Advance Care Planning

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Advance Care Planning (ACP) ist ein Beratungskonzept in der Gesundheitsversorgung. Auf deutsch wird es z. B. als gesundheitliche Versorgungsplanung, vorausschauende Versorgungsplanung oder Vorausplanung der gesundheitlichen Versorgung bezeichnet. Anhand eines kontinuierlichen, strukturierten Beratungs- und Begleitungsprozesses sollen mögliche Erwartungen eines Patienten an seine zukünftige Behandlung und Pflege festgestellt sowie eindeutig und verständlich formuliert dokumentiert werden. Damit wird sichergestellt, dass der Patient umfassend informiert und aufgeklärt ist und seine Wünsche dem jeweiligen Behandlungsteam und den Angehörigen und Betreuern bekannt sind. So kann der mutmaßliche Wille der betroffenen Person auch in Situationen vertreten werden, in denen sie selbst nicht mehr in der Lage ist, das weitere Vorgehen in ihrem Sinne zu gestalten. Dabei werden Menschen von speziell ausgebildeten Beratern dabei begleitet, wenn sie sich mit ihren Wünschen, Vorlieben und Vorstellungen zur Versorgung bei künftigen gesundheitlichen Krisen auseinandersetzen.

Neben medizinischen Behandlungsoptionen werden auch Vorstellungen zur pflegerischen, psychosozialen und spirituellen Versorgung und Begleitung besprochen. Der Gesprächsprozess richtet sich ganz nach den Wünschen und Bedarfen der Person, die beraten wird; Angehörige und Vertrauenspersonen können in den Prozess einbezogen werden. Rechtliche Vertreter (Vorsorgebevollmächtige oder rechtliche Betreuer) sollten den Willen der vertretenen Person gut kennen.[1] Die beratende Fachkraft fungiert dabei als konstanter Dialogpartner, so dass der Wille des Patienten „nicht nur punktuell festgeschrieben, sondern wiederholt und unter wechselnden Bedingungen erfragt wird“. ACP stellt insofern „eine dynamische Form der Patientenverfügung“ dar.[2]

Deutsche Bezeichnungen und Definition der ACP-i

Im Deutschen gibt es für ACP bisher keine einheitliche Übersetzung. So wird ACP z. B. als „Behandlung im Voraus planen“ (BVP), „vorausschauende Behandlungsplanung“, „gesundheitliche Versorgungsplanung“, „vorausschauende Versorgungsplanung“ oder „Vorausplanung der gesundheitlichen Versorgung“ bezeichnet.[3]

Die Organisation Advance Care Planning international (ACP-i) definierte 2016 Advance Care Planning als „Kommunikationsprozess zwischen Individuen, ihren gesetzlichen Vertretern und ihren Behandelnden und Betreuenden. Es verfolgt das Ziel, mögliche künftige Behandlungsentscheidungen für den Fall, dass die Betroffenen selbst nicht entscheiden können, zu verstehen, zu überdenken, zu erörtern und vorauszuplanen. Dieser Prozess kann durch eine speziell geschulte Fachkraft oder als Teil der Routineversorgung durch die die Person begleitenden Gesundheitsfachleute erleichtert werden.“[4]

Hintergrund

Der Gedanke, die Behandlung vorausschauend nach den Wünschen der betroffenen Person zu planen, entstammt der Palliativversorgung. Motivation war unter anderem, „unnötigen Krankenhauseinweisungen, falschen oder Fehlinformationen im konkreten Handlungs- oder Notfall, in Krisen oder dem Sterbeprozess entgegenzutreten.“[5]

Ein palliativer Notfallplan für die schnelle und zielgerichtete Versorgung bei akut auftretenden Symptomen ist integraler Bestandteil palliativer Versorgungskonzepte im ambulanten und stationären Setting.[6] Vorsorgliche Willensbekundungen in Form von Patientenverfügungen o. ä. haben sich in der Praxis als mitunter unsicher und interpretationsbedürftig gezeigt.[7]

Anfang der 1990er Jahre wurde das Konzept dann in den USA auch für alle anderen Menschen geöffnet und weiterentwickelt.

Umsetzung in Deutschland

In Deutschland wurde das seither mehrfach weiterentwickelte und in verschiedenen englischsprachigen Ländern bereits fest etablierte Konzept ab 2008 im Modellprojekt ‚Beizeiten begleiten‘ aufgegriffen. Aus dem Modellprojekt entstand die Deutsche interprofessionelle Vereinigung – Behandlung im Voraus planen (DIV-BVP) e.V. als ein Ausbildungsanbieter. Mittlerweile gibt es in Deutschland eine Vielzahl von Einrichtungen der Altenhilfe und Behindertenhilfe, die ACP anbieten. Zudem haben verschiedenen Ausbildungsstätten die Qualifikation als Berater zur Gesundheitlichen Versorgungsplanung nach § 132g SGB V in ihr Programm aufgenommen.

Eine gesetzliche Grundlage für die Umsetzung von ACP im deutschen Gesundheitssystem wurde mit dem 2015 in Kraft getretenen Hospiz- und Palliativgesetz geschaffen.[8] Als Teil dieses Gesetzes sieht der § 132g SGB V die Gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase für Bewohner von stationären Einrichtungen der Altenhilfe und Klienten besonderer Wohnformen der Behindertenhilfe vor.

Die konkrete Ausgestaltung ist in der Vereinbarung nach § 132g Abs. 3 SGB V über Inhalte und Anforderungen der gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase[9] vorgenommen worden. Dort sind die Rahmenbedingungen für das Beratungsangebot in den Einrichtungen und die Anforderungen an die Ausbildung der Berater festgelegt.

