Bernard von Brentano

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Bernard von Brentano (* 15. Oktober 1901 in Offenbach am Main; † 29. Dezember 1964 in Wiesbaden) war ein deutscher Schriftsteller, Lyriker, Dramatiker, Erzähler, Romancier, Essayist und Journalist.

Leben

Bernard von Brentano war ein Sohn des hessischen Innen- und Justizministers Otto von Brentano di Tremezzo und ein Bruder von Peter Anton, Clemens und Heinrich von Brentano. Seine Mutter Lilla Beata, geborene Schwerdt, stammte aus der Frankfurter Linie der Brentanos.

Anders als seine Brüder hat Bernard von Brentano den Langnamen seiner Familie, Brentano di Tremezzo, kaum benutzt.

Nach dem Abitur in Offenbach studierte Brentano Philosophie in Freiburg, München, Frankfurt und Berlin. In Freiburg wurde er aktives Mitglied der katholischen Studentenverbindung Bavaria, in München des K. St. V. Rheno-Bavaria, beide im Kartellverband, seit 1920 war er Mitglied im P.E.N. Sein Stück GELD (1924) wurde unter der Intendanz von Gustav Hartung in Darmstadt aufgeführt, Dramaturg war Peter Suhrkamp.

Von 1925 bis 1930 arbeitete Brentano beim Feuilleton im Berliner Büro der Frankfurter Zeitung und wurde dort Nachfolger von Joseph Roth, mit dem er eng befreundet war. Im Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller engagierte er sich stark und war auch Mitarbeiter der Zeitschrift Die Linkskurve. Zusammen mit Bertolt Brecht wollte er 1929/30 eine weitere literarische Zeitung herausgeben, dieses Projekt konnte jedoch nicht realisiert werden.

In seinem 1929 erschienenen Essay „Über den Ernst des Lebens“ wertete Brentano Kriegsbriefe gefallener Soldaten aus und kritisierte die Verherrlichung des Krieges. Mit dem 1932 erschienenen prophetischen Buch Der Beginn der Barbarei in Deutschland zog er sich endgültig den Hass der Nationalsozialisten zu. Seine Bücher wurden nach deren Machtergreifung auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Ob Brentano Mitglied der KPD gewesen ist, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden, es gibt allerdings etliche Indizien dafür. In jedem Fall lehnte Brentano nach zwei Moskaureisen im Jahre 1930 und 1932 das Stalinregime ab und distanzierte sich später auch vom Marxismus.

Brentano verließ Anfang April 1933 Berlin und emigrierte in die Schweiz, seit 1934 lebte er mit seiner Familie in Küsnacht bei Zürich. Dort arbeitete er für die Neue Zürcher Zeitung und die Weltwoche. In dem Zürcher Verlag Oprecht erschien 1936 Brentanos Hauptwerk Theodor Chindler, das mehrfach neu aufgelegt und von Hans W. Geißendörfer 1979 verfilmt wurde.[1] Dieser Roman, von Thomas Mann sehr gelobt, schildert den Zusammenbruch des Wilhelminischen Kaiserreiches am Beispiel einer katholischen Familie und greift teilweise auf die eigene Familiengeschichte zurück.

Ab 1940 bemühte sich Brentano um eine Repatriierung.[2] Er schrieb an das Auswärtige Amt in Berlin: „Neben der aufmerksamen Betrachtung der vom Führer eingeleiteten und vollbrachten Politik, haben gerade die Erfahrungen, die ich als Deutscher im Ausland, in der Schweiz und auf Reisen in Frankreich, machte, meine früheren innenpolitischen Ansichten völlig umgestossen.“[3] In einer Anlage distanzierte er sich von Thomas Mann und nannte seine politischen Ansichten grundverschieden. Zwar wurde Brentano die Rückkehr zugestanden, jedoch gab ihm die Reichsschrifttumskammer nicht die Zusage zur literarischen Tätigkeit.[4] Der Historiker Jean Rudolf von Salis, der berichtete, Brentano habe sich bei Kriegsbeginn in seiner Gegenwart zu einem antisemitischen Ausbruch hinreißen lassen, erklärte sich das Verhalten mit einer tiefen Lebensangst, Brentano habe in panischer Angst gelebt, den Nationalsozialisten in die Hände zu fallen. Seine Ehefrau Margot von Brentano-Gerlach hatte eine jüdische Mutter.[5]

Erst 1949 kehrte er aus der Emigration nach Deutschland, in das „Land der Liebe“, wie er es in seiner Autobiographie 1952 nannte, zurück und lebte mit seiner Familie bis zu seinem Tod in Wiesbaden.

