Art Ensemble of Chicago
Art Ensemble of Chicago | |
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Kongsberg Jazzfestival, 2017 | |
Allgemeine Informationen | |
Genre(s) | Avantgarde Jazz, Modern Creative |
Gründung | 1967 |
Website | www.artensembleofchicago.com |
Gründungsmitglieder | |
Roscoe Mitchell | |
Reeds |
Joseph Jarman (bis 1993, dann zwischen 2003 und 2006) |
Lester Bowie (bis 1999) † | |
Malachi Favors (bis 2004) † | |
Phillip Wilson (bis 1969) | |
Aktuelle Besetzung | |
Reeds |
Roscoe Mitchell |
Trompete |
Hugh Ragin (seit 2017) |
Tomeka Reid (seit 2017) | |
Kontrabass |
Jaribu Shahid (seit 2004) |
Kontrabass |
Junius Paul (seit 2017) |
Schlagzeug |
Don Moye (seit 1970) |
Ehemalige Mitglieder | |
Saxophon |
Ari Brown (um 2000) |
Trompete |
Corey Wilkes (von 2004 bis 2006) |
Gäste | |
Cecil Taylor | |
Amapundo | |
Piano |
Don Pullen |
Piano |
Amina Claudine Myers |
Chicago Beau | |
Hartmut Geerken |
Das Art Ensemble of Chicago ist eine avantgardistische Jazzformation, die in den 1960er Jahren in Chicago gegründet wurde. Das Ensemble ist der Ästhetik der „Association for the Advancement of Creative Musicians“ im Chicago der 1960er Jahre verpflichtet und bestand zunächst nur aus Mitgliedern dieser Vereinigung.
Einordnung
Das Ensemble vertritt eine spezifische Variante des modernen Jazz, die besonderen Wert auf die schwarze Identität der afro-amerikanischen Musiker und die afrikanischen Wurzeln des Jazz legt. Dazu gehört, dass afrikanische Instrumente eingeführt wurden, Melodik wie Rhythmik sich häufig auf afrikanische Quellen beziehen, die Musiker oft in afrikanisch inspirierter Kleidung und bemalten Gesichtern auftraten. Eines der Markenzeichen der Musik dieser Formation ist die Vielfalt der von ihren Mitgliedern gespielten Instrumente. Musik, Tanz, Pantomime und Wort wurden zu einer Art „ritualisierten Theaters“.[1] Die Gruppe zeigte durch die Rückgriffe auf die gesamte Tradition afroamerikanischer Musik „einen Ausweg aus der Sackgasse der Abstraktion auf und wurde zu einer Schlüsselgruppe der 1970er und 1980er Jahre.“[2]
Entwicklung
Initiiert von dem Saxofonisten Roscoe Mitchell veröffentlichte 1966 sein „Roscoe Mitchell Sextett“ die LP „Sound“ und trat erstmals am 3. Dezember 1966 im Chicagoer Harper Theater unter dem Namen „Roscoe Mitchell Art Ensemble“ auf. Ihm gehörten neben Mitchell unter anderem Lester Bowie (Trompete) und Malachi Favors Maghostut (Malachi Favors) (Bass) an. Die AACM-Mitglieder Joseph Jarman (Saxofon) und Phillip Wilson (Schlagzeug) kamen 1967 hinzu. In diesem Jahr erschienen die ersten Schallplatten-Aufnahmen (teilweise wirkten hierbei auch andere Musiker wie Thurman Barker, Robert Crowder und Charles Clark mit). Diese Musiker arbeiteten in unterschiedlichen Zusammensetzungen und Bandnamen schon seit Jahren zusammen.
