Genius cucullatus
Der Genius cucullatus (Plural Genii cucullati) ist ein zwergenhafter keltischer Kapuzendämon und Schutzgeist. Die Verehrung des Genius cucullatus lässt sich durch Inschriften und Bildzeugnisse in Gallien, Britannien, Germanien und Noricum nachweisen.
Etymologie
Der Name des Genius cucullatus leitet sich vom Umhang (keltisch sagum) mit Kapuze (keltisch cucullus, cuculla, auch bardocucullus – „Barden-Kapuze“[1]) her, der klassischen Reisekleidung der Gallier. Ob eine Verbindung zu Fionn mac Cumhaills magischem Kapuzenmantel besteht, ist unsicher.[2]
Überlieferung und Verehrung
So findet sich sein Name etwa auf zwei Weihinschriften aus einem Heiligtum in Wabelsdorf bei Klagenfurt in Kärnten (römische Provinz Noricum),[3] auf einigen Weihesteinen in Augusta Treverorum (Trier, römische Provinz Gallia Belgica), aber auch in Britannien, z. B. in Corinium Dobunnorum (Cirencester, römische Provinz Britannia prima – hier zusammen mit einer Muttergottheit) ist der Name Genius cucullatus zu finden. Die Reliefs zeigen sie teils als bärtige Zwerge (Trier), teils als Erwachsene in Kindergröße (Cirencester). Sie halten manchmal Schwerter oder Schriftrollen, öfter allerdings Eier als Fruchtbarkeitssymbole in der Hand und sind in der Nähe von Heilquellen als kegelförmig zugehauene Steinstatuetten zu finden.[2]
In den Garnisonen entlang des Hadrianswalles wurden sie offenbar als Schutzgeister im Kampf verehrt, deren Weihesteine von Legionären gestiftet worden waren. Ihre Funktion als Nothelfer ist aus der Bekleidung zu erkennen – sie sind immer reisefertig, um zu helfen. Eine eher heitere Szene zeigt fliegende Genii cucullati als Jagdhelfer auf Keramikfragmenten von Camulodunum (Colchester, römische Provinz Britannia).[2]
Die Genii cucullati werden sowohl einzeln, als auch in Dreiergruppen, manchmal zusammen mit einer sitzenden Göttin abgebildet.[4]
Kultureller Einfluss und Nachwirkung
Der Genius cucullatus ist wahrscheinlich mit dem kleinasiatischen ebenfalls einen Kapuzenmantel tragenden Heilgott Telesphoros („Vollender“), einem Begleiter von Asklepios und Hygieia, verwandt. Die Verbindung stellen möglicherweise die keltischen Galater her, in deren aus der gallischen Heimat nach Kleinasien mitgenommenen Götterwelt er einen Platz innehatte.[5]
Die Genii cucullati könnten in den volkstümlichen Vorstellungen von zwergenhaften zipfelmützigen Dämonen und Helferlein weiterleben – letztlich verkörpert in unseren Gartenzwergen.[2]
Literatur
- Rudolf Egger: Genius cucullatus. In: Wiener prähistorische Zeitschrift. Bd. 19, 1932, S. 311–323.
- Fritz Moritz Heichelheim: Genius cucullatus. In: Archaeologica Aeliana. Bd. 4, 12, 1935, S. 187–194.
- J. M. C. Toynbee: Genii Cucullati in Roman Britain. In: Hommages à Waldemar Deonna. Brüssel 1957, S. 456–469.
- Hedwig Kenner: Zu namenlosen Göttern der Austria romana, 2. Genius Cucullatus. In: Römisches Österreich. Bd. 4, 1976, S. 147–161.
- Bernhard Maier: Lexikon der keltischen Religion und Kultur (= Kröners Taschenausgabe. Band 466). Kröner, Stuttgart 1994, ISBN 3-520-46601-5, S. 139f.
- Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1997, ISBN 3-7001-2609-3, S. ?.
- Susanne Sievers, Otto H. Urban, Peter C. Ramsl: Lexikon zur Keltischen Archäologie (= Mitteilungen der prähistorischen Kommission Bd. 73). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2012, ISBN 978-3-7001-6765-5, Bd. A–K, S. 625–626.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. S. 936.
- ↑ a b c d Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. S. 747–748.
- ↑ Ubi Erat Lupa Nr. 5763: genio cu/cullato sa[crum]; Ubi Erat Lupa Nr. 8998: genio cu/cu[llat]o.
- ↑ Bernhard Maier: Lexikon der keltischen Religion und Kultur. S. 139.
- ↑ Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. S. 146.