Diskussion:Ernst von Wildenbruch

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Diesen Artikel habe ich aufgefüllt mit Biographischem. Es fehlen noch Charkaterisierungen seiner Werke insgesamt und einzelner Stücke. Goerdten

Ich habe im Artikel zu Ernst von Wildenbruch Korrekturen bei ein paar Daten vorgenommen, die hier nicht ganz korrekt angegeben waren. Zu seinem Werk siehe meine Ausführungen in meinem Buch, das in der Literaturliste angegeben ist. Als Dramatiker reüssierte Wildenbruch vor allem mit germanenmythisch ausgerichteten Werken (u.a. "Die Karolinger", "Harold") sowie mit seinem großen Preußenzyklus ("Quitzow", "Der Generalfeldoberst"). Zu diesem gehört auch das seinerzeit höchst umstrittene, da politisch aktuell gedeutete Drama "Der neue Herr" von 1891. 1897 verfaßte er für die Feiern zum hundertsten Geburtstag Kaiser Wilhelms I. im offiziellen Auftrag von dessen Enkel das - erfolglose - Festspiel "Willehalm". Als lyrischem Vertreter des kaiserzeitlichen Bismarckkultes kommt Wildenbruch außerdem eine Schlüsselrolle in der Kulturgeschichte des deutschen Nationalismus um 1900 zu. Vor allem sein Gedicht "Bismarck lebt!" mit dem emphatischen Aufruf: "Laß nicht den Bismarck sterben in Dir!" - von ihm selbst erstmals auf der Berliner Gedenkfeier zu Ehren des am 30. Juli 1898 verstorbenen Reichsgründers deklamiert - kann hier geradezu als prototypisch betrachtet werden. Nach Wildenbruchs Tod wurden die Beisetzungsfeierlichkeiten in Berlin und in Weimar zu einem nationalen "Event" ersten Ranges. Kein anderer deutscher Schriftsteller ist im Kaiserreich mit soviel öffentlicher Aufmerksamkeit und mit so mannigfachen Elogen aus allen politischen Richtungen zu Grabe getragen worden wie Ernst von Wildenbruch.

Dr. Hans Rudolf Wahl.

nicht nur politisch, auch qualitativ umstritten

Die Zeitgenossin und -zeugin Baronin Spitzemberg übt in ihrem Tagebuch (Am Hof der Hohenzollern, hrsg. v. Rudolf Vierhaus, ISBN 3-525-35811-3) z.T. harsche Kritik:

  • S. 105 - 13.11.1886 - Das neue Gebot: [...] bietet viel packende Stellen [...]
  • S. 145 - 13.04.1891 - Der Neue Herr: [...] besticht durch [...] das Lebendige und rasch Fortschreitende der Handlung [...] aber [...] geringe Vertiefung der einzelnen Charaktere [...] das Verletzende in der Rede und den Situationen [...]
  • S. 174 - 31.10.1896 - Heinrich IV.: [...] Wie bei allen Stücken des Autors erging es uns bei diesem: der gewaltige Stoff und so vieles geschickt Gemachte fesseln Kopf und Herz, einzelne Szenen und Wort packen; aber allmählich kommt man zur Überzeugung, daß es meist hohle Phrasen sind, die man hört, daß Szene an Szene gereiht ist, kein Charakter herausgearbeitet, vertieft, folgerichtig entwickelt [...] sentimentale, deutsch-nationale Floskeln in Heinrichs IV. Munde muten seltsam an, man glaubt manchesmal statt seiner die Erlasse und Reden [[[Kaiser Wilhelm II.|Kaiser Wilhelms II.]]] zu hören! Immerhin trägt man etwas nach Hause [...]
  • S. 179 - 25.03.1897 - Willehalm: [...] muss entsetzlich sein, eine breitgetretene Allegorie, fade, ermüdend, zum Teil geradezu komisch wirkend. Man sagt, außer Wildenbruch hätten noch der Kaiser und Kuno Moltke daran gearbeitet, was den Mißerfolg erklären würde. Jener war vor Wochen schon unglücklich über die Aufgabe, bei der man sein Schaffen mit unzähligen Zäunen und Vorbehalten beschränkte. Einzelne Bilder und Dekorationen sollen sehr schön gewesen sein [...]

