Benutzer:Panthalaimon/Sexualität im Kindes- und Jugendalter

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Die Sexualität im Kindes- und Jugendalter umfasst alle sexuellen und auf partnerschaftliche Liebe ausgerichteten Empfindungen und Handlungen von der Geburt bis zum Abschluss der Pubertät. Während man früher annahm, dass sich die Sexualität des Menschen erst mit der Pubertät entwickelt, wird heutzutage überwiegend davon ausgegangen, dass die psychosexuelle Entwicklung bereits mit der Geburt einsetzt und in der Pubertät ihren Abschluss findet.

Sexualität im Kindesalter

Eine sexuelle Empfindungs- und Reaktionsfähigkeit besteht bereits fötal. So belegen Ultraschallbilder ungeborene Kinder, dass Masturbation bereits im fötalen Entwicklungsstadium vorkommt.[1]

Ob und wann Kinder die eigene sexuelle Erregbarkeit entdecken und ob und wie sie sowohl quantitativ als auch qualitativ ausgelebt wird unterliegt jedoch einer großen Varianz. Bei manchen geschieht dies bereits im Kindergartenalter, viele entdecken erst in der Pubertät ihre Sexualität.

Kommt es bei Kindern zur Masturbation, ist diese primär autosexuell ausgerichtet, d.h. es sind keine nach aussen gerichteten sexuellen Phantasien vorhanden. Vereinzelt treten diese bereits bei Kindern im Grundschulalter auf, Vertreter des sogenannten Skriptkonzeptes gehen jedoch davon aus, dass bei den meisten Kindern keine konkreten sexuellen Handlungskonzepte existieren und damit auch keine sexuellen Phantasien vorkommen.

Zwischenmenschliche sexuelle Aktivitäten, sowohl homosexuelle als auch heterosexuelle, finden bei einem Teil der Kinder statt. Zu nennen sind hier vor allem die sogenannten Doktorspiele, die jedoch nur zum Teil der sexuellen Stimulation diesen. Vereinzelt führen diese Spiele zu Petting in unterschiedlichen Ausprägungen. Sexuelle Kontakte haben in der Kindheit einen eher spielerisch-experimentellen Charakter, sie sind weniger zielgerichtet und unterscheiden sich hinsichtlich ihrer quantitaiven und qualitativen Ausprägung signifikant von sexuellen Kontakten Erwachsener.

Bereits Kinder im Kindergartenalter verlieben sich vereinzelt, teilweise kommt es bereits zu romantischen Liebesbeziehungen. Diese sind immer auch sexuell bestimmt, das heißt die körperliche Anziehung spielt bei der Partnerwahl entscheidende Rolle. Sexuelle Handlungen spielen hingegen keine Rolle, allenfalls werden Küsse ausgetauscht.

Sexualität im Jugendalter

Ein entscheidender Einschnitt in der Entwicklung ist die Pubertät, die zur körperlichen Geschlechtsreife und zur psychosexuellen Reifung führt. In diesem Lebensabschnitt bildet sich die sexuelle Identität heraus und verfestigt sich, sexuelle Bedürfnisse nehmen einen zunehmend stärkeren Raum und viele Jugendlich machen in diesem Alter erste Erfahrungen mit Liebesbeziehungen und sexuellen Aktivitäten.

In der frühen Pubertät behält die Sexualität ihren spielerisch-experimentellen Charakter. Erste Erfahrungen werden in diesem Alter von vielen Jugendlichen durch Spiele wie z.B. Wahrheit oder Pflicht oder durch das Spiel Flaschendrehen gemacht. Erste Beziehungserfahrungen werden in der Form des "Miteinander gehens" gemacht.[2]

Im Alter von 14 bis 17 Jahren werden von einem Großteil der Jugendlichen erste Erfahrungen mit weitergehenden sexuellen Handlungen wie z.B. Petting gemacht. Zum ersten Geschlechsverkehr kommt es im Durchschnitt mit 16 Jahren bei den Mädchen und mit 17 Jahren bei den Jungen.[3] Liebesbeziehungen sind in diesem Alter zunehmend auf Dauer angelegt, die Form des "Miteinander gehen" wird als unreif betrachtet und findet nicht mehr bzw. nur noch vereinzelt statt.

Gesellschaftliche Wahrnehmung der Kinder- und Jugendsexualität

Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Kindersexualität in West- und Mitteleuropa hat sich in den letzten 40 Jahren grundlegend geändert. Galt zum Beispiel die Masturbation bis dahin sowohl als sittlich verwerflich als auch als stark gesundheitsschädigend, wird diese inzwischen als Bestandteil der natürlichen Entwicklung des Kindes mehrheitlich akzeptiert. Auch sexuell konnotierte Spiele von Kindern untereinander, wie zum Beispiel Doktorspiele, werden sowohl gesellschaftlich als auch wissenschaftlich heutzutage als natürlicher Teil der kindlichen Entwicklung betrachtet.

