Tausend Zeilen

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Film
Originaltitel Tausend Zeilen
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2022
Länge 93 Minuten
Altersfreigabe FSK 12[1]
Stab
Regie Michael Herbig
Drehbuch Hermann Florin
Kamera Torsten Breuer
Schnitt Alexander Dittner
Besetzung

Tausend Zeilen ist ein deutscher Film des Regisseurs Michael Herbig. Die Mediensatire, inspiriert vom Buch Tausend Zeilen Lüge (2019) des Journalisten Juan Moreno, der 2018 den Fall Claas Relotius aufdeckte, kam am 29. September 2022 in die Kinos.[2][3][4] Premiere war am 21. September 2022 in der ASTOR Film Lounge im ARRI München.[5]

Handlung

Bei der gemeinsamen Arbeit an einem Artikel für Die Chronik, das größte journalistische Magazin Europas (Anspielung auf das Magazin Der Spiegel), bemerkt der freie Journalist Juan Romero (Anspielung auf Juan Moreno) Unstimmigkeiten in den Beschreibungen seines Kollegen Lars Bogenius (Anspielung auf Claas Relotius, von engl. „bogus“, „gefälscht“)[6]. Romero beginnt auf eigene Faust zu recherchieren und stößt dabei auf einen potenziellen Skandal innerhalb des eigenen Blattes. Als er die Redaktion in seine Vermutungen einweiht, um so das Erscheinen einer gemeinsam verfassten Story zu verhindern, tut die Chefetage seinen Verdacht als Eifersüchtelei unter Kollegen ab. Romero hat nur eine Chance: Er muss Bogenius mit journalistischen Mitteln das Handwerk legen.[7]

Hintergrund

Der Film wurde vom 29. Oktober 2019 bis zum 1. Dezember 2019 in München, Berlin, Hamburg und Spanien gedreht.[8] Der FilmFernsehFonds Bayern unterstützte das Projekt mit 1,05 Millionen Euro; in der Fördersumme sind 250.000 Euro Erfolgsdarlehen enthalten.[9] Der deutsche Kinostart war zunächst für den 22. Dezember 2021[10] und dann für den 27. Oktober 2022 vorgesehen. Später wurde der Starttermin auf den 29. September 2022 vorgezogen.[2] Herbig gab auf die Frage des Spiegel, ob Helmut Dietls Film Schtonk! (1992) über die Fälschung der Hitler-Tagebücher als Vorbild gedient habe, an, er sei einer seiner Lieblingsfilme, habe jedoch nicht als Vorbild gedient.[11]

Rezensionen

Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) hat den Film mit dem Prädikat „wertvoll“ ausgezeichnet. Dies begründet die Jury damit, dass Tausend Zeilen ein klug konstruierter und stimmig inszenierter Unterhaltungsfilm sei, „der dadurch überrascht, dass Herbig und der Drehbuchschreiber Hermann Florin ihn nicht komödiantisch überfrachtet haben, sondern statt dessen mit einer dem Thema angemessenen Ernsthaftigkeit deutlich machen, wie es möglich war, dass auch beim Spiegel so lange gefälscht werden konnte“.[12]

Thomas E. Schmidt kritisierte in der Zeit einen aufgekratzten, nicht so gut gespielten und letztlich harmlosen Film, der keine Fragen an den Fall stelle oder eine eigene Haltung dazu habe. Das wäre möglich gewesen, denn nachdem das führende deutsche Nachrichtenmagazin jahrelang Märchen als Wahrheit ausgegeben habe, müsse die Malaise doch systemisch gewesen sein und nicht das Werk eines Einzelnen. Der Film wolle sich auf diese unbequeme Problemlage gar nicht einlassen, nur seinen humorigen Plot abspulen. Herbig bediene sich der Dramaturgie von Gut und Böse. Demnach spiele sich die Geschichte eindeutig und einfach ab. Am Ende werde Romero zum Presse-Popstar, doch der Film meine es mit diesem Triumph des Guten ganz ernst. Das sei keine Satire.[13][14]

Auf Kino-Zeit schrieb Sebastian Seidler, Michael Bully Herbig habe sich am Gewicht der Geschichte deutlich verhoben. Vor allem die Perspektive auf die Figur Bogenius hinterlasse einen mehr als bitteren Beigeschmack. Das Narrativ sei zu einfach und lenke ab von den strukturellen Problemen einer Branche. Es werde der Eindruck vermittelt, man habe es bloß mