Steinhoff International Holdings

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Steinhoff International Holdings N.V.

Steinhoff International Holdings 2022 logo.svg
Rechtsform Naamloze vennootschap
ISIN NL0011375019
Gründung 1. Juli 1964[1]
Sitz Amsterdam, Niederlande Niederlande
Leitung Louis du Preez[2]
Mitarbeiterzahl 108.361 (2018/19)[3]
Umsatz 11,992 Mrd. Euro (2018/19)[4]
Branche Einzelhandel, Möbelindustrie
Website www.steinhoffinternational.com
Stand: 30. September 2019

Steinhoff International Holdings ist ein börsennotierter weltweit tätiger Möbelkonzern mit Sitz in Amsterdam und operativer Hauptzentrale in Sandton (Johannesburg/Südafrika), dessen Wurzeln in der deutschen Möbelindustrie liegen. 2016 waren rund 112.000 Mitarbeiter für das Unternehmen tätig.

Geschichte

1964 gründete der deutsche Unternehmer Bruno Steinhoff in Westerstede (Niedersachsen) das ursprüngliche Unternehmen Steinhoff als Bruno Steinhoff Möbelvertretungen und -vertrieb. Steinhoff spezialisierte sich schnell auf den Import von Möbeln aus dem damaligen Ostblock. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und der Wiedervereinigung Deutschlands übernahm das Unternehmen einige der ehemaligen Zulieferbetriebe in den neuen Bundesländern und baute die Produktion in Osteuropa auf. 1989 zählt die Gruppe 530, 1996 über 5.000 Mitarbeiter.[5] 1998 wurde das Unternehmen neu strukturiert und als Steinhoff International Holdings Ltd an der Börse in Johannesburg notiert. Durch weitere Übernahmen vor allem in Afrika, Australien und Großbritannien wuchs der Konzern in den 2000er Jahren stark an; die ostdeutschen Möbelfabriken wurden geschlossen.

Nach der Übernahme der französischen Möbelhandelskette Conforama von PPR im Jahr 2011 galt Steinhoff in Europa als zweitgrößter Möbelhändler nach IKEA.[6]

2015 kaufte Steinhoff für 5,7 Mrd. US-Dollar in bar und Aktien die Pepkor-Gruppe von Christo Wiese, der dadurch der größte Aktionär von Steinhoff wurde. Durch den Deal hat sich die Marktkapitalisierung von Steinhoff mehr als verdoppelt.[5]

Im August 2015 kündigte Steinhoff International Holdings an, sein Erstlisting mit Wirkung zum 7. Dezember 2015 an die Frankfurter Wertpapierbörse zu verlegen. Hierzu sollten sämtliche Aktien der südafrikanischen Steinhoff International Holdings Limited in Aktien der niederländischen Holdinggesellschaft Steinhoff International Holdings N.V. mit Sitz in Amsterdam[7] getauscht werden, die an der Frankfurter Börse und als Zweitlisting weiterhin an der Johannesburger Börse gelistet sein soll. Die Geschäftsführung solle in Südafrika bleiben.[8] Es gab wenige Tage vor dem Frankfurter Börsengang eine Razzia von Steuerfahndern der Staatsanwaltschaft Oldenburg bei der europäischen Tochter von Steinhoff.[9] Der erste Kurs in Frankfurt wurde bei 5,00 Euro ermittelt.[10] Am 4. März 2016 entschied die Deutsche Börse, Steinhoff ab dem 21. März 2016 in den MDAX aufzunehmen.[11] Am 24. März 2020 wechselte Steinhoff in den SDAX, welchen sie jedoch am 21. September 2020 wiederum verlassen mussten.[12]

Im März 2016 kündigte Steinhoff an, sich auf eine Übernahme des auf Elektrogeräte spezialisierten Einzelhändlers Darty geeinigt zu haben. Steinhoff wollte damit einer Fusion von Darty mit dessen Konkurrenten Fnac zuvorkommen, wurde in einem Bieterwettstreit aber von Fnac überboten.[13] Gleichzeitig sagte Steinhoff eine zuvor geplante Übernahme der Home Retail Group ab.[14]

Im Juni 2016 wurde bekannt, Steinhoff wolle den britischen Discounthändler Poundland, der in seinen Läden alle Artikel für jeweils ein Pfund verkauft, übernehmen.[15] Im August 2016 gab Steinhoff bekannt, auch den größten US-Matratzenhändler Mattress Firm für 3,4 Milliarden Euro kaufen zu wollen.[16]

