Das Gespräch der Hunde
Operndaten | |
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Titel: | Das Gespräch der Hunde |
Szenenbild | |
Form: | Kammeroper |
Originalsprache: | Deutsch |
Musik: | Christof Dienz |
Libretto: | Kristine Tornquist |
Literarische Vorlage: | Leo Perutz: Nachts unter der steinernen Brücke |
Uraufführung: | 17. Juli 2009 |
Ort der Uraufführung: | Wien, sirene Operntheater in der Ankerbrotfabrik |
Spieldauer: | ca. 1 Stunde |
Ort und Zeit der Handlung: | Prag 1609 (nach einer Begebenheit von 1621/1622) |
Personen | |
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Das Gespräch der Hunde[1] ist eine Kammeroper und das sechste Bühnenwerk des österreichischen Komponisten Christof Dienz aus dem Jahr 2009. Es stellt seine zweite Zusammenarbeit mit Kristine Tornquist (Libretto) und dem sirene Operntheater Wien dar. Die Geschichte des Gespräches der Hunde ist dem Roman Nachts unter der steinernen Brücke von Leo Perutz entnommen. Es ist darin die dritte von insgesamt vierzehn Erzählungen und trägt auch im Roman den Titel Das Gespräch der Hunde.
Handlung
Prag 1609. Der vom Unglück verfolgte, aber fromme Jude Berl Landfahrer soll wegen einer unbeabsichtigten Hehlerei gehenkt werden, zur besonderen Strafe zwischen zwei Hunden. Die Nacht vor der Hinrichtung verbringt Landfahrer mit den zwei Hunden in der Zelle, ein magerer Straßenköter und der Pudel des verstorbenen Mordechai Meisl.
Die Hunde kläffen, während er beten will. Das ärgert ihn und er will einen Bann über die beiden Hunde verhängen, dazu schreibt er einen magischen Spruch in den Staub. Doch er irrt sich in einem Buchstaben. Statt der erwünschten Ruhe kann er nun die Hundesprache verstehen.
So hört er, wie der Pudel erzählt, wo der Meisl Geld für den unglücklichen Berl Landfahrer vergraben hätte, das er ihm hätte zeigen sollen, doch kenne er den Landfahrer nicht und hätte es ihm deshalb nicht zeigen können. Berl Landfahrer stellt sich daraufhin dem Pudel vor. Der Pudel freut sich und verspricht, ihm am nächsten Morgen das Versteck zu zeigen. Da eröffnet Landfahrer dem Pudel, dass die drei am Morgen gehenkt werden sollen. Der Pudel kündigt an schnell zu entwischen, wenn jemand komme.
Am nächsten Morgen kommen aber statt des Henkers zwei vom Judenrat herein und eröffnen Berl Landfahrer, dass er begnadigt sei. Statt sich darüber zu freuen, verzweifelt er, weil der Pudel durch die offene Tür entwischt, bevor er ihm das Versteck hätte zeigen können. Den Rest seines Lebens verbringt er auf der Suche nach dem Pudel, man sagt deshalb über ihn, in der Nacht vor der Hinrichtung habe er seine Menschenseele verloren.
Dramaturgie
Der Pechvogel Berl Landfahrer kann durch ein Versehen beim kabbalistischen Zauber mit einem Mal die Sprache der Hunde verstehen. Möglicherweise bildet sich das der unglückliche Delinquent in seiner letzten Nacht vor dem Henker auch nur ein, wie seine Mitmenschen später mitleidig vermuten. Er hat in dieser Nacht seinen Verstand verloren – das heißt, die geläufige Unterscheidung zwischen der Welt äußerer Wirklichkeiten und jener der Sprache. Das Geheimnis hinter der Wirklichkeit ist die Sprache. Im Hebräischen bedeutet jeder Buchstabe auch eine Zahl, jedes Wort eine komplexe Kombination, jeder Satz eine machtvolle Formel, mit der die ganze Welt aus dem Gleichgewicht zu bringen ist. Das Alphabet wird zu einem kosmischen Chiffre-System.
„Welch eine Nacht der Unwissenheit, in der wir leben!“ schreibt Leo Perutz in seiner Erzählung Die Geburt des Antichrist. Es ist der Stoßseufzer eines aufgeklärten Menschen, der sich nach Eindeutigkeit und Klarheit sehnt und sich eingestehen muss, dass es kein Schwarz-Weiß gibt, sondern nur Nebel und Grauwerte.
