Mercedes-Benz PU106A Hybrid

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Mercedes-Benz PU106A Hybrid ist die Bezeichnung der ersten Ausbaustufe eines Rennmotors (auch engl. Power Unit) des Herstellers Mercedes AMG High Performance Powertrains für die Hybrid-Ära der Formel 1, der in der Saison 2014 eingesetzt wurde. Spätere Ausbaustufen wurden je Saison verschieden bezeichnet, beruhten jedoch auf dem gleichen Grundkonzept. Dieser Artikel behandelt den Rennmotor mitsamt der verschiedenen Ausbaustufen. Das Triebwerk wurde unter der Leitung des Geschäftsführers von Mercedes AMG HPP, Andy Cowell, sowie des damaligen Technischen Direktors des Mercedes-Werksteams, Bob Bell, konstruiert. Die Entwicklung hatte bereits mit Bekanntgabe der neuen Regeln Mitte 2011 begonnen und soll noch vor dem ersten Einsatz auf der Rennstrecke geschätzte 100 Millionen £ an Entwicklungskosten verschlungen haben.[1][2]

2014 wurden mit dem Motor im Mercedes F1 W05 Hybrid sowohl die Fahrerweltmeisterschaft (Lewis Hamilton) als auch die Konstrukteursweltmeisterschaft (Mercedes) gewonnen. In der Folge entwickelte sich die Power Unit mit ihren verschiedenen Ausbaustufen zu einem der erfolgreichsten Triebwerke in der Formel-1-Geschichte. Bis Ende 2021 konnten durch das Mercedes-Werksteam sieben Fahrer-WM-Titel und acht Kostrukteurs-WM-Titel eingefahren werden. Auch zahlreiche Kundenteams konnten mit der Power Unit vereinzelte Erfolge erzielen.

Technik und Entwicklung

Große Teile der Motorenkonstruktion wurden durch das Formel-1-Reglement festgelegt. So durften ab der Saison 2014 nur noch V6-Ottomotoren mit 1,6 Liter Hubraum, vier Ventilen pro Zylinder und einem Zylinderbankwinkel von 90° eingesetzt werden. Die Aufladung musste durch nur einen Turbolader erfolgen, der Ladedruck durfte maximal 3,5 bar betragen. Die Drehzahl war auf 15.000 Umdrehungen pro Minute limitiert, ebenso der maximale Kraftstoffdurchlauf mit 100 kg pro Stunde.

Im Gegensatz zu den Motoren der Konkurrenten von Renault und Ferrari hatte Mercedes zwar die Turbine an der üblichen Position hinter dem Verbrennungsmotor, den Kompressor jedoch unmittelbar vor den Motor platziert. Dieser lag damit in der Nähe der Airbox, des Lufteinlasses über dem Cockpit. Hierdurch wurde eine direkte Luftkühlung des Kompressors erreicht und der Platzbedarf für Wasserkühler in den Seitenkästen wurde reduziert. Dadurch konnten die Seitenkästen bei den Fahrzeugen mit Mercedes-Motoren kleiner und deutlich aerodynamischer gestaltet werden.[3]

Die Leistung des Verbrennungsmotors lag laut des Aufsichtsratsvorsitzenden des Mercedes-Teams, Niki Lauda, bei rund 426 kW (580 PS).[4] Diese Angabe erscheint jedoch sehr zurückhaltend in Anbetracht späterer Leistungen und der Angabe der Konkurrenten.[5] Zusätzlich zum Verbrennungsmotor gehörte auch ein Energierückgewinnungssystem (ERS-H) mit zur Hybrid-Motoreneinheit, das Abwärme vom Motor über den Turbolader zur Energiegewinnung nutzte und genau wie die elektromotorische Bremse an der Hinterachse die Batterien lud. Die Abgabe der Leistung erfolgte an einen 120 kW (163 PS) starken Elektromotor. Die Leistung des Verbrenners wurde bei späteren Ausbaustufen deutlich übertroffen. Anfang 2018 sprach Andy Cowell von annähernd 1000 PS Systemleistung, also inklusive der Batterien.[6]

Die Power Unit wurde unter dem Projektleiter Geoff Willis bei Mercedes seit 2011 von vornherein zusammen mit dem Rennwagen, in dem sie 2014 eingesetzt werden sollte, dem Mercedes F1 W05 Hybrid entwickelt. Dadurch gab es in der Premierensaison gegenüber vielen Konkurrenten kaum Probleme bei der Integration des Motors in das Auto.[7]

