St. Crucis (Bad Sooden-Allendorf)
Die evangelische Kirche St. Crucis ist eine denkmalgeschützte einschiffige Hallenkirche im Ortsteil Allendorf der Gemeinde Bad Sooden-Allendorf im Werra-Meißner-Kreis des Landes Hessen. Sie die Hauptkirche der Evangelischen Kirchengemeinde Allendorf.
Der gotische Hauptbau wird in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert, der Turm stammt aus dem 15. Jahrhundert. Das Langhaus ist im Wesentlichen ein Feldsteinbau.
Geschichte
Unmittelbare Quellen zu den Ursprüngen des Kirchbaus fehlen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass an dieser Stelle bereits deutlich vor dem 13. Jahrhundert eine St.-Crucis-Kirche stand, die zu der alten Siedlung Westera gehörte, die bis 1218 in der neu gegründeten Stadt Allendorf aufging. Darauf deuten nicht nur romanische Reste in der Südwand des Langhauses, sondern auch das St.-Crucius-Patrozinium hin, das für Kirchengründungen des 8. Jahrhunderts unter Bonifatius typisch war.
Ein erster urkundlicher Beleg zur Existenz der Kirche stammt von 1218, mit dem Ludwig IV. von Thüringen dem 1208 gestifteten Katharinenkloster die Pfarrkirche St. Georg in Eisenach und die St.-Crucis-Kirche in Allendorf übereignete. Mit dieser Urkunde wird auch die Stadtgründung verbunden (siehe auch Artikel zur Geschichte Allendorfs). Mit der Vorgeschichte zum alten Dorf Westera erklärt sich auch die für Kirchen eigenartige Randlage an der Südwestecke der Stadtmauer. Offenbar hat man bei Stadtgründung eine nordöstlichere Ausdehnung der befestigten Stadt gegenüber der Vorgängersiedlung Westera vorgezogen.
Der heutige Hauptbau wurde unter Einbezug kleinerer romanischer Reste eines Vorgängerbaus in der Südwand 1386 fertigstellt. Mit dem Bau des mächtigen quadratischen Turms wurde laut einer lateinischen Inschrift links neben dem Eingang am 26. Mai 1424, einen Tag nach dem Urbanstag, begonnen und 1476 beendet.
Vor der Reformation war Allendorf Sitz eines Dekanats unter dem thüringischen Archidiakonat Heiligenstadt. Nach der Reformation wurde daraus eine Superindentur, die im späteren Kirchenkreis Witzenhausen (heute Teil des Kirchenkreises Werra-Meißner) aufging.
Baubeschreibung
Das Langhaus wurde auf vor allem an der Südwand erkennbaren romanischen Resten ursprünglich als zweischiffiger gotischer Bau mit Kreuzrippengewölbe und mittiger Pfeilerreihe errichtet. Für die Langhauswandflächen wurden überwiegend Feldsteine verwendet.
Auf der Ostseite schließt der Hauptbau mit einem Chorraum aus rechteckigem Vorchor mit Apsis in 5/8-Schluss ab. Während die gotischen Architekturelemente mit Kreuzrippengewölbe und fünf großen Maßwerkfenstern im Chor im Wesentlichen erhalten geblieben sind, gingen im Langhaus dessen Zweischiffigkeit und die gotischen Deckengewölbe beim großen Brand von 1637 verloren, als mit dem nahezu vollständigen Niederbrennen der Stadt durch kaiserliche Truppen auch die Kirche schwer beschädigt wurde. Die ursprünglichen Gewölbeansätze sind teilweise heute noch im Kirchenschiff erkennbar. Mit der Wiederherstellung im 17. Jahrhundert wurde die Kirche als Hallenkirche mit flacher Decke aus Eichenbalken umgestaltet. Der heutige einbogige Triumphbogen zum Chorraum ersetzte den ursprünglichen zur früheren Zweischiffigkeit gehörenden Doppelbogen. Im Chor weisen die drei Schlusssteine auf den Namen der Kirche hin. Der Phönix, der Pelikan und das Lamm sind die Symbole des Opfers Jesu am Kreuz.
Der Glockenturm auf quadratischem Grundriss reckt sich ohne Strebepfeiler an der Nordwestecke des Kirchenschiffs ca. 65 m empor. 1719 wurde er mit einer welschen Haube und einer umlaufenden Galerie mit nach jeder Seite je drei großen Bogenfenstern versehen. Hinter den drei nördlichen Galeriefenstern liegt die Glockenstube mit einem historischen Dreiergeläut, Stunden- und Viertelstundenglocke befinden sich in der Turmlaterne.
