Dampforgel

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Dampforgel auf Anhänger mit 47 Pfeifen, 4 hellen Gasflaschen und Stromaggregat in Ohio.

Die Dampforgel, auch Kalliope (nach der Muse Kalliope), ist ein Musikinstrument in Gestalt einer speziellen Form der Orgel, deren Pfeifen nicht mit Luft, sondern mit Wasserdampf betrieben werden. Sie wird trotzdem zur Instrumentengruppe der Aerophone gezählt.

Bauweise und Funktion

Die Erzeugung des Druckgases Dampf erfolgt durch Sieden von Wasser, etwa in einem Dampfkessel mit Gasfeuerung und bis auf eine eventuelle Speisewasserpumpe ohne mechanische Pumpen oder Gebläse. Wird per Strahlpumpe vom Dampfstrahl hohen Drucks Luft mitgesaugt, kann der energetische Wirkungsgrad erhöht werden, die Verdampfungsenthalpie des durchgesetzten Dampfes geht jedoch auf jeden Fall verloren. Zugleich tritt (teilweise) Kondensation des Dampfes auf, was das Orgelspiel auch an den Öffnungen der angeblasenen Pfeifen durch Ausstoßen von Wrasen (Dampfschwaden) sichtbar macht. Die frühen Modelle waren auf Metallzahnrollen montiert, welche die Ventile für die Pfeifen öffnen. Über eine spezielle Tastatur, die jener der altmodischen Schreibmaschinen ähnlich war, konnte die Orgel gespielt werden.

Geschichte

1855 erhielt der Erfinder Joshua C. Stoddard ein Patent auf das Instrument. 1859 stellte sein Schüler und Freund Arthur S. Denny ein verbessertes Modell vor. Es war zuerst geplant, es als „dampfbetriebenes Glockenspiel“ auf Kirchtürmen und Leuchttürmen zu installieren. Dies erwies sich jedoch als problematisch: wegen des sehr hohen Drucks nebst einhergehender Explosionsgefahr und der übermäßigen Lautstärke konnten (und können) Dampforgeln in der Regel nur im Freien betrieben und gespielt werden. Außerdem wäre die Montage auf Türmen zu umständlich und kostspielig gewesen. Im 19. Jahrhundert kam es immer wieder zu Unfällen durch Dampfdruck-Explosion der Instrumente. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts kamen Dampforgeln aus der Mode, als gleichzeitig die Nachfrage für industrielle Dampfkessel nachließ. Wasserdampf als Energiequelle war Alternativen wie Öl, Gas und Benzin gewichen. Im Mai 1967 produzierten Die Beatles ihr berühmtes Album Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band, für das sie passende Zirkusmusik suchten. Dabei interessierten sie sich sehr für die Kalliope, allein schon, weil sie den Namen „witzig“ fanden. Dampforgeln erfreuen sich heute zum Beispiel auf altmodisch gehaltenen Jahrmärkten und Ausflugsschiffen, besonders Raddampfern, gewisser Beliebtheit.

Literatur

  • Douglas Earl Bush, Richard Kassel: The Organ: An Encyclopedia. Routledge, New York City 2006, ISBN 9781138791466, S. 380 u. 571.
  • Theodor Lessing, Rainer Marwedel: Kultur und Nerven: Kleine Schriften 1908-1909. Wallstein, Göttingen 2021, ISBN 9783835344365, S. 42 u. 43.
  • Mark Lewisohn: The Beatles Recording Sessions. Harmony Books, New York City 1989, ISBN 9780517570661, S. 69.

Weblinks

Commons: Dampforgel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien