Hans Meyer (Afrikaforscher)

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Hans Meyer
Hans Meyer vor dem Basislager zum Kilimandscharo 1889
Grabstein von Hans Meyer auf dem Leipziger Südfriedhof. Der lateinische Spruch „Impavidi progrediamur“ bedeutet „Unerschrocken wollen wir voranschreiten“.

Hans Heinrich Josef Meyer (* 22. März 1858 in Hildburghausen; † 5. Juli 1929 in Leipzig) war ein deutscher Geograph, Verleger, Forschungsreisender, Kolonialpolitiker und einer der Erstbesteiger des Kilimandscharo.

Herkunft

Meyer entstammt der Lexikonverlegerfamilie Meyer, bekannt für Meyers Konversations-Lexikon. Sein Großvater Joseph Meyer hatte das Bibliographische Institut 1826 gegründet. Seine Eltern waren der Verleger Herrmann Julius Meyer und dessen Ehefrau Caroline Antonie (1836–1919). Sein Vater führte seit 1856 das Bibliographische Institut. Sein Bruder Hermann (1871–1932) war ebenfalls Forschungsreisender und förderte die Kolonisation Südamerikas.

Leben

Hans Meyer studierte Germanistik, Geschichte, Staatswissenschaften, Völkerkunde und Botanik in Leipzig, Berlin und Straßburg. Nach seiner Promotion in Wirtschaftsgeschichte übernahm er 1884 mit seinem Bruder Arndt das Verlagsgeschäft des Vaters. Hans Meyer erhielt dabei die Verantwortung für die wissenschaftliche Betreuung insbesondere des Gebiets der Geographie. Im Jahr 1881 trat er als Mitglied der Sektion Leipzig des Deutschen Alpenvereins bei.

Bereits 1882 schickte ihn sein Vater auf eine zweijährige Reise nach Ostasien und Nordamerika. Der Wohlstand der Familie ermöglichte es Hans Meyer, zukünftige Forschungsreisen aus eigener Tasche zu finanzieren. 1887 bereiste er Ostafrika und begann mit der wissenschaftlichen Erforschung des Kilimandscharo-Gebietes. Beim ersten Versuch, den Kilimandscharo zu besteigen, gelangte er bis an die Grenze der seinerzeit noch vorhandenen Eiskappe des Kibo in 5500 m Höhe. Wegen mangelhafter Ausrüstung musste er die Expedition abbrechen. Ehe er Afrika verließ, bereiste er noch das Tal des Kingani und Usaramo.

Mitte August 1888 unternahm Meyer, begleitet von Oskar Baumann, einen zweiten Versuch. Nachdem sie die Gebirgslandschaft Usambara überschritten und erstmals in ihrer ganzen Ausdehnung erforscht hatten, verließen die Träger die Expedition, weil an der Küste ein Aufstand gegen die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft ausgebrochen war. Meyer und Baumann mussten die Expedition abbrechen. Sie kehrten an die Küste zurück, wo sie von dem Rebellenführer Buschiri bin Salim gefangen genommen und misshandelt wurden. Erst die Zusage der Zahlung eines hohen Lösegeldes brachte beide wieder in Freiheit.

Zum dritten Mal setzte Meyer 1889 zu einem großen Unternehmen an, diesmal begleitet von dem Alpinisten Ludwig Purtscheller aus Salzburg. Am 6. Oktober 1889 erreichten sie die höchste Spitze des Kraterrandes des Kibo, die Meyer Kaiser-Wilhelm-Spitze taufte. Seit 1969 erinnert am Südhang des Bergmassivs eine von der tansanischen Regierung angebrachte Gedenktafel an die Erstbesteiger und deren Förderer Häuptling Mareale von Marangu. Für die Geographie wertvolle Erkenntnisse gewann Meyer auch durch die weitere Bereisung des Ugwenogebirges. 1898 reiste er erneut zum Kilimandscharo, um weitere Forschungen, insbesondere auf dem Gebiet der Vulkanologie und des tropischen Hochgebirges, anzufangen. Er umkreiste das Bergmassiv und stellte unter anderem die vorzeitliche Vergletscherung fest. Er beobachtete, dass der Kibo-Gletscher etwas kleiner als 1889 war.

Weitere Reisen führten Hans Meyer 1894 auf die Kanarischen Inseln. Im Jahr 1903 bereiste er mit dem Maler Rudolf Reschreiter die Kordilleren (Südamerika) und besuchte den in Ecuador gelegenen, 6301 Meter hohen, völlig vergletscherten Chimborazo. Meyer entdeckte die Mehrphasigkeit der Vergletscherung des südlichen Patagonien im Laufe dreier Eiszeiten.

Übersichtskarte zu Meyer’s Ostafrika-Expedition von 1911

1911 fuhr Meyer nochmals nach Deutsch-Ostafrika, wo er eine Expedition mit 130 Trägern vom Viktoriasee nach Ruanda und Burundi führte und schließlich weiter nach Tabora marschierte, von wo die Expedition mit der Zentralbahn zur Küste fuhr.[1]

Im Jahr 1890 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. 1899 wurde er zum Professor ernannt und war ab 1915 Direktor des Instituts für Kolonialgeographie an der Universität Leipzig. Seit 1925 war er ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften.[2] Nach ihm ist das Hans-Meyer-Gebirge auf der zu dem Staat Papua-Neuguinea gehörenden Insel Neuirland benannt.

Meyer machte seine Forschungsergebnisse durch viele Veröffentlichungen auch einer breiten Leserschaft in populärwissenschaftlicher Form zugänglich.

Meyer war von der Notwendigkeit deutscher Kolonialpolitik stets überzeugt. 1901 wurde er Mitglied des deutschen Kolonialrats und leitete eine Kommission zur landeskundlichen Erforschung der deutschen „Schutzgebiete“. 1928 wurde ihm „für koloniale Verdienste“ die Ehrenplakette der Deutschen Kolonialgesellschaft verliehen.

Meyers umfangreicher, wissenschaftlicher Nachlass (Expeditionsunterlagen, Tagebücher, Korrespondenz u. a.) befindet sich im Archiv für Geographie des Leibniz-Instituts für Länderkunde in Leipzig.[3]

Familie

Im Jahre 1891 heiratete Hans Meyer Elisabeth Haeckel (1871–1946), die Tochter des Zoologen Ernst Haeckel aus Jena. Das Paar hatte vier Töchter und zwei Söhne von denen einer jung starb.

Werke (Auswahl)

  • Eine Weltreise. Leipzig 1885.
  • Zum Schneedom des Kilima-Ndscharo. Berlin 1888.
  • Ostafrikanische Gletscherfahrten. Leipzig 1890.
  • Die Insel Tenerife. Leipzig 1896.
  • Der Kilimanjaro. Berlin 1900 (Digitalisat).
  • Die Eisenbahnen im tropischen Afrika. Leipzig 1902.
  • In den Hoch-Anden von Ecuador: Chimborazo, Cotopaxi, etc. 2 Bände (Textband und Bilder-Atlas), Berlin 1907.
  • Niederländisch-Ostindien. Eine länderkundliche Skizze. Berlin 1922.

Auszeichnungen und Preise (Auswahl)

Literatur

  • Reinhart Bindseil: Ruanda im Lebensbild von Hans Meyer (1858–1929), Erstbesteiger des Kilimandjaro, Forschungsreisender und Verleger, Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2004.
  • Peter Göbel: Kunst aus Benin, Afrikanische Meisterwerke aus der Sammlung Hans Meyer, Grassimuseum für Völkerkunde, Leipzig, 2002.
  • Adolf Hanle: Meyer, Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 298 f. (Digitalisat).
  • Ulrich van der Heyden: Deutsche Entdeckungsreisende in Afrika und der Kolonialismus. Das Beispiel Hans Meier, in: H. P. Brogiato (Hrsg.): Meyers Universum. Zum 150. Geburtstag des Leipziger Verlegers und Geographen Hans Meyer (1858–1929). Leibniz-Institut für Länderkunde, Leipzig 2008, S. 117–140.
  • Karl Weule: Hans Meyer, in: Reclams Universum [Weltrundschau] 26.1 (1910), S. 13–17.
  • Nicolas Ginsburger: Une école allemande de géographie coloniale? Géographes universitaires et fait colonial dans l'enseignement supérieur allemand (1873–1919). In: Revue germanique internationale. Band 20, 2014, S. 147–166 (französisch).
  • Nicolas Ginsburger, Ségolène Débarre: Geographie der Kolonien, Kolonialgeographie? Théorisation et objectifs de la géographie coloniale dans les leçons inaugurales de Fritz Jaeger (1911) et Hans Meyer (1915). In: Revue germanique internationale. Band 20, 2014, S. 167–186 (französisch).
  • Brogiato, Heinz Peter (Hrsg.): Die Anden – Geographische Erforschung und künstlerischer Darstellung. 100 Jahre Andenexpedition von Hans Meyer und Rudolf Reschreiter 1903–2003. Mün-chen: Deutscher Alpenverein 2003. 242 S., 32 Farbtafeln. (Wissenschaftliche Alpenvereinshefte; 37).
  • Brogiato, Heinz Peter (Hrsg.): Meyers Universum. Zum 150. Geburtstag des Leipziger Verlegers und Geographen Hans Meyer (1858–1929). Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde 2008.
  • Brogiato, Heinz Peter: „Sich selbst ein Monument gesetzt“ – Hans Meyer und der Kilimandscharo. In: Brogiato, H. P. / Röschner, Matthias (Hrsg.): Koloniale Spuren in den Archiven der Leibniz-Gemeinschaft. Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag 2020, S. 52–73.

Einzelnachweise

  1. Mitteilungen der Gesellschaft für Erdkunde und Kolonialwesen zu Straßburg im Elsaß für das Jahr 1913, Seiten 194–196
  2. Mitglieder der SAW: Hans Meyer. Sächsische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 15. November 2016.
  3. Nachlass Hans Meyers im Archiv für Geographie des IfL. Abgerufen am 5. August 2022.
  4. Alexander Freiherr von Danckelman: Nachtigal-Medaille, in: Heinrich Schnee (Hrsg.): Deutsches Kolonial-Lexikon. Band II, Quelle & Meyer, Leipzig 1920, S. 612.

Weblinks

Commons: Hans Meyer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Hans Meyer – Quellen und Volltexte