Russischer Kosmismus

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Der russische Kosmismus entstand zunächst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als eine philosophische Denkrichtung aus geistes- und naturwissenschaftlichen Strömungen in Russland.

Philosophie und Kunstströmung

Die Bezeichnung "Kosmismus" bzw. "Kosmisten" wird seit den 1970er Jahren für eine Reihe russischer Gelehrter des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts verwendet. Dazu gehören der Astrophysiker Konstantin Ziolkowski sowie Wladimir Iwanowitsch Wernadski, Wladimir Sergejewitsch Solowjow, Nikolai Fjodorow, Pawel Florenski und Alexander Tschischewski.

Auf Initiative von Nicholas Roerich, der Moskau 1920 besuchte, wurde in den USA eine Ausstellung junger kosmistischer Künstler organisiert, die zum Anlass für die Entstehung einer Künstler-Gruppe Amarawella diente, die sich 1927 formierte. Im Manifest dieser Gruppe stand

„Unser Werk, das hauptsächlich intuitiv ist, richtet sich auf die Entdeckung verschiedener Aspekte des Kosmos – im menschlichen Antlitz, in der Landschaft und der Wiedergabe abstrakten Typen des Innenlebens.“

Zum Leiter wurde Petr Fatejew gewählt, der einen starken Impuls von dem Buch Also sprach Zarathustra erhielt.[1] Zusammen mit Boris Smirnow-Russezki, Alexander Sardan, Sergej Schigolew und anderen schufen sie eine künstlerische Modellierung des Kosmos als einem riesigen Musikinstrument, mit dem die gesamte Erde im Einklang steht. Auch Iwan Kudrjaschow zeigte seine kosmisch-abstrakten Gemälde bei den Ausstellungen der Gesellschaft der Staffeleimaler (OST) im Spiegel des Suprematismus.

Bei der Suche nach Formen ihres Ausdrucks der schöpferischen Entwicklung des Geistes wendeten sich diese Künstler den Modellen des zukünftigen Menschen und den Vorstellungen vom Leben auf fremden Planeten zu. Himmel und Erde bilden darin eine Einheit und der Mensch fügt sich harmonisch darin ein.

Die Versuche dieser Gruppe mit futuristischen Ansätzen wurden vom stalinistischen Regime sehr früh abgebrochen. 1929 fand die letzte Ausstellung statt, und ab 1930 begannen Verhaftungen der Mitglieder, die zur Auflösung der Gruppe führten.

Literatur

  • Susanne Anna (Hrsg.): Russische Avantgarde. Daco-Verlag Günter Bläse, Stuttgart 1995, ISBN 3-87135-026-5.
  • Michael Hagemeister: Die „Biokosmisten“ – Anarchismus und Maximalismus in der frühen Sowjetzeit. In: Beiträge zur ostslawischen Philologie 1. München 1983, S. 61–76.
  • Michael Hagemeister: Nikolaj Fedorov und der „russische Kosmismus“. In: Eberhard Müller, Franz Klehr (Hrsg.): Russische religiöse Philosophie. Das wiedergewonnene Erbe: Aneignung und Distanz. Stuttgart 1992, S. 159–170.
  • Michael Hagemeister: Der „russische Kosmismus“ – ein Anachronismus oder die „Philosophie der Zukunft“? In: Im Zeichen-Raum. Festschrift für Karl Eimermacher zum 60. Geburtstag. Dortmund 1998, S. 169–201.
  • Michael Hagemeister: Die Eroberung des Raums und die Beherrschung der Zeit. Utopische, apokalyptische und magisch-okkulte Elemente in den Zukunftsentwürfen der Sowjetzeit. In: Jurij Murašov, Georg Witte (Hrsg.): Musen der Macht. Medien in der sowjetischen Kultur der 20er und 30er Jahre. München 2003, S. 259–286.
  • Michael Hagemeister: „Unser Körper muss unser Werk sein.“ Beherrschung der Natur und Überwindung des Todes in russischen Projekten des frühen 20. Jahrhunderts. In: Boris Groys, Michael Hagemeister (Hrsg.): Die Neue Menschheit. Biopolitische Utopien in Russland zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Frankfurt am Main 2005, S. 19–67.
  • Marie-Luise Heuser: Russischer Kosmismus und extraterrestrischer Suprematismus. In: Annette Tietenberg, Tristan Weddigen (Hrsg.): Planetarische Perspektiven. Bilder der Raumfahrt (= Kritische Berichte. Jg. 37, H. 3, 2009). Marburg 2009, S. 62–75.
  • Boris Groys, Anton Vidokle (Hrsg.): Kosmismus (= Bibliothek 100 Jahre Gegenwart. 7. Band). Matthes & Seitz, Berlin, 2018, ISBN 978-3-95757-416-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. in Susanne Anna, S. 12.

Siehe auch

Alleinheit