Wilhelm Schubart (Philologe)

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Das Grab von Wilhelm Schubart und seiner Ehefrau Gertrud Schubart-Fikentscher im Familiengrab Peppmüller/Fikentscher auf dem Nordfriedhof (Halle)

Wilhelm Schubart (* 21. Oktober 1873 in Liegnitz; † 9. August 1960 in Halle) war ein deutscher klassischer Philologe, Althistoriker und Papyrologe.

Leben

Schubart, der Sohn eines sächsischen Konsistorialrats, studierte von 1892 bis 1897 Alte Geschichte, Klassische Philologie und Philosophie an den Universitäten zu Tübingen, Halle, Berlin und Breslau. Nach dem Staatsexamen und der Promotion bei Ulrich Wilcken zum Thema Quaestiones de rebus militaribus, quales fuerint in regno Lagidarum im Jahr 1897 arbeitete er als Direktorialassistent im Dienst der Königlichen Museen zu Berlin. Seine Habilitation erfolgte 1900, die Dissertation wurde auch als Habilitationsleistung anerkannt. Ab 1900 arbeitete Schubart in der Berliner Papyrussammlung und machte sich als Mitherausgeber der Berliner Klassikertexte (1904–1907) einen Namen. Als Leiter der Papyrussammlung von 1912 bis 1937 erwarb er durch seine Sammlungs- und Entzifferungstätigkeit großes Ansehen: 1912 wurde er zum Professor ernannt, von 1925 bis 1934 gehörte er als Mitherausgeber der Redaktion des Gnomon an und erhielt 1920 die Ehrendoktorwürde der Juristischen Fakultät der Universität Frankfurt am Main. Seit 1933 lehrte er als Honorarprofessor Alte Geschichte an der Berliner Universität. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten trat er 1937 von seiner Professur und der Leitung der Papyrussammlung zurück. Nachdem gegen Ende des Zweiten Weltkriegs seine Wohnung in Berlin-Lichterfelde mitsamt der Bibliothek bei einem Bombenangriff zerstört worden war, zogen Schubart und seine Frau zu Verwandten nach Zwickau.

Nach Kriegsende wurde Schubart 1946 auf den Lehrstuhl für Alte Geschichte an der Universität Leipzig berufen. Nach seiner Emeritierung 1952, im Alter von 78 Jahren, zog er zu seiner Frau Gertrud Schubart-Fikentscher nach Halle, wo sie als Professorin für Deutsche Rechtsgeschichte und Bürgerliches Recht lehrte. Schubart starb in Halle nach jahrelanger Pflege durch seine Frau am 9. August 1960 im Alter von 86 Jahren.

Schubart war ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften,[1] korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Berlin, der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, der British Academy und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Ehrenmitglied der Society for the Promotion of Hellenic Studies, auswärtiges Mitglied der Königlichen Wissenschafts- und Gelehrsamkeitsgesellschaft in Göteborg, Gründungsmitglied und Ehrenpräsident im Comité Internationale de Papyrologie der Association International de Papyrologues. Die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik verlieh ihm den Ehrentitel Hervorragender Wissenschaftler des Volkes.

Bedeutung

Schubarts größte Leistungen liegen auf dem Gebiet der Papyrologie, das er durch seine Tätigkeit als Leiter der Berliner Papyrussammlung, als Herausgeber von Neufunden und als profunder Kenner des antiken Buchwesens bereicherte. Sein Werk Das Buch bei den Griechen und Römern (Berlin 1907. Berlin ²1921. Heidelberg ³1962, herausgegeben von Eberhard Paul) stellt eine knappe, übersichtliche und innovative Einführung in das Thema dar. Seine Einführung in die Papyruskunde (Berlin 1918. Nachdruck Berlin 1980) stand dagegen im Schatten des sechs Jahre früher erschienenen Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskunde von Ludwig Mitteis und Ulrich Wilcken. Auch historische Forschungen gingen aus Schubarts papyrologischer Tätigkeit hervor: In den Büchern Ein Jahrtausend am Nil (Berlin 1912. Berlin ²1923) und Ägypten von Alexander dem Großen bis Mohammed (Berlin 1922) schildert er anhand von Papyrusfunden anschaulich das griechische, römische und frühbyzantinische Leben in Ägypten. Zahlreiche kleinere Schriften zu verschiedenen Themen von der Antike bis zur Neuzeit erschienen in einem Sammelband unter dem Titel Glaube und Bildung im Wandel der Zeiten (München 1947).

Literatur

  • Hans Julius Wolff: In memoriam Wilhelm Schubart †. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Band 78, 1961, S. 547–549.
  • Friedrich Zucker: Wilhelm Schubart †. In: Gnomon. Band 33, 1961, S. 108–109.
  • Gerhard Radke: Wilhelm Schubart (1873–1960). In: Eikasmós. Band 4, 1993, S. 341–342.
  • Lothar Mertens: Lexikon der DDR-Historiker. Biographien und Bibliographien zu den Geschichtswissenschaftlern aus der Deutschen Demokratischen Republik. Saur, München 2006, ISBN 3-598-11673-X, S. 553.
  • Günter Poethke: Wilhelm Schubart (1873–1960). In: Mario Capasso (Hrsg.): Hermae. Scholars and Scholarship in Papyrology. Serra, Pisa 2007, ISBN 978-88-427-1442-2, S. 193–205 (mit Bild).
  • Bernhard Palme: Schubart, Wilhelm. In: Peter Kuhlmann, Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Altertumswissenschaften. Biographisches Lexikon (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 6). Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02033-8, Sp. 1149–1151.
  • Rüdiger Fikentscher: Liebe, Arbeit, Einsamkeit. Wilhelm Schubart, Papyrologe. Gertrud Schubart-Fikentscher, Rechtshistorikerin. Ein Gelehrtenpaar in zwei Diktaturen. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2014, ISBN 978-3-95462-072-2.

Einzelnachweise

  1. Mitglieder der SAW: Wilhelm Schubart. Sächsische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 1. Dezember 2016.

Weblinks

Commons: Wilhelm Schubart – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien