Louise Aston

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Louise Aston,
Stich von Auguste Hüssener (1851)
Die Emanzipierte (Johann Baptist Reiter), vermutlich ein Porträt Astons
Grab auf dem Alten Friedhof in Wangen im Allgäu

Louise Franziska Aston, verh. Meier, gesch. Aston, geb. Hoche (* 26. November 1814 in Gröningen; † 21. Dezember 1871 in Wangen im Allgäu), war eine deutsche Schriftstellerin und Vorkämpferin für die demokratische Revolution und Frauenbewegung.

Leben

Louise Aston war die jüngste Tochter des evangelischen Theologen und Konsistorialrats Johann Gottfried Hoche und dessen Ehefrau Louise Charlotte, geborene Berning. Eine ältere Schwester war Eulalia Merx. Mit 17 Jahren wurde sie zur Konvenienzehe mit dem 23 Jahre älteren Samuel Aston, einem englischen Fabrikanten in Magdeburg, gezwungen. Samuel Aston hatte vor seiner Heirat bereits mit drei Frauen vier uneheliche Kinder, die er alle adoptierte. Aus der Ehe mit Louise Aston gingen drei Töchter hervor. Die älteste, Jenny Louise, wurde 1836 geboren und starb 1841. Nur vier Wochen zuvor wurde die zweite Tochter geboren, welche ebenfalls den Namen Jenny Louise erhielt und 1842 Helene Martha Clara, die 1844 starb.[1] „Die Geschichte dieser Verbindung beschrieb sie [Louise Aston] in ihrem Roman »Aus dem Leben einer Frau« (1846)“.[2]

Louise Aston führte ein extravagantes Leben und provozierte in Magdeburg und Göttingen, wo sie sich zeitweilig aufhielt, wiederholt Skandale. 1839 wurde die Ehe auf Betreiben Samuel Astons geschieden, doch das Paar versöhnte sich und heiratete 1842 erneut; 1844 trennte man sich endgültig. Mit ihrer zweiten Tochter Jenny Louise lebte sie nach der 2. Scheidung bei ihrer Schwester in Züllichau und kehrte nach Preußen zurück.[1] Sie ließ sich in Berlin nieder, wo sie zeitweilig mit Rudolf Gottschall zusammenlebte, der ihr seine die freie Liebe propagierenden Gedichte „Madonna“ und „Magdalena“ widmete.

Da sie eine literarisch-intellektuelle Laufbahn anstrebte, suchte sie Zugang zu entsprechenden Zirkeln. Sie schloss sich einer Gruppe Junghegelianer an (u. a. Otto von Corvin und Max Stirner). Anonyme Beschwerden über sie führten dazu, dass die Polizei sie überwachte. 1846 wurde sie wegen ihres Nonkonformismus (sie veröffentlichte erotische Gedichte, trug wie George Sand Männerkleidung und rauchte auf der Straße) und ihrer offenen Verneinung jeder Form von organisierter Religiosität als „staatsgefährliche Person“ aus Berlin ausgewiesen. In ihrem wenig später veröffentlichten Buch Meine Emanzipation, Verweisung und Rechtfertigung schilderte sie ihren Fall und formulierte radikale Forderungen nach Geschlechtergleichheit und dem Recht der Frau auf freie Persönlichkeitsentfaltung.

Der Kunsthistoriker Lothar Schultes vermutet aufgrund der Ähnlichkeit mit einem Stahlstich von Auguste Hüssener, dass das Gemälde „Die Emanzipierte“ von Johann Baptist Reiter, das sich im Schlossmuseum Linz befindet, Louise Aston zeigt. Es dürfte 1847 entstanden sein, als Aston kurzfristig in der Schweiz lebte und sich vielleicht auch im vor-revolutionären Wien aufhielt.[3]

Im Revolutionsjahr 1848 schloss sie sich als freiwillige Pflegerin den Freikorps von Ludwig von der Tann an und nahm am Schleswig-Holsteinischen Feldzug teil. Während dieses Feldzugs lernte sie ihren zweiten Mann, den Arzt Daniel Eduard Meier (1812–1873), kennen, den sie später am 25. November 1850 in Braunschweig heiratete. Mit ihm kehrte sie nach Berlin zurück, wo sie ihren Roman Lydia veröffentlichte und während der Märzrevolution einige Nummern der Zeitschrift Der Freischärler herausgab sowie den Club Emanzipierter Frauen gründete. Ihr Mann wurde als radikaler Demokrat verhaftet, sie wurde endgültig aus Berlin abgeschoben und zog nach Bremen, wo sie ihren Roman Revolution und Conterrevolution schrieb. 1849 erschien ihre letzte Veröffentlichung, die Gedichtsammlung Freischärler-Reminiscenzen. Die radikalen Texte trugen ihr heftige Kritik aus den Reihen der Frauenbewegung (u. a. von Louise Otto) ein.[4][5]

Louise Astons Ehemann Daniel Eduard Meier wurde zum 1. Mai 1855 wegen seines Festhaltens an seiner für die Stadt Bremen nicht akzeptablen Ehefrau die Stelle als Leitender Arzt der „Neuen Krankenanstalt“ in Bremen gekündigt; das ständig überwachte Paar verließ Deutschland, um im Krimkrieg auf russischer Seite als Arzt und Pflegerin in der freiwilligen Krankenpflege zu arbeiten. Anschließend lebten sie im Russischen Kaiserreich, in Ungarn und Österreich, bis sie 1871 wieder nach Deutschland zurückkehrten. Bald darauf starb Louise Aston verarmt, politisch resigniert und von ihren Schriftstellerkollegen isoliert im Alter von 57 Jahren.

Sie wurde auf dem Alten Friedhof in Wangen im Allgäu begraben; ihre Grabtafel (an der Nordwand des Alten Gottesackers) ziert der Spruch „Nach Kampf Frieden“. Im selben Grab liegt auch ihr Ehemann Daniel Eduard Meier begraben, der 1873 starb. Auch seine Grabtafel ist mit einem Spruch versehen: „Der mitleidsvolle Tod gönnt Ruh und Rasten. / Dem mitleidslos gehetzten Einfuß Meier-Aston.“ Darunter in hebräischer Schrift: „Wem ein Weib gab Gott / dem gab er ein Kleinod.“[1]

Werkbeispiel

Ein Beispiel für Louise Astons Gedichtstil:

Lebensmotto (erste Strophe)
Fromme Seelen, fromme Herzen,
Himmelssehnend, lebenssatt;
Euch ist rings ein Thal der Schmerzen,
Eine finst're Schädelstatt!
Mag in schreckenden Gesichten
Bang vor mir das Schicksal steh'n;
Nie soll mich der Schmerz vernichten,
Nie zerknirscht und reuig seh'n!
Freiem Leben, freiem Lieben,
Bin ich immer treu geblieben![6]

Gedenktage

Zum 200. Geburtstag Louise Astons am 26. November 2014 führte das Stadttheater Freiburg im Breisgau im Juni 2014 das Theaterstück „Mag der Thron in Flammen glühn“ von Jenny Warnecke auf.

Am 21. Dezember 2021 jährte sich ihr 150. Todestag.

Literarische Gesellschaft

Am 15. Juni 2019 gründeten Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Wiesbaden die Louise-Aston-Gesellschaft, die ihren Sitz in Ochsenfurt hat. Vorsitzende der Gesellschaft ist Simone Barrientos.

Werke (Auswahl)

Literatur

Lexikalische Artikel

  • Ludwig Julius Fränkel: Meier, Luise. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 52, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 294–296.
  • Elisabeth Heimpel: Aston, Luise. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 423 (Digitalisat).
  • Guido Heinrich: Aston, Louise. In: Guido Heinrich, Gunter Schandera (Hrsg.): Magdeburger Biographisches Lexikon 19. und 20. Jahrhundert. Biographisches Lexikon für die Landeshauptstadt Magdeburg und die Landkreise Bördekreis, Jerichower Land, Ohrekreis und Schönebeck. Scriptum, Magdeburg 2002, ISBN 3-933046-49-1.
  • Luise Franziska Aston. In: Heinrich Groß (Hrsg.): Deutsche Dichterinen und Schriftstellerinen in Wort und Bild. Fr. Thiel, Berlin 1885, S. 378 (Digitalisat der Uni Düsseldorf).
  • Jenny Warnecke: Aston, Louise, geb. Hoche, verh. Aston. In: Eva Labouvie (Hrsg.): Frauen in Sachsen-Anhalt. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon vom 19. Jahrhundert bis 1945. 2. Band, Böhlau, Köln u. a.2019, ISBN 978-3-412-51145-6, S. 55–60.
  • Horst-Peter Wolff: Aston, Luise. In: Horst-Peter Wolff (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte. „Who was who in nursing history.“ Band 2. Berlin, Ullstein Mosby, Wiesbaden 1997, ISBN 978-3-437-26670-6, S. 6.

Sekundärliteratur

  • Eva Chrambach: „Louise Franziska Aston, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin: 21. Dezember - 150. Todestag“. In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte. Bonn: Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat, Bd. 28.2021, S. 188–191.
  • Hannelore Cyrus: „Denn ich will aus mir machen das Feinste…“ Malerinnen und Schriftstellerinnen im 19. Jahrhundert in Bremen. Bremen: Verlag in der Sonnenstraße 1987, S. 147–154.
  • Marion Freund: „Mag der Thron in Flammen glühn!“ Schriftstellerinnen und die Revolution von 1848/49. Königstein im Taunus: Ulrike Helmer Verlag 2004.
  • Germaine Goetzinger: Für die Selbstverwirklichung der Frau: Louise Aston. Frankfurt: Fischer Verlag 1983.
  • Michaela Karl: Die Geschichte der Frauenbewegung. Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2011, besonders S. 78–100, hier S. 79.
  • Roland Schurig (Hrsg.): Mit den muth'gen will ich's halten. Autorinnen-Autoren des Vormärz. Aalen 1998, S. 24–30.
  • Barbara Sichtermann: Kurze Geschichte der Frauenemanzipation. Berlin: Verlag Jacoby & Stuart 2009, bes. S. 53 ff.
  • Barbara Sichtermann: Ich rauche Zigarren und glaube nicht an Gott. Berlin, Dortmund: edition ebersbach 2014. ISBN 978-3-86915-094-9
  • Barbara Sichtermann: Louise Aston (1814–1871): Sie war so frei, in: Frank-Walter Steinmeier (Hrsg.), Wegbereiter der deutschen Demokratie. 30 mutige Frauen und Männer 1789-1918, München (C.H.Beck), 2021, S. 131-142
  • Jenny Warnecke: Die Eisenbahn: eine zugkräftige Metapher der Revolution von 1848 in Louise Astons Roman „Revolution und Contrerevolution“ (1849). In: Christina Ujma (Hrsg.): Wege in die Moderne. Reiseliteratur von Schriftstellerinnen und Schriftstellern des Vormärz. Bielefeld 2009, S. 45–55.
  • Jenny Warnecke: Frauen im Strudel gewaltiger Thaten. Louise Astons Roman Revolution und Contrerevolution 1849. Sulzbach im Taunus: Ulrike Helmer Verlag 2011.
  • Jenny Warnecke (Hrsg.): Louise Aston: Revolution und Contrerevolution. Sulzbach im Taunus: Ulrike Helmer Verlag 2011.
  • Jenny Warnecke: Louise Aston: Drehbuch der Revolution. In: Kerstin Wiedemann und Elisa Müller-Adams (Hrsg.): Wege aus der Marginalisierung. Geschlecht und Erzählweise in deutschsprachigen Romanen von Frauen 1780–1914 [Originaltitel: Échapper à la marginalisation. Genre et récit dans le roman fèminin allemand 1780–1914]. Nancy: Presses universitaires 2013, S. 81–119.
  • Jenny Warnecke und Walter Wehner: Louise Franziska Aston (1814–1871). Radikale Schriftstellerin des Vormärz und Vorkämpferin der Frauenemanzipation. In: Walter Schmidt (Hrsg.): Akteure eines Umbruchs. Männer und Frauen der Revolution von 1848/49, Band IV. Berlin: Fides 2013, S. 61–117.
  • Björn Weyand: Gespenster und Intrigennetze. Alternative Geschichtsnarration, Zeitkonstruktion und revolutionärer Geister-Diskurs in Louise Astons „Revolution und Contrerevolution“ (1849). In: Robert Seidel und Bernd Zegowitz (Hrsg.): Literatur im Umfeld der Frankfurter Paulskirche 1848/49. Bielefeld: Aisthesis 2013, S. 191–210.
  • Barbara Wimmer: Die Vormärzschriftstellerin Louise Aston. Selbst- und Zeiterfahrung. Frankfurt am Main u. a.: Lang 1993.

Werkausgaben, Reprints

  • Karlheinz Fingerhut (Hrsg.): Louise Aston. Ein Lesebuch. Gedichte, Romane, Schriften in Auswahl (1846–1849), Stuttgart 1983.
  • Karlheinz Fingerhut (Hrsg.): Louise Aston. Aus dem Leben einer Frau. Roman 1847, Stuttgart 1985.
  • Germaine Goetzinger: Für die Selbstverwirklichung der Frau. Louise Aston in Selbstzeugnissen und Dokumenten. Frankfurt 1983.
  • Karl-Maria Guth (Hrsg.): Louise Aston: Aus dem Leben einer Frau. Erstdruck: Hamburg: Hoffmann und Campe 1847. Vollständige Neuausgabe mit einer Biographie der Autorin. Berlin 2015.

Zeitungsartikel

  • Barbara Sichtermann: Die Freischärlerin. In: Die Zeit, Nr. 48, 20. November 2014.

Weblinks

Commons: Louise Aston – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Louise Aston – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. a b c Aston, Louise (1814–1871). In: bremer-frauenmuseum.de. 2017, abgerufen am 7. April 2021 (deutsch).
  2. Gisela Brinker-Gabler: Louise Aston (1814–1871). In: Deutsche Dichterinnen, Fischer TV (Die Frau in der Gesellschaft) Frankfurt/Main 1986, ISBN 3-596-23701-7, S. 197. (Darin kurzer Lebenslauf von L. Aston und vier ihrer Gedichte).
  3. Lothar Schultes: Johann Baptist Reiter. 2. Auflage. Anton Pustet, Salzburg 2013, S. 92–95.
  4. Gisela Bock: Frauen in der europäischen Geschichte. C. H. Beck, 2005, ISBN 978-3-406-52795-1, S. 155 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Gisela Bock: Geschlechtergeschichten der Neuzeit. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, ISBN 978-3-525-37033-9, S. 112 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Aston, Louise, Gedichte, Wilde Rosen, 8. Lebensmotto. In: zeno.org. Abgerufen am 20. Januar 2015.