Benutzer:Flussbus/Spielwiese

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
< Benutzer:Flussbus
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. Juli 2010 um 16:09 Uhr durch imported>Flussbus(681221).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Der Oper Die Passagierin gilt als das Hauptwerk von Mieczysław Weinberg[1] . Obwohl es bereits 1968 vollendet wurde, fand eine konzertante Uraufführung erst 2006 in Moskau und eine szenische Uraufführung während der Bregenzer Festspiele am 19.07.2010 statt. Das Libretto von Alexander Medwedjew basiert auf dem gleichnamigen Roman von Zofia Posmysz.

Charakter

Weinberg setzt Elemente der Zwölftonmusik sowie Zitate aus der Volkmusik ein. Paralelen bestehen zu Schostakowitschs Lady Macbeth und Berg Woyzeck sowie der Musik Brittens[2]. Weinberg setzt polnische, deutsche, englische und hebräische Sprache ein. Dieser multinationale Spracheinsatz findet sich auch bei den zeitgengenössischen Werken, z.B. bei War Requiem von Britten oder Dies irae von Penderecki.

Inhalt

Die ehemalige KZ-Aufseherin Marta glaubt 15 Jahre nach Kriegsende auf dem Schiff den früheren Härtling Lisa zu erkennen. Die Szenen finden abwechslnd auf dem Schiff und in Auschwitz statt. Die Schlussszene am Heimatfuss Lisas.

Auf dem Schiff:

Anna Lisa Kretschmar (geborene Franz) befindet sich mit ihrem Ehemann, einem angehenden Botschafter mit dem Schiff auf dem Weg zu seinem zukünftigen Bestimmungsort in Südamerika.

Die ehemalige KZ Aufseherin Lisa glaubt an Bord den ehemaligen Häftling Martha zu erkennen. Sie gesteht ihrem Mann ihre damalige Zugehörigkeit in der SS. „Es ist wahr, ich war in Auschwitz, aber deshalb bin ich noch lange keine Vebrecherin“.

Ihr Mann reagiert mit Karriereängsten und dem Gefühl betrogen zu sein. Als Anna ihn um Verzeihug bittet, tröstet er sie: „Jeder hat das Recht, den Krieg zu vergessen“.

Am Schluß der Szene erfahren beide zu ihrer Erleichterung vom Steward, dass die Unbekannte englische Staatsbürgerin ist.

Ihr Ehemann resümiert: „Wir Deutschen quälen uns selbst gern mit Zweifeln, mit Schreckensphantasien und nebligen Geheimnissen. Sentimental sind wir. Doch diese Eigenschaft macht uns reiner.“

In Auschwitz

In Auschwitz beklagen sich SS-Offiziere über die Langeweile im Lager und die Schwierigkeit, die ihnen die Beseitigng der anfallenden Leichen bereitet. Sie trösten sich mit der Gewissheit, den Willen des Führers zu erfüllen: „Wir säubern die Erde für das Große, das Deutsche Reich. Hier in Auschwitz machen wir Geschichte“.

Die Aufseherin Lisa beschließt, Martha zu ihrer Vertrauten zu machen um sich die Führung ihres Gefangenentrupps zu erleichtern.

Der Chor der weiblichen Häftlinge empfängt einen Neuankömmling.

Eine Mutter bittet Gott und die Gesundheit ihrer Kinder und um die Bestrafung ihrer Peiniger.

Eine Gefangen stellt die Frage, ob die Deutschen auch einen Gott haben und dieser dann streng wie der Kapo sei.

Eine Frau, wird brutal zusammen geschlagen.

Als bei ihr ein Zettel gefunden wird, zwingt Lisa Martha, ihn übersetzend vorzulesen. Martha betrügt sie, statt des konspirativen Kasibers deklariert sie einen Liebesbrief.

Auf dem Schiff

In dieser kurzen abschliesenden Szene vor der Pause beklagt sich Lisa bei ihrem Mann über diesen Betrug, von dem sie später erfahren hat: „Sie alle haben uns gehasst, Walter! Ich … wir alle, die wir im Lager Dienst taten, konnten uns nicht damit abfinden...“,- Walter schweigt dazu.

In Auschwitz

Lisa verwaltet die Geigen, die den Insassen abgenommen wurde. Eine wertvolle Geige wird ausgewählt, um dem KZ- Kommandanten dessen Lieblingswalzer von einem Insassen vorspielen zu lassen: „Er soll spielen, bevor er sich in Luft auflöst. So ist er doch noch zu etwas nütze.“

Der Musiker welcher das Instrument abholen soll, entpuppt sich als Marthas Verlobter Tadeusz von dem sie vor zwei Jahren, nach ihrer Inhaftierung getrennt wurde.

Als sie von Martha überrascht werden, zeigt diese Verständnis und ermöglicht ihnen ein Rendezvous.

Die Frau, bei der das Kasiber gefunden wurde, kommt hinzu, es stellt sich heraus, dass ihr dieses von Tadeusz übergeben wurde.

In der Werkstatt des KZ erhält Tadeusz eine weitere Nachricht:

„Euer Bericht wurde in Krakau rechtzeitig empfangen. Wir danken für die wertvolle Angaben. Wisst: Kiew ist befreit! Haltet durch, Freunde, und seid vorsichtig!“.

Tadeusz ist damit beschäftigt, eine Lagermadonna nach Marthas Ebenbild zu schaffen.

Als Lisa ihm anbietet ein weiteres Treffen mit Martha zu ermöglichen, lehnt dieser ab, da er für Martha kein Risiko wünscht und nicht in Lisas Schuld stehen will.

Auf dem Schiff

Lisa Jahre später gegenüber ihrem Gatten über diese Ablehnung: „Er wollte von mir keine Gefälligkeiten, Walter! … Obwohl er wusste, das er zum Tode verurteilt war, hat er abgelehnt. Sie waren alle blind vor Hass...“.

In Auschwitz

Im KZ feiert Marta ihren zwanzigsten Geburtstag.

Martha setzt zu einer großen Arie an, in der sie ihre Sterbesituation folgendermaßen herbeiwünscht: „...möchte ich dem Tod erst in die Augen sehen, wenn er Platz genommen hat neben mir!“

Als Lisa in der Baracke auftaucht erzählt sie Martha, dass Tadeusz es abgelehnt hatte, sie zu treffen. Martha und die Insassen halten diese Entscheidung für richtig.

Lisa erzählt Martha, dass sie ihre verbotene Kontaktaufnahme gemeldet hätte und eröffnet ihre Strafe: „Du gehst in den Block,- du weißt was ich meine...“. Vorher würde sie jedoch dem Konzert Tadeusz beiwohnen müssen.

Die Szene schließt ab mit einem Hilferuf an Gott, er endet mit einem agnostischem Zweifel.

Auf dem Schiff

Lisa erfahrt das die unbekannte Passagierin, in der sie Martha zu erkennen glaubt, doch Polin ist.

Lisa rechtfertigt ihre Vergangenheit: „Ja, ich war in Auschwitz, und deshalb bin ich sicher noch keine Verbrecherin. Ich war eine ehrliche Deutsche. Ich bin stolz, denn ich habe meine Pflicht getan. ...“.

Ihr Mann bestätigt sie: „Es war halt Krieg. Das ist schon lange her. Jeder hat das Recht, den Krieg zu vergessen... die Zeit wusch alles fort....“.

Nach einer Tanzveranstaltung an Bord ist sich Lisa sicher, das es sich bei der Passagierin um Martha handelt, sie hatte sich den Walzer des Kommandanten gewünscht.

In Auschwitz

Im KZ fordert man Tadeusz auf, den Walzer zu spielen und enthüllt ihm sein Todesurteil: „...Spiele wie vor Gott, dem Herrn. Du wirst dich bald mit ihm treffen.“ .

Statt des Walzers spielt Tadeusz jedoch Bachs Chaconne

Sonaten und Partiten für Violine solo (Bach)

Die Wärter zerschlagen seine Geige und führen ihn, während sie ihn brutal zusammenschlagen, ab.

