Sankt-Lioba-Schule

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Sankt Lioba Schule
Sankt Lioba Schule - 3.jpg
Schulform Gymnasium
Gründung 1927
Adresse

Eleonorenring 2
61231 Bad Nauheim

Land Hessen
Staat Deutschland
Koordinaten 50° 21′ 46″ N, 8° 44′ 37″ OKoordinaten: 50° 21′ 46″ N, 8° 44′ 37″ O
Schüler ca. 1000
Leitung Bernhard Marohn
Website www.lioba.de

Die Sankt-Lioba-Schule (Eigenschreibweise: Sankt Lioba Schule) ist ein staatlich anerkanntes Gymnasium in freier Trägerschaft des Bistums Mainz mit etwa 1000 Schülern. Die Schule liegt zwischen den Gradierbauten I und II an der Kreuzung Zanderstraße/Eleonorenring in der Nähe der Innenstadt von Bad Nauheim.

Geschichte der St.-Lioba-Schule

Gründungsjahre

Die Schule wurde am 29. März 1927 von Schwestern Unserer Lieben Frau (S.N.D) eröffnet. Diese kauften eine Villa in der Goethestraße 20 (heute 16–18) und nannten sie Haus Lioba. Mit dem Kauf verpflichtete sich die Kongregation, für die katholische Kirchengemeinde Bad Nauheim eine katholische höhere Töchterschule zu errichten. Initiiert wurde diese Schule durch den damaligen Pfarrer Josef Nikolaus Hemmes (1873–1942). Als Nahziel plante man die Eröffnung am 1. April 1929. In der Karwoche 1927 übernahmen die beiden Schwestern (Sr.) M. Luzilla und M. Eginalda das Haus und begannen ihre erzieherische Tätigkeit mit einem eigenen Kindergarten und einem Jugendhort.[1] Während man das Jugendheim Anfang Mai 1927 eröffnen konnte, blieb die Mädchenschule zunächst noch ein Zukunftswunsch. In Hort und Kindergarten stieg nach Ostern 1928 die Zahl der zu betreuenden Kinder deutlich an, zudem erteilten die Schwestern Privatunterricht in Handarbeit, Musik und Englisch. Der damalige Mainzer Bischof Ludwig Maria Hugo besuchte im Juli 1928 das Haus Lioba, erlaubte am 18. Oktober 1928 auch die Aufnahme und den Unterricht „größerer Knaben.“

Zu diesem Zeitpunkt (19. Juni 1928) hatte das Mutterhaus die Erlaubnis erteilt, zu Ostern 1929 eine Jahrgangsstufe Sexta einzurichten.

Eröffnung 1929

Die Genehmigung des Hessischen Ministers für Kultus- und Bildungswesen im damaligen Volksstaat Hessen mit Sitz in der früheren Landeshauptstadt Darmstadt im Herbst 1928 lautete lapidar: „Ich genehmige die Errichtung einer kath. Höheren Mädchenschule vom Beginn des Schuljahres 1929 an unter den im Art. 28 des Volksschulgesetzes vom 25. Okt. 1921 enthaltenen Bedingungen."“ Schuldezernent wurde der Ministerialrat Hoffmann aus Darmstadt welcher im Herbst 1928 die Schwestern besuchte.

Sr. M. Elfriede begann den Unterricht mit 32 Sextanerinnen. Dass im protestantischen Bad Nauheim eine kath. höhere Mädchenschule Aufsehen erregte, war zu erwarten. Außerdem sah man darin eine gefährliche Konkurrenz zum städtischen Gymnasium. Aber auch die Stadtväter fühlten sich übergangen, weil man direkt in Darmstadt die Genehmigung erlangt hatte. Sogar eine Flugblattaktion an alle Nauheimer Haushalte wurde gestartet, in welcher sich der evangelische Bund gegen eine Konfessionsschule aussprach. Auch die schon länger in Bad Nauheim ansässigen Kettlerschwestern waren verärgert, denn sie unterhielten schon seit Jahren in Bad Nauheim eine Kurpension und ein Kinderheim. Das Haus Lioba in der Goethestraße war sehr rasch zu klein geworden und so machten sich die Schwestern auf die Suche nach einem neuen, wesentlich größeren Domizil. „Nach vielen und großen Schwierigkeiten gelang der Kauf des Zanderinstitutes.[2]

Die Schule

Weimarer Republik

Am 15. April erfolgte die Eröffnung der Schule, jedoch noch in der Goethestraße. Sr. M. Elfriede begann den Unterricht mit 32 Sextanerinnen. Die Schülerinnen trugen als Kennzeichen ihrer Schule blaue Mützen mit gelb-weißem Band. Unter ihnen befanden sich auch drei evangelische Mädchen. Zeugnistermin war der Lioba-Tag (28. September).

Der Umzug in das ehemalige Zander-Institut für medico-mechanische Therapie, eine Jugendstilvilla, erfolgte am 5. November. Die neue Sexta begann nach Ostern 1930 mit 21 Schülerinnen. Der Schuldezernent, Ministerialrat Hoffmann, besuchte erneut im September 1930 die Schule, hospitierte in der Quinta Französisch und Rechnen, in der Sexta Deutsch, Rechnen und Französisch. „Herr Ministerialrat war recht befriedigt.“

Erstmals wurde 1931 an Ostern eine Lehrerin, Margarete Burghard, eingestellt, die keine Ordensfrau war. Da zu Ostern 1931 eine weitere Klasse aufgenommen wurde, war ein Umbau vonnöten. Insgesamt 72 Schülerinnen gingen damals auf „die Lioba“, 26 in die Sexta, 19 in die Quinta und 27 in die Quarta, die von drei Schwestern unterrichtet wurden.

Aufgrund des ständigen Anwachsens der Schülerzahl, wegen Krankheit und dem Einzug der ersten Internatsschülerinnen wuchs die Zahl der Lehrerinnen 1931 auf neun, bis auf eine waren alle Ordensfrauen. Wegen der Weltwirtschaftskrise konnten 1932 nur noch 19 Schülerinnen aufgenommen werden. Neue Schülerinnen mussten eine Aufnahmeprüfung bestehen. In der pädagogischen Bilanz heißt es: „Die Jugend fühlt sich unter der liebevollen Obhut der Schwestern und einer straffen Zucht vom ersten Tage an wohl.“

Am 12. Mai durfte die Schulgemeinde den Besuch des Bischofs Ludwig Maria Hugo in Bad Nauheim mitgestalten, aus der Kongregation traf die Generaloberin M. Antonie ein, „… um einen Plan zum Umbau zu entwerfen, da Raum für die Unterbringung der Klassen geschaffen werden mußte. “

Im Oktober 1931 lief der Mietvertrag des ehemaligen Besitzers des Zanderinstituts aus, der bis dahin noch den Zandersaal für orthopädische Behandlungen nutzte. Der Raumgewinn war erheblich, aber auch nötig, denn inzwischen hatte man 87 Schülerinnen, darunter 10 Interne, auch als Pensionärinnen bezeichnet wurden. Die Untertertia besuchten 24 Schülerinnen. Die Caritas stellte den Spielplatz an den Gradierbauten der Schule für den Turnunterricht zur Verfügung.

