Fahrwerkvermessung

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Die Fahrwerkvermessung oder auch Achsvermessung ist ein Verfahren, das in der Kfz-Werkstatt angewendet wird, um die Radstellungsgeometrie eines Kraftfahrzeugs zu überprüfen und gegebenenfalls zu justieren.

Achsvermessung bei einem Ford Focus.
Radklemme am Hinterrad bei einer Achsvermessung.
Ein Mechaniker bei der Fahrwerkvermessung.

Ursachen und Auswirkungen einer fehlerhaften Fahrwerksgeometrie

Wenn ein Fahrzeugs trotz Lenkrad in Geradeausstellung nach rechts oder links zieht oder das Lenkrad bei Geradeausfahrt schief steht, stimmt häufig etwas mit der Fahrzeugachse nicht. Der Winkel der Radaufhängung kann sich durch die Fahrweise des Autolenkers oder auch mit zunehmender Fahrleistung verändern. Berührt beispielsweise ein Pkw mit korrekt eingestelltem Fahrwerk in einem Linksbogen mit dem kurvenäußeren Vorderrad den Bordstein, dann kann in Folge beim Geradeausfahren das Lenkrad schräg nach rechts stehen. Sofern dabei keine plastischen Verformungen entstanden sind, kann die Fachwerkstatt das Fahrwerk vermessen und neu einstellen. Anderenfalls müssen zunächst beschädigte Komponenten ersetzt werden.[1]

Ursachen für eine verzogene Radstellungsgeometrie können Unfallschäden ebenso wie Verschleiß sein. Verschlissene Lager und losvibrierte Schrauben können dazu führen, dass sich die Einbaulage des Motors verändert. Diese wiederum hat Auswirkungen auf die Position von Getriebe, Gelenkwellen und Hinterachsmittelstück zueinander. Dabei können die Knickwinkel außerhalb einer definierten Toleranzmarge liegen. Es kommt zu Fahrgeräuschen infolge erhöhter Reibung der einzelnen Triebstrangkomponenten und möglicherweise zu Leistungsverlusten. Außerdem werden die Reifen einseitig abgefahren, was durch nicht korrekten Reifendruck oder sogar nicht den Fahrzeugscheinen zu entnehmende Bereifung begünstigt wird. Besonders häufig tritt dieses Phänomen im Nutzfahrzeugbereich auf, insbesondere nach einem Aufschaukeln nach nicht ausreichender Ladungssicherung. Immerhin kommen von dort 70 Prozent der Beanstandungen ungleicher Reifenprofilabnutzung.

Besonders kostenbewusste Autofahrer, die auf preiswerten importierten Reifen unterwegs sind, benötigen optimale Einstellungen bei Lenkrad und Fahrwerk. Da ihre Pneus häufig auf Linksverkehr ausgelegt sind, nutzen sie sich in Ländern mit Rechtsverkehr besonders intensiv ab. Das liegt daran, dass auch eine Straße, die eben scheint, es nicht ist. Tatsächlich weist sie in der Regel eine zweieinhalbprozentige Seitenneigung auf. Neben anderen Faktoren führt dieser Umstand dazu, dass Reifen ungleich abgenutzt werden und dadurch Fahrverhalten und Fahrkomfort leiden. Schließlich steigen die Gegenkräfte. So kommt der optimalen Einstellung des Lenkgetriebes eine hohe Bedeutung zu.

Probleme beim Fahrwerk können sich an der Vorderachse ergeben bei Einzel- und Gesamtspur, bezogen auf die geometrische Fahrachse, Radsturz, und beim Radversatz, bezogen auf das linke Vorderrad. Vermessen werden müssen auch, wenn Probleme auftreten, Nachlauf, Spreizung und Spurdifferenzwinkel. An der Hinterachse sind Spur, Sturz und Fahrachswinkel zu überprüfen. Auch die Servolenkung auf der Antriebsachse sollte nicht vernachlässigt werden.

