Paula Wiesinger

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Paula Wiesinger
Paula Wiesinger.jpg
Nation Italien Italien
Geburtstag 27. Februar 1907
Geburtsort BozenÖsterreich-Ungarn
Sterbedatum 12. Juni 2001
Sterbeort Seiser AlmItalien
Karriere
Disziplin Abfahrt, Slalom,
Kombination
Medaillenspiegel
Weltmeisterschaften 1 × Goldmedaille 0 × Silbermedaille 0 × Bronzemedaille
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 Alpine Skiweltmeisterschaften
Gold Cortina d’Ampezzo 1932 Abfahrt
 

Paula Wiesinger (verheiratet Paula Steger, * 27. Februar 1907 in Bozen, Österreich-Ungarn; † 12. Juni 2001 auf der Seiser Alm, Italien) war eine Bergsteigerin und Kletterin, Skirennläuferin und Gastronomin.

Wiesinger war eine der Pionierinnen des sechsten Grades im Klettern. Sie erschloss neue schwierige Kletterrouten in den Dolomiten wie z. B. die Ostroute der Rosengartenspitze, die Südroute des Winklerturms oder die Südkante des Punta Emma.

Leben

Herkunft und Jugend

Paula Wiesinger wurde in Bozen als Älteste von fünf Geschwistern geboren. Ihr Vater fiel im Ersten Weltkrieg, daher musste die Mutter als Köchin nach Sterzing ziehen, um die Familie zu ernähren. Die Kinder blieben bei den Großeltern in Bozen. Dadurch stand Paula nicht unter ständiger Kontrolle ihrer Eltern und genoss für ein Mädchen eine für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Freiheit.[1] Sie selbst meinte, das sei ihr Glück gewesen und habe ihr erlaubt, stets zu tun, was sie wollte[2]. Und sie wollte Bergsteigen, Klettern und Skifahren, alles für ein Mädchen ihrer Zeit sehr ungewöhnliche Tätigkeiten; mit dem Bergsport war sie bei den Besuchen bei ihrer Mutter in Sterzing in Berührung gekommen. Besonders in den Dolomiten fühlte sie sich wohl, hier hat sie den Großteil ihres Lebens verbracht.[3]

Bergsteigerin und Kletterin

Als ihr erster Seilpartner zum Militär eingezogen wurde, begann Paula Wiesinger selbständig, Ziele und Klettertouren zu suchen. 1928 begegnete ihr beim Klettern im Rosengarten Hans Steger, beide waren ehrgeizig, voller Tatendrang und hatten ein ähnliches Leistungsniveau. Ein bezeichnender und oft zitierter Ausspruch Paulas lautete: „

isch jo gleich, ob dr Hons vorgaht oder i

“ (deutsch: „es ist einerlei, ob Hans vorsteigt (führt) oder ich“)[4] . Damit waren Paula Wiesinger und Hans Steger Ende der 1920er-, Anfang der 1930er-Jahre ein alpines Traumpaar, hier waren zwei ebenbürtige talentierte Partner zusammengetroffen.[5]

Paula war zu ihrer Zeit eine der besten Bergsteigerinnen und hatte mehr Mut und Erfahrung als die meisten männlichen Bergsteiger in den Dolomiten. Sie war nicht nur eine gute Kletterin, sondern bewies auch Ausdauer, Nervenstärke und ein gutes Gefühl für Fels und Linienführung. Risse und Kamine, wie sie in den Dolomiten häufig vorkommen, waren ihre besondere Stärke.[5]

Sie hat in den Dolomiten schwierigste Routen erstbegangen, wie z. B. am 11. September 1928 den Nordpfeiler des Einserkofels über den „Weg der Jugend“[6] oder die Südwand des Winklerturms, an der Civetta, die direkte Ostwand an der Rosengartenspitze[7] sowie die Südkante der Punta Emma (beide Rosengartengruppe). Die Nordwand des Zwölferkogels bestieg sie als zweite Seilschaft, den Südpfeiler der Marmolada als vierte. In all diesen Routen war Paula Wiesinger die erste Frau.[8] Ihr herausragendes Kletterkönnen stellte sie unter Beweis, indem sie selbständig Routen bis zum sechsten Grad führte,[9] damals die absolut höchste Schwierigkeit im Klettern. Selbst der belgische König buchte Paula Wiesinger häufig als Bergführerin für seine Urlaube in Südtirol.[10] Allein in den Dolomiten machte sie bis 1934 mindestens 62 Kletterrouten, davon 28 im fünften und 7 im sechsten Grad.

