encyclopaedia Judaica 2. Aufl. Bd. 2 (2007), 529-532, 530.