Giacomo Barozzi da Vignola
Giacomo Barozzi da Vignola, auch Jacopo Barozzi da Vignola oder einfach Vignola (* 1. Oktober 1507 in Vignola bei Modena; † 7. Juli 1573 in Rom[1]) war ein italienischer Architekt der Spätrenaissance im 16. Jahrhundert. Seine zwei großen Meisterwerke sind der Palazzo Farnese in Caprarola und die Jesuiten-Kirche Il Gesù in Rom. Er wird oft als der bedeutendste Architekt Roms in der manieristischen Ära angesehen.
Leben
Ausgebildet in Bologna als Maler und Perspektivzeichner gehörten zu seinen ersten Aufträgen Vorlagen für Einlegearbeiten. 1536 reiste er nach Rom, um messgenaue Zeichnungen der römischen Tempel zu machen, mit dem Hintergedanken, einen illustrierten Vitruv zu publizieren. Später wurde er von König Franz I. von Frankreich nach Fontainebleau gerufen, wo er die Jahre 1541 bis 1543 verbrachte. In Rom, wo er von den Farnese aufgenommen wurde, arbeitete er mit Michelangelo, der seinen Stil stark beeinflusste. Ab 1547 setzt Vignola die Bauarbeiten an dem Palazzo Farnese in Rom fort. Ab 1564 arbeitete Vignola am Petersdom und konstruierte nach Michelangelos Plänen die zwei untergeordneten Gewölbe. Sein Einfluss ist auch in Arbeiten Carlo Madernos an der Fassade der Kathedrale spürbar.
1573 entwarf er mit Sant’Anna dei Palafrenieri als einheitlichen längs-ovalen Raum einen weiteren Prototyp des barocken Kirchenbaus.
Sein literarisches Hauptwerk bildet das architekturtheoretische Lehrbuch »Regola delle cinque ordini d'architettura« (Regeln der fünf Ordnungen der Architektur) von 1562, in dem er sich darum bemühte, architektonische Gliederungselemente in einer festen Wechselbeziehung von Zahlen zu normieren. Seine 1573 unvollendet hinterlassene Perspektivenlehre »Le due regole di prospettiva pratica« (Zwei Regeln der praktischen Perspektive – Bologna 1583) enthält seine Biographie. Vignola präsentierte praktische Anwendungen ohne theoretische Unklarheiten, die verständlich und umsetzbar waren. Dadurch wurde Vignola neben Serlio und Palladio einer der drei Autoren, die den italienischen Stil über ganz Europa verbreiteten.
In Deutschland beeinflusste zum Beispiel die durch den Kupferstecher Johann Christoph Weigel illustrierte und über ein Jahrhundert ab etwa 1720 zahlreich aufgelegte Bearbeitung seines Standardwerkes Grund-Regeln über Die Fünff Säulen durch den sächsischen Ingenieur und Architekten Johann Rudolph Fäsch (1680–1749)[2] Generationen von Architekten.
Vignola ist im Pantheon in Rom begraben.
Weitere Werke
- Palazzo Bocchi, Bologna (1545)
- Wendeltreppe im Palazzo Isolani, Bologna[3]
- Die Tribuna in San Petronio in Bologna (1547/48)
- Palazzo dei Banchi, Bologna (1565–1568)
- Die Villa Giulia für Papst Julius III., wo er mit Giorgio Vasari zusammenarbeitete (1550–1555)
- Der Palazzo Farnese in Caprarola (1559–1573)
- Die Fontana Papacqua in Soriano nel Cimino (1562)
- Die Villa Lante in Bagnaia (ab 1566) einschließlich der Gärten, der Wasserspiele und Casini
- Die Kirche Il Gesù in Rom, die Mutterkirche der Jesuiten, deren Grundstruktur für die Barockkirchen des 17. Jahrhunderts wegweisend wurde
- Die Kirche Sant’Andrea in Via Flaminia in Rom, der erste elliptische Sakralbau, ebenfalls eine „Signatur“ des Barock
Veröffentlichungen
- Liste seiner Bücher und Übersetzungen – "Architectura", Centre d'études supérieures de la Renaissance, Tours
- Johann Rudolph Fäsch: Jakob Barozzi von Vignola bürgerliche Baukunst nach den Grundregeln der fünf Säulenordnung : mit funfzig Kupfertafeln. Adam Gottlieb Schneider und C. Weigel, Nürnberg, 1800 (Digitalisat)
Literatur
- Tutto Rinascimento. De Agostini, 2011, ISBN 978-88-418-6490-6 (google.it [abgerufen am 22. November 2021]).
- Ignazio Danti: Le due regole della prospettiva pratica. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Johann-Karl Schmidt: Zu Vignolas Palazzo Bocchi in Bologna, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, XIII, 1967.
- Miguel Ángel Cajigal Vera: Proportion, Symmetry and Mathematics in the Renaissance Theory of Construction: Vignola’s Treaty of Architecture and its Musical Mirror (PDF). In: Karl-Eugen Kurrer, Werner Lorenz, Volker Wetzk (Hrsg.): Proceedings of the Third International Congress on Construction History. Neunplus, Berlin 2009, ISBN 978-3-936033-31-1, S. 283–288
Weblinks
- Jacopo Barozzi from Vignola – Kurzlebenslauf (engl.) via Museo Galileo
- Paolo Zauli: JACOPO BAROZZI FROM VIGNOLA Life and Work (Memento vom 21. Februar 2005 im Internet Archive) (engl., über Vignola aus Bologneser Sicht)
- Gardens designed by Giacomo Barozzi da Vignola (engl., Vignolas Einfluss auf Gartengestaltung)
Einzelnachweise
- ↑ Die kleine Enzyklopädie, Encyclios-Verlag, Zürich, 1950, Band 2, Seite 854
- ↑ Des Jacobi Barozzi von Vignola Grund Regeln über Die Fünff Säulen. – Auffs neue Zum fleissigsten übersehen, Mit unterschiedenen nöthigen Regeln vermehret, und Mit 50 Rissen in Kupffer erläutert / durch Johann Rudolph Fäsch, Architectum. Sr. Königl. Maj. in Pohlen und Thür. Fürstl: Durchl: Zu Sachsen, Ingenieur Hauptmann, Nürnberg ca. 1720; Sächsische Landesbibliothek Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
- ↑ Ferruccio Canali: progetti commissionati dalla famiglia Boncompagni
Personendaten | |
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NAME | Barozzi da Vignola, Giacomo |
ALTERNATIVNAMEN | Barozzi da Vignola, Jacopo; Vignola |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Architekt (Barock) |
GEBURTSDATUM | 1. Oktober 1507 |
GEBURTSORT | Vignola bei Modena |
STERBEDATUM | 7. Juli 1573 |
STERBEORT | Rom |