Die Haushaltsschule

Seit Januar 1933 wurden Vorbereitungen zur Errichtung einer Haushaltsschule getroffen. Diese hatte man bereits im August 1932 beantragt. Das Kultusministerium befreite alle berufsschulpflichtigen Schülerinnen, die in die Haushaltsschule des Instituts St. Lioba eintraten, von der zweijährigen Berufsschulpflicht. Im Mai 1933 wurden die ersten acht Schülerinnen für diese Schule aufgenommen, vier davon im Internat.

Zeit- und Ungeist der Nazizeit

Den Eintragungen in der Schulchronik zufolge blieben die Schwestern nach der sogenannten Machtübernahme eher mit eigenen Dingen beschäftigt. Von dem Zandersaal wurde erneut ein Klassenraum abgetrennt. Jetzt hatte man eine Obertertia, 13 Schülerinnen bestanden die Aufnahmeprüfung für die neue Sexta. Zu den NS-Massenveranstaltungen wurde von nun an auch die Lioba-Schule verpflichtet. Erstmals traten Schülerinnen und Lehrer damals öffentlich auf. Die Schwestern verzichteten auf eine Teilnahme, lediglich „unsere weltlichen Lehrpersonen“ begleiteten die Schülerinnen. Seit Beginn des neuen Schuljahrs 1933/34 unterrichtete erstmals auch ein Mann an der Schule, der Studienreferendar Albert Dienst aus Ockstadt. Rasch zeigte sich, dass eine an religiösen Werten orientierte Erziehung der Zielsetzung des Regimes widersprach. Die Schlagzeile eines Zeitungsberichts lautete:[3] Vor Auflösung der Privatschule St. Lioba. Die Schwestern hatten schon Anfang Februar erfahren, dass die Schließung der Schule drohte. Im Stadtrat hatte der damalige Rektor der Stadtschule den Antrag gestellt: „Im Interesse einer einheitlichen Erziehung der deutschen Jugend zur deutschen Volksgemeinschaft wird der Bürgermeister beauftragt, beim Ministerium entsprechende Schritte zu unternehmen, daß die Privatschule Lioba aufgehoben wird, und die Schüler dieser Anstalt der Ernst-Ludwig-Schule überwiesen werden.“[4] Begründet wurde der Antrag damit, „ ... daß die Liobaschule eine Privatschule mit konfessionellen Charakter sei. Beide Eigenschaften seien den Bestrebungen des III. Reiches zuwider. … Die Auflösung aller Privat- und konfessionellen Schulen sei nur eine Frage der Zeit.“ Die Schule schickte Proteste gegen den Beschluss des Stadtrats an den Bürgermeister und das Hess. Staatsministerium, verwies auf Verfassungs- und Rechtsgrundlagen. Die entscheidende Hilfe brachte aber der Osnabrücker Bischof, Hermann Wilhelm Berning, der von den Schwestern S.N.D. eingeschaltet wurde, um auf die Einhaltung der Konkordatsbestimmungen bei dem Reichsinnenminister und dem Hessischen Staatsministerium zu dringen. Bevor offiziell am 15. April bekannt wurde, dass der Antrag des Bad Nauheimer Stadtrates abgelehnt worden war, hatten die Schwestern diese Nachricht schon an Palmsonntag (25. März) privatim erfahren. Rasch wurden die staatlichen Auflagen zu erfüllen, welche vor allem die Umgestaltung der Räume betrafen. Auch der Kindergarten, den die Schwestern ebenfalls eingerichtet hatten, wurde jetzt von der Schule getrennt. In der Bauphase verlagerte man den Unterricht in das Caritas-Heim. Am Ende des Jahres 1934 besuchten 90 Mädchen das Gymnasium und 4 die Haushaltungsschule. Ein Jahr später war ein deutlicher Rückgang der Gymnasialschülerinnen festzustellen: 83 besuchten die Klassen Sexta bis Untersekunda, 10 die Haushaltsschule, 10 Schülerinnen wohnten im Internat, in den Kindergarten gingen 30 Jungen und 20 Mädchen. Nach einer „Werbereise in die umliegenden Ortschaften“ im Februar 1936 meldeten sich 29 neue Schülerinnen an. In diesen Jahren mussten die Schülerinnen nach der Klasse 10 die Schule verlassen, um das Abitur an einer anderen Schule abzulegen. Die Auflösung der Schule an Ostern 1938 kam völlig überraschend. Der Mainzer Bischof Albert Stohr sprach den Schwestern Mut zu. Bis auf Sr. Elfriede, die Schulleiterin, und Sr. M. Adalbertis wurden alle aus Bad Nauheim abberufen. In der weitgehend verwaisten Schule gaben die Schwestern Privatunterricht, Musikstunden und den Religionsunterricht. Nur der Kindergarten blieb bestehen. „Das Lyzeum St. Lioba war zu Ostern 1938 aufgehoben durch die staatliche Gewalt.“

Kriegsjahre (1939–1945)

Bereits Ende August 1939 wurden die Schulräume für Saarflüchtlinge geräumt. 28 Borromäerinnen kamen mit einer kompletten Krankenhausbelegung nach Bad Nauheim, ebenso zwölf Franziskanerinnen. Im November rückten einige Arbeiter von „Hoch-Tief“ ein, welche in Langenhain-Ziegenberg den sogenannten Führerbunker und die übrigen militärischen Anlagen bauten. Im Januar 1940 wurde die Turnhalle für weitere Arbeiter umgebaut, auch für Angehörige der Organisation Todt. Schließlich erfolgte die Einquartierung der ersten Soldaten. Dann wurde ein Luftschutzkeller eingerichtet. Zu Ostern 1941 übernahm die NS-Frauenschaft den Kindergarten. Die Schrecken des Krieges erreichten die Zivilbevölkerung Bad Nauheims am 20. Juni 1944, als Bomben auf die Stadt fielen, allein am Haus Lioba wurde nur die Liegewiese mehrmals getroffen. Dagegen gab es einigen Gebäudeschaden durch die Sprengbomben, welche den 11. Dezember des Jahres auf die kath. Kirche St. Bonifatius und den Eleonorenring geworfen wurden. Die Beschlagnahme des Hauses Lioba durch die Wehrmacht erfolgte am 18. September 1944. Es wurde ein Lazarett eingerichtet, in dem 14 Schwestern angestellt wurden. Zudem wurden Evakuierte aus Frankfurt am Main im Haus untergebracht.

