Samlaut-Aufstand

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Obwohl Khieu Samphan an der 1. Phase der Rebellion nicht beteiligt war, wurde er von der Regierung beschuldigt hinter den Unruhen zu stecken. Bild 2009

Als Samlaut-Aufstand (Englisch Samlaut Uprising, oder Samlaut Rebellion) wird ein Aufstand gegen die herrschende Regierung der Sangkum Reastr Niyum (kurz Sangkum) bezeichnet, welcher am 11. März 1967 im Bezirk Samlaut der kambodschanischen Provinz Battambang ausbrach. Der Aufstand gilt als Beginn des Kambodschanischen Bürgerkriegs.[1] Der Aufstand griff schnell auf weitere Provinzen des Landes über und konnte erst nach massiven Bomberangriffen auf Dörfer der Aufständischen im folgenden Jahr unterdrückt werden. Auslöser des Aufstandes war die Erhebung von Steuern und die Festlegung von Preisen auf Reis. Die Regierung entsendete Soldaten in das Reisanbaugebiet Battambang um Schmuggel von Reis nach Vietnam zu unterbinden. Der Aufstand begann mit der Ermordung von 2 Soldaten durch die Aufständischen. Während des Aufstandes wurden Hunderte getötet und mehrere Dörfer komplett vernichtet. Der Aufstand führte zum Erstarken der zuvor eher unbedeutenden Kommunistischen Partei Kambodschas, welche 1975 als Rote Khmer die Herrschaft über das Land übernahm.[2] Der Aufstand kann in zwei Phasen eingeteilt werden.

Erste Phase

Am 2. März 1967 ermordeten aufgebrachte Dorfbewohner zwei Soldaten und stahlen ihre Waffen. Die Soldaten waren nach Battambang entsendet worden um im Auftrag der Regierung Reis zu festgelegten Preisen aufzukaufen. Die Soldaten hatten den Auftrag den Schmuggel von Reis, durch chinesische Händler zu unterbinden.[3] Nach dem Ereignis griffen mehrere Hundert aufgebrachte Dorfbewohner eine landwirtschaftliche Ausbildungsstätte der Sangkum in Stung Kranhoung an und brannten diese nieder. In den folgenden Wochen wurden weitere Polizeistationen und Militäreinheiten von den Rebellen angegriffen, Waffen gestohlen und weitere Polizisten, Militärangehörige getötet. Die Regierung unter Premierminister Lon Nol reagierte hart und entsendete am 11. März 1967 weitere Militär und Polizeieinheiten in die Region. Er setzte ein Kopfgeld auf die Rebellen und Mitglieder der Kommunistischen Partei Kambodschas aus, welche er für den Aufstand verantwortlich machte. Der Führer der Sangkum, Norodom Sihanouk befand sich zu dieser Zeit auf Besuch in Paris. Das Militär konnte fast 300 Rebellen verhaften und 19 töten. Am 22 April machte Sihanouk fünf prominente Vertreter des Linken Lagers der Sangkum darunter Khieu Samphan, Hou Yuon and Hu Nim für den Aufstand verantwortlich. Dies mussten aus Phnom Penh flüchten und in den Untergrund abtauchen. Dies wiederum führte am 5. Mai zu Protesten gegen Sihanouk, Lon Nol und die Sangkum in Phnom Penh.

Obwohl Sihanouk eine Amnestie den Rebellen anbot und den Rücktritt von Premierminister Lon Nol akzeptierte breitete sich die Rebellion auf weitere Provinzen in Westen des Landes aus. Viele Rebellen flüchtenden von der anrückenden Armee in die Wälder. Zur Unterstützung der Rebellen griffen Mitglieder der Kommunistischen Partei unter So Phim im Osten des Landes die Ortschaft Kandol Chrum an und töteten den Lokalen Distrikt Vorsteher. Im ganzen Land wurden Mitglieder der Kommunistischen Partei verhaftet und in einigen Fällen getötet. Das Militär ging immer brutaler gegen die Rebellen vor. Es kam zu Massentötungen und Massen Erhängungen. Im Mai und Juni bombardierte die Kambodschanische Luftwaffe die rebellierenden Dörfer und brannte sie nieder. 4000 Bewohner flüchteten in den Dschungel. Danach erklärte Sihanouk den Aufstand für beendet. In den darauffolgenden Monaten schlossen sich viele Mitglieder der kommunistischen Partei den in die Wälder geflüchteten Rebellen an. Darunter befanden sich viele Lehrer und Studenten. Sie legten geheime Basen und Waffenfabriken in den undurchdringlichen Dschungeln an. Einige Gebiete fielen komplett unter die Kontrolle der Kommunistischen Partei. Im Juni beschloss die Kommunistische Partei den bewaffneten Kampf aufzunehmen und gründete die Revolutionary Army of Kampuchea, kurz RAK.[4] Ursprünglich sträubte sich die Partei zu diesem Schritt auf Grund der Interessen von Nord-Vietnams. Die Regierung Sihanouk ermöglichte es den Nord-Vietnamesen, Häfen und Straßen von Kambodscha zu nutzen um ihre Truppen und die der Nationalen Front für die Befreiung Südvietnams, kurz NLF in Süd-Vietnam zu versorgen. Ein Sturz der Regierung Sihanouk war nicht im Interesse Vietnams.

