George Armitstead

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George Armitstead

George Armitstead (* 27. Oktoberjul. / 8. November 1847greg. in Riga; † 17. Novemberjul. / 30. November 1912greg. in Riga) war ein deutschbaltischer Ingenieur, Unternehmer und der vierte Bürgermeister Rigas.[1]

Leben

Herkunft

George Armitsteads wurde in eine deutschbaltisch-englische Familie geboren.[2] Sein Großvater stammte aus England und hatte sich in Riga als Kaufmann niedergelassen.[1] Riga war ab 1796 Hauptstadt des russischen Ostseegouvernements Livland und gehörte somit zum Russischen Kaiserreich. So wurde George Armitstead als russischer Staatsbürger geboren. Sein Vater, James Armitstead (1826–1879), war ebenfalls Kaufmann in Riga und Vorsteher des Börsenkomitees. Er vermachte der Stadt Riga testamentarisch 361.280 Rubel für mildtätige Zwecke.[3] Damit wurde das nach dem Stifter benannte Kinderkrankenhaus erbaut.

Ausbildung und Tätigkeiten

1868 beendete Armitstead sein Ingenieurstudium am Polytechnikum Riga. Dort war er einer der Gründer der deutschen Studentenverbindung Fraternitas Baltica. Er setzte zunächst in Zürich und Oxford seine Studien fort und arbeitete danach in Russland im Eisenbahnbau. Nach Riga zurückgekehrt, wurde er Besitzer einer Ziegelei und 1880 Mitbesitzer und Leiter einer Knochenmehlfabrik in Riga, später leitete er als Direktor die Dünaburg-Vitebsker Eisenbahn und ab 1896 die Aktiengesellschaft der florierenden Baltischen Zellulosefabrik in Schlock bei Riga (heute: Sloka).[4] Er hatte lebhaftes Interesse an der Landwirtschaft und erwarb das Rittergut Neu-Mocken (westlich von Tukums).[5] 1899 verantwortete er die IV. Baltische Landwirtschaftliche Zentralausstellung in Riga.[6][7] Armitstead war Mitglied der Baltischen Konstitutionellen Partei.[8]

Bürgermeister

Seine ausgewiesenen wirtschaftlichen und organisatorischen Kompetenzen veranlasste die Rigaer Stadtverwaltung George Armitstead 1901 zum Oberbürgermeister zu wählen. Zu Beginn seiner Amtszeit war die Vorbereitung der 700-Jahr-Feier mit einer großen Wirtschaftsausstellung eine erste Herausforderung.

Während seiner Amtszeit wurde Riga durch ihn wesentlich geprägt. Er veranlasste den Bau verschiedener auch heute noch die Stadt prägende Gebäude, so das Lettische Nationale Kunstmuseum, das Lettische Nationaltheater (bis 1917: Russisches Theater) wurde zu Beginn seiner Amtszeit fertiggestellt. Er machte sich sehr verdient um den Ausbau des Wasserwerks, des Elektrizitätswerks und der Straßenbahn.[6]

Als Bürgermeister war ihm besonders die Entwicklung Schulwesens wichtig, insbesondere der lettischen Volksschulen.[9] In den Jahren 1908 bis 1912 entstanden 14 Schulen für Schüler deutscher Sprache und lettischer Sprache.[1] Sein Ziel war die Abschaffung des Schulgeldes.[1]

Armitstead setzte sich für den Aufbau einer modernen westeuropäischen Wohlfahrtspflege ein.[10] So gründete er 1907 die „Gesellschaft für kommunale Sozialpolitik“, die der Verbreitung dieses Anliegens diente. Ein neues Krankenhaus wurde gebaut, ein Schularztsystem eingeführt, Ambulatorien für Elementarschüler und -schülerinnen wurden eingerichtet.[11] Eine Volksbibliothek mit Lesehalle wurde 1906 eröffnet.[1][12]

Ehrungen

Die Vertretung der Stadt Riga verlieh George Armitstead für seine Verdienste um die Stadt die Ehrenbürgerwürde, der Zar den erblichen Adelstitel.[7]

Mit den finanziellen Mitteln eines lokalen Geschäftsmannes wurde 2006 das Armitstead-Denkmal nahe der Oper errichtet, das von der englischen Königin Elisabeth II. enthüllt wurde.[13]

Literatur

  • N. [Nikolai von] Carlberg: George Armitstead als Sozialpolitiker. Gedächtnisrede, gehalten am 1. März 1913 in der Gesellschaft für kommunale Sozialpolitik in Riga. W.F. Häcker, Riga 1913 (Sonderdruck aus Hefte der Gesellschaft für kommunale Sozialpolitik in Riga, Heft 34, 1913, S. 27–46); Nachdruck unter dem Titel George Armitstead als Sozialpolitiker in: Baltische Monatsschrift, Jg. 75 (1913), Heft 3, S. 161–177 (Digitalisat der Lettischen Nationalbibliothek).
  • George Armitstead. In: Heinrich Bosse, Arved Freiherr von Taube (Hrsg.): Baltische Köpfe. 24 Lebensbilder aus acht Jahrhunderten deutschen Wirkens in den baltischen Landen. Baltischer Verlag, Bovenden bei Göttingen, 2. Aufl. 1958, S. 116–122.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e George Armitstead. In: Baltische Köpfe. Baltischer Verlag, Bovenden bei Göttingen, 2. Aufl. 1958, S. 116–122.
  2. Ulrike von Hirschhausen: Die Grenzen der Gemeinsamkeit. Deutsche, Letten, Russen und Juden in Riga 1860–1914. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-35153-4, S. 110 und 112.
  3. Vanda Zariņa: Rīgas domnieki laikmeta līkločos. Rīgas dome, Riga 2019, ISBN 978-9984-31-148-7, S. 19 (lettisch).
  4. Ulrike von Hirschhausen: Die Grenzen der Gemeinsamkeit. Deutsche, Letten, Russen und Juden in Riga 1860–1914. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, S. 110.
  5. Pils vēsture (Geschichte des Schlosses), abgerufen am 17. August 2018.
  6. a b Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Armitstead, George. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
  7. a b Rigasches Stadthaupt George Armitstead †, Rigasche Zeitung vom 20. November 1912.
  8. Ulrike von Hirschhausen: Die Grenzen der Gemeinsamkeit. Deutsche, Letten, Russen und Juden in Riga 1860–1914. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, S. 113.
  9. Ulrike von Hirschhausen: Die Grenzen der Gemeinsamkeit. Deutsche, Letten, Russen und Juden in Riga 1860–1914. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, S. 112.
  10. Nikolai von Carlberg: George Armitstead als Sozialpolitiker. In: Baltische Monatsschrift, Jg. 75 (1913), Heft 3, S. 161–177, hier S. 165.
  11. Nikolai von Carlberg: George Armitstead als Sozialpolitiker. In: Baltische Monatsschrift, Jg. 75 (1913), Heft 3, S. 161–177, hier S. 166.
  12. Nikolai von Carlberg: George Armitstead als Sozialpolitiker. In: Baltische Monatsschrift, Jg. 75 (1913), Heft 3, S. 161–177, hier S. 168.
  13. State visit by Her Majesty Queen Elizabeth II to Latvia