Die gealterte Martha am Fluss

Martha sitzt nach Jahrzehnten an ihrem Heimatfluss, sie fragt nach ihren getöteten Freunden: „Wenn eines Tages eure … Stimmen verhalt sind, dann gehen wir zugrunde.

Sie erinnert sich, das sie und ihre Mitinsassen geschworen hatten, ihren Peinigern niemals zu vergeben.

Historie

Schostakowitsch erkannte beim lesen des Romans durch die zwei Handlungsstränge die Eignung des Stoffs für eine Oper. Er reichte ihn Medwedjew weiter, der seinerseits Weinberg auf das Buch aufmerksam machte. Medwedjew besuchte mit der Autorin Auschwitz, diese zeigte sich auch einverstanden in der Opernfassung des Romans der Insassin Lisa breiteren Raum zu bieten.

Trotz der intensiven Fürsprache Schostakowitschs und obwohl die Oper bereits am Bolschoj-Theater [3] eingeprobt wurde, kam sie erst im 21. Jahrundert zur Auführung. Grund dürfte u.A. darin zu sehen sein, das die Sowjetführung die immensen Opfer des russischen Volkes gegenüber denen des Holocaust nicht gleichstellen wollte.

Rezensionen

Schon nach einigen privaten Klaviervorträgen schrieb der enge Freund Weinbergs, Schostakowitsch: "...Aber es ist eine wirkliche Oper geworden, ein Erfolg, dem alle früheren Werke Weinbergs den Weg gebahnt haben. und abgesehen von seinen musikalischen Verdiensten ist dies ein Werk, das wir heute dringend benötigen.

Markus Thiel vom Münchner Merkur greift den häufigen vergleich der Freunde Schostakowitsch und Weinberg auf: wo ersterer "in schmerzhaft-wildem Expressionismus Bewältigungsarbeit leistet", nutze WEinberg Stilmittel "der Verinnerlichung, der Stilisierung, auch des Bruchstückhaften. Kein greller Naturalismus, keine pathetischen Muskelspiele (bis auf den großartigen Schluss) kennzeichnen also diese Musik...".[4]

E. Tholl von der Süddeutschen Zeitung umschreibt die Wirkung der Szene in der Thadeusc sein Ende findet folgendermasen: "Die Wirkung dieser Szene lässt sich nicht in Worte fassen. Weinberg vertont auch keinen Text, er lässt die Musik in Ruhe. Die Streicher im Orchester nehmen die Chaconne auf, der Klang dieser wunderbaren Musik erfüllt den ganzen Raum. Einer der vielen Momente, die in dieser Oper schlichtweg unfassbar sind"[5] .

Sonstiges

Kurz vor dem Tod Weinbergs versprach sein Librettist Medwedjew bei einer eventuellen Uraufführung der Oper "doppelt" so gut, also einmal für sich und einmal für den Komponisten hinzuhören[6] . Tragischerweise verstarb Medjedjew wenige Tage bevor er Gelegenheit hatte, eine Aufführung der Bregenzer Festspiele zu besuchen.

Literatur

  • David Fanning: Mieczysław Weinberg. Auf der Suche nach Freiheit. (dt., Biographie mit Werkverzeichnis) Wolke Verlag, Hofheim 2010, ISBN 978-3-936000-90-0.

Einzelnachweise

  1. David Fanning: Mieczysław Weinberg. Auf der Suche nach Freiheit. (dt., Biographie mit Werkverzeichnis) Wolke Verlag, Hofheim 2010, ISBN 978-3-936000-90-0.
  2. David Fanning: Mieczysław Weinberg. A. d. S. n. Freiheit Seite 134
  3. David Fanning: Mieczysław Weinberg. A. d. S. n. Freiheit Seite 134
  4. Merkur Online vom 22.07.2010 aberufen am 27.10.2010
  5. Süccdutsche Zeitung vom 23.07.2010 abgerufen am 27.07.2010
  6. David Fanning: Mieczysław Weinberg. A. d. S. n. Freiheit Seite 131