Das Portal im Turm stammt möglicherweise schon aus dem 14. Jahrhundert und wurde von der Stelle, wo sich heute der Durchgang zum Kirchenschiff befindet, hierher versetzt. An der linken Wand befindet sich eine Gedenkstätte für die Opfer der beiden Weltkriege. In der hinteren linken Ecke der Turmhalle befindet sich ein kleiner Durchgang zu einer Wendeltreppe zum Obergeschoss der Taufkapelle, früher auch Aufgang zum Turm. Beim letzten Umbau der Kirche wurde ein Abgang, der in den Turmkeller führt, vermauert. Auf dem Boden des Durchgangs liegen die Bruchstücke zweier Epitaphe aus dem 13. oder 14. Jahrhundert. Über der Holztreppe als heutigem Turmaufgang hängt an der Wand die alte Wetterfahne aus dem 18. Jahrhundert, die in den 1970er Jahren auf der Turmspitze durch eine Nachbildung ersetzt wurde.
In der Turmhalle befand sich ursprünglich eine gotisch überwölbte Turmkapelle. Wie die übrige Kirche wurde auch der Turm 1637 schwer beschädigt, der gesamte Geschossausbau im Inneren, einschließlich der Gewölbedecke über der Turmhalle, wurde zerstört. Ansätze der Gewölbebögen sind noch vorhanden.
Über mehrere Stufen gelangt man von der Turmhalle in die sogenannte „Winterkirche“, die unter der Empore liegend vom westlichen Kirchenschiff abgetrennt ist. Von dort führt eine Barocktreppe aus den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts auf die Empore.
An der östlichen Hälfte der Südwand des Kirchenschiffs sind mehrere zugemauerte Durchgänge zu erkennen. Bis ins 18. / 19. Jahrhundert befanden sich dort eine alte Kapelle sowie eine Sakristei. Außerdem befand sich, ursprünglich mit einem Wendeltreppenaufgang in der Mauer, die Kanzel in der Mitte der Südwand des Schiffes. Das beweist, dass die St.-Crucis-Kirche als Predigtkirche gebaut worden war. Nach dem Bau des Kirchturmes hat man nach Norden hin, im Winkel zwischen Turm und Langhaus angelehnt, die Taufkapelle angebaut. Sie diente nach der Reformation zusammen mit dem oberen Stockwerk als Raum für die Allendörfer Lateinschule. Ab 1906 beherbergte diese Kapelle das städtische Archiv, welches 1959 in das Hochzeitshaus gebracht wurde und sich heute im Rathofgebäude befindet. Heute ist die Taufkapelle ein Raum für kleinere kirchliche Veranstaltungen.
An der Außenseite der Nordwand zwischen dem östlichen Abschluss der Taufkapelle und der in das Schiff führenden Tür sind die Reste einer älteren Tür zu erkennen, die wahrscheinlich nach Errichtung der Taufkapelle zugemauert wurde. An dem Sturz eines weiteren zugemauerten Durchgangs ist die Jahreszahl 1506 zu lesen. In der Ecke hinter der zum Chor führenden Tür, sind die Reste eines abgebrochenen Türmchens erkennbar.
Ausstattung
Die barocke Kanzel mit vielfältigem Dekor entstand 1684. Auf dem Schalldeckel steht ein geschnitzter Pelikan. Vor der Kanzeltreppe befindet sich ein sogenannter Pfarrstuhl (Rückzugsraum für den Pfarrer, heute nicht mehr als solcher genutzt).
Der Triumphbogen – bis 1840 existierten an dieser Stelle entsprechend der früheren zwei Schiffe zwei Triumphbögen – trennt den Kirchenraum vom Chor.
Orgeln
Im Chorraum steht hinter dem barocken Altar aus Stein von 1637 seit 1973 eine kleine einmanualige Orgel mit selbständigem Pedal, die aus der einsturzgefährdeten alten Dorfkirche von Weißenbach am Meißner stammt. Vermutlich wurde die Weißenbacher Orgel um 1875 gebaut.