Zur Änderung des Namens kam es während einer von Lester Bowie angeregten und finanziell geförderten Tournee durch Frankreich (ab Frühjahr 1969), als ein französischer Veranstalter die Band als „Art Ensemble of Chicago“ ankündigte. Die Frankreich-Tournee (ohne Philip Wilson, der die Gruppe vor der Tournee verließ, um sich der Paul Butterfield Blues Band anzuschließen) sowie in Europa aufgenommene Schallplatten waren ein großer Erfolg und begründeten die bald internationale Anerkennung des Ensembles. Es kam zu Tourneen und Aufnahmen mit der Sängerin Brigitte Fontaine. Einladungen zu dem SWF Free Jazz Meeting Baden-Baden und dem Deutschen Jazzfestival führten zu einem intensiven Austausch mit europäischen Musikern des Free Jazz.
Trat das Ensemble in Europa anfänglich ohne Schlagzeuger auf, wurde 1970 der Perkussionist Famoudou Don Moye in die Band aufgenommen. Nach der Teilnahme am Baden-Badener Free-Jazz-Treffen und weiteren Festivals führte 1971 eine Europa-Tournee die Band in viele europäische Städte. Im April 1972 kehrten die Musiker zurück in die Vereinigten Staaten. Das Quintett, bestehend aus Bowie, Favors, Jarman, Mitchel und Moye spielte in dieser Besetzung bis zum Jahre 1993 und hatte nun auch in den USA Erfolge, etwa auf dem Newport Jazz Festival 1973.
1974, 1978 und 1980 trat das Ensemble auf dem Montreux Jazz Festival und weiteren europäischen Jazz-Festivals auf, 1976 auf den Berliner Jazztagen und ging auch auf Japan-Tourneen. Es bestätigte seinen Ruf als eine der innovativsten Jazzgruppen der 1970er. 1978 begann längere Zusammenarbeit mit ECM, einem deutschen Schallplatten-Label. Die in diesem Rahmen entstandene LP „Full Force“ kürten die amerikanischen Zeitschriften Down Beat, Melody Maker und Stereo Review zur besten Jazz-Veröffentlichung des Jahres 1980. Auf dem renommierten Jazz-Festival von Montreux (Schweiz), erhielt sie den Grand Prix Diamont. Das Art Ensemble of Chicago gehörte nun zu den international bedeutendsten Jazz-Bands seiner Zeit. Die Musiker der Gruppe arbeiteten zum Teil parallel mit anderen musikalischen Konstellationen, zum Beispiel Lester Bowie mit seiner Band Brass Fantasy, Roscoe Mitchel mit der Note Factory (ECM 1997).
Von 1987 an nahm das Art Ensemble eine Reihe bemerkenswerter CDs mit dem japanischen Label DIW auf. 1990/1991 kooperierte das Art Ensemble mit der südafrikanischen Gruppe Amabutho, einem schwarzen Männerchor. Nach Auftritten in Südafrika und einer CD-Aufnahme (Art Ensemble of Soweto) unternahm diese Konstellation eine ausgedehnte Europa-Tournee, manchmal ergänzt um Bowies Brass Fantasy. Unter dem Reihen-Titel Dreaming of the Masters erschienen Hommage-Alben für Thelonious Monk (1992 mit Gastmusiker Cecil Taylor) und John Coltrane ebenso wie für Bob Marley, Otis Redding und Jimi Hendrix (Ancient to the Future). 1993 verließ Jarman die Formation.
1996 erschien die CD Coming Home Jamaica (Birdology/Warner). Anlass des Projektes war zunächst die Zusammenarbeit mit einem jamaikanischen Obstsaft-Produzenten für Werbezwecke. Diese Veröffentlichung, die das Ende der Zusammenarbeit mit DIW markierte, brachte dem Art Ensemble of Chicago nach längerer Pause erneut stärkere internationale Aufmerksamkeit. Nach Bowies frühem Tod 1999 arbeitete das Art Ensemble nach kurzer Zeit mit Ari Brown als Trio weiter,[3] beteiligte allerdings regelmäßig andere Musiker bei Auftritten und Platten-Aufnahmen. 2003 trat Jarman wieder in die Band ein und im gleichen Jahr trat das „Art Ensemble of Chicago“ mit dem Etikett „Reunion“ (Wiedervereinigung) in Italien auf (CD Reunion, 2003).