Wschroedter 23:34, 27. Aug. 2009 (CEST)


Ästhetisch und literaturgeschichtlich ist die Form von "Schlüssel"-Werken ein - freilich nicht durchgängiges - Charakteristikum der Gründerzeit-Dramatik wie der Gründerzeit-Literatur generell. Das gilt auch für den Gründerzeit-Autoren Wildenbruch. Nicht die Psychologie und die innere Entwicklung der Figuren standen also im Mittelpunkt wie später dann in der Literatur der klassischen Moderne sondern topische Versatzstücke, mit deren Hilfe aktuelle politisch-ideologische Auseinandersetzungen im historischen Gewande geführt wurden. Vor allem eine aggressive Kulturkampfrhetorik gegen die katholische Kirche in Verbindung mit einer nicht minder aggressiven anti-"welschen" Kampfrhetorik gegen den "Erzfeind" Frankreich sind in diesem Zusammenhang zu nennen. So machte Wildenbruch denn auch nicht von ungefähr jenen "deutschen" Kaiser Heinrich IV. zum Helden seines dramatischen Spätwerks, der den bitteren Gang nach Canossa antreten und sich dort vor dem Papst bis in den Staub erniedrigen musste. Mit diesem Kaiser aus dem 11. Jahrhundert assoziierte das zeitgenössische kollektive Gedächtnis freilich nicht zuletzt auch den Zeitgenossen Bismarck und einen seiner berühmtesten Aussprüche: "Nach Canossa gehen wir nicht!" Mit anderen Worten: Nie wieder! Deutschland hat aus seiner traurigen Geschichte gelernt und wird den Kampf gegen seine Feinde, die katholische Kirche und den Papst, bis zur letzten Konsequenz führen. Die historische Person Heinrichs IV. - und erst recht sein Charakter, seine Persönlichkeit - waren demgegenüber zweitrangig. Es ging um - vermeintlich - Höheres: die deutsche Nation! Mit der nicht zuletzt auch kulturellen Epochenzäsur um 1890 wirkte diese Form von (nationaler) Agitation jedoch sowohl ästhetisch wie auch inhaltlich zunehmend obsolet. Kaum einer der Erfolgsschriftsteller der Gründerzeit konnte seinen Erfolg daher in die wilhelminische Ära hinüber retten. Auch Wildenbruch schaffte es nicht als Dramatiker sondern - nach einer Phase der Ambivalenz zu Beginn der 1890er-Jahre - als Protagonist eines neuen Genres: des Bismarckkultes. Die Baronin Spitzemberg ist übrigens eine zwar sehr lebensnahe, gleichwohl voreingenommene Zeitzeugin. Wildenbruchs Drama "Der neue Herr" von 1891 erntete - nicht ganz zu Unrecht - den öffentlichen Vorwurf, im Gewande eines Stückes über den Dreißigjährigen Krieg den soeben vom "neuen Herrn" Kaiser Wilhelm II. entlassenen Bismarck als Verräter zu brandmarken und Wilhelm II. als Retter des deutschen Vaterlandes zu lobhudeln. Die Baronin Spitzemberg war eine enge Vertraute Bismarcks und rezipierte dieses und die folgenden Stücke Wildenbruchs daher auch mit einer dezidiert Bismarckschen "Brille". Zur weiteren Information möchte ich auf die einschlägige Forschungsliteratur verweisen. Dr. Hans Rudolf Wahl (nicht signierter Beitrag von 134.102.198.158 (Diskussion | Beiträge) 11:39, 22. Okt. 2009 (CEST))