Technische Details (2014)
Datenbezeichnung Beschreibung
Gewicht Motor: min. 145 kg inkl. Batterie (20–25 kg)
Turbolader Einzel-Turbolader mit 3,5 bar Ladedruck
Ventile 4 pro Zylinder
Zylinder 90° V6
Bohrung
Kolbenhub
Hubraum 1,6 Liter
Drehzahl max. 15.000/min
Kraftstoffdurchlauf max. 100 kg/Stunde über 10.500/min
Auspuff ein Austrittsrohr
Energierückgewinnung Energy Recovery System
Leistung 120 kW (163 PS)
Leistung Leistung: ≥ 426 kW (580 PS)[4]

Ausbaustufen

Mercedes-Benz PU106A Hybrid war in der Premierensaison 2014 der offizielle Name des Triebwerks. In den nachfolgenden Saisons bekamen die weiteren Ausbaustufen des Motors jeweils neue Bezeichnungen. Formal bauten jedoch alle Ausbauformen auf der seit 2014 bestehenden Grundstruktur auf. Auch wurde nicht jedes Jahr ein neuer Motor entwickelt, vielmehr war die Entwicklung noch während der Saison ein fortlaufender Prozess.

Seit 2017 werden die Triebwerke eines Jahrgangs analog dem Einsatzfahrzeug des Werksteams mit fortlaufender M-Nummerierung (M für Motor) bezeichnet (bei den Fahrzeugen W für Wagen).

Stand: Saisonende 2021

Saison Rennen Bezeichnung Siege Poles belieferte Teams
2014 19 Mercedes-Benz PU106A Hybrid 16 19 Mercedes, Williams, Force India, McLaren,
2015 19 Mercedes-Benz PU106B Hybrid 16 18 Mercedes, Williams, Force India, Lotus
2016 21 Mercedes-Benz PU106C Hybrid 19 20 Mercedes, Williams, Force India, Manor
2017 20 Mercedes-AMG M08 EQ Power+ 12 15 Mercedes, Williams, Force India
2018 21 Mercedes-AMG M09 EQ Power+ 11 13 Mercedes, Williams, Force India
2019 21 Mercedes-AMG M10 EQ Power+ 15 10 Mercedes, Williams, Racing Point
2020 17 Mercedes-AMG M11 EQ Performance 14 16 Mercedes, Williams, Racing Point
2021 22 Mercedes-AMG M12 E Performance 10 10 Mercedes, Williams, Aston Martin, McLaren

Das Triebwerk galt 2014 und in den folgenden Saisons, mindestens jedoch bis 2019, als die unangefochten stärkste Antriebseinheit in der Formel 1.[8][9]

In den Jahren 2014 bis 2020 konnten mit den jeweiligen Ausbaustufen des PU106A Hybrid sowohl die Fahrer- als auch die Konstrukteursweltmeisterschaft gewonnen werden. In diesem Zeitraum gewannen Teams mit Mercedes-Motoren 103 der 138 gestarteten Grand Prix und starteten in 111 Rennen von der Pole-Position. 2021 konnte das Mercedes-Werksteam zum achten Mal in Folge die Konstrukteurs-WM gewinnen.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „New engines for Formula 1 in 2016?“ racecar-engineering.com, 24. November 2014, abgerufen am 4. Dezember 2014.
  2. racecar-engineering.com Mercedes W05 (abgerufen am 8. April 2014)
  3. Christian Nimmervoll, Dieter Rencken: „Turbo-Trick: Kupfert Renault von Mercedes ab?“ Motorsport-Total.com, 28. November 2014, abgerufen am 28. November 2014.
  4. a b Laut Niki Lauda. Vgl. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 8. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.motorsport.com
  5. Renault Energy F1-2014: Vettels neuer Beschleuniger. (Nicht mehr online verfügbar.) auto-motor-info.de, 21. Juni 2013, archiviert vom Original am 30. Dezember 2013; abgerufen am 30. Juni 2013.
  6. Matthias Brunner: Mercedes-Techniker: Was den Silberpfeil so gut macht. Speedweek.com, 23. Februar 2017, abgerufen am 23. Februar 2019.
  7. Michael Schmidt: 250 Millionen für zwei Titel. In: auto-motor-und-sport.de. 8. Dezember 2014, abgerufen am 18. Februar 2019.
  8. Mercedes soll, im Gegensatz zu Renault, die komplette Einheit auf dem Prüfstand und damit „das Zusammenspiel von Motor und Energierückgewinnungs-Systemen sowie die Software getestet haben.“ Vgl. RP-Online
  9. Laut Niki Lauda liegt der technische Vorsprung in der elektrischen Einheit. Vgl. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 8. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.motorsport.com.