Zweite Phase

Im Dezember 1967 beschloss die Regierung der Sangkum Dorf und Bezirksvorsitzende zu ernennen anstelle sie wählen zu lassen. Dies widersprach einer jahrhundertealten Tradition in der die Dorfoberhäupter von den Bewohnern gewählt wurden. Am 17. Januar 1968 griffen Rebellen und Mitglieder der Kommunistischen Partei einen Posten der Armee in Baydamram, Provinz Battambang an. Sie hatten sich monatelang auf diesen Tag vorbereitet.[5] Der Tag galt als Geburtstag des bewaffneten Kampfes der Roten Khmer.[6] In den darauffolgenden Wochen wurden weitere Militär und Polizeiposten überfallen und Waffen erbeutet. Die Dörfer Thvak, Chisang, Beng Khtum und Samlaut wurden angegriffen. Viele Bewohner flüchteten mit den Rebellen danach in die Wälder. Die Regierung stellte schnell fest das die Zweite Phase viel besser vorbereitet war als die Erste Phase. Die Rebellen hatten ein weitverzweigtes Netzwerk von Stützpunkten und Verteidigungspositionen in den Wäldern der Provinz Battambang angelegt. Prinz Sihanouk ernannte daraufhin Lon Nol erneut zum Verteidigungsminister. Dieser war Aufgrund von Kritik am harten Vorgehen der Armee gegen Rebellen im Jahr zuvor zurückgetreten. Wie im vergangenen Jahr griffen die Kämpfe auf weitere Teile der Provinz Battambang und auf Teile anderer Provinzen über. Rebellen griffen Polizei und Militärposten an, erbeuteten Waffen und zogen sich in ihre vorbereiteten, gesicherten Stützpunkte in den Wäldern zurück. Am 25 Februar folgte ein koordinierter Angriff der Rebellen auf die Regierungstruppen in mehreren Provinzen. In Battambang, Pursat, Takeo, Kampot, Koh Kong und Kompong Chhnang wurden Regierungstruppen angegriffen. Mehr als 10.000 Bewohner flüchteten mit den Rebellen in die Wälder.[7] Im März 1968 schlug die Regierungsarmee hart zurück. Die meisten Stützpunkte und Verteidigungspositionen konnten nach heftigen Gefechten von der Armee eingenommen werden. Die Luftwaffe bombardierte die Wälder. Am 8. April 1968 konnte das temporäre Hauptquartier der Kommunistischen Partei in Phnom Veay Chap eingenommen werden. Sie zogen sich wieder in ihre ursprünglichen Stützpunkte an der Grenze zu Vietnam und Thailand zurück. Auch die meisten geflüchteten Dorfbewohner kehren in ihre Dörfer zurück.

Folgen

Obwohl der Aufstand nicht erfolgreich war gewann die Kommunistische Partei durch die Rebellion an Ansehen und konnte ihr Netzwerk Mitte 1968 auf das gesamte Land erweitern. Vor dem 17. Januar 1968 waren sie nicht zum bewaffneten Kampf bereit gewesen. Erst die Politik von Prinz Sihanouk und der Sangkum führte dazu, die Waffen zu erheben. Die bewaffneten Propagandaeinheiten wurden im ganzen Land aktiv. Zu größeren Gefechten kam es aber nicht. Die RAK der Kommunistischen Partei erhielt wenig Unterstützung durch Nord-Vietnam, welches weiterhin die Regierung von Prinz Sihanouk unterstützte. Erst nach dem Sturz von Sihanouk durch Lon Nol erhielt die RAK die notwendige Unterstützung um ihren bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen. Die fehlende Unterstützung durch die Kommunistische Welt führte zu einem nachhaltigen Eindruck bei den Roten Khmer. Man vertraute Niemanden und wollte mit keinem Zusammenarbeiten.

Literatur

  • Ben Kiernan: The Samlaut Rebellion and Its Aftermath 1967–70, Monash University, 1970
  • Ben Kiernan, Chanthou Boua, Wilfred Burchett: Peasants And Politics In Kampuchea 1942-1981, Zed Books Ltd., 1982

Einzelnachweise

  1. Jan Rickermann: Wenn wir dich eliminieren verlieren wir nichts, Zeitschrift für Ideologie Heft 9, 2016, Seite 171 Einzelne Krawalle wie der Bauernaufstand von Samlaut 1967 können als Vorboten der Revolten der Roten Khmer angesehen werden.
  2. Ben Kiernan: The Samlaut Rebellion and its Aftermath, 1967-70. The Origins of Cambodia’s Liberation Movement. Part 1 & 2, Monash University Centre of Southeast Asian Studies, 1975
  3. Milton Osborne: Sihanouk, Prince of light, prince of darkness, Allen & Unwin, 1994, ISBN 9781863736428
  4. Karl D. Jackson: Cambodia, 1975-1978. Rendezvous with death. Princeton University Press, 2014
  5. Rede von Nuon Chea, Phnom Penh Radio, Januar 17, 1977.
  6. Karl D. Jackson: Cambodia, 1975-1978. Rendezvous with death. Princeton University Press, 2014, Seite 17
  7. Ben Kiernan, Chanthou Boua: Peasants and Politics in Kampuchea, 1945-1981. Zed Press, New York, ISBN 978-0300144345, 0300144342 Seite 188