Mess- und Einstellverfahren

In Werkstätten bereitete früher die Fahrwerkvermessung, die mit mechanischen Pendelgeräten durchgeführt wurde, nicht selten große Schwierigkeiten, weil es an Präzision fehlte. Oft wurde subjektiv gemessen, und Erfahrungswerte spielten eine große Rolle, wo es an objektiven Messdaten fehlte. Heute wird aber elektronisch vermessen, da so auch Normen zur Qualitätssicherung eingehalten werden können. Oft gab es auch Schwierigkeiten mit dem Niveau des Messplatzes, in der Regel einer Hebebühne: Das Höhenniveau rechts zu links wirkt sich direkt auf die Sturzmessung aus, von vorn zu hinten auf die Nachlaufmessung. Heute sollte ein Achsmessplatz exakt sein, um ein korrektes Ergebnis zu erhalten. Daher werden meistens zertifizierte Scheinwerfereinstellplätze genutzt, welche sich auf vermessenem, ebenen Boden befinden oder auch 4-Säulen-Hebebühnen oder Scherenbühnen.

Der Einsatz der Neigungsmessung gilt unter Kfz-Experten heute als das einzig probate Mittel zur Korrektur der Radjustierung. In nunmehr zehn Jahren hat sich die Messmethode bei namhaften Fahrzeugherstellern bewährt. Mit der Neigungsmessung können sie nämlich auch Garantiefälle lösen, wo Reifen ungleich abgefahren werden und andere Messmethoden nicht mehr weiterführen. Die Kfz-Spezialisten setzen dabei heute elektronische Messgeräte ein, deren Einsatz gegenüber herkömmlichen mechanischen Verfahren bis zu 70 Prozent an Werkstattzeit erspart. Hierbei gibt es verschiedene Achsmessgeräte: Optische, CCD und 3D. Ein solches Neigungswinkelmessgerät muss pro Rad nur an einem einzigen Vermessungspunkt angesetzt werden, am gesamten Fahrzeug also an nur vier Messpunkten. Dabei wird der Winkel der Radaufhängung erfasst. Wird dieser Winkel nachgestellt, sollte die Abstimmung wieder optimal sein, wobei optische Achsmessgeräte aufgrund der fehlenden technischen Einstellhilfe fehleranfälliger sind als modernere CCD- und 3D-Achsmessgeräte. Beim Messen werden je nach Bedarf Adapter verwendet, die verhindern, dass der Messsensor schief aufliegt und so falsche Werte ermittelt würden. Dabei liegt neben der Zeitersparnis ein großer Vorteil dieser Messgeräte nicht allein in deren Präzision, sondern auch in der Tatsache, dass sie erfasste Messwerte abspeichern können. Der Kfz-Mechaniker kann diese Werte anschließend in einen Messcomputer übertragen und die erfolgte Messung auch per Ausdruck dokumentieren.

Je nach Ausführung können solche Handmessgeräte noch mehr als nur den Winkel der Radaufhängung erfassen. Mit nur einem Gerät sind gleich mehrere Messverfahren möglich: Erfasst werden kann das Fahrwerkniveau – das Gerät misst mit Hilfe von Adaptern Winkel sowohl in Fahrtrichtung als auch quer zur Fahrtrichtung oder den Knickwinkel.

Besonders hilfreich bei der Fahrwerkvermessung ist im Zusammenspiel mit dem Neigungsmesser auch eine Lenkradwaage. Üblich waren bis dato Wasserwaagen, doch die neusten Modelle funktionieren ebenfalls elektronisch. Sie sind mit einer elektronischen Drehmomentaufnahme ausgestattet und erlauben es, das Fahrwerk auf das gerade Lenkrad einzustellen. So lässt sich zum einen die seitliche Abdrift eines Fahrzeugs stichhaltig nachweisen. Zum anderen ist es durch eine feinere Abstimmung des Fahrwerks aber auch möglich, die Kräfte, die beim Lenken auf den Arm des Fahrers wirken, zu reduzieren. Dabei muss freilich auch das Spiel der Lenkstange oder des Lenkrades berücksichtigt werden. Man kann mit diesen elektronischen Lenkradwaagen bei einer Probefahrt sogar Messwerte abspeichern und über USB später auslesen. Adapter sind hier meist nicht notwendig, denn bessere Waagen sind mit einer Universalhalterung mit zwei Anschlagrollen versehen, die auf jedes Lenkrad passt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Thomas Vauderwange: Fahrwerkvermessung, Vogel-Buchverlag, Würzburg, 2011, ISBN 978-3834331991