Benutzer:Bernhard.just/Christian Döbereiner

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Christian Döbereiner - Pionier der Alten Musik

Christian Döbereiner (* 22. April 1874 in Wunsiedel; † 14. Januar 1961 in München) war ein deutscher Musiker.

Leben und Werk

Der kleine Christian, der am 2. April 1874 als Sohn des Wunsiedler Stadtmusikus Johann Döbereiner zur Welt kam, war ein echter Abkömmling der mittelalterlichen Stadtpfeifer. Seine Wiege stand in einem luftigen Turmgemach der Stadtkirche, da der Vater nach alter Zunftsitte auch das Amt des Stadttürmers mit Glockenläuten, nächtlicher Turmwache und Choralblasen zu versehen hatte. Der Stadtmusikus bildete in seinem "Wundsiedler Konservatorium", wie die Stadtpfeiferei mit anerkennendem Spott genannt wurde, Lehrlinge und Gesellen aus, von denen die meisten Militärmusiker wurden, manche aber auch als Tubabläser und Kontrabassisten in Hoforchestern unterkamen. Christian wirkte schon mit zwölf Jahren als Geiger in der Stadtkapelle und als Trompeter bei der Turmmusik mit.

So vielseitig ausgerüstet ging er im Jahre 1889 an die Münchener Akademie der Tonkunst, wo er die Kunst des Violoncellospiels lernte, daneben Klavier, Orgel und Chorgesang studierte, und bei Joseph Rheinberger Kontrapunkt und Komposition hörte. Als ihn sein Lehrer Joseph Werner auf die herrliche von Joachim Tielke gefertigte Viola da Gamba im Nationalmuseum aufmerksam machte, war Döbereiners Lebensziel bestimmt. Zwar ging er als Violoncellist in das Bayerische Hoforchester, war Professor des Konservatoriums in Athen, wurde dann königlicher Hofmusiker und später sogar Kammermusiker.

Aber seine Liebe gehörte der Alten Musik, für die er in Kollegenkreisen damals noch wenig Verständnis fand. Oft musste er sich als "Bach Schreck" und als "Bach Stelze" verspotten lassen. Er ging unbeirrt seinen Weg. Zusammen mit Ernst Bodenstein gründete er im Jahre 1905 eine Vereinigung für Alte Musik, deren Ziel die stilgetreu Wiedergabe der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts auf originalen Instrumenten war. Karl Mändler baute sein erstes Cembalo für Döbereiners Kreis. Bei der ersten ungekürzten Aufführung der Matthäus-Passion im Jahr 1907 unter Felix Mottl kam erstmalig das zarte Kolorit der Viola da Gamba zu öffentlicher Geltung. Die Welt wurde langsam aufmerksam auf den Solisten Christian Döbereiner, der die alte Gambenmusik zu klingendem Leben erweckte, auf den Dirigenten, der seit 1915 die Werke Bachs und seiner Zeitgenossen in durchsichtiger, kammermusikalischer Besetzung aufführte, und auf den Schriftsteller, der im Bach-Jahrbuch und in zahlreichen Sonderschriften seine Ideen mit Wissen und Wagemut verteidigte. Zum ersten Mal nach Bachs Zeit erklangen unter seiner Leitung die Brandenburgischen Konzerte, die Konzerte für drei und vier Cembali und die Kantaten in Originalbesetzung.

Mit dem Viola d´amore-Spieler Anton Huber und der Cembalistin Li Stadelmann, der Nachfolgerin von Elfriede Schunck, bildete er ein Trio für Alte Musik, das Vorbild für alle späteren Vereinigungen dieser Art wurde. Unter Hermann Wolfgang von Waltershausen führte die Akademie der Tonkunst in München als erste Hochschule das Fach "Alte Instrumente und alte Kammermusik" ein. Solche Erfolge waren Höhepunkte in Christian Döbereiners Leben, nur noch überboten von den grossen Bach-Festen in München, Nürnberg und Leipzig, denen er das künstlerische Gepräge gab. Seine unfassende und tiefgehende Kenntnis alter Aufführungspraxis setzte er als Dirigent des Münchner Bach-Vereins in klingendes Leben um. Wie ihn die Viola da Gamba zu den Meistern um Bach führte, so brachte ihm das Baryton den jungen Haydn nahe.

Carl Friedrich Abel war mit Goethe zu reden "der letzte Musiker, welcher die Gambe mit Glück und Beifall behandelte". Hier irrt Goethe in doppeltem Sinne. Christian Döbereiner wurde nach mehr als hundert Jahren Abels Nachfolger. Aber auch er ist nicht der Letzte. Er ist der Anreger einer Renaissance, der die Alte Musik auch nach seinem Tode fortzeugendes Leben verdankt.

Werke und Schriften

  • 1911 Über die Viola da Gamba und ihre Verwendung bei J. S. Bach
  • 1934 Über J. S. Bachs Brandenburgische Konzerte im Programmheft zur J. S. Bach-Feier in München 11. bis 15. April 1934 Bemerkungen Über Verzierungen alter Musik unter besonderer Berücksichtigung der Vorschlaege in der Zeitschrift f. Musik April 1934
  • 1936 Schule für Viola da Gamba (Edition Schott Nr. 2388)
  • 1937 Über die verschiedenen Stimmungen in Zeitschrift für Musik
  • 1940 Über die Viola da Gamba und die Wiederbelebung alter Musik auf alten Instrumenten in der Zeitschrift für Musik Heft Nr. 10/1940
  • 1944 Über die Ausführung der punktierten Noten im 5. Brandenburgischen Konzert J. S. Bachs in der Gemeinschaftszeitschrift Musik im Kriege Nr.11/12
  • 1950 Bemerkungen zu Vivaldis Concerto für vier Violinen und Bachs Konzert für vier Cembali in der Zeitschrift für Musik 1950 Heft Nr. 6
  • 1955 50 Jahre Alte Musik in München 1905 - 1955
  • 1960 Zur Renaissance Alter Musik (Abhandlung Über alte Musikpraxis)

Links: Infos über Christian Döbereiner