Anne-Eva Brauneck

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Juni 2022 um 14:09 Uhr durch imported>Kriddl(229055) (HC: Entferne Kategorie:Rechtswissenschaftler (20. Jahrhundert); Ergänze Kategorie:Strafrechtler (20. Jahrhundert)).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Anne-Eva Brauneck (* 9. Dezember 1910 in Hamburg; † 6. März 2007 in Lich) war die erste deutsche Professorin für Strafrecht und Kriminologie und zweite deutsche Professorin für Rechtswissenschaft.

Leben

Brauneck studierte am Ende der Weimarer Republik Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg. Sie gehörte zu den letzten Schülerinnen des Strafrechtlers, Rechtsphilosophen und ehemaligen Reichsjustizministers Gustav Radbruch. 1935 wurde sie mit der Arbeit „Pestalozzis Stellung zu den Strafrechtsproblemen“ bei Rudolf Sieverts promoviert. Die Promotion erschien in Druckfassung 1936 und wurde im schlesischen Breslau verlegt (vgl. Kreuzer: "Strafr. Abhandlungen H. 367, Breslau 1936")[1]. Sie legte 1937 das Zweite Juristische Staatsexamen ab. Sie wurde trotz ihrer Qualifikation als Volljuristin nur im gehobenen Dienst der Polizei eingestellt. Dort legte sie zusätzlich das Kriminalassistenten-Examen ab. Sie wandte sich Studien zu den familiären Hintergründen jugendlicher Straffälliger zu. Sie verbrachte eine Zeit ihrer beruflichen Lebenszeit in der Zeit des Nationalsozialismus. Ihre Arbeit wurde von den Nationalsozialisten beargwöhnt, da sie in ihren Untersuchungen die politisch gewünschte These von der Erblichkeit der Kriminalität nicht bestätigte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte sie zusätzlich Psychologie und wurde wissenschaftliche Mitarbeiterin des Hamburger Professors und Präsidenten der Rektorenkonferenz Rudolf Sieverts. Als Frau musste sie sich die Möglichkeit einer Habilitation erkämpfen. 1961 erfolgte die Habilitation mit einer Arbeit über die Entwicklung jugendlicher Straftäter. Allerdings war das Fach Kriminologie in Hamburg noch nicht als selbstständiges Lehrfach anerkannt. Ihre venia legendi umfasste daher die Fächer „Strafrecht und strafrechtliche Hilfswissenschaften“. 1965 wurde sie auf den Lehrstuhl für „Strafrecht und Kriminologie“ an der Universität Gießen berufen. Der Lehrstuhl wurde später in einen solchen für „Kriminologie und Kriminalpolitik“ umgewidmet. Nachfolger ihres Lehrstuhls war (1976) Arthur Kreuzer, der bei ihr studiert hatte. Nachfolger Kreuzers wiederum ist Britta Bannenberg. Nach Gertrud Schubart-Fikentscher, die seit 1948 einen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Deutsche Rechtsgeschichte an der Universität Halle-Wittenberg innehatte, war sie die zweite Juraprofessorin in Deutschland.

Sie hat sich um den Deutschen Juristinnenbund, die Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, den wissenschaftlich-reformpolitischen Arbeitskreis der „Alternativprofessoren“, die Humanistische Union und die Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform verdient gemacht. Im Jahre 1975 wurde sie emeritiert. Sie hat drei habilitierte Schüler. Am 6. März 2007 verstarb sie 96-jährig in Lich und wurde in Hamburg beigesetzt.

Einen umfassenden Überblick über ihr Leben, ihr Werk, ihre Ängste und persönlichen Äußerungen gibt Kreuzer, in: MschKrim, 2007, S. 352ff.

Werke

  • Pestalozzis Stellung zu den Strafrechtsproblemen. (Dissertationsschrift, Hamburg 1936)
  • mit Knut Pipping und Rudolf Abshagen: Gespräche mit der deutschen Jugend. Ein Beitrag zum Autoritätsproblem, Helsingfors 1954
  • Die Entwicklung jugendlicher Straftäter. (Habilitationsschrift, Hamburg 1961)
  • Allgemeine Kriminologie. (1970)
  • Fühlen und Denken. (1997)
  • Interview in: M. Fabricius-Brand u. a., Hrsg., Juristinnen, Berlin 1982 S. 167 ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kreuzer, Arthur: Zum Tod von Anna-Eva Brauneck. Hrsg.: MSchKrim. De Gruyter, S. 351 (352)-259.