Nachlass

Bereits 1984 wurden Teile des Nachlasses als Leihgabe der Familie an das Deutsche Literaturarchiv Marbach übergeben, im Mai 2018 kaufte das Literaturarchiv den gesamten Nachlass. Neben Korrespondenzen mit Zeitgenossen aus Literatur und Wissenschaft, beispielsweise Theodor W. Adorno oder Thomas Mann, enthält der Nachlass Tagebücher und Fotografien Brentanos.[6]

Werke

  • Über den Ernst des Lebens. 1929.
  • Kapitalismus und schöne Literatur. 1930.
  • Der Beginn der Barbarei in Deutschland. 1932. – Neuausgabe (hrsg. von Roman Köster): Eichborn Verlag, Köln 2019, ISBN 978-3-8479-0670-4. (Leseprobe)
  • Berliner Novellen. 1934.
  • Theodor Chindler. 1936.
  • Prozess ohne Richter. 1937.
  • Die ewigen Gefühle. 1939.
  • Une Famille Allemande. 1939.
  • Phädra, Drama. 1939
  • Tagebuch mit Büchern. 1943.
  • August Wilhelm Schlegel. 1944.
  • Goethe und Marianne von Willemer. 1945.
  • Franziska Scheler. 1945.
  • Martha und Maria. 1946.
  • Streifzüge. 1947.
  • Die Schwestern Usedom. 1948.
  • Sophie Charlotte und Danckelmann. 1949.
  • Du Land der Liebe. 1952.
  • Die geistige Situation der Kunst in der Gesellschaft. 1955.
  • Das Menschenbild in der modernen Literatur. 1958.
  • Erzählungen. 1965

posthum:

  • Die drei Prälaten. 1974.
  • Proces Zonder Rechters. 1982.
  • Wo in Europa ist Berlin. 1987.

Literatur

  • Konrad Feilchenfeldt: Nachwort. In: Bernard von Brentano: Drei Prälaten. Essays. Limes, Wiesbaden 1974. (Wichtig zur Einschätzung von Brentanos Spätwerk)
  • Ulrike Hessler: Bernard von Brentano. Ein deutscher Schriftsteller ohne Deutschland. Tendenzen des Romans zwischen Weimarer Republik und Exil. Peter Lang, Frankfurt am Main 1984.
  • Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft – Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Erster Band, Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, ISBN 3-598-30664-4.
  • Wolfgang Löhr: Bernard von Brentano. In: Siegfried Koß, Wolfgang Löhr (Hrsg.): Biographisches Lexikon des KV. 7. Teil (= Revocatio historiae. Band 9). Akadpress, Essen 2010, ISBN 978-3-939413-12-7, S. 29 ff.
  • Bernd Goldmann (Hrsg.): Bernard von Brentano. Texte und Bibliographie. v. Hase & Koehler, Mainz 1992, ISBN 3-7758-1214-8.
  • Gerhard Müller: Schemen eines streitbaren 'homme de lettres'. Bernd Goldmanns Bemühungen um Bernard von Brentano; online unter: muellers-lesezelt.de (PDF; 377 kB)
  • Brentano, Bernard von, in: Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt am Main : S. Fischer, 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 78
  • Bernard von Brentano, in: Carl Zuckmayer: Geheimreport. Hrsg. von Gunther Nickel und Johanna Schrön. Göttingen: Wallstein, 2002 ISBN 978-3-8353-3857-9, S. 263–269

Weblinks

Fußnoten

  1. Lothar Müller: Nun danket alle Gott. Innenansichten des Ersten Weltkriegs: Bernard von Brentanos großer politischer Familienroman „Theodor Chindler“ ist wieder da. In: Süddeutsche Zeitung. 7. Oktober 2014, Beilage Literatur, S. 9.
  2. Sven Hanuschek: Nachwort. In: Bernard von Brentano: Theodor Chindler. Roman einer deutschen Familie. Schöffling, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-89561-488-0.
  3. zitiert nach: Thomas Sprecher: Bernard von Brentano. In: Thomas Mann in Zürich. Wilhelm Fink Verlag. München 1992, ISBN 3-7705-2822-0, S. 85–91, hier S. 88.
  4. Thomas Sprecher: Bernard von Brentano. In: Thomas Mann in Zürich. Wilhelm Fink Verlag. München 1992, S. 88–89.
  5. Thomas Sprecher: Bernard von Brentano. In: Thomas Mann in Zürich. Wilhelm Fink Verlag. München 1992, S. 86, 88–89.
  6. Marbach erwirbt Nachlass Bernard von Brentano. Deutsches Literaturarchiv Marbach, 29. Mai 2018, abgerufen am 7. August 2018.