Neuanfang 1945–1952

Gründonnerstag 1945, den 30. März, besetzten Truppen der US-Armee Bad Nauheim. Die Lazarettinsassen im Haus Lioba wurden zu Kriegsgefangenen erklärt. Trotz der völligen Niederlage gab es sehr rasch Zeichen eines Neubeginns. Am 17. April wurde der Kindergarten wieder eröffnet. Ehemalige Schulräume dienten als Quartier für durchreisende Menschen, die auf der Suche nach ihren Angehörigen waren. Aus der Bevölkerung kamen verstärkt Anfragen, ob die Schule wieder geöffnet werde, auch der ehemalige Dezernent der Schule, Hoffmann, drängte auf eine Neueröffnung. Sr. Aquinata machte sich auf den Weg nach Mühlhausen, um bei der Provinzialoberin M. Seraphin vorzusprechen. Sr. M. Valeria wurde beauftragt, die Leitung der St. Lioba-Schule zu übernehmen. Nun ließ sich auch 1945 mit Begeisterung allein keine Schule eröffnen. Aula, Turnhalle und alle früheren Klassenräume waren noch Lazaretträume für Kriegsgefangene. Die Schulmöbel waren teilweise verkauft, teilweise im Lazarett verbraucht, die Bestände der Bibliothek, die Kartensammlung in alle Winde zerstreut und alle Lehrmittel der Physik und der Chemie verschwunden. Nachdem das Gerücht aufgekommen war, dass die Nauheimer Schulen am 3. Oktober wieder eröffnet werden sollten, suchten die Schwestern nach verbliebenen Schulbüchern in den Kellerräumen und entstaubten sie. Die Zahl der Anmeldungen betrug 110 Schülerinnen, eine Größenordnung, die vor der Schließung der Schule nie erreicht worden war. Beim amerikanischen Stadtkommandanten wurde wegen einer Räumung des Lazaretts vorgesprochen, damit man die nötigen Schulräume wieder beziehen konnte. Auf einer ersten Schulleiterversammlung Ende September erklärten sich der Schulleiter der Stadtschule und der Vertreter der ELS bereit, Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Allerdings waren in den Räumen, welche die ELS zur Verfügung stellte, noch die Magazine für die Lazarette untergebracht. Zwei Tage nach dieser Schulleiterkonferenz wurde eine große Elternversammlung aller Nauheimer Schulen im großen Saal des Kerkhoff-Instituts abgehalten. Doch dann verschoben die US-Militärbehörden die Eröffnung der Schulen. So konnten die Schwestern aus Bonn noch größere Mengen Unterrichtsmaterial heranschaffen. Aber erst der Besuch des Dezernenten für die Privatschulen in Hessen, Ministerialrat Hoffmann, und des Landrats Hermann Josef Bach des Landkreises Friedberg sowie des Friedberger Bürgermeisters Anton Heinstadt brachte Bewegung in die schulische Situation. Am 4. November 1945 wurde eine erste Schulkonferenz abgehalten. Die Militärbehörden erlaubten an allen hessischen Schulen nur die schulpflichtigen Kinder aufzunehmen, das waren an der St. Lioba-Schule die Klassen 4 – 8, insgesamt 80 Schülerinnen von 110 angemeldeten. Erstmals besuchten jetzt auch 26 evangelische Schülerinnen die Schule. Die Lehrkräfte waren vor dem Unterrichtseinsatz alle von der Militärregierung überprüft und zugelassen worden. Der erste Unterrichtstag begann am 5. November um 7 Uhr mit einem feierlichen Hochamt.

Schulalltag 1945/46

Die Sexta zog in den Kapitelsaal der Bonifatiuskirche, die Quinta in den Zeichensaal der Stadtschule, die Quarta bekam einen Klassenraum im 1. Stock der ELS und die Untertertia blieb gleich im Musiksaal derselben Schule, zog aber schon 14 Tage später ebenfalls in die Stadtschule. Für die Fachlehrerinnen bedeutete dies ein beständiges Hin und Her. Noch im Mai 1946 wurde der Physik- und Chemieunterricht in der ELS abgehalten. Auf Erlass der Militärregierung und der Schulbehörde wurden alle Lehrbücher aus der NS-Zeit abgeliefert und eingestampft. Weil alle Turnhallen von den Lazaretten belegt waren, fiel der Sportunterricht aus. Allerdings durften das Kollegium der St. Lioba-Schule die Lehrsammlungen der gastgebenden Schulen benutzen. Zugleich galt es, durch intensives Lernen den häufigen und längeren Unterrichtsausfall der letzten Kriegsjahre zu kompensieren. Die Lehrer mussten eigene Lehrpläne ausarbeiten, wenn keine von den Militärbehörden genehmigten Lehrbücher zur Verfügung standen. Es gab keine genehmigten Schulbücher. Selbst die Pausengestaltung war schwierig. Da vormittags Gottesdienst in deutscher und englischer Sprache gehalten wurde, waren die Sextanerinnen im Kapitelsaal der St.-Bonifatius-Kirche in einigen Pausen zum Stillhalten verpflichtet. Im März 1946 konnte als erste Klasse die neue Sexta aus dem Kapitelsaal in die alte Schule zurückkehren. Die Turnhalle wurde das erste Klassenzimmer. Mit Beginn des Schuljahres 1946/47 besuchten erstmals mehr als 100 Schülerinnen die St.-Lioba-Schule. Weil sich die Freigabe der Schulräume immer wieder verzögerte, machten die Schwestern auch politisch Druck auf allen Ebenen. Zudem war die Eröffnung des Internats dringend geboten. Für viele Kinder war aufgrund der katastrophalen Verkehrs- und Wohnverhältnisse dies die einzige Möglichkeit, eine weiterführende Schule zu besuchen. Die Eröffnung des Internats geschah am 1. Juli 1946. In den Sommerferien 1946 wurden die ehemaligen Schulräume der St.-Lioba-Schule entseucht und renoviert und am 6. August fand wieder der Unterricht in den eigenen Schulräumen statt. Die Zahl der Schülerinnen wuchs in diesem Schuljahr um 40 %. Zugleich kam die Erlaubnis, eine Obersekunda einzurichten. Damit begann der Aufbau einer eigenen Oberstufe. Weil zeitgleich der Schuljahresbeginn in Hessen von Ostern in den Herbst verlegt wurde, gab es die Möglichkeit, in besonders kurzen Kurzschuljahren das Klassenziel zu erreichen. Auch einige Nauheimer Schülerinnen wurden aufgenommen, die elterlichen Wohnungen und Häuser waren von den Militärs beschlagnahmt. Die ersten Internatsschülerinnen, Interne genannt, lebten ebenfalls beengt in ihren Räumen. 1959 erfolgte der Umzug in das oberste Stockwerk des damals neu gebauten Teils der Schule. 1965 hatte die Schule 49 Interne bei 45 Plätzen. Als Sr. M. Magdalena, die letzte Internatsleiterin, 1976 starb, wurde das Internat geschlossen.