Malachi Favors (Maghostut) starb 2004 während der Einspielung der CD Sirius Calling. Der Trompeter Corey Wilkes und der Bassist Jaribu Shahid wurden im selben Jahr Ensemble-Mitglieder. Eine Live-Aufnahme dieses Quintetts erschien 2006 als Doppel-CD. Die Gruppe wurde 2017 reaktiviert mit dem Trompeter Hugh Ragin, der Cellistin Tomeka Reid, den Bassisten Shahid und Junius Paul sowie den frühen Mitgliedern Mitchell und Moye. 2018 trat das Art Ensemble mit Gästen in einer 11-köpfigen Formation beim Berliner Jazzfest auf; während der Auftritt für einen Teil der Kritik „altbacken“[4] wirkte oder an „kammermusikalische Konvention“ erinnerte[5] fanden andere den Auftritt „hübsch“.[6]
Preise und Auszeichnungen
Das Album Full Force (1980) wurde vielfach preisgekrönt, beispielsweise im Down Beat als „Album des Jahres“; das zog weitere Poll-Siege der Gruppe als Band des Jahres und auch einzelner Musiker (zum Beispiel von Lester Bowie) nach sich. Die CD Coming Home Jamaica führte dazu, dass das Art Ensemble für 1996 vom Down Beat als „beste akustische Musikgruppe des Jahres“ ausgezeichnet wurde. 1998 wurde das Album Fanfare for the Warriors in die Liste “100 Records That Set the World on Fire (While No One Was Listening)” von The Wire aufgenommen.
Auswahldiskographie
- 1967 – Art Ensemble 1967-1968 (Nessa)
- 1969 – A Jackson in Your House (BYG Actuel/Metronome)
- 1969 – People in Sorrow
- 1969 – The Paris Session (1969 Freedom/1975 Arista)
- 1970 – Les Stances a Sophie (ursprünglich für einen gleichnamigen französischen Film von Moshe Misrahi gedacht)
- 1977 – Fanfare To The Warriors (Koch/Atlantic)
- 1978 – Nice Guys (ECM)
- 1980 – Urban Bushmen (ECM)
- 1980 – Full Force (ECM, München)
- 1982 – Great Black Music, Ancient to the Future (DIW)
- 1984 – The Complete Live In Japan (DIW)
- 1985 – Naked (DIW)
- 1989 – The Alternate Express (DIW)
- 1989 – The Art Ensemble Of Soweto (DIW)
- 1990 – Dreaming of the Masters (DIW)
- 2003 – The Meeting
- 2018 – We Are on the Edge: A 50th Anniversary Celebration
Literatur
- Art Ensemble of Chicago Great Black Music: Ancient to the Future Chicago.
- Martin Kunzler: Jazz-Lexikon. Band 1: A–L (= rororo-Sachbuch. Bd. 16512). 2. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-499-16512-0.
- George Lewis. A Power Stronger than Itself: The AACM and American Experimental Music. University of Chicago Press, 2008.
- Paul Steinbeck: Message to Our Folks: The Art Ensemble of Chicago (The University of Chicago Press, 2016).
Weblinks
- Art Ensemble of Chicago – Ancient to the Future, offizielle Homepage
- Art Ensemble of Chicago bei AllMusic (englisch)
- Diskografie (Memento vom 12. Februar 2008 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- ↑ Martin Kunzler Jazz-Lexikon
- ↑ Ian Carr, zit. n. Mike Hennessey Art Ensemble of Chicago. In: Lincoln T Beauchamp, Jr. BluesSpeak: the best of the Original Chicago blues annual Chicago 2010, S. 149ff.
- ↑ Todd Jenkins Afro Avant-garde: The essential Art Ensemble of Chicago in 10 records
- ↑ Die Proteste aus Chicago klingen altbacken Kieler Nachrichten 5. November 2018
- ↑ Michael Rüsenberg JazzFest Berlin, jazzcity.de
- ↑ Melancholielinien: Der verspätete Jazz Jazzzeitung