Stark verändert hat sich in den letzten Jahrzehnten ebenfalls die gesellschaftliche Wahrnehmung der Sexualität Jugendlicher. Galten voreheliche Kontakte noch bis in die 60er Jahren als unmoralisch und waren strafrechtlich sanktioniert, werden diese heutzutage größtenteils akzeptiert.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Rechtlich betrachtet sind grundsätzlich alle sexuellen Kontakte mit einem Kind unter 14 Jahren verboten. Damit sind theoretisch auch alle sexuellen Handlungen von Kindern untereinander verboten, wie zum Beispiel Doktorspiele oder Zungenküsse zwischen zwei 13-jährigen. Da Kinder unter 14 Jhren jedoch nicht strafmündig sind, können sie zwar angezeigt werden, so waren im Jahr 2008 in Deutschland in 5% der Anzeigen aufgrund des sexuellen Missbrauchs von Kindern Kinder die Tatverdächtigen, jedoch resultieren daraus für die beteiligten Kinder keine rechtlichen Konsequenzen.

Sexuelle Kontakte zwischen Kindern bzw. Jugendlichen und Erwachsenen

Auch freiwillige sexuelle Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen sind in den meisten Ländern strafbar. Die Strafbarkeit gründet sich ursprünglich auf sittlich-moralische Vorstellungen, wird aber auch von der modernen Sexualwissenschaft mitgetragen, wobei man sich auf folgende Hauptbegründungen stützt:

  • Nach dem Modell der „Disparität der Wünsche“' bzw. der „Ungleichzeitigkeit'“ liegen bei Kindern und Erwachsenen unterschiedliche Ausgangsbedingungen vor, die eine Beziehung zu gleichen Voraussetzungen unmöglich machen. Die sexuellen Bedürfnisse des Erwachsenen korrelieren entwicklungspsychologisch nicht mit den Wünschen des Kindes. Kinder sind zwar zu sexuellen Gefühlen fähig, diese unterscheiden sich aber fundamental von der Sexualität eines Erwachsenen, dessen sexuelle Entwicklung bereits abgeschlossen ist. Da das Kind die Sexualität des Erwachsenen nicht kennt, kann es auch dessen Perspektive nicht einnehmen. Es kann nicht erfassen, aus welchen Beweggründen ein sexuell motivierter Erwachsener seine Nähe sucht. Kinder können deshalb zwar „willentlich'“ (fachlich „simple consent“), aber nicht „wissentlich“' (fachlich informed consent) in sexuelle Handlungen einwilligen. [4][5]
  • Die sexuelle Selbstbestimmung des Kindes soll nicht nur vor gewalttätigen Übergriffen, sondern auch vor subtilen Manipulationen geschützt werden. Zwischen Erwachsenen und Kindern besteht ein naturgegebenes Machtgefälle hinsichtlich Faktoren wie Lebenserfahrung, geistig-seelischer Reife oder der Fähigkeit, den eigenen Standpunkt zu verbalisieren. Zusätzlich befinden sich Kinder gegenüber ihren näheren Bezugspersonen in einem Zustand emotionaler Abhängigkeit, da sie auf deren Zuwendung existenziell angewiesen sind. Diese komplexen Abhängigkeitsverhältnisse bergen die Gefahr, dass der Erwachsene seine Überlegenheit bewusst oder unbewusst ausnutzt, um das Kind zu sexuellen Handlungen zu bewegen, die nicht dem wirklichen Willen des Kindes entsprechen.
  • Sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern bergen immer das Risiko einer nachhaltigen Traumatisierung beim Kind. Dies gilt selbst dann, wenn die Kontakte gewaltlos verlaufen.[6] Auch wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass sexuelle Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen zwangsläufig zu psychotraumatischen Schäden führen, ist das Gefährdungspotential für das Kind so groß, dass eine Legalisierung solcher Kontakte grundsätzlich unverantwortbar erscheint.[7]

Sexuelle Kontakte zwischen Jugendlichen und Erwachsenen unterliegen ebenfalls rechtlichen Einschränkungen. Ob und unter welchen Umständen solche Kontakte erlaubt sind, ist primär von den nationalen Schutzaltersgrenzen abhängig.

Einzelnachweise

  1. Ernst Bornemann: Das Geschlechtsleben des Kindes, 1985
  2. Petra Milhoffer: Wie sie sich fühlen, was sie sich wünschen: Eine empirische Studie über Mädchen und Jungen auf dem Weg in die Pubertät, Juventa, 2000 ISBN 9783779913672
  3. Studie Jugendsexualität
  4. David Finkelhor Child Sexual Abuse: New Theory and Research ISBN 978-0-02-910020-2
  5. Martin Dannecker in Sexuelle Störungen und ihre Behandlung hg. von Volkmar Sigusch Thieme 2007, ISBN 978-3-13-103944-6
  6. Gunter Schmidt: „Über die Tragik pädophiler Männer“, Zeitschrift für Sexualforschung Nr.2/99, S. 133–139
  7. Ahlers Ch. J., Schaefer G. A., Beier K. M. (2005): „Das Spektrum der Sexualstörungen und ihre Klassifizierbarkeit in DSM-IV und ICD-10.“, Sexuologie 12 (3/4)

Siehe auch

Literatur

  • Petra Milhoffer: Wie sie sich fühlen, was sie sich wünschen: Eine empirische Studie über Mädchen und Jungen auf dem Weg in die Pubertät, Juventa, 2000 ISBN 9783779913672
  • Ernst Bornemann: Das Geschlechtsleben des Kindes, 1985
  • Erwin Heaberle dtv-Atlas Sexualität, München 2005, ISBN 3-423-03235-9