Die Elf Scharfrichter

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Darstellung der Elf Scharfrichter auf einem Plakat
Plakat von Serapion Grab alias Willy Oertel

Die Elf Scharfrichter war ein von 1901 bis 1904 existierendes „Künstlerbrettl“ in München und das erste politische Kabarett in Deutschland.

Geschichte

Seit 1897 Otto Julius Bierbaum mit seinem Roman Stilpe ein literarisch-künstlerisches Kabarett thematisiert hatte, wurde in München die Gründung eines solchen Kabaretts diskutiert. Gerade in München, im Umfeld der Zeitschrift Simplicissimus und des „Akademisch-Dramatischen Vereins“ wünschte man sich ein solches neues Theater. Ein großes Vorbild war dabei das Cabaret Le Chat Noir in Paris. Zudem wandte sich die im Februar 1900 gegründete Sektion des „Goethebundes zum Schutze freier Kunst und Wissenschaft“ entschieden gegen die neue Lex Heinze, die als Bedrohung der künstlerischen Freiheit verstanden wurde.

Die Initiatoren, unter denen sich besonders Otto Falckenberg hervortat, verkauften Anteilsscheine an Münchner Mäzene, um die Finanzierung der Bühne zu sichern. Eröffnet wurde das Theater in der Türkenstraße 28 im umgestalteten Paukboden im Rückgebäude der Gaststätte „Zum Goldenen Hirschen“ mit einer Premiere am 13. April 1901. Am Eingang zum Zuschauerraum, der über 100 Sitzplätze verfügte, stand ein Totenkopf mit Perücke, in dem ein Beil steckte. Das berüchtigte Plakat dazu zeichnete Bruno Paul 1903.

Frank Wedekind war von 1901 bis 1902 einer der elf Scharfrichter und sang seine selbstkomponierten Lieder zur Gitarre. Ausgewählte „Lieder und Gedichte“ aus dieser Zeit sind erschienen unter dem Titel Greife wacker nach der Sünde.

Dreimal pro Woche führten die Scharfrichter ein monatlich wechselndes Programm auf. Leo Greiner verfasste eine Scharfrichter-Ballade, zu der Hans Richard Weinhöppel einen Marsch komponierte. Mit diesem Scharfrichter-Marsch begann bzw. endete sehr oft das Bühnenprogramm. Das anfangs einzige weibliche Mitglied der Scharfrichter Marya Delvard wurde zugleich deren Star, indem sie damals in Deutschland noch ungewohnte Chansons in stilbildender Weise vortrug. Daneben wurden auch satirische Einakter aufgeführt. Wegen politisch-satirischer Anspielungen ergaben sich immer wieder Konflikte mit den Zensurbehörden. Von 9. bis 12. Dezember 1903 fand ein Gastspiel im Hotel Savoy in Wien statt.[1] Im Herbst 1904 wurde das Kabarett, das ständig unter finanziellen Problemen litt, wegen erheblicher Schulden aufgelöst.

Aufführungen

  • Unter anderem kam im Kabarett der Elf Scharfrichter der I. Akt von Frank Wedekinds Drama Erdgeist und in gekürzter Fassung Die Kaiserin von Neufundland zur Aufführung.
  • Einmalige Uraufführung von Unter sich von Hermann Bahr am 6. November 1903.

Die Scharfrichter (mit ihren Scharfrichter-Namen)

  1. Otto Falckenberg, alias Peter Luft
  2. Marc Henry, alias Balthasar Starr
  3. Leo Greiner, alias Dionysius Tod
  4. Willy Rath, alias Willibaldus Rost, wurde ersetzt durch
  5. Max Langheinrich, alias Max Knax
  6. Wilhelm Hüsgen, alias Till Blut
  7. Victor Frisch, alias Gottfried Still
  8. Willy Oertel, alias Serapion Grab
  9. Ernst Neumann-Neander, alias Kaspar Beil
  10. Hans Richard Weinhöppel, alias Hannes Ruch
  11. Robert Kothe, alias Frigidus Strang

Um die Zahl im Namen des Kabaretts nicht verändern zu müssen, wurden weitere Mitwirkende grundsätzlich als Henkersknechte geführt.

Henkersknechte

Siehe auch

Literatur

  • Otto J. Bierbaum: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Verlag Die Blechschachtel, Karlsruhe 2003, ISBN 3-936631-02-6.
  • Manfred Brauneck, Gérard Schneilin (Hrsg.): Theaterlexikon 1. Begriffe und Epochen, Bühnen und Ensembles. rowohlts enzyklopädie, fünfte vollständig überarbeitete Neuausgabe August 2007, ISBN 978-3-499-55673-9.
  • Evelin Förster: Die Frau im Dunkeln: Autorinnen und Komponistinnen des Kabaretts und der Unterhaltung von 1901–1935. Edition Braus, Berlin 2013, ISBN 978-3-86228-057-5.
  • Judith Kemp: „Ein winzig Bild vom großen Leben“. Zur Kulturgeschichte von Münchens erstem Kabarett „Die Elf Scharfrichter“ (1901–1904). Allitera Verlag, München 2017, ISBN 978-3-86906-921-0 (Anhänge zu Repertoire und Ensemble online).
  • Wolfgang Victor Ruttkowski: Das literarische Chanson in Deutschland. Zweite Auflage. Igel Verlag, Hamburg 2013 (1966), ISBN 978-3-86815-576-1, S. 57–67 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. –ik: „Die elf Scharfrichter“. Österreichische Volks-Zeitung, 49 (1903) #339, 5 (10. Dezember 1903).