Fratizellen
Mit Fratizellen (it.: Fraticelli = Kleine Brüder oder „Brüderchen“) bezeichnete man Franziskaner, die sich im 13./14. Jahrhundert als „geistlich Gesinnte“ (Spiritualen) vom franziskanischen Hauptzweig abgesetzt hatten und eigene Untergruppen (Spirituale) bildeten. Die Bewegung wurde von der römisch-katholischen Kirche als Häresie betrachtet und ihre Mitglieder durch die Inquisition verfolgt.
Grundlagen der Kritik am Papst
Die Spiritualen und Fratizellen übten starke Kritik an der „fleischlich gesinnten“ Klerikerkirche unter Papst Johannes XXII. (1316–1334), der wie seine Vorgänger dem Nepotismus anhing und eine verhängnisvolle Finanzpolitik betrieb. Im politischen Kampf gegen den Papst fand Ludwig der Bayer Unterstützung bei den Franziskanern Michael von Cesena und Wilhelm von Ockham. Die Fratizellen griffen ebenfalls in den entflammten Armutsstreit ein.
Inquisition und Exkommunikation
Johannes XXII. schürte den Verdacht, dass die Fratizellen eine häretische Sekte seien und bei den Beginen und Begarden Zuflucht gefunden hätten. Mit seiner Päpstlichen Bulle Cum inter nonnullos vom 12. November 1323 griff er drastisch in den Armutsstreit der Franziskaner ein. Darüber hinaus wurde den Fratizellen vorgeworfen, in Mittelitalien und in Florenz den Widerstand gegen die städtische Podestà anzuheizen. Michael von Cesena und Wilhelm von Ockham fanden schließlich in Bayern einen Unterschlupf, hier distanzierten sie sich deutlich von den deutschen Beginen, nannten das Avignonesische Papsttum aber weiterhin „Babel der Endzeit“.
Literarische Erwähnung
Das Thema der Spiritualen-Bewegung wird in Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ ausführlich beschrieben. Historisches Vorbild für den Protagonisten William von Baskerville war wiederum Wilhelm von Ockham.[1]
Literatur
- Carl Andresen, Georg Denzler: Wörterbuch der Kirchengeschichte. dtv, München, Mai 1982, ISBN 3-423-03245-6
Einzelnachweise
- ↑ Carol Nicholson: Ockham’s Rose. In: Philosophy Now. 2018, abgerufen am 22. August 2022 (englisch).