Krise ab 2017

Am 5. Dezember 2017 wurden Unregelmäßigkeiten in der Bilanz von Steinhoff eingeräumt, woraufhin CEO Markus Jooste versprach, am Abend eine Präsentation zu geben. Stattdessen verschickte er an einige Kollegen eine E-Mail, in der er zugab, „ein paar große Fehler begangen und vielen unschuldigen Menschen finanzielle Verluste zugefügt“ zu haben. Er müsse „weiterziehen“. Daraufhin war er verschwunden.[5] Die Prüfungsgesellschaft Deloitte hatte zuvor dem Konzern das Testat verweigert.[17] Die Steinhoff-Aktie verlor am Folgetag 60 Prozent ihres Kurses[18] und sank noch in derselben Woche zeitweise auf einen Kurs von 35 Cent.[19] Das Unternehmen wurde nach dem Rücktritt von Jooste übergangsweise vom Großaktionär und Aufsichtsratschef Christo Wiese geführt, am 14. Dezember 2017 trat dieser von sämtlichen Ämtern mit sofortiger Wirkung zurück.[20] Heather Sonn, die als unabhängiges Mitglied im Aufsichtsrat sitzt, übernahm kommissarisch diese Aufgaben.[21] Am 19. Dezember 2017 wurde Danie van der Merwe zum CEO ernannt.[22] Bis zum 21. Dezember 2017 verlor die Aktie des Unternehmens binnen 14 Tagen über 90 Prozent ihres Wertes. Die Marktkapitalisierung betrug nur noch 17,15 Milliarden Rand (1,144 Mrd. € zum Kurs vom 17. Januar 2018).[23]

Für 2017 meldete Steinhoff einen operativen Verlust von 3,7 Milliarden Euro und für 2018 einen operativen Verlust von 1,2 Milliarden Euro.[24]

Anfang 2018 leiteten die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Staatsanwaltschaft Oldenburg unabhängig voneinander Untersuchungsverfahren ein.[25] Im April 2018 wurde bekannt, dass die österreichische Möbelhauskette XXXLutz den Discounter Poco für 266,25 Millionen Euro übernimmt. Poco gehörte seit 2008 zu 50 % der Steinhoff International Holdings und zu 50 % der XXXLutz-Gruppe.[26]

Bei der Tochtergesellschaft Kika/Leiner sprang Anfang Juni 2018 eine Kreditversicherung ab und es drohte laut KSV, mit der Auszahlungspflicht des Urlaubsgelds Ende Juni 2018, die Insolvenz. Nachdem XXXLutz als Interessent für eine Übernahme kolportiert wurde, verlautete am 14. Juni 2018, dass die Signa Holding des Tiroler Immobilieninvestors René Benko Kika/Leiner von Steinhoff kaufen wird. Kika/Leiner beschäftigt etwa 5000 Mitarbeiter.[27] Die Übernahme wurde nach kurzer Verzögerung am 22. Juni fixiert. Durch den Verkauf hat der im Januar 2018 berufene CFO Philip Diepernik eine drohende Insolvenz abzuwenden versucht.[28]

Im August 2018 wurde bekannt, dass Steinhoff die Steinhoff Europa AG (SEAG) und die Finance Holding aus Brunn am Gebirge (Niederösterreich) abzieht und nach Cheltenham (Großbritannien) übersiedelt.[29]

Im September 2018 wurde die polnische Tochter Steinpol an die Cotta Collection AG in Liechtenstein verkauft.[30]

Im Prozess wegen der Bilanzverluste von 6 Mrd. bot Steinhoff International den Klägern im Juli 2020 850 Mio. Euro Entschädigung an.[31] Diese wurde kurz darauf auf 1.4 Milliarden Euro erhöht und steht aktuell kurz vor einer möglichen Umsetzung.

Struktur

Zum Steinhoff-Konzern zählen (Stand 2022)[32] einige große Möbelhersteller und Möbelhändler:

  • Steinhoff Europe
    • Conforama (Möbelhandel in Frankreich und Südeuropa) – zu 100 %
    • LIPO Einrichtungsmärkte (Möbelhandel in der Schweiz, Zentrallager in Derendingen betrieben von Global Warehouse AG) – zu 100 %
    • Pepco Group (Einzelhandel in Zentralosteuropa, auf den Britischen Inseln und in Spanien, Pepco und Poundland) – zu 78,8 %
  • Steinhoff Africa
    • Pepkor – Holdinggesellschaft mit verschiedenen Einzelhandelmarken
  • Steinhoff Asia Pacific (mehrere Möbelhändler in Australien und Neuseeland)
    • Greenlit brands (u. a. Freedom, Snooze)[33]
  • Steinhoff USA
    • Mattress Firm – Matratzeneinzelhandel mit mehr als 3,000 Filialen in Nordamerika
  • wurde 2018 verkauft[34]
    • Poco (Discountmöbelhändler in Deutschland)
    • Puris Bad GmbH (Badmöbelproduzent in Brilon)
    • Impuls Küchen GmbH (Küchenmöbelproduzent in Brilon)
    • Steinpol Central Services (Möbelproduktion in Polen)
    • kika und Leiner (Möbelhandel in Österreich und Zentral-/Osteuropa, die Signa Holding von René Benko unterzeichnete im Juni 2018 einen Kaufvertrag für Kika/Leiner)
    • Extreme Digital Zrt. (Elektrohändler aus Budapest, Ungarn)