Kontinuierlicher Wiederauf- und Ausbau der Schule

Die Ernährungssituation der Kinder war verheerend. Weite Wanderungen konnten nicht unternommen werden, ausdrücklich wurde per Erlass des Kultusministers darauf hingewiesen, dass darauf bei dem monatlichen Wandertagen Rücksicht genommen werden musste. Aber die Schwestern pflegten ihre besonderen Beziehungen. Für Klassenfahrten stellten die US-Militärs Fahrzeuge zur Verfügung. Auf Lastwagen fuhr man 1946 durch den Taunus nach Wiesbaden, wo eine Gemäldeausstellung besucht wurde. 1947 stellten die Militärbehörden drei Busse, um eine Wallfahrt der Schule an den Rhein zu ermöglichen. Weihnachten 1946 verteilten die amerikanischen Offiziere an alle Nauheimer Kinder sowie die Lioba-Schülerinnen Care-Pakete. Schließlich wurde im Mai 1947 eine allgemeine Schulspeisung eingeführt. Noch 1949/50 fielen ganze Klassen wegen Erkrankungen aus, die regelmäßigen schulärztlichen Untersuchungen attestierten bei vielen Kindern Unterernährung.

Reeducation

Systematisch wurden die neuen Lehrer auf ihre Aufgabe in einer demokratischen Gesellschaft vorbereitet. Fortbildungsveranstaltungen für alle hessischen Pädagogen waren verpflichtend. Lehrer und Schüler besuchten in einem großen Maße zusätzliche kulturelle Angebote, welche sich neben den traditionellen Bildungsbereichen auch Strömungen der Moderne widmeten. Nach der Barbarei der Nazizeit wirkte die wiedergewonnene Freiheit des Denkens wie eine Erlösung. Die Berichte in der Schulchronik spiegeln wider, wie sich geistliche und weltliche Lehrkräfte über diese neuen Möglichkeiten freuten und mit welcher Begeisterung sie genutzt wurden. Die Lernziele des neuen Fachs Gemeinschaftskunde wurden vom Ministerpräsidenten teilweise selbst vorgegeben. Die Weiterbildung der Geschichtslehrer galt dem „zeitnahen Geschichtsunterricht.“ Der Besuch von Kunstausstellungen war obligatorisch, der Kunstunterricht weitgehend kunstgeschichtlich orientiert. Im Fach Deutsch wurden „Dichterstunden“ gehalten. Es gab Lesungen zeitgenössischer Autoren, etwa Wichert, durch „Vortragskünstler. Für unsere Hessen-Kinder bleiben Hören u. Sprechen von gutem Deutsch sehr notwendige Bildungsaufgaben.“ Die Rede von Thomas Mann über Deutschland und die Deutschen vom 6. Juni 1945 wurde vom Regierungspräsidenten mit je einem Exemplar (es herrschte noch immer extremer Papiermangel) an die Schulen verteilt und musste im Deutschunterricht der Oberstufe behandelt werden. Die Lehrer aller Schulen der Stadt wurden wegen der Einbindung dieser Rede im Unterricht am 15. April 1948 zu einem „großen, allgemeinen Lehrertag“ verpflichtet. Schulintern führte die Aufführung eines kritischen Dramas über die Jesuiten zu einer sehr kontroversen Diskussion. Schon in den ersten Jahren nach der Wiedereröffnung begann eine lange Tradition schulischer Theatergruppen. Da in der St.-Lioba-Schule der geeignete Raum fehlte, fanden die Aufführungen im Kurtheater statt. Zur Ergänzung der musikalischen Erziehung gab das Kurorchester „Schulkonzerte.“ Die Instrumente wurden vorgestellt, Professoren erklärten die Musikstücke etc. Später wurde die Zahl der Schulkonzerte auf zwei im Monat erhöht. Für Schülerinnen, welche die Rechtschreibung sicher beherrschten, wurde der Stenografieunterricht verpflichtend. Weihnachten 1949 wurde von den beiden Bad Nauheimer Gymnasien eine Weihnachtsfeier im Kurhaus für die amerikanischen Soldaten in englischer Sprache gestaltet, die gleichzeitig ein Dankeschön für die Weihnachtsgaben der vorangegangenen Jahre darstellte. Verpflichtend wurde die 3. Fremdsprache ab Untersekunda eingeführt. In der Sexta begann man mit Englisch als 1. Fremdsprache, in der Quarta folgte Latein oder Französisch und entsprechend verlief die Sprachenwahl in der Untersekunda. Seit 1950 wurde Wintersport als Schulsport betrieben. Fielen die Sportstunden aus, wurden stattdessen Klassenarbeiten geschrieben. Die Aufnahmeprüfungen für die Klassen 5 an den Gymnasien wurden in Hessen rasch vereinheitlicht. Standardisierte Tests wurden kreisweit am selben Tag geschrieben. Im September 1947 meldeten sich 72 Schülerinnen für die Aufnahmeprüfung an der St.-Lioba-Schule. Erstmals musste Bewerberinnen aus Platzmangel abgesagt werden. 225 Schülerinnen besuchten im Herbst 1947 die Schule. Die Praxis, Elternabende und Schulfeiern im Haus Lioba für die gesamte Schule durchzuführen, war nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die amerikanische Militärbehörde erteilte deshalb die Erlaubnis, die Weihnachtsfeier 1948 im großen Kursaal abzuhalten. Im März 1949 wurde ein Elternbeirat gegründet und auf einem großen, allgemeinen Elterntag über Mitbestimmungsrechte der Eltern informiert. Aufgrund der kultusbehördlichen Klagen über das mangelnde und weiter sinkende Niveau hessischer Schülerinnen und Schüler wurde bei den Versetzungskonferenzen eine „scharfe Auslese“ betrieben. Schülerinnen der Klassen 9 und 10 wechselten häufig in eine unsichere berufliche Zukunft. Als Konsequenz auf den vermeintlich niedrigen Bildungsstand der Schülerinnen und Schüler wurde das Zentralabitur eingeführt. 1949 legten erstmals zehn Oberprimanerinnen das Abitur an der St.-Lioba-Schule ab. Für die Fächer Deutsch, Mathematik, Latein und Englisch gab es beim schriftlichen Abitur zentrale Prüfungsaufgaben. Eine Woche später fand bereits das mündliche Abitur statt. Weil das Abitur in die Woche von Goethes 200. Geburtstag fiel, lautete das erste Thema: Was bedeutet mir Goethe? Es wurde in allen Fächern geprüft, im Gemeinschaftsunterricht wurde unter der Leitung des Prüfungsvorsitzenden diskutiert. Thema war: „Was müssen wir Frauen von dem neuen Grundgesetz fordern?“ Geprüft wurde durch die Schulleiterin Sr. M. Valeria. Während der Prüfungen mussten alle Schülerinnen anwesend sein. Als einzige Schülerin bestand Inge Wehde-Textor, eine direkte Nachfahrin Goethes, das Abitur mit Auszeichnung. Um das Übermaß an Goethe im Jubeljahr zu komplettieren, durfte sie auch die Abiturrede halten. 1949 gab es die ersten Schulbücher in allen Fächern. In die in Hessen garantierte Lernmittelfreiheit wurden auch die Privatschulen einbezogen. Die ersten freien Bücher bekamen Schülerinnen und Schüler nach sozialen Kriterien zugeteilt, zumal für Privatschulen nur begrenzte Mittel zur Verfügung standen. Allerdings musste zur Deckung der übrigen Kosten ein Schulgeld von monatlich 20 DM erhoben werden. Dies galt nicht für Schülerinnen, deren Väter arbeitslos oder Flüchtlinge waren. Von 250 Schülerinnen stammten 1950 insgesamt 51 Schülerinnen aus Flüchtlingsfamilien. In vielen Familien herrschte bittere Armut und finanzielle Enge.

Fürsorgliche Strenge

Die Aufsicht über die Schülerinnen übten die Schwestern fürsorglich, aber auch streng aus. Besonders gewarnt wurde vor dem „häufigen u. wahllosen Besuch des Kinos“ sowie dem „Lesen gewisser illustrierter Zeitschriften.“ Über „Schwänzen“ ihrer Töchter wurden die Eltern informiert, ein Straf-Silentium verhängt und an der Versetzung der Schülerin gezweifelt. Selbst die Kleidungsfrage wurde streng gehandhabt: „Das Tragen von Herrenhosen oder Hosen im Herrenschnitt ist in der Lioba-Schule nicht gestattet, weil das Tragen männlicher Kleidung eine Entwürdigung fraulichen Wesens ist.“ So lautete ein Aushang am Schwarzen Brett, der sogar zu einer Glosse im Hessischen Rundfunk führte. Der Kommentar der Chronistin beweist Selbstbewusstsein und pädagogische Prinzipientreue: „Das rührt uns nicht und bringt uns nicht aus der Ruhe. Wir sind stolz auf unsere Grundsätze.“

Generell waren alle hessischen Schulen seit 1950 dazu verpflichtet, sogenannte Führungszeugnisse vor den Weihnachtsferien zu erteilen. Der pädagogische Ruf der Schule war so gewachsen, dass sich jährlich mehr Schülerinnen zu den Aufnahmeprüfungen meldeten, als aufgenommen werden konnten. 1951 war es bereits ein Drittel der Bewerberinnen. Wegen der Raumnot verbot das Schulamt die Aufnahme weiterer Schülerinnen. Wie streng damals die Aufnahmeprüfungen verliefen, mag der Prüfungsablauf von 1951 verdeutlichen. An sechs Tagen mussten die Kinder zwei schriftliche Arbeiten, zwei Diktate, einen Aufsatz, zwei Nacherzählungen und eine Grammatikarbeit sowie sechs Rechenarbeiten abliefern. Zudem gab es mündliche Prüfungen in Rechnen, Deutsch und Heimatkunde. 56 Schülerinnen unterzogen sich diesen Prüfungen. „50 wurden in die Liobaschule aufgenommen.

Rascher Ausbau 1953–1992

Noch 1953 litt die schulische Situation unter den Nachwirkungen des Krieges. Der Physiksaal war noch immer von einer Flüchtlingsfamilie belegt. Zwischenzeitlich war aber die Schülerzahl auf über 300 gestiegen, obwohl die Schule im Schuljahr 1954/55 keine Abiturklasse hatte. Den Schwestern schwebte damals vor, den Kurbetrieb aufzugeben und die Kurpension umzubauen. Allerdings lehnte die Verwaltung der Hessischen Staatsbäder den Antrag ab. Jetzt musste für die 353 Schülerinnen ein Neubau die Raumnot lösen. Am 16. Dezember 1956 erfolgte der erste Spatenstich, am 13. Juli 1957 die Grundsteinlegung, das Richtfest wurde am 5. Oktober gefeiert. „Das Fundament heißt Nächstenliebe und Gottvertrauen“ lautete die Schlagzeile in der Wetterauer Zeitung. Insgesamt 15 Klassenräume neben verschiedenen hauswirtschaftlichen Räumen entstanden im ersten Trakt (heute C-Teil), der zweite Trakt (heute: D-Teil) nahm die naturwissenschaftlichen und sonstigen Fachräume auf. Hier befanden sich die Direktion, die Verwaltung und das Lehrerzimmer sowie Aufenthaltsräume für die Schülerinnen. Auf dem Dach wurden die Internatsräume errichtet. Damit wurde auch das alte Gebäude wieder für den Kurbetrieb frei, lediglich die Turnhalle verblieb dort. Die Finanzierung gelang aus eigenen Mitteln und Spenden, da der Kreis Friedberg eine Bezuschussung ablehnte.

Der Neubau 1960

Während der Bauzeit wurde ein Wechsel in der Schulleitung vollzogen. Als Stellvertreterin für Sr. M. Caritas kam Sr. M. Grata, die spätere Schulleiterin. Noch kurz vor der Einweihung des Neubaus wurde von der Stadt ein großes Areal am Solgraben gepachtet, welches für den Sportunterricht gebraucht wurde. Das Gelände musste später wieder aufgegeben werden und als Ersatz bekam die Schule einen Teil der Apfelwiese. Am 29. August 1960 wurde der Neubau vom Mainzer Bischof Albert Stohr eingeweiht. Nachdem man in den Neubau umgezogen war, wurden die Trennwände im Zandersaal beseitigt und dieser mutierte zum Multifunktionsraum: Turnhalle, Festsaal und Aula in einem. Lehrer- und Geldmangel waren ständiger Begleiter im Schulalltag bis 1966. Im Juni 1964 gründete sich ein Verein ehemaliger Schülerinnen und Förderer der Schule. Keineswegs positiv fällt der Bericht über die beiden Kurzschuljahre 1966/67 aus. 1967 wechselte Sr. M. Grata nach Rheinbach und Sr. M. Mathild Koppers wurde Schulleiterin, die letzte Ordensfrau in dieser Funktion an der St.-Lioba-Schule.[5]

