Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen
Das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) ist eine zentrale Einrichtung der deutschen Bundesländer mit Sitz in Mainz. Das Institut wurde 1972 als „Institut für medizinische Prüfungsfragen“ (IMP) gegründet[1] und hat die Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Rechtsgrundlage ist das Abkommen über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen vom 14. Oktober 1970.[2][3]
Organe des Instituts sind (1) der Verwaltungsrat und (2) der Leiter des Instituts (Direktor).[3] Dem Verwaltungsrat gehört je ein Vertreter der beteiligten Bundesländer an, der von dem für das Gesundheitswesen zuständigen Minister (Senator) bestimmt wird. Je einen weiteren Vertreter benennen die für das Finanzwesen und das Hochschulwesen zuständigen Minister des Landes Rheinland-Pfalz („Sitzland“).[3] Die Verwaltungsratsmitglieder wählen aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden, dessen Amtszeit 2 Jahre beträgt. Sie wählen auch den Direktor (2/3-Mehrheit erforderlich), dessen reguläre Amtszeit 6 Jahre beträgt (Beamtenverhältnis auf Zeit).[3] Die Rechtsaufsicht über das Institut hat das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz.[3]
Aufgaben
Die Entwicklung des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) beginnt mit seiner Gründung, zunächst nur als „Institut für medizinische Prüfungsfragen“ (IMP), im Jahre 1972. Diese basierte auf der Approbationsordnung für Ärzte von 1970.[4] Seitdem wurden neue Aufgabenbereiche geschaffen, und das Institut wuchs zunächst um die Abteilung Pharmazie (1975) und die Fachgruppe Psychotherapie (1999). 1974 wurde die erste schriftliche Staatsprüfung in Medizin durchgeführt, 1976 in Pharmazie und 2002 in Psychotherapie.
Hinter der Gründung des IMPP stand die Absicht, die bis dahin oft als unfair empfundene Prüfungspraxis in den mündlichen Staatsexamina zu objektivieren. Seine Aufgabe ist die Erstellung und Auswertung der schriftlichen Teile der Staatsexamina, zunächst nur für die Studiengänge Medizin und Pharmazie. Zudem erstellt es die sogenannten Gegenstandskataloge (d. h. die Zusammenstellung der Prüfungsgegenstände, auf die sich die schriftlichen Prüfungen beziehen können), die den von den Studierenden zur Prüfung zu erlernenden Stoffumfang gliedern und beschreiben. Gemäß den Approbationsordnungen (ApprO bzw. AppO) für Ärzte (ÄApprO[5]) bzw. für Apotheker (AAppO[6]) müssen die schriftlichen Prüfungen in Medizin und Pharmazie aus Antwort-Wahl-Aufgaben (Multiple Choice) mit 5 Antwortmöglichkeiten bestehen. Mit der Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes[7] im Jahre 1999 ist das IMPP auch für die Prüfungen von Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten zuständig, die auch anderen Aufgabentypen beinhalten (z. B. Freitext-Aufgaben). Das Aufgabengebiet des IMPP wurde zudem unlängst um eine Prüfung im Fach Zahnmedizin entsprechend der neuen „Approbationsordnung für Zahnärzte und Zahnärztinnen (ZApprO[8])“ vom 8. Juli 2019 erweitert. Im Jahr 2024 wird erstmals der dritte Abschnitt der Zahnärztlichen Prüfung als bundesweit einheitliches schriftliches Staatsexamen stattfinden.[8]
Bei der Erfüllung seiner Aufgaben wird das IMPP von einer Vielzahl von Hochschullehrern unterstützt, die es auf Vorschlag von wissenschaftlichen Fachgesellschaften oder medizinischen Fakultäten zu Sachverständigen beruft.[9] Die Sachverständigen der jeweiligen Sachverständigen-Kommissionen reichen Fragenentwürfe ein, die von den Mitarbeitern des IMPP in Prüfungsfragen inhaltlich überprüft, ergänzt und optimiert werden.
Aufgrund einer Neufassung der Approbationsordnung für Ärzte, ihres Inkrafttretens im Jahr 2002[10] und des Wegfalls des (alten) Ersten Abschnittes der Ärztlichen Prüfung hatte das IMPP einen Teil seiner gesetzlich geregelten Aufgaben eingebüßt.[4] Zugleich wurde ihm jedoch die Möglichkeit eröffnet, mit den Ausbildungsstätten bei der Abhaltung der neu eingeführten universitären Leistungsnachweise zu kooperieren. Allerdings musste das entwickelte funktionsfähige Verfahren (aufgrund von Sparmaßnahmen) noch vor einer vollständigen Implementierung wieder eingestellt werden.[11] Der danach an der Universität Heidelberg begründete Prüfungsverbund „UCAN“[12] basiert auf einem sehr ähnlichen Konzept. Das IMPP ist seit Anfang 2017 Mitglied in diesem Prüfungsverbund.[13][14]
Das IMPP wertet alle Prüfungsergebnisse statistisch aus.[15] Neu erstellte Prüfungen enthalten neben neuen Aufgaben auch geringe Anteile bereits eingesetzter Fragen, die sich als besonders geeignet erwiesen hatten. Aufgrund einer „gleitenden“ Bestehensregel bestimmen sich die Bestehensgrenzen anhand der Leistungen der jeweiligen Prüfungskohorte, sodass die Misserfolgsquoten in den schriftlichen Examina nur in engen Grenzen variieren.