Und doch sind die Nebel und Grauwerte Perutz’ Lieblingsfarben. Wie E. T. A. Hoffmann, auf den sich Perutz gerne bezog, oder wie den fast gleichaltrigen Franz Kafka, an dem er oft gemessen wird, lässt er den Leser an der Wand lauschen und durchs Schlüsselloch auf seine Geschichten spähen. Seine Literatur gaukelt keine Nähe vor, so dass der Leser nie intim werden kann mit den Figuren und Zusammenhängen, sondern sie als Wesen aus der Welt der Worte verstehen muss, für die andere Regeln gelten.
Seine Figuren lässt er nie ganz begreifen, wie ihnen geschieht. Er führt sie blind durch ein rätselhaftes Schicksal, das sich aus Prinzip nicht durchschauen lässt: zu dicht ist das Gewebe, in dem die Schussfäden der Interpretation die Kettfäden der Realität durchkreuzen. Doch im Gegensatz zu Kafka kippt Perutz die Realität gerade nur so weit, dass sie gerade noch nicht fällt. So fasst er das Ungefähre und Ahnungsvolle in eine ausgeklügelte Kausalität, wie auch Märchen sie aufweisen: „Ich bemühe mich immer, so zu schreiben, wie meine Großmutter mir Geschichten erzählt hat.“
Leo Perutz sagt von sich: „Ich bin das ganze Leben lang vom Prag meiner Kindheit nicht losgekommen. Ich ging immer dem Phantom des Prager Ghettos nach und habe es überall gesucht.“
Zelebrierte Kausalität verbinden sich mit dem Ungefähren, dem Ahnungsvollen. Nicht nur in dieser Novelle, die auf einer jüdischen Prager Sage beruht, befindet sich Perutz in der Welt der Sage, des Märchens, wo irreale und absurde Vorgänge in einer logischen Dramaturgie geordnet sind. „In mir ist eine Schraube locker geworden oder eine Feder gebrochen, die Schraube oder Feder, die sieben Jahre (1938–1945) lang meine Spannkraft, meinen Optimismus, mein Vertrauen in die Zukunft aufrecht und in Gang erhielt, die mich Nacht für Nacht am Radio auf Nachrichten, gute und böse, mit unbeirrbarer Zuversicht horchen ließ.“
Gliederung
- Kapitel 1. Die Verhaftung des Berl Landfahrer
- Kapitel 2. Der große Jammer
- Kapitel 3. Die Nacht in der Zelle
- Kapitel 4. Der zweite Hund
- Kapitel 5. Der große Zauber
- Kapitel 6. Das Gespräch der Hunde
- Kapitel 7. Der arme Berl Landfahrer
- Kapitel 8. Der Morgen
- Kapitel 9. Des Meisls Pudelhund
Besetzung
Werkgeschichte
Der Uraufführung[2] fand am 17. Juli 2009 in der Ankerbrotfabrik Wien statt. Es folgte eine Aufführung am 18. Juli. Die beiden Aufführungen waren der neunte und letzte Teil des über neun Wochen angelegten Opernuraufführungsprojektes Nachts[3] des sirene Operntheaters, bei dem neun Erzählungen aus Perutz’ Roman Nachts unter der steinernen Brücke ausgewählt, als jeweils eigenständige Kammeroper ausgearbeitet und in einem zusammenhängenden Zyklus wöchentlich zur Uraufführung gebracht wurden.[4]
Die musikalische Leitung übernahm François-Pierre Descamps, Regie führte Kristine Tornquist. Es spielte das österreichische Ensemble PHACE (damals ensemble_online).
Sänger
- Bernhard Landauer (Berl Landfahrer)
- Gottfried Falkenstein (1. Wächter)
- Günther Strahlegger (2. Wächer)
- Bernd Lambauer (Pudel)
- Richard Helm (Hund)
Leading Team
- Kristine Tornquist (Regie)
- François-Pierre Descamps (musikalische Leitung)
- Nikolaus Habjan (Puppenspiel)
- Jakob Scheid (Bühne)
- Markus Kuscher (Kostüm)
- Edgar Aichinger (Licht)
- Rainer Vierlinger (Coregie)
- Sabine Maringer, Karlo Svetlicic (Bühnenmaschinisten)
- Jury Everhartz (Produktionsleitung)
Musiker
- Bernhard Zachhuber (Klarinetten)
- Lorenz Raab (Trompete)
- Christoph Walder (Horn)
- Franz Geroldinger (Posaune)
- Peter Rom (E-Gitarre)
- Willi Schultz (Schlagwerk)
- Roland Schueler (Violoncello)
- Matthias Pichler (Kontrabass)
Den Ehrenschutz der Uraufführung übernahm die damalige Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur der Republik Österreich Claudia Schmied.
Weblinks
- Video der Uraufführungsproduktion auf YouTube
- Libretto (PDF; 28 kB)
- sirene Operntheater