Koedukation

Noch im Gründungsjahr der Schule 1929 hatte Papst Pius XI. in einer Enzyklika zur Erziehung Koedukation abgelehnt. Äußere und innere Zwänge, aber auch Umdenken leiteten nach mehr als vierzig Jahren einen pädagogischen Kurswechsel ein. 1970 ging man in der Ära Ludwig von Friedeburg im hessischen Kultusministerium daran, flächendeckend Gesamtschulen mit Förderstufen zu planen. Dies hätte für „die Lioba“ den Verlust der Klassen 5 und 6 bedeutet, die Schülerzahl war zu dieser Zeit gerade erst auf 480 gestiegen. Die Überlegungen, die St.-Lioba-Schule auch für Jungen zu öffnen, waren teilweise von Eltern in die Diskussion gebracht worden, stießen aber auf ganz reale Probleme. 1971 besuchten 478 Schülerinnen das Gymnasium, die Räumlichkeiten reichten auch ohne Jungen schon längst nicht mehr aus. Es fehlte Platz, es fehlte Geld. Außerdem drohten mit der Verabschiedung des Privatschulfinanzierungsgesetzes neue finanzielle Probleme. Sr. M. Mathild forcierte den Ausbau der Schule. 1965 hatten 392 Schülerinnen die Schule besucht, bis 1976 wuchs die Schülerzahl auf 859. Der damalige Bischof und spätere Kardinal Hermann Volk warf die Frage auf: „Sollen denn die Schüler im oberhessischen Raum nie Gelegenheit haben, eine katholische Schule zu besuchen?“ Und er beantwortete sie. Die Diözese finanzierte den Erweiterungsbau. 1972 wurden die ersten acht Jungen in die Klasse 5 aufgenommen. Bis weit in die 1980er Jahre stabilisierte sich das Verhältnis Mädchen – Jungen auf 3 : 1. Innerhalb von zwei Jahren war die Schülerzahl von 505 auf 700 gestiegen. Deshalb wurden 1974 die Pavillons errichtet, die 1990 abgerissen wurden und dem heutigen Bau weichen mussten. 1976 entschloss man sich, das Gästehaus der Schwestern aufzugeben, um Platz für einen Schulneubau zu gewinnen. Ein Jahr wurde mit der Denkmalbehörde um den Abriss des Zanderinstituts gekämpft, denn mittlerweile besuchten 959 Schülerinnen und Schüler das Gymnasium.

Abriss des Zandersaals und Neubau

Im selben Jahr erfolgte der Abbruch des Internats, um Platz für zehn neue Klassen zu schaffen, ein Jahr später gab es auch den Zandersaal nicht mehr. In die Bauphase fiel eine grundlegende Änderung. Das Bistum Mainz wurde im April 1978 neuer Schulträger. Inzwischen gab es über 1.000 Schüler. Als am 1. November 1979 der Rohbau fertiggestellt wurde, war ihre Zahl exakt auf 1.100 angestiegen. 1980 legten die verbliebenen vier Jungen der ersten Gruppe ihr Abitur ab. Am Ende des Jahres wurden die Klassenräume im Erweiterungsbau bezogen. Den vielen Interessierten wurde der Neubau an „Tagen der offenen Tür“ vorgestellt. Der Termin für die Einweihungsfeier und die Nachfeier des 50-jährigen Schuljubiläums wurden auf den 8. Mai 1981 festgelegt. Begonnen wurden die Feiern mit einer Messe, die Hermann Kardinal Volk zusammen mit dem Schulreferenten des Bistums, Domdekan Hermann Berg, und anderen Priestern zelebrierte. In seiner Ansprache gab der Kardinal ein klares Bekenntnis zu den Schulen des Bistums ab.

Am 25. März 1982 wurde die Kapelle im Haus Lioba eingeweiht. Es war das Patronatsfest Unseren Lieben Frau. Ein Jahr später erhielt die Schulleiterin von dem neuen Mainzer Bischof Karl Lehmann zum 65. Geburtstag die silberne Martinus-Medaille des Bistums für ihre Verdienste um den inneren und äußeren Aufbau der Schule. 1984 gelang es, an dem verbliebenen Teil der Apfelwiese ein Erbbaurecht zu erwerben und ihn als Sportplatz umzugestalten. Dann konnte der lang geplante Ausbau der Fachräume in Angriff genommen werden. Der erste Informatikraum wurde in der ehemaligen Schulküche eingerichtet.

In den folgenden Jahren schieden altersbedingt immer mehr Ordensfrauen aus dem Kollegium bzw. feierten Ordensjubiläen. 1986 feierte Sr. M. Alberta ihr eisernes Ordensjubiläum und Sr. M. Willibaldis ging in den Ruhestand. Nachdem auch die Kunsterzieherin Sr. M. Canisa nach 32 Jahren an der St. Lioba-Schule 1986 aus dem Schuldienst ausschied, blieb nur noch die unermüdliche Sr. M. Bernardis im Kollegium. Mit ihrem Schulchor gestaltete die Deutsch- und Musiklehrerin viele Jahre Schulfeiern und Gottesdienste. Sie begann und leitete die außerschulische Gruppenarbeit.

Zwei Jahre vor ihrem Eintritt in den Ruhestand nahm Sr. M. Mathild eine letzte große Bausache in Angriff. Der Laufsteg, der zum ehemaligen Haupteingang führte, musste verschwinden und gleichzeitig wurde ein Ersatzbau für die „vorübergehend genehmigten Holzpavillons“ notwendig. In den Sommerferien 1990 wurden die Holzbauten abgerissen. Die Einweihung des neuen Pavillons erfolgte am Martinstag 1991. 1992 gab Sr. M. Mathild die Leitung der Schule an Gisela Opp weiter. Sr. M. Mathild war 35 Jahre Lehrerin an der Schule gewesen, 25 Jahre als Schulleiterin. Prälat Ernst Kalb, der damalige Schuldezernent des Bistums, würdigte sie als „rechte Frau zur rechten Zeit am rechten Ort.“

1994 wurden die letzten vier Ordensfrauen zurück in das Provinzialordenshaus nach Mülhausen berufen.[6] In ihrem Grußwort zur zweiten Jahresschrift würdigte die neue Schulleiterin in „..der dankbaren Retrospektive, in besonderer Achtung vor der unermüdlichen Aufbauarbeit in 65 Jahren“ das Wirken der Schwestern Unserer Lieben Frau in Bad Nauheim.