Es besteht für das IMPP die Möglichkeit, einzelne Prüfungsaufgaben, die sich als fehlerhaft erwiesen haben, nachträglich aus der Wertung zu nehmen, wobei ein so genannter Nachteilsausgleich berücksichtigt wird.[16] Die Entfernung von Aufgaben aus der Wertung erfolgt ausschließlich nach inhaltlichen Gesichtspunkten und orientiert sich nicht an den statistischen Kennwerten der gelaufenen Aufgaben.
Neben der Generierung von Prüfungsaufgaben und der Zusammenstellung ausgewogener Prüfungen und deren technischer Auswertung gehören die Weiterentwicklung der „Gegenstandskataloge“, derzeit im Sinne einer Kompetenzorientierung, und die Koordinierung der bundesweit einheitlichen Prüfungstermine[17] mit den Landesprüfungsämtern lt. „Staatsvertrag“ zu den Aufgaben des IMPP.[3]
Leitung
Leiter bzw. Direktoren des IMPP waren seit seiner Gründung im Jahre 1972 Hans-Joachim Krämer (1972–1988), Walter Thürk (1988–1994), Günther Boelcke (1995–2000), Wolfgang Baier (kommissarisch 2000–2001), Jürgen Neuser[18][19] (2001–2013), Hilde Spahn-Langguth[20] (kommissarisch 4/2013), Birgitta Kütting[21] (2013–2016, als Fachbereichsleiterin des FB Medizin lt. Staatsvertrag[2] Ständige Vertreterin des Direktors) und Jana Jünger (2016–2021/22). Jünger wurde 2021 vorläufig suspendiert (ohne Stellungnahme des IMPP).[22] Alle regulär vom Verwaltungsrat gewählten, hauptamtlichen Direktoren waren bislang erfahrene Juristen (1972–1994) oder waren Ärzte (ab 1994).
Ab April 2022 war Jünger nicht mehr als Direktorin des IMPP aufgeführt.[23] Erstmals war ein Personalberatungsinstitut (Kienbaum Consultants) beauftragt, bei der Auswahl geeigneter Kandidaten für die Position des Direktors / der Direktorin mitzuwirken. Die finanziellen Aufwendungen für die Beauftragung wurden nicht veröffentlicht. Derzeit wird das IMPP wiederum von Birgitta Kütting, der Ständigen Vertreterin des Direktors, geleitet. Für Herbst 2022 ist eine Neubesetzung der Position des Direktors mit einer geeigneten Persönlichkeit vorgesehen.[24]
Kritik
Bereits seit 1980 geriet die Messmethodik des IMPP in die Kritik,[25][26] danach (außer für Abteilung III) auch dessen Organisationsstruktur.[11][27] In dieser Zeit wurden aufgrund von Vorgaben des RH RLP aus den Abteilungen bzw. der Fachgruppe die sog. Fachbereiche.
2007 warfen Kritiker dem IMPP und seinen Sachverständigenkommissionen vor, den sinnvollen Prüfungsstoff für verschiedene Teile der Staatsexamina „ausgereizt“ zu haben und Fragen zu entwerfen, die nicht mehr dem Ausbildungsziel entsprächen.[28]
In der Zeit von 2016 bis 2021 (d. h., in der Amtszeit von Direktorin Jana Jünger) hatten sich die Noten im 2. Staatsexamen Medizin signifikant verschlechtert.[29] So war z. B. der Anteil der Note „sehr gut“ an allen Ergebnissen von 17 % (Herbst 2015) auf 0,1 % (Frühjahr 2020) gesunken.[30] Dies entspricht einer Verringerung um mehr als 99 %.
Kritisch zu sehen ist auch das immer schlechtere Abschneiden von ausländischen Studierenden im zweiten medizinischen Staatsexamen. Beispielsweise lag die Durchfallquote im Herbst 2021 bei ausländischen Studierenden bei 16 %, während sie bei deutschen Studierenden bei 2,5 % lag. Mutmaßlich liegt dies an der komplizierten sprachlichen Gestaltung der Fragen.[31]
Einzelnachweise
- ↑ Entwicklung des IMPPs, abgerufen am 24. Februar 2019.