In die Kletterliteratur sind die meisten Routen, die sie mit Hans Steger erstbegangen hat, als „Steger“ genannt, obwohl sie eigentlich „Steger/Wiesinger“ heißen müssten. Verheiratet waren Paula und Hans lange nicht; sie gaben sich erst am 27. Juli 1942 in Innsbruck das Ja-Wort.[5]

Skirennläuferin

Wiesinger war auch eine ausgezeichnete und erfolgreiche Skirennläuferin. Von 1931 bis 1936 gewann sie insgesamt 15 italienische Meistertitel. 1932 wurde sie in Cortina d’Ampezzo Weltmeisterin in der Abfahrt. In der Kombination wurde sie zudem Sechste. Ihren Erfolg konnte sie im darauffolgenden Jahr mit einem vierten Platz in der Abfahrt bei der Weltmeisterschaft in Innsbruck bestätigen. 1934 wurde sie in St. Moritz noch einmal Fünfte im Slalom. 1934 stellte sie in der Marmolada einen Streckenrekord auf, der erst nach dem Krieg gebrochen wurde. Im selben Jahr fuhr sie beim Breithornrennen als einzige Frau mit und erreichte unter 100 Männern den 12. Platz.[5]

Ab 1943 arbeitete Paula mit Luis Trenker an dessen Film Der verrufene Berg, in dem Paula die Skiszenen für Evi Maltagliati übernahm.

Gastronomin

Später erwarb Paula Wiesinger mit ihrem Mann und Kletterpartner Hans Steger die Dellai-Hütte auf der Seiser Alm, die sie zum heute noch bestehenden Hotel Steger-Dellai ausbaute. Sie leitete das Hotel bis 1998 und starb im Alter von 94 Jahren auf der Seiser Alm. Nach ihrem Tod sorgte die von den Stegers gegründete Stiftung für Aufsehen, weil die Erben im eingesetzten Verwalter Bruno Steiner aus dem österreichischen Mittersill einen Erbschleicher vermuteten und das Testament gerichtlich anfochten. Die Anschuldigungen erwiesen sich jedoch als haltlos. Der Entschluss, die Stiftung zu gründen, war bereits zu Lebzeiten Hans Stegers und somit einige Jahre vor dem Eintritt Bruno Steiners als Pächter des Hotels gefasst worden. Da das Paar kinderlos geblieben war, gab es keine direkten Erben und die Stiftung war somit die einzige Möglichkeit, das Lebenswerk als Gesamtheit fortzusetzen. Die Aufgaben der Stiftung sind u. a. die Erhaltung und Förderung der Seiser Alm als Naturschutzgebiet. Im Jahr 2006 wurde der „Hans und Paula Steger-Wanderweg“ auf der Seiser Alm zum Gedenken an beide eröffnet.

Erfolge

Erstbesteigungen von Klettertouren

Paula Wiesinger gehörte zu den erfolgreichsten Bergsteigerinnen der Zwischenkriegszeit, sie übernahm auch im schwierigsten Fels die Führung (Vorstieg). Ihr gelangen eine Reihe sensationeller Erstbegehungen in den Dolomiten, häufig zusammen mit ihrem Lebenspartner und späteren Ehemann Hans Steger. Auszug aus ihren Erstbegehungen:[11][12]