Optimierungen (1992–2006)

Das rasante äußere Wachstum der Schule war an Grenzen gestoßen, nun galt es, ein vorhandenes klares pädagogisches Konzept auf der Basis der kirchlichen Grundordnung weiterzuentwickeln, den ganzheitlichen Bildungsauftrag der Schule noch schärfer zu profilieren. Anfang 1986 übernahm Gisela Opp die stellvertretende Schulleitung an der St.-Lioba-Schule, 1992 wurde sie Schulleiterin. 1992/93 erschien der erste Jahresbericht, der ein deutliches Zeichen für die gute Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus setzte. Nahezu zeitgleich wurde eine neue Schulordnung verabschiedet, an welcher der damalige Schulelternbeiratsvorsitzende Hermann J. Schmidt u. a. die „Orientierung zum Bildungs- und Erziehungsverständnis unserer Schule“ lobte. Der spätere Schulvertrag lag zu diesem Zeitpunkt bereits im Entwurf vor. Die ohnehin schon immer gepflegte Zusammenarbeit Schule – Elternhaus wurde intensiviert auf der Basis der Grundordnung für katholische Schulen.[7] Ein Zeichen der Verbundenheit mit der Schule war auch die Gründung des „Freundeskreises St. Lioba-Gymnasium“, der sich im Januar 1994 aus dem seit 30 Jahren bestehenden Verein der ehemaligen Schüler neu organisierte und seitdem jedes Jahr zum Lioba-Brunch im Sommer einlädt.

1994 wurden weitere entscheidende Ansätze des Bildungs- und Erziehungskonzeptes der Schule initiiert und auf den Weg gebracht, welche heute fester Bestandteil des Schulprofils sind. Das religiös-soziale Engagement wurde fortentwickelt, ein schulpsychologischer Dienst eingerichtet. Noch im gleichen Jahr wurde die neue Schulbibliothek eingerichtet. Schulbibliothek und Lernmittelfreiheit (LMF) wurden mit der heute an hess. Schulen standardmäßigen Software ausgestattet. Damals war die Sankt-Lioba-Schule die zweite Schule in Hessen, welche diese Software nutzte.[8] Eine schulische Präventionsarbeit wurde ebenfalls 1994 eingeführt. Seit 1999 nehmen regelmäßig Schülergruppen an dem Wettbewerb business@school der Boston Consulting Group teil. Mit dem Beginn des Schuljahres 2005/06 wurde die Mainzer 8 eingeführt, die auf acht Jahre verkürzte gymnasiale Schulzeit.[9] 2006 wurde Schulleiterin Gisela Opp von Ordinariatsdirektorin Gertrud Pollak und Kardinal Lehmann in den Ruhestand verabschiedet.[10]

Zum neuen Schulleiter wurde vom Schulträger Dr. Tobias Angert ernannt. Die schon lange bestehende Förderung von hochbegabten Schülern wurde mit dem Gütesiegel ausgezeichnet. Im Jahr 2008 gewann die Schule den Wettbewerb „Schulen im Trialog“ der Herbert Quandt-Stiftung mit Sitz in Bad Homburg. Der Schulleiter wurde zum 1. April 2014 an das BO Mainz versetzt.[11] Seine Stellvertreterin Gabi Kurtscheidt übernahm kommissarisch die Schulleitung. 2014 beschloss man die Rückkehr zur Mainzer 9, der neunjährigen Gymnasialzeit.

Seit 1. März 2015 ist Bernhard Marohn neuer Schulleiter.[12]

Profil

  • Pädagogisches Eingangsstufenkonzept
  • Hauscurricula in allen Fachbereichen mit verbindlichen Standards
  • Schulvertrag und Erziehungsgemeinschaft
  • Schulstiftung[13]
  • internationale Austauschbeziehungen (Frankreich, USA, Polen)
Ein langjähriger Schüleraustausch besteht mit dem Liceum Prezentek Krakau.[14]
Nawi-Klassen
  • ausgeprägtes Musikprofil[16]
Zu den zahlreichen Chören gehören auch ein Eltern&Freunde-Chor,[17] ebenso wie ein Lehrerchor.[18]
Seit Mitte der 1990er Jahre finden Fördermaßnahmen für Hochbegabte statt, die aber auch für interessierte und leistungsstarke Schüler offen sind. Das Gütesiegel erhielt die Schule 2007.[19]
Die schulische Präventionsarbeit startete 1992 zuerst mit Projekten in einzelnen Fächern[21] und für einzelne Jahrgangsstufen und wurde rasch zu einem festen Bestandteil des Schulprofils.
Die Eltern- und Schülerarbeit wird von ausgebildeten Präventionslehrern geleistet. Die Kooperation mit dem Staatlichen Schulamt stellt ebenso einen der Pfeiler der schulischen Prävention dar. Seit etwa 10 Jahren haben sich die schulischen Präventionsmaßnahmen deutlich erweitert.[22]
1993 wurde erstmals eine Berufsbörse für die Schüler der Oberstufe durchgeführt. Ein Team aus Eltern und zwei Lehrern organisiert seitdem eine Informationsveranstaltung, welche den Schülern Orientierung zum zukünftigen Studium oder Berufswunsch anbietet.
Anfangs stand die Berufsbörse jährlich auf dem Schulprogramm; inzwischen findet sie zweijährig statt, ist aber auch um eine Bildungsmesse erweitert.[26] Das Angebot richtet sich nun zusätzlich an die Schüler der Mittelstufe.
  • Schwester-Willibaldis-Stiftung
Sr. M. Willibaldis kam 1945 aus Mühlheim, wo sie „als Nadelarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin“ gearbeitet hatte, nach Bad Nauheim. Ab 1950 führte Sr. M. Willibaldis Skifreizeiten im Bayerischen Wald durch. 1986, ein Jahr vor ihrem goldenen Ordensjubiläum, ging sie in den Ruhestand. Sr. M. Mathild dankte ihr „für die Einmaligkeit ihres Wesens, für ihren Humor und ihr Verständnis, für die Opfer, die sie brachte und die Freuden, die sie machte.“
In Erinnerung an ihr jahrzehntelanges selbstlose Wirken für die Armen in Brasilien führt seitdem die Schwester-Willibaldis-Stiftung diese Aufgabe engagiert weiter.
Aus der Tradition der Schwestern U.L. erwuchsen enge Bindungen nach Brasilien zur Ordensschule in Taquara.[27] Seit 2001 unterstützt die Schwester-Willibaldis-Stiftung mit einem Projekt auch die Primary School und die Secondary School in Buseesa in Uganda.[28]
1992/93 wurde mit den Planungen zur Einführung eines Sozialpraktikums begonnen.[29] Dieses war von Beginn an in den Schulvertrag aufgenommen und bildete einen wesentlichen Bestandteil in der Erziehungsgemeinschaft von Elternhaus und Schule im Sinne des „Projet éducatif“. Die damalige Schulleiterin schrieb: „Im Sozialpraktikum der St.-Lioba-Schule, das vor dem Compassion-Projekt 1993 im Schulvertrag für unseren Jahrgang 11 verbindlich verankert war, in der GCL-Gruppenarbeit …, in der Schulseelsorge, die mit großer Beteiligung des Kollegiums gestaltet wird, erfährt Schulleben außerunterrichtlich eine Prägung des sozialen Lernens in vielen Dimensionen.“[30] Das Praxis- und Unterrichtsprojekt Compassion wurde 1994 veröffentlicht.[31] 1994 wurde dann erstmals ein 14-tägiges Sozialpraktikum für die Klassen 11 durchgeführt, das seitdem jährlich stattfindet. Als Ziele des Sozialpraktikums wurden festgelegt: „Erkennen eigener Möglichkeiten und Fähigkeiten, Übernahme sozialer Verantwortung, Aufbau und Reflexion sozialer Beziehungen zu betreuten Menschen, Fähigkeiten, in sozial schwierigen Situationen zu handeln, Wertschätzung des Dienstes am Nächsten, Entwicklung sozialer Sensibilität und Kompetenz, Förderung der Bereitschaft zu sozialem Engagement.“ Das Sozialpraktikum ist in drei Phasen gegliedert. In der Vorbereitungsphase wählen sich die Schüler selbst. Während des gesamten Praktikums werden sie von Lehrkräften betreut und während der eigentlichen Praktikumsphase hospitiert. Die Reflexion des Praktikums erfolgt in der Schlussphase u. a. in Form eines Praktikumsberichts.[32]
  • Schulsanitätsdienst[33]