- ↑ a b Abkommen über die Errichtung und Finanzierung des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (Staatsvertrag). In: beck-online DIE DATENBANK. C. H. Beck, abgerufen am 11. Juli 2022.
- ↑ a b c d e f Landesrecht Rheinland-Pfalz. Abgerufen am 1. September 2022.
- ↑ a b Approbationsordnung für Ärzte vom 28. Oktober 1970. In: Universität Mainz _ Ordnungen. SGBl. 1 5.1458, abgerufen am 26. August 2022.
- ↑ Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO 2002) - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis. In: www.gesetze-im-internet.de. Bundesministerium der Justiz, abgerufen am 11. Juli 2022.
- ↑ Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis. In: www.gesetze-im-internet.de. Bundesministerium der Justiz, abgerufen am 11. Juli 2022.
- ↑ Gesetz über den Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten (PsychThG). In: www.gesetze-im-internet.de. Bundesministerium der Justiz, abgerufen am 11. Juli 2022.
- ↑ a b Approbationsordnung für Zahnärzte und Zahnärztinnen (ZApprO). In: www.gesetze-im-internet.de. Bundesministerium der Justiz, abgerufen am 11. Juli 2022.
- ↑ Richtlinien für die Kommissionen und Beiräte beim Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen. In: Https://impp.de. IMPP, 19. März 2022, abgerufen am 26. August 2022.
- ↑ ÄApprO 2002 - Approbationsordnung für Ärzte. Abgerufen am 2. September 2022.
- ↑ a b Drucksache 15/4200, Nr. 10, 2.2.4. In: Dokumente. Landtag RLP, 8. Februar 2010, abgerufen am 26. August 2022.
- ↑ UCAN-Bericht 2006-2016. In: https://cares.institute. 2016, abgerufen am 2. September 2022.
- ↑ Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) | UCAN ASSESS. Abgerufen am 31. August 2022 (deutsch).
- ↑ Öffentliche Ausschreibung Mainz 2016 Abschluss eines Kooperationsvertrages mit einem wissenschaftlichen Netzwerk und Nutzung seiner Fachanwendungslandschaft für das Prüfungswesen. 2016-12-24. Abgerufen am 2. September 2022.
- ↑ Ergebnisberichte - www.impp.de. Abgerufen am 26. August 2022.
- ↑ Praktische Hinweise - www.impp.de. Abgerufen am 26. August 2022.
- ↑ Prüfungstermine - www.impp.de. Abgerufen am 2. September 2022.
- ↑ Jürgen Neuser. Research Gate Corporation, abgerufen am 20. Juli 2022.
- ↑ Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Jürgen Neuser: Auszeichnung für den IMPP-Chef. 1. Juli 2011, abgerufen am 19. Juli 2022.
- ↑ hilde spahn. In: researchgate. ResearchGate Corporation, 19. Juli 2012, abgerufen am 19. Juli 2022 (englisch).
- ↑ Birgitta Kütting › Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin. In: Friedrich-Alexander-Universität FAU - Medizinische Fakultät. Abgerufen am 19. Juli 2022.
- ↑ Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: IMPP-Direktorin Jünger offenbar vorläufig suspendiert. 6. Juli 2021, abgerufen am 19. Juli 2021.
- ↑ Direktion - www.impp.de. Abgerufen am 21. Mai 2022.
- ↑ IMPP,: Vergabebekanntmachung_Stellenausschreibung_Direktor_in.pdf. Abgerufen am 11. Februar 2022.
- ↑ Kuni, H. und Becker, P. (1980): Multiple Choice als Numerus clausus. In: Der Arzt im Krankenhaus, zehnteilige Reihe, 1980: 194–200, 292–295, 345–358, 406–409, 475–478, 522–526, 590–595, 665–670, 758–766 (1981) 100–104.
- ↑ Fügt sich. In: Der Spiegel. 21. April 1985, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 31. August 2022]).
- ↑ Jahresbericht 2010. In: Frag den Staat. RH Rheinland-Pfalz, 2010, abgerufen am 25. August 2022.
- ↑ Hibbeler, Birgit: Medizinstudium: „Hammerexamen“ in der Kritik. Dtsch Arztebl 2007; 104(7): A-390 / B-346 / C-334.
- ↑ Ergebnisberichte Medizin. In: https://www.impp.de. Abgerufen am 26. August 2022.
- ↑ Andriko Palmowski: Entwicklung der Ergebnisse des zweiten und dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung („M2“ Und „M3“) In Deutschland. In: Das Gesundheitswesen. 7. Januar 2021, ISSN 0941-3790, S. a–1306–0335, doi:10.1055/a-1306-0335 (thieme-connect.de [abgerufen am 19. Juli 2021]).
- ↑ Ergebnisberichte Medizin - www.impp.de. Abgerufen am 6. September 2022.