Siehe auch

Weblinks

Commons: Steinhoff International Holdings – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Historie (Memento vom 22. November 2010 im Internet Archive)
  2. Management Board, aufgerufen am 19. März 2019
  3. Audited Results for the Year ended 30 September 2019. (PDF; 2,0 MB) S. 29, abgerufen am 3. August 2020 (englisch).
  4. Audited Results for the Year ended 30 September 2019. (PDF; 2,0 MB) S. 113, abgerufen am 3. August 2020 (englisch).
  5. a b c Die Akte Steinhoff in Capital.de, 20. April 2018, abgerufen am 5. März 2020.
  6. Nordwest-Zeitung: Bilanz: Möbelriese Steinhoff weiter auf Wachstumskurs. Abgerufen am 19. März 2019.
  7. http://www.steinhoffinternational.com/downloads/2015/blocker/STEINHOFF%20PROSPECTUS%207%20Aug%202015.pdf
  8. handelsblatt.com
  9. Steinhoff International: Börsengang ohne Chef. Abgerufen am 19. März 2019.
  10. „Steinhoff bleibt ein Milliardengrab.“ in ARD.de, 19. Juni 2019, abgerufen am 7. März 2020.
  11. ProSieben vor Ostern im DAX und Steinhoff im MDAX. Abgerufen am 19. März 2019.
  12. finanzen net GmbH: Steinhoff-Aktie: Wiederaufstieg in den SDAX im März – 28.02.20 – BÖRSE ONLINE. Abgerufen am 8. Juli 2020 (englisch).
  13. Bieter für Elektronik-Händler Darty schaukeln sich hoch. Abgerufen am 12. August 2016.
  14. Steinhoff in Großbritannien mit Sieg und Niederlage im Übernahmegeschäft. Abgerufen am 19. März 2019.
  15. ROUNDUP: Steinhoff erwirbt 23 Prozent an Poundland und erwägt Übernahmeofferte 15. Juni 2016 | Nachricht | finanzen.net. Abgerufen am 12. August 2016.
  16. Steinhoff kauft Mattress Firm: Poco-Mutter legt sich auf US-Matratzen. In: handelsblatt.com. Abgerufen am 12. August 2016.
  17. Andreas Mehring: PwC bestätigt Milliardenbetrug bei Steinhoff. In: Finance-Magazin.de, 18. März 2019 (abgerufen am 18. März 2019).
  18. Steinhoff-Aktie mit dramatischem Kurssturz: CEO tritt zurück – Liquiditätsmaßnahmen beschlossen. Abgerufen am 19. März 2019.
  19. Möbelunternehmen aus Westerstede: Hauptaktionär geht – Krise bei Steinhoff spitzt sich zu. In: Nordwest-Zeitung, 15. Dezember 2017. Abgerufen am 15. Dezember 2017.
  20. Wirtschaftswoche: Steinhoff: Hauptaktionär zieht sich von Konzernspitze zurück. Abgerufen am 19. März 2019.
  21. Steinhoff Changes To The Supervisory Board. Abgerufen am 19. März 2019.
  22. Van der Merwe wird zum CEO von Steinhoff ernannt | EUWID Holz und Holzwerkstoffe. Abgerufen am 19. März 2019.
  23. Steinhoff on brink of dropping off JSE's top 100 company list. In: Fin24.com, 21. Dezember 2017.
  24. Andreas Deutsch: Steinhoff: Jetzt brechen alle Dämme. Abgerufen am 11. Juli 2019.
  25. Pressebericht Tagesschau vom 15. Februar 2018
  26. Möbel-Gigant verdrängt Ikea von der Spitze welt.de, 26. April 2018, abgerufen am 15. Juni 2018.
  27. Rene Benkos Signa kauft kika/Leiner orf.at, 14. Juni 2018, abgerufen am 15. Juni 2018.
  28. Andreas Mehring: PwC bestätigt Milliardenbetrug bei Steinhoff. In: Finance-Magazin.de, 18. März 2019 (abgerufen am 18. März 2019).
  29. orf.at: Steinhoff zieht Europazentrale aus Österreich ab. Artikel vom 10. August 2018, abgerufen am 11. August 2018.
  30. Cotta Collection AG: Übernimmt Steinpol Central Services. Abgerufen am 13. Januar 2022.
  31. Handelskonzern: Steinhoff bietet Klägern im Bilanzskandal 850 Millionen Euro, handelsblatt.com, 27. Juli 2020
  32. Unternehmenswebseite. In: steinhoffinternational.com. Abgerufen am 5. Januar 2022 (englisch).
  33. Unternehmenswebseite. In: www.greenlitbrands.com.au. Abgerufen am 5. Januar 2022 (englisch).
  34. STEINHOFF-ANNUAL-REPORT-2018. In: steinhoffinternational.com. Abgerufen am 8. März 2020 (englisch). Seite 53