Bekannte Ehemalige

Weblinks

Einzelnachweise

  1. s. hierzu Eugen Rieß Chronik – 75 Jahre St.-Lioba-Schule, S. 14–42 in: St. Lioba Jahresbericht 2003/2004 = Jubiläumsschrift zum 75-jährigen Jubiläum, s. auch M. Mathild Koppers, Chronik 1927–1953. in: St. Lioba 1929–1981. Zur Einweihung des Erweiterungsbaus und zur Nachfolge der St. Lioba-Schule 1929–1979, Bad Nauheim 1981, S. 35–55
  2. Eugen Rieß, Das Zanderinstitut. In: Jubiläumsschrift 1981, S. 62–64
  3. Bad Nauheimer Zeitung Nr. 41, 17. Februar 1934, S. 3
  4. Eugen Rieß, Geschichte Lioba
  5. siehe auch Mathild Koppers, Memoiren einer Schulleiterin, Coesfeld, Bad Nauheim, 1993
  6. Gisela Opp: Rede zur Verabschiedung der Schwestern Unserer Lieben Frau. In: Jahresbericht 1994, S.
  7. vgl. Sabine Wolf, Die Rolle der Eltern an der St.-Lioba-Schule, in: St. Lioba Jahresbericht 2003/2004, S. 12f.
  8. Eugen Rieß, Nachrichten von Büchern und Menschen. in: Jahresbericht 1994, S.
  9. Gisela Opp, St.-Lioba-Schule. Profil im Rahmen der „Mainzer 8“.in: Jahresbericht 2003/04, S. 47–52
  10. Gertrud Pollak, Verabschiedung Fr. Opp. in: Jahresbericht 2005/2006, S. 3–8.
  11. z. B.: Wetterauer Zeitung (WZ) vom 15. April 2014: St.-Lioba-Schulleitung: Wirbel um unfreiwilligen Abgang; Frankfurter Neue Presse (FNP)/Bad Vilbeler NP: Keine Lust auf Job in Mainz vom 24. April 2014.
  12. Neuer Schulleiter der St. Lioba-Schule in Bad Nauheim. Sankt Lioba Schule. 3. Januar 2015. Abgerufen am 15. Februar 2015.
  13. vgl. Jahresbericht 2005/06, S. 16
  14. Horst Lang, Schüleraustausch der St. Lioba Schule Bad Nauheim mit dem Liceum Prezentek Krakau. In: Jahresbericht 2000/2001, S. ; Hans-Wolfgang Steffek, Partnerschaft mit Krakau. in: Jahresbericht 2005/06, S. 86f.
  15. Rainer Priemer, Eugen Rieß, Wirtschaftsprojekt business@school. In: Jahresbericht 2002/2003, S.
  16. Thomas Bailly, Musik an der Lioba. in: Jahresbericht 2005/06, S. 38f
  17. Annette Hausmanns et al., Der Eltern & Freunde-Chor. in: Jahresbericht 2004/05, S. 42–44.
  18. Hans-Wolfgang Steffek, Der Lehrerchor wird volljährig. in: Jahresbericht 2007/08, S. 48–51.
  19. Eugen Rieß, Hochbegabung und individuelle Förderung. in: Jahresbericht 2010, S. 17–19
  20. Andrea König, Schulpsychologische Beratung. in: Jahresbericht 2005/06, S. 34.
  21. Horst Lang, Eugen Rieß; Maßnahmen gegen die Gewalt. in: Jahresbericht 1992/1993, S. 29ff
  22. Eugen Rieß, Von alten Süchten und neuen Wegen in der Prävention. in: Jahresbericht 2010, S. 20–22.
  23. Sabine Geppert, The Cambridge Certificates. in: Jahresbericht 2005/06, S. 76–80.
  24. vgl. dazu die ausführliche Darstellung im Jahresbericht 2008, S. 9–30
  25. Thomas Gölzhäuser, Theater-AG. in: Jahresbericht 2005/06, S. 34–37.
  26. Hans-Wolfgang Steffek, Berufsbörse der St.-Lioba-Schule mit Bildungsmesse. In Jahresbericht 2002/2003, S.
  27. Ute Ingeborg Koschig, Schwester-Willibaldis-Stiftung, in: St. Lioba Jahresbericht 2003/2004, S. 58 f.
  28. s. z. B. Thomas Korfmann, Lauf für Brasilien und Uganda. in: Jahresbericht 2008, S. 36, Ute Ingeborg Koschig, in: Jahresbericht 2008, S. 40–42, außerdem die Berichte über die Schwester-Willibaldis-Stiftung und ein Missionsprojekt in Uganda in: St. Lioba Jahresbericht 2012.
  29. Eugen Rieß, Die Welt mit anderen Augen sehen. Soziales und ethisches Lernen im Rahmen von Compassion, in: Religionsunterricht heute. Informationen des Dezernates Schulen und Hochschulen im Bischöflichen Ordinariat Mainz 03/04/2006, S. 51–55.
  30. Gisela Opp, Vorwort zum Jahresbericht 2003/04 = Festschrift 75 Jahre St. Lioba Schule Bad Nauheim, S. 8f.
  31. Adolf Weisbrod; Franz Kuhn (Hrsg.), Compassion – Ein Praxis- und Unterrichtsprojekt sozialen Lernens: Menschsein für andere. Für Katholische Freie Schulen, konzipiert von der Arbeitsgruppe „Innovation“ der Zentralstelle Bildung der Deutschen Bischofskonferenz Bonn, Sonderheft der „Schul-Korrespondenz“, Bonn 1974.
  32. Claudia Busmann, Sozialpraktikum. in: Jahresbericht 2005/06, S. 30–33.
  33. Alexander Grochowski; Schulsanitätsdienst. in Jahresbericht 2005/06, S. 30–33