Dessertwein
Dessertwein oder auch Süßwein ist ein Sammelbegriff, der vollmundige Weine mit starker Süße bezeichnet. Traditionell werden solche Weine in einigen Ländern und Weinregionen oft am Ende einer Mahlzeit mit dem Dessert oder zum Käse gereicht. Die Begriffe „Dessertwein“ und „Süßwein“ werden umgangssprachlich oft synonym gebraucht, sind jedoch weder im europäischen noch im deutschen Weinrecht definiert. Als Dessertweine werden sowohl mit Alkohol angereicherte („aufgespritete“) Weine (Likörweine) als auch Weine bezeichnet, deren starke Süße durch Konzentration des in den Weintrauben natürlich enthaltenen Mostzuckers gebildet wurde. Charakteristisch für alle Dessertweine ist die vorhandene starke Restsüße. Diese entsteht dadurch, dass entweder die Weinhefe durch den hohen Alkohol- bzw. Mostzuckergehalt abstirbt oder die Gärung durch den Winzer gestoppt wird, bevor aller vorhandener Zucker zu Alkohol vergoren ist.
Grundverfahren und Herstellungsmethoden
Zur Herstellung von Dessertweinen kommen zwei Grundverfahren zum Einsatz, die wiederum vielfältig variiert werden können. Daraus ergeben sich unterschiedliche, oft regional spezifische Herstellungsmethoden mit verschiedenen Charakteristika und Süßegraden:
Konzentration des in den Weintrauben vorhandenen Zuckers
- Eintrocknen der Trauben am Rebstock mittels Edelfäule. Beispiele: Deutsche und österreichische Auslesen, Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen sowie Ausbruch (Österreich), Tokajer (Ungarn) oder Sauternes (Frankreich).
- Gefrieren der Trauben am Stock, Beispiel: Eiswein.
- Trocknung der geernteten Trauben auf Schilfmatten (Schilfwein), Strohmatten (Strohwein), Drahtgittern oder Holzgestellen. In Frankreich wird dieses Verfahren Vin de Paille genannt, in Italien Passito oder auch Ripasso. Es sorgt für ein hohes Mostgewicht, also einen hohen Zuckergehalt des Mostes (Oechslegrad). Beispiele hierfür sind Vin Santo oder Recioto.
- Konzentration der geernteten Trauben mittels Kryoextraktion; eine Art Eiswein-Verfahrenssimulation mittels technischer Frosterzeugung in der Kühlkammer. Wird jahrgangsbedingt teilweise in Frankreich angewendet, z. B. bei der Herstellung von Sauternes. In Deutschland und Österreich ist diese Methode weinrechtlich nicht zugelassen.
Likörwein (gespriteter Süßwein)
Die Gärung des sehr zuckerreichen Mostes wird künstlich gestoppt, indem 96%iger Alkohol oder eingedickter, aufgespriteter Most zugesetzt wird. Dadurch werden die Hefen abgetötet und es kann keine weitere Umwandlung von Zucker in Alkohol stattfinden.
- Beispiele: Portwein, Rivesaltes, Banyuls, Muscat de Beaumes-de-Venise, Madeira, Marsala, Málaga, Sherry.
Bezeichnungen
Bekannte als Dessertweine bzw. Süßweine gehandelte Produkte werden mit unterschiedlichen Bezeichnungen deklariert.
- Deutschland
- Weine durch natürliche Konzentration – Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese, Eiswein.
- Österreich
- Weine durch natürliche Konzentration – Ausbruch, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese, Eiswein, Strohwein
- Italien
- Weine durch natürliche Konzentration – Vin Santo und Recioto wie (Recioto di Gambellara, Recioto di Soave und Recioto della Valpolicella).
- Wein, durch Aufspritung: Marsala.
- Ungarn
- Wein durch natürliche Konzentration: Tokajer.[1]
- Frankreich
- Weine durch natürliche Konzentration:
- Elsass: Vendanges tardives oder Sélection des grains nobles (kommt dem deutschen Geschmacksmuster einer Beerenauslese nahe);
- Bordeaux: Sauternes und Barsac.
- Jura: Vin de Paille.
- Jurançon: Vendanges tardives.
Likörweine (gespritete Süßweine) werden in Frankreich weinrechtlich als Vin Doux Naturel deklariert, Beispiele sind: Rivesaltes, Banyuls, Maury, Muscat de Beaumes-de-Venise, Muscat de Frontignan oder Muscat de Rivesaltes.
- Spanien
- Wein durch Aufspritung (Beispiel: Sherry) oder teilweise Aufspritung (Beispiel: Málaga)
- Portugal
- Weine durch Aufspritung: Portwein, Madeira, Moscatel de Setúbal, Carcavelos, Moscatel do Douro.
- Griechenland
- Wein durch natürliche Konzentration: Liastos.
Weine durch Aufspritung: Mavrodaphne, Samos. - Zypern
- Wein durch Aufspritung: Commandaria.
Weblinks
- Süßwein, auf lebensmittellexikon.de, abgerufen am 3. November 2015
- KATALOG DER DEUTSCHEN NATIONALBIBLIOTHEK, Suchbegriff: Dessertwein
Literatur
- Hans Ambrosi: Wein von A bis Z. Gräfe und Unzer, München 2001, ISBN 3-7742-5535-0, S. 86.
Einzelnachweise
- ↑ Jancis Robinson: Das Oxford Weinlexikon. Hallwag Verlag, München 2003, S. 739 f.