Storndorf

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 7. September 2022 um 17:45 Uhr durch imported>BoyBoy(733281) (→‎Gerichte seit 1803: infolge derer (der Einführung), weil Präposition plus Pronomen, siehe https://www.korrekturen.de/beliebte_fehler/infolge_dessen.shtml).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Storndorf
Gemeinde Schwalmtal
Koordinaten: 50° 39′ 19″ N, 9° 15′ 37″ O
Höhe: 375 (358–391) m
Fläche: 8,19 km²[1]
Einwohner: 752 (30. Jun. 2017)[2]
Bevölkerungsdichte: 92 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 36318
Vorwahl: 06630

Storndorf ist ein Ortsteil von Schwalmtal im mittelhessischen Vogelsbergkreis. Das gut 800 Einwohner zählende Dorf liegt im Norden des Vogelsberges. Storndorf ist die erste von der etwa vier Kilometer südlich entspringenden Schwalm durchflossene Ortschaft.

Geschichte

Überblick

Erste bekannte schriftliche Belege datieren aus dem Jahre 1238. Die Schreibweise des Ortsnamens war sehr verschieden, da man damals noch keine feste Rechtschreibung kannte. So schrieb man 1238 Stozrendorff oder auch Sozrendorff. 1293 hieß es Storrendorff und im 14. Jahrhundert Stormendorf und Sturmdorff. Im nächsten Jahrhundert brauchte man immer mehr die Form Storindorff und ab 1500 wird meist die Bezeichnung Storndorff angewandt.[3]

Im Mittelalter waren die Landesherren über Storndorf die Landgrafen von Hessen. Viele Rechte über den Ort waren als Lehen an die „Familie von Storndorf“ vergeben. Im Jahr 1600 war eine Storndorfer Linie so stark verschuldet, dass deren Hälfte von Storndorf („die Hälfte des Dorfes Storndorf und die Hälfte der außerhalb des Gerichts Storndorf liegenden Güter“) an die Landgrafen zurückfiel.[4] Am 9. August 1634 stellte Landgraf Georg II. von Hessen-Darmstadt seinem Hofrat Ludwig von Seebach als Ausgleich für ausgebliebene Gehaltszahlungen einen Lehensbrief auf die zurückgefallene Hälfte von Storndorf aus. Mit dem Aussterben der Familie von Storndorf gab es ab 1713 so eine hessische und eine seebachische Hälfte an Ort und Gericht Storndorf.[5]

1753 wurde die evangelische Kirche erbaut. Noch bis etwa Ende der 1960er-Jahre verdienten sich etliche Einwohner ein Zubrot als Besenbinder.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Storndorf:

„Storndorf (L. Bez. Alsfeld) evangel. Filialdorf; liegt im Vogelsberg, 212 St. von Alsfeld, so wie an der Schwalm, die 12 St. oberhalb des Orts, in einem Wiesenthale entspringt. Der Ort hat 145 Häuser und 863 Einwohner, die außer 1 Katholiken und 139 Juden evangelisch sind, so wie 1 alte Burg, dem Herrn von Seebach gehörig, 1 Synagoge, 3 Mühlen und 2 Höfe, von welchen einer Staatseigenthum ist, der andere aber dem Herrn von Seebach gehörte, und 1823 an Mehrere erb und eigen verkauft worden ist. Ersterer Hof besteht in einem zweistöckigen Wohnhaus, den nöthigen Oekonomiegebäuden, einem Brennhaus, einem Brauhaus und mehreren Morgen Land, und es ist mit diesem Hofgut die Brau- und Brenngerechtigkeit nebst der Schenkwirthschaft verbunden. Unter den Einwohnern giebt es viele Leineweber. Mehrere Einwohnernähren sich auch von dem Hausiren mit irdenem und hölzernem Geschirr. Hier wird ein Weingeist bereitet, der zu feinen Liqueuren und zu einem wohlriechenden Wasser, das unter dem Namen Sterndorfer Wasser in Handel kommt, verwendet wird. Der Ort war mit den adeligen Vasallen Herrn von Seebach, in manchen Stücken gemeinschaftlich, welche aber ihre Rechte in den neusten Zeiten an den Staat abgetreten haben.“[6]

Vom 17. Jahrhundert bis 1939 hatte Storndorf eine jüdische Gemeinde. Sie hatte eine Synagoge, eine Schule, ein rituelles Bad (Mikwe) und einen eigenen jüdischen Friedhof. Die Gemeinde gehörte dem orthodoxen Provinzialrabbinat Oberhessen mit Sitz in Gießen an.

