Benutzer:Meskin/Lucio Gera
Lucio Gera (* 1924 in Italien) ist ein argentinischer Befreiungstheologe.
Leben
Gera wurde in Italien geboren, gelangte aber schon als Kind nach Argentinien, wo er zum Priester geweiht wurde. Er engagierte sich in der Katholischen Aktion und insbesondere in der Christlichen Arbeiterjugend.[1] In den 1950er Jahren promovierte er an der Universität Bonn. 1956 kehrte er nach Argentinien zurück, wo er Professor für Dogmatik und Dekan an der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität von Argentinien (UCA) wurde.[2] Er nahm als Theologe am Zweiten Vatikanischen Konzil teil.[3]
1967 wurde Gera von der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz CELAM nach Cuernavaca in Mexiko geschickt, wo er gemeinsam mit Cândido Padín feststellen sollte, ob das von Ivan Illich geleitete Bildungszentrum CIDOC einem kirchlichen Aufsichtsgremium unterstellt werden sollte. Dies geschah auf die Beschwerde einiger mexikanischer Bischöfe hin, die sich durch kirchenkritische Äußerungen Illichs angegriffen fühlten. Gera und Padín konzedierten, Illichs Publikationen seien durchaus als anstößig zu bezeichnen, und mahnten einen wissenschaftlicheren Ton an. Sie empfahlen der kirchlichen Hierarchie jedoch, keinerlei Maßnahmen gegen CIDOC zu ergreifen und stattdessen den Dialog mit Illich zu suchen.[4]
Werk
Lucio Gera wird als Inspirator der „Theologie des Volkes“ (teología del pueblo) gesehen. Diese insbesondere in Argentinien vertretene theologische Schule sieht in der lateinamerikanischen Volksfrömmigkeit eine entscheidende gesellschaftliche Kraft, welche die Befreiung aus sozialem Elend und den Aufbau solidarischer Gesellschaftsstrukturen ermögliche. Gemeinhin wird die Theologie des Volkes als eine Spielart der Theologie der Befreiung gesehen, gelegentlich jedoch als spirituelle, der kirchlichen Frömmigkeit entsprechende Alternative zur sozialwissenschaftlich arbeitenden Befreiungstheologie propagiert.
Die für die Entwicklung der Befreiungstheologie bedeutenden Generalkonferenzen der CELAM in Medellín (1968) und Puebla (1979) gestaltete Gera als theologischer Berater mit. 1970 erschienen seine Apuntes para una interpretación de la Iglesia argentina („Anmerkungen zu einer Interpretation der argentinischen Kirche“), die eine der wichtigsten frühen Theoretisierungen der Befreiungstheologie darstellen.[5] In der Folge entwickelte Gera sich zum theologischen Vordenker der Bewegung der Priester für die Dritte Welt, die sich für eine befreiungstheologische Praxis der argentinischen Kirche einsetzten, die Nähe der linksperonistischen Gewerkschaftsbewegung suchten und die Vergesellschaftung der Produktionsmittel forderten. Das überwiegend konservative argentinische Episkopat reagierte darauf, indem Gera in mehreren Bistümern die Lehrerlaubnis entzogen wurde, obwohl er Mitglied der päpstlichen Internationalen Theologenkommission war.[6]
Einzelnachweise
- ↑ J.I. Saranyana: Rezension zu Escritos teológico-pastorales de Lucio Gera. Website von Redalyc. Abgerufen am 17. April 2011.
- ↑ Fue instituido en la UCA el Premio “Lucio Gera”. Website der UCA. Abgerufen am 17. April 2011.
- ↑ Erik Dilloo-Heidger: Befreiungstheologie (1972–1985). Biographische Skizzen. Website von Erik Dilloo-Heidger. Abgerufen am 17. April 2011.
- ↑ Jon Igelmo Zaldívar, Patricia Quiroga Uceda: Ivan Illich and the Conflict with Vatican (1966–1969). In: The International Journal of Illich Studies (2) 1. ISSN 1948-4666. Abgerufen am 17. April 2011.
- ↑ Leonardo Boff, Clodovis Boff: A Concise History of Liberation Theology. Website des Charitiy Development Fund. Abgerufen am 17. April 2011. Ursprünglich aus: Dies.: Introducing Liberation Theology. Orbis Books, Maryknoll, New York 1987.
- ↑ Eduardo de la Serna: Una alegría. Una preocupación. Una reflexión a partir del justo homenaje a Lucio Gera. In: Vida Pastoral, Nr. 262, 2006. Abgerufen am 17. April 2011.