Auf der Empore stand eine große Orgel mit drei Manualen, elektrischer Traktur und 35 Registern, die 1959 von Euler (Hofgeismar) unter Verwendung älterer Teile errichtet wurde. Sie war bereits seit den 1970er Jahren nicht mehr spielbar und wurde 2015 abgebaut und nach Italien verkauft.
Ab Januar 2018 wurde eine neue Orgel auf der westlichen Empore gebaut und am 3. Juni 2018 in einem Festgottesdienst eingeweiht. Das neue Instrument entstand unter Verwendung wesentlicher Teile einer romantischen Orgel aus der Holy Trinity Church in Cambridge (England) von ursprünglich 1852, die durch Orgelbau Schulte (Kürten) restauriert, umgebaut und auf 61 Register (verteilt auf drei Manuale und Pedal) erweitert und mit neu gestaltetem modernem Prospekt versehen wurde. Die neue Orgel wird mit 3.547 Pfeifen die größte Kirchenorgel der englischen Romantik auf dem europäischen Festland sein und wird volkstümlich bereits als „Queen an der Werra“ bezeichnet.
Die Disposition der neuen Hauptorgel lautet:
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- Koppeln:
- Normalkoppeln: I/II, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Suboktavkoppeln: I/II, III/I, III-II, III/III, II/P, III/P
- Superoktavkoppeln: III/I, III-II, III/III, II/P, III/P
- Spielhilfen: Setzeranlage mit 9999 freien Kombinationen, feste Kombinationen, Schweller für I (Choir) und III (Swell), Crescendo-Pedal
- Anmerkungen:
Fenster
Die drei mittleren der fünf gotischen Chorfenster wurden bei der Renovierung der Kirche im Jahre 1959 neu geschaffen. Beim rechten Weihnachtsfenster sind dargestellt:
Erschaffung der Welt | Kain und Abel | Engel |
Adam und Eva im Paradies | 2 Propheten | Anbetung der 3 Könige |
Sündenfall | Verkündung der Maria | Anbetung der Hirten |
Vertreibung aus dem Paradies | Propheten | Traum der 3 Könige |
Noahs Bund | Engel | Flucht nach Ägypten |
Isaaks Opferung | Geburt Christi | Kindermord in Bethlehem |
Beim mittleren Osterfenster sind dargestellt:
3 musizierende Engel | Beweinung Christi | Geißelung Christi |
Jünger bei der Himmelfahrt Christi | Kreuzigung | Jesus vor Kaiphas |
Auferstehung Christi als Himmelfahrt | Kreuzabnahme | Judaskuss |
Frauen am Grab | Kreuzabnahme | Einzug in Jerusalem |
Ungläubiger Thomas | Verleugnung des Petrus | Abendmahl |
Maria erscheint Magdalena | Kreuztragung | Gethsemane |
Beim linken Pfingstfenster sind dargestellt:
Pantokrator – Lamm – Anbetende Engel | Engel zeigt Johannes das himmlische Jerusalem | 7 Posaunenengel zum Jüngsten Gericht |
4 apokalyptische Reiter | Michaels Kampf mit dem Drachen | 7 Posaunenengel zum Jüngsten Gericht |
Gleichnis von den 10 Jungfrauen | Gleichnis vom barmherzigen Samariter | Gleichnis von den anvertrauten Pfunden |
Gleichnis vom verlorenen Sohn | Pfingstwunder | Steinigung des Stephanus |
Gleichnis von den 10 Jungfrauen | Gleichnis von den 10 Jungfrauen | Gleichnis von den 10 Jungfrauen |
Maria erscheint Magdalena | Taufe des Kämmerers durch Philippus | Bekehrung des Paulus (mit St.-Crucis-Kirche) |
Literatur
- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Hessen. Deutscher Kunstverlag, München 1966.
- Adolf Reccius, Horst Schütt: Geschichte der Stadt Allendorf in den Sooden. Bad Sooden-Allendorf 2000.
- KKV: Stadtführer Bad Sooden-Allendorf. Nordhausen 2001.
- Holger Hermann: Ein kleiner Kirchenführer St. Crucis-Kirche Bad Sooden-Allendorf. Bad Sooden-Allendorf.
Weblinks
- Die St. Crucis-Kirche. Auf der Website der Evangelischen Kirchengemeinden Bad Sooden-Allendorf
- Flyer zur neuen Orgel
Koordinaten: 51° 16′ 11,1″ N, 9° 58′ 33,9″ O