Convair CV-990

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Convair CV-990 Coronado
Convair CV 990 der Swissair am 13. März 1964
Convair CV-990 der Swissair am 13. März 1964
Typ Vierstrahliges Schmalrumpfflugzeug
Entwurfsland

Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten

Hersteller Consolidated Vultee Aircraft Corporation
Erstflug 24. Januar 1961
Produktionszeit

1961 bis 1963

Stückzahl 37
Cockpit einer Convair CV-990

Die Convair CV-990, auch bekannt als Convair 990 oder Coronado, ist ein vierstrahliges Düsen-Verkehrsflugzeug der Consolidated Vultee Aircraft Corporation, genannt Convair. Sie ist im Wesentlichen eine vergrößerte Version der Convair CV-880.

Technik

Bei dem Bau der Convair 990 verzichtete man auf einen Prototyp, da man auf dem kurz zuvor vorgestellten Basismodell Convair 880 Golden Arrow aufbaute und somit kein „neues“ Flugzeug, sondern eine verbesserte Version produzieren wollte. Die CV-990 ist gute drei Meter länger als die CV-880. Die CV-990 sollte mit einer Reisegeschwindigkeit von ca. Mach 0,90 noch etwas schneller als die CV-880 werden. Deshalb bekam sie einen neuen Flügel mit Strömungskörpern (auch Küchemann-Karotten genannt), um zu verhindern, dass die Luftströmung auf der Flügeloberseite die Schallgeschwindigkeit überschritt, gleichzeitig dienten sie als Tanks. Die Convair CV-990 besaß vier Turbofan-Triebwerke General Electric CJ805-23B mit einer Aft-Fan-Auslegung. Bei Aft-Fan-Triebwerken befindet sich die Fanstufe nicht vorn, sondern hinten im Triebwerk. Ein Nachteil dieser Triebwerke war ihre große Raucherzeugung.[1][2]

Geschichte

Convair 990A
Eine Convair CV-990 der Spantax landet in Basel
Kabine einer Convair CV-990 der Swissair im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern
EC-BZO, die auf dem Flughafen Palma de Mallorca verbliebene Spantax Convair CV-990

Die erste Convair 990 verließ die Werkshallen in San Diego im November 1960 und startete am 24. Januar 1961 zu ihrem Erstflug. Während der Flugerprobung zeigten sich frühzeitig Steuerungsprobleme, die durch Turbulenzen an den innen liegenden Triebwerkspylonen verursacht wurden. Diese Turbulenzen beeinflussten die Wirksamkeit der Steuerklappen. Darüber hinaus vibrierten die äußeren Triebwerke unter bestimmten Einsatzbedingungen stark. Ende März 1961 wurden die Flugtests für einige Wochen unterbrochen, um Änderungen vorzunehmen, welche die Probleme beheben sollten. Ende April 1961 nahm man die Erprobung wieder auf. Mit den aerodynamischen Verbesserungen bezeichnete man den Typ nun als CV-990A. Convair musste feststellen, dass die Steuerungsprobleme und die Triebwerksvibrationen zwar behoben waren, das Flugzeug nun jedoch nicht mehr in der Lage war, die zugesicherte Reisegeschwindigkeit einzuhalten, ohne dabei unverhältnismäßig viel Treibstoff zu verbrauchen. Damit hielt die CV-990 auch die Garantien bezüglich Zuladung und Reichweite nicht mehr ein, die Convair den Kunden gegeben hatte. Convair startete daraufhin ein Programm zur Reduzierung des Luftwiderstands im Reiseflug. Gleichzeitig verschob sich die Zulassung durch die FAA vom Juni 1961 in den Dezember desselben Jahres.

Wegen der Leistungsprobleme und der verzögerten Zulassung des Typs musste Convair im Sommer 1961 zurück an den Verhandlungstisch mit den beiden Erstkunden American Airlines und Swissair sowie mit den Folgekunden SAS und Varig. Gegenüber American Airlines war Convair zu hohen Rabatten für die 20 bestellten CV-990 gezwungen, während SAS ihre Bestellung sogar stornierte – später jedoch zwei fabrikneue CV-990 von Swissair leaste – und Varig die Order auf nur drei Exemplare reduzierte.

