Wehrmacht-Einheitskanister
Der Wehrmacht-Einheitskanister ist ein Kanister mit 20 Litern Fassungsvermögen. Er wurde Mitte der 1930er Jahre für die deutsche Wehrmacht entwickelt und war auf nahezu allen europäischen und nordafrikanischen Kriegsschauplätzen des Zweiten Weltkrieges anzutreffen. Die Behälter werden auch heute noch, etwa als „NATO-Benzinkanister“, in großen Stückzahlen in vielen Ländern hergestellt. Der Wehrmacht-Einheitskanister gilt als der klassische Benzin- bzw. Kraftstoffkanister. Im englischen Sprachraum nennt man die Kanister auch jerrycan von jerry als umgangssprachliche Bezeichnung für Deutsche (German).
Geschichte
Bis zur Entwicklung des Einheitskanisters waren handliche Dreiecks-Kraftstoffbehälter aus geprägtem Blech mit Füllmengen zwischen 2,5 und 20 Litern sowohl im zivilen als auch im militärischen Gebrauch üblich.
Der Wehrmacht-Einheitskanister besteht ebenfalls aus tiefgezogenem Blech und wurde nach einer Ausschreibung 1935/36 von der Firma Schwelmer Eisenwerk Müller & Co. in Schwelm, Westfalen, unter maßgeblicher Beteiligung von Oberingenieur Vinzenz Grünvogel entwickelt. 1936 gelangte eine Serie von 5.000 Stück zwecks Erprobung zur Truppe. Mit der Allgemeinen Heeresmitteilung (AHM) Nr. 324 vom 8. Juli 1937 erfolgte die offizielle Einführung.
Im Jahre 1937 erhielt er seine endgültige Form von der Firma Ambi-Budd (ABP, Ambi-Budd Presswerk Berlin). Schon im Zweiten Weltkrieg verwendeten die Schweiz und Italien ebenfalls diese Einheitskanister. Auch für die britische Armee ließ das britische War Department baugleiche Kanister einführen. Mit der Landung der Alliierten im Juli 1944 gelangten riesige Mengen dieser Kanister auf das europäische Festland.
Die Spezifikation des Einheitskanisters wurde später in der DIN 7274:1981 (Packmittel; Kanister aus Stahl für Nennvolumen 5, 10, 20 l) zusammengefasst.[1][2]
Ausführung
Das ursprüngliche Modell besaß auf beiden Seiten eine einfache, kreuzförmige Sicke zur Verstärkung des Bleches und wurde bis etwa 1941 gefertigt. Das Modell mit verbessertem Profil wurde für Wehrmacht und Waffen-SS von 1939 bis 1945 von 19 Herstellern in großen Mengen produziert. Ab 1940 gab es auch einen Einheitsbehälter mit weißer Kreuzkennzeichnung für 20 l Wasser. Der Kanister gilt als sehr standfest und öffnungsstabil, d. h. der Sicherheitsverschluß öffnet sich nicht von alleine.
Der Einheitskanister gestattete eine Betankung von Fahrzeugen ohne die zusätzliche Verwendung von Trichter oder anderem Werkzeug.
Kennzeichnungen
Neben Angaben zum Hersteller des jeweiligen Kanisters tragen die Einheitskanister folgende Einprägungen:
- Kraftstoff 20 l oder Wasser 20 l
- Feuergefährlich (nur bei Kraftstoff)
- Herstellungsjahr
- Hersteller
- dessen deutsches Fertigungskennzeichen (Beispiel: rhs für Rheinmetall-Borsig AG, Sömmerda)
- Eigner (z. B. Heer, Wehrmacht, SS)
Die britischen Kanister erhielten als Kennung das Kürzel W↑D (für das britische War Department, mit dem sogenannten Broad arrow), sie werden umgangssprachlich Jerrycan genannt. Obwohl die Briten diese Kanister an die USA weitergaben, produzierte man dort andere Kraftstoffbehälter.
In der DDR hergestellte Einheitskanister tragen ein Kennzeichen TGL.
Nachfertigungen und Kopien bzw. Fälschungen
Die bei Sammlern und in Oldtimer-Kreisen beliebten, originalen Wehrmacht-Einheitskanister sind heute gelegentlich noch erhältlich und teilweise in Gebrauch. In Hinsicht auf die erzielten Verkaufspreise werden Nachbauten als Originale angeboten und auch regelrechte Fälschungen angefertigt.
Galerie
September 1958, Manöver der Bundeswehr, Betankung eines Flakpanzers M42 Duster mit 40-mm-Zwillingskanone mit Kanister
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ DIN 7274-1:1981-09. Packmittel; Kanister aus Stahl für Nennvolumen 5, 10, 20 l; Maße. In: ICS 55.140 - Barrels. Drums. Canisters. Deutsches Institut für Normung, September 1981, abgerufen am 25. September 2022.
- ↑ DIN 7274-2:1981-09. Packmittel; Kanister aus Stahl für Nennvolumen 5, 10, 20 l; Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung. In: ICS 55.140 - Barrels. Drums. Canisters. Deutsches Institut für Normung, September 1981, abgerufen am 25. September 2022.