Konzeption

Das Konzept ACP sieht vor, Menschen mit den existenziellen Fragen der gesundheitlichen Versorgungsplanung nicht alleine zu lassen, sondern sie dabei professionell zu begleiten.[10] Dafür werden speziell geschulte Berater eingesetzt.

Nach Vorgabe der Vereinbarung nach § 132g Abs. 3 SGB V über Inhalte und Anforderungen der gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase müssen die Berater einen entsprechendem Grundberuf (etwa einen Abschluss einer Berufsausbildung im Bereich Pflege oder Erziehung oder eines Studiums innerhalb der Fachrichtungen Gesundheits-, Pflege, Geistes-, Sozial- oder Erziehungswissenschaften) und mehrjährige einschlägige Berufserfahrung haben. Die Berater können durch die Einrichtung oder einrichtungsübergreifend durch den Träger gestellt werden; alternativ können externe Berater eingesetzt werden, wobei die Verantwortung aber bei der Einrichtung verbleibt.[3]

Die Beratung erstreckt sich über so viele Gespräche, wie die beratene Person braucht, um alle Fragen zu klären, Wünsche, Werte und Vorstellungen zu erkunden und zu reflektieren und so, wie sie das möchte, zu verschriftlichen. Die Beratung ist freiwillig und der Prozess kann jederzeit unterbrochen, beendet oder wieder aufgenommen werden.

Im Prozess können neben Beratungsgesprächen auch Fallbesprechungen stattfinden. Dabei werden die behandelnden Ärzte einbezogen, um konkrete medizinische Fragen klären zu können. Ein Bestandteil des Prozesses kann die Erörterung von möglichen Notfallsituationen sein. Diesbezügliche Versorgungswünsche können in einem Notfallbogen verschriftlicht werden.[11] Der Beratungsprozess wird schriftlich dokumentiert.

Die regionalen Behandler und Versorger sollten über die Implementierung des Beratungsangebotes informiert und, wenn möglich, aktiv in die Ausgestaltung und Umsetzung mit einbezogen werden. Nur dann kann die Umsetzung der Behandlungswünsche wirklich gelingen.

Um eventuelle Veränderungen des Willens erfassen und berücksichtigen zu können, werden in regelmäßigen Abständen erneute Gespräche angeboten, in jedem Fall aber bei Änderungen der persönlichen Lebenssituation.

Literatur

  • Klaus Wegleitner, Elisabeth Medicus: Palliativer Behandlungsplan und ethischer Orientierungsrahmen. In: Klaus Wegleitner, Katharina Heimerl, Andreas Heller (Hrsg.): Zu Hause sterben – der Tod hält sich nicht an Dienstpläne. der hospiz Verlag, Ludwigsburg 2012; ISBN 978-3-941251-50-2
  • Michael Coors, Ralf Jox, Jürgen In der Schmitten (Hrsg.): Advance Care Planning – von der Patientenverfügung zur gesundheitlichen Vorausplanung. 1. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart 2015; ISBN 978-3-17-028674-0
  • Ilona Grammer, Petra Schweller: Gesundheitliche Versorgungsplanung in Altenpflegeheimen. 1. Auflage, Lambertus Verlag, Freiburg im Breisgau 2021; ISBN 978-3-7841-3281-5
  • Sonja Lehmeyer, Annette Riedel, Anne-Christin Linde, Nadine Treff: Gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase von Bewohner*innen in der stationären Altenhilfe. Eine curriculäre Konzeption zur Weiterbildung von Gesprächsbegleitenden nach § 132g SGB V und Implementierungsanregungen für die Versorgungspraxis. 1. Auflage, Jacobs Verlag 2019; ISBN 978-3-89918-271-2

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rebecca L. Sudore, Hillary D. Lum, John J. You, Laura C. Hanson, Diane E. Meier: Defining Advance Care Planning for Adults: A Consensus Definition From a Multidisciplinary Delphi Panel. In: Journal of Pain and Symptom Management. Band 53, Nr. 5, Mai 2017, S. 821–832.e1, doi:10.1016/j.jpainsymman.2016.12.331, PMID 28062339, PMC 5728651 (freier Volltext) – (elsevier.com [abgerufen am 14. März 2022]).
  2. Advance Care Planning: Eine dynamische Form der Patientenverfügung. Abgerufen am 10. Juli 2019.
  3. a b Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V.: Advance Care Planning (ACP) in stationären Pflegeeinrichtungen. Eine Einführung auf Grundlage des Hospiz- und Palliativgesetzes (HPG). S.3; abgerufen am 10. Juli 2019
  4. ACPEL-Society 2016, (Memento des Originals vom 10. Juli 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.acp-i.org abgerufen am 10. Juli 2019; Übersetzung aus dem Englischen
  5. Klaus Wegleitner, Elisabeth Medicus: Palliativer Behandlungsplan und ethischer Orientierungsrahmen. In: Klaus Wegleitner, Katharina Heimerl, Andreas Heller (Hrsg.): Zu Hause sterben – der Tod hält sich nicht an Dienstpläne. der hospiz Verlag, Ludwigsburg 2012, S. 220
  6. Hans Neuenschwander, Christoph Cina: Handbuch Palliativmedizin. 3., vollst. überarb. Auflage. Bern 2015, ISBN 978-3-456-85274-4.
  7. Advance Care Planning (ACP) 2019. Abgerufen am 14. März 2022 (deutsch).
  8. Bundesgesetzblatt. Abgerufen am 10. Juli 2019.
  9. Vereinbarung nach § 132g Abs. 3 SGB V über Inhalte und Anforderungen der gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase vom 13.12.2017. 2017, abgerufen am 14. März 2022.
  10. Advance Care Planning (ACP) 2019. Abgerufen am 14. März 2022 (deutsch).
  11. Der Erfurter Notfallbogen. 1. Juni 2021, abgerufen am 15. März 2022.