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen bildet Storndorf zusammen mit weiteren acht zuvor selbstständigen Ortschaften seit dem 31. Dezember 1971 die Gemeinde Schwalmtal.[7]

Verwaltungs- und Gerichtsgeschichte

Die folgende Liste zeigt die Staaten, in denen Storndorf lag, sowie deren Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][8][9]

Gerichte seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für das Fürstentum Oberhessen (ab 1815 Provinz Oberhessen) wurde das „Hofgericht Gießen“ eingerichtet. Es war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit für Storndorf das Amt Ulrichstein für den hessischen Anteil und das Gericht Storndorf für die seebachische Teil zuständig. Nach der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurden die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Alsfeld“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht in Alsfeld, das heutige Amtsgericht, das für Storndorf zuständig war. Die Familie von Seebach trat ihre Rechte am Gericht Storndorf 1821 an den Staat ab.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglichen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in Amtsgericht Alsfeld und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[16]

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Storndorf 792 Einwohner. Darunter waren 6 (0,7 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 117 Einwohner unter 18 Jahren, 321 zwischen 18 und 49, 183 zwischen 50 und 64 und 168 Einwohner waren älter.[17] Die Einwohner lebten in 321 Haushalten. Davon waren 75 Singlehaushalte, 96 Paare ohne Kinder und 120 Paare mit Kindern, sowie 24 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 78 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 201 Haushaltungen lebten keine Senioren.[17]

Einwohnerentwicklung

• 1806: 895 Einwohner, 131 Häuser[13]
• 1829: 863 Einwohner, 145 Häuser[6]
• 1867: 938 Einwohner, 144 bewohnte Gebäude[18]
• 1875: 973 Einwohner, 151 bewohnte Gebäude[19]
Storndorf: Einwohnerzahlen von 1800 bis 2015
Jahr  Einwohner
1800
  
632
1806
  
895
1829
  
863
1834
  
951
1840
  
1.053
1846
  
1.030
1852
  
993
1858
  
964
1864
  
936
1871
  
931
1875
  
973
1885
  
934
1895
  
872
1905
  
805
1910
  
831
1925
  
746
1939
  
735
1946
  
1.022
1950
  
939
1956
  
873
1961
  
871
1967
  
862
1970
  
906
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2005
  
890
2010
  
814
2011
  
792
2015
  
772
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; 1800[20]; Gemeinde Schwalmtal (aus Webarchiv):[2]; Zensus 2011[17]

Historische Religionszugehörigkeit

• 1829: 768 evangelische (= 83,78 %), ein katholischer (= 0,11 %), 139 jüdische (= 16,11 %) Einwohner[6]
• 1961: 768 evangelische (= 88,17 %), 91 katholische (= 10,45 %)[1]

Wappen

DEU Storndorf COA.svg

Blasonierung: „Wappenbeschreibung: In goldenem Feld ein durch zwei Rinken zusammengeschlagener, doch noch etwas voneinander stehender schräglinks gelegter Kesselhaken, dessen Zacken sich abwärts, also zur Linken kehren.“[21]

Das Wappen wurde der Gemeinde Storndorf im damaligen Landkreis Alsfeld am 5. April 1957 durch den Hessischen Innenminister genehmigt. Gestaltet wurde es durch den Bad Nauheimer Heraldiker Heinz Ritt.

Der Kesselhaken ist ein Verweis auf die lange Tradition der Zunft von Kessel- und Nagelschmieden in Storndorf. Er wurde bei der Schaffung des Wappens der Gemeinde Schwalmtal in das neue Wappen übernommen.[22]

Infrastruktur

Des Weiteren befinden sich in Storndorf zwei Bäckereien, ein Dorfladen, mehrere Kneipen und eine Kfz-Werkstatt.

Söhne und Töchter des Ortes

Literatur

Weblinks

Commons: Storndorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Alsfeld) und Verwaltung

Einzelnachweise

  1. a b c d Storndorf, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 28. Juni 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b „Zahlen, Daten, Fakten“. In: Internetauftritt. Gemeinde Schwalmtal, archiviert vom Original; abgerufen im Juni 2018.
  3. Deggau, Alfred: Storndorf. Beiträge zum Geschichtsbild eines Vogelsberger Dorfes unter dem Adel. Herausgegeben vom Geschichts- und Altertumsverein der Stadt Alsfeld. Alsfeld 1956
  4. Die Herren von Storndorf. Kulturverein Storndorf, abgerufen am 8. Januar 2018.
  5. Die Herren von Seebach. Kulturverein Storndorf, abgerufen am 8. Januar 2018.
  6. a b c Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 277 f. (Online bei google books).
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 347.
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
  10. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 26 Punkt d) IV. (google books).
  11. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 210 f. (Online in der HathiTrust digital library).
  12. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 9 (Online bei google books).
  13. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 280 (Online in der HathiTrust digital library).
  14. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 428 (online bei Google Books).
  15. Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 6 ff. (online bei Google Books).
  16. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  17. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 42 und 82;.
  18. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 117 (Online bei google books).
  19. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 13 (Online bei google books).
  20. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 231 (Online in der HathiTrust digital library).
  21. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Storndorf im Landkreis Alsfeld, Regierungsbezirk Darmstadt vom 5. April 1957. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1957 Nr. 16, S. 363, Punkt 383 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
  22. Geschte von Schwalmtal – Die Historie der Orte im Einzelnen, Zeile 16ff., auf schwalmtal-hessen.de (Abgerufen am 09. September 2020)