Das erste Exemplar des Typs nahm am 7. Januar 1962 den Liniendienst bei American Airlines auf. Swissair erhielt fast parallel die erste Maschine und gab der Convair einen weiteren Namen, Coronado. Diese Bezeichnung wurde später allgemein für die CV-990 verwendet.

Convair hoffte, mit der CV-990 eine konkurrenzfähigere Weiterentwicklung der CV-880 anbieten zu können und somit das Problem der geringen Kapazität der CV-880 beheben und größere Verkaufserfolge erzielen zu können. Aufgrund der Probleme, die das Projekt jedoch bereits frühzeitig belasteten, verkaufte sich auch die CV-990A nicht annähernd so gut wie die Flugzeuge der Konkurrenten Boeing und Douglas. Das Programm sollte sich nicht mehr von den frühen Rückschlägen erholen. Nach nur knapp drei Jahren wurde die Produktion der CV-990 bereits 1963 wieder eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden lediglich 37 CV-990/990A ausgeliefert. Die Gesamtproduktion der CV-880/990-Familie – auch die Produktion der Convair 880 lief 1963 aus – belief sich auf nur 102 Exemplare. Wegen der durch den Misserfolg entstandenen finanziellen Verluste stellte Convair die Entwicklung und Produktion ziviler Flugzeuge ein. Stattdessen widmete man sich wieder verstärkt der militärischen Luftfahrt sowie der Rolle als Zulieferer der Luft- und Raumfahrtindustrie.

Der schwerste Unfall einer CV-990 ereignete sich am 3. Dezember 1972, als eine Maschine der Spantax (Luftfahrzeugkennzeichen EC-BZR) kurz nach dem Start vom Flughafen Los Rodeos auf Teneriffa bei schlechtem Wetter und geringer Sichtweite außer Kontrolle geriet und aus 90 Metern Höhe abstürzte. Keiner der 155 Menschen an Bord, darunter 144 deutsche Passagiere, überlebte das Unglück.[3]

Spantax war darüber hinaus einer der letzten kommerziellen Betreiber der CV-990. Man setzte zwei Exemplare des Typs noch bis 1987, kurz vor dem endgültigen Bankrott der Gesellschaft im März 1988, regelmäßig ein. Die meisten ehemaligen CV-990 der Spantax einschließlich der beiden letzten Exemplare wurden am Flughafen Palma de Mallorca abgestellt. Nach und nach wurden die Flugzeuge verschrottet, so dass sich derzeit nur noch eine letzte Convair 990 – ehemaliges Kennzeichen EC-BZO – dort befindet. Seit Ende der 1990er Jahre gab es Bestrebungen, das Flugzeug zu restaurieren, was jedoch lange an fehlenden finanziellen Mitteln scheiterte. Im Jahr 2017 begannen erste Restaurierungsarbeiten. Es gab Pläne das Flugzeug zu verschrotten, was von Fans verhindert wurde.[4] (Standort: 39° 33′ 29,7″ N, 2° 44′ 52″ O)

Betreiber (historisch)

Convair CV 990 der NASA
Convair 990 der NASA ausgestellt vor dem Eingang des Mojave Air & Space Port

Betreiber werksneuer Maschinen

Betreiber gebrauchter Maschinen

Zwischenfälle

Vom Erstflug 1961 bis zum Betriebsende 1988 kam es mit Convair CV-990 zu 11 Totalschäden. Bei 5 davon kamen 258 Menschen ums Leben.[5] Beispiele:

  • In der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember 1968 landeten israelische Kommandotruppen auf dem Flughafen Beirut und sprengten 14 Flugzeuge verschiedener, meist libanesischer Fluggesellschaften, als Vergeltung für einen palästinensischen Angriff auf ein israelisches Flugzeug am 26. Dezember 1968 in Athen. Darunter waren auch zwei Convair CV-990 (OD-AEW und OD-AEX) der Lebanese International Airways, die außerdem mit zwei Douglas DC-7 den Großteil ihrer Flotte verlor und im darauffolgenden Januar ihren Betrieb einstellen musste.[7][8]
  • Am 5. Januar 1970 wurde beim Start eines Charterflugs der Spantax von Stockholm nach Palma de Mallorca der Ausfall eines Triebwerkes bemerkt. Der Start wurde abgebrochen und die Maschine mit dem Kennzeichen EC-BNM rollte zum Terminal zurück. Danach sollte die Maschine ohne Passagiere mit nur drei funktionierenden Triebwerken nach Zürich zur Reparatur geflogen werden. Während des Starts geriet die Maschine bei schlechtem Wetter und starkem Wind außer Kontrolle, streifte einige Baumwipfel und stürzte schließlich ab. Fünf der zehn Besatzungsmitglieder starben (siehe auch Flugunfall der Spantax bei Stockholm).[9]
  • Am 3. Dezember 1972 ereignete sich der schwerste Unfall einer CV-990. Auf dem Flug vom Flughafen Los Rodeos (heute: Teneriffa Nord) nach München-Riem geriet die Spantax-Maschine EC-BZR während des Starts bei nahezu Null Sicht in etwa 90 m Flughöhe außer Kontrolle, überschlug sich und zerschellte schließlich am Boden. Alle 148 Passagiere (vorwiegend deutsche Urlauber) und 7 Besatzungsmitglieder starben (siehe Spantax-Flug 275).[11]

Technische Daten

Kenngröße Daten
Besatzung 5
Passagiere 90–149
Länge 42,49 m
Spannweite 36,58 m
Höhe 12,04 m
Flügelfläche 209 m²
Flügelstreckung 6,4
Nutzlast
Leermasse 54.893 kg
max. Startmasse 115.750 kg
Reisegeschwindigkeit 917 km/h
Höchstgeschwindigkeit 1030 km/h[12]
Dienstgipfelhöhe 12.495 m
Reichweite bei max. Nutzlast 6116 km
max. Reichweite 8900 km
Startbahnlänge 2775 m[13]
Landebahnlänge 1690 m[13]
Triebwerke 4 × Turbofans General Electric CJ-805-23B mit je 71,4 kN Schub

Erhaltene Exemplare

Einige wenige der nur 37 produzierten CV-990 sind bis heute in besserem Zustand als die genannte ehemalige Spantax-Maschine erhalten geblieben. Eine Coronado der Swissair steht im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern, ein weiteres Exemplar befindet sich als Erkennungsmerkmal am Flughafen Mojave in Kalifornien.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Convair CV-990 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Helmut Kreuzer: Jetliner. Von der Comet zum Airbus A 321. Air Gallery Verlag, Ratingen 1991, ISBN 3-9802101-4-6.
  2. Coronado bei der Swissair (Memento vom 22. Juni 2009 im Internet Archive)
  3. Flugunfalldaten und -bericht im Aviation Safety Network (englisch)
  4. Mallorca Zeitung: Convair 990 Coronado: Sandstrahl für den Geisterjet. (mallorcazeitung.es [abgerufen am 31. Mai 2017]).
  5. Unfallstatistik Convair CV-990, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Januar 2018.
  6. Flugunfalldaten und -bericht der CV-990 PK-GJA im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 20. Januar 2016.
  7. Aviation Safety NetworkBerichtsliste 1968/3: siehe unter 28-DEC-1968 (englisch), abgerufen am 17. Oktober 2019.
  8. Ulrich Klee, Frank Bucher et al.: jp airline-fleets international 1967 bis 1969. Zürich-Airport 1967–1969.
  9. Flugunfalldaten und -bericht der EC-BNM im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 20. Januar 2016.
  10. Flugunfalldaten und -bericht der HB-ICD im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 20. Januar 2016.
  11. Flugunfalldaten und -bericht der EC-BZR im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 20. Januar 2016.
  12. Helmut Kreuzer: Jetliner. Von der Comet zum Airbus A 321, Air Gallery Verlag, Ratingen (1991) ISBN 3-9802101-4-6
  13. a b Karlheinz Kens: Flugzeugtypen – Typenbuch der internationalen Luftfahrt, 1963, S. 280