  • 1928: Sextener Dolomiten: Zinne, Direkte Nordostkante
  • 1928: Sextener Dolomiten: Preußturm, Kleinste Zinne, Nordostwand Preußriss, V, 250 Höhenmeter
  • 1928: Sextener Dolomiten: Einserkofel, Nordpfeiler/ Nordkante, Weg der Jugend, VI-/A1, 800 Höhenmeter
  • 1928: Sextener Dolomiten: Einserkofel, Direkte Nordwand, V+, 900 Höhenmeter
  • 1929: Vajolettürme, Rosengarten: Winklerturm, Direkte Südwand, Stegerführe, VI, 120 Höhenmeter
  • 1929: Rosengarten, Dolomiten: Guglia Franca über die Südflanke
  • 1929: Rosengarten, Dolomiten: Rosengartenspitze, Direkte Ostwand, Steger, VI-, 600 Höhenmeter
  • 1929: Rosengarten, Dolomiten: Punta Emma, Südostwand, Steger, V+, 240 Höhenmeter
  • 1929: Rosengarten, Dolomiten: Punta Emma, Südkante, V+/A0, 260 Höhenmeter
  • 1929: Schlern, Dolomiten: Schlern, Burgstall, Ostwand, Pfeilerrisse
  • 1931: Sextener Dolomiten: Elferturm, Nordwestkante
  • 1933: Brenta, Dolomiten: punta die Campiglio, Westgipfel, Südwand Stegerführe, IV, 700 Höhenmeter
  • 1934: Rosengarten, Dolomiten: Rosengartenspitze, Nordwand Piazverschneidung/ direkte Variante

Skirennen

Alpine Skiweltmeisterschaften:

Wiesinger wurde 15-fache Italienische Meisterin:

  • Slalom (4): 1931, 1933, 1934, 1936
  • Abfahrt (5): 1931, 1932, 1934, 1935, 1936
  • Kombination (6): 1931 bis 1936

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Paula Wiesinger. Fembio, abgerufen am 22. August 2022.
  2. Paula Wiesinger. Abgerufen am 22. August 2022.
  3. Ingrid Runggaldier: Frauen im Aufstieg: auf Spurensuche in der Alpingeschichte. Edition Raetia, Bozen 2011, ISBN 978-88-7283-346-9, S. 205–208.
  4. Ingrid Runggaldier: Frauen im Aufstieg: auf Spurensuche in der Alpingeschichte. Edition Raetia, Bozen 2011, ISBN 978-88-7283-346-9.
  5. a b c d Caroline Fink, Karin Steinbach: Erste am Seil: Pionierinnen in Fels und Eis. Wenn Frauen in den Bergen ihren eigenen Weg gehen. Tyrolia, Innsbruck 2013, ISBN 978-3-7022-3252-8.
  6. Walter Pause, Jürgen Winkler: Im extremen Fels: 100 Kletterführen in den Alpen. 2., neubearb. Auflage. BLV-Verlagsgesellschaft, München/Bern/Wien 1977, ISBN 978-3-405-11742-9, S. 180.
  7. Walter Pause, Jürgen Winkler: Im extremen Fels: 100 Kletterführen in den Alpen. 2., neubearb. Auflage. BLV-Verlagsgesellschaft, München/Bern/Wien 1977, ISBN 978-3-405-11742-9, S. 134.
  8. Veronika Dolna: Frauen am Berg: Paula Wiesinger im Porträt. In: Bergwelten. 8. März 2017, abgerufen am 19. August 2022.
  9. Steger-Wiesinger Paula Erstbesteiger Detail. In: AlpinWiki. Klaus Oberhuber, abgerufen am 19. August 2022.
  10. Von den unsichtbaren Frauen. In: 150 Jahre Deutscher Alpenverein. Deutscher Alpenverein, 5. Mai 2019, abgerufen am 19. August 2022.
  11. Erstbesteiger Detail. Abgerufen am 19. August 2022.
  12. Walter Pause, Jürgen Winkler: Im extremen Fels: 100 Kletterführen in den Alpen. 2., neubearb. Auflage. BLV-Verlagsgesellschaft, München/Bern/Wien 1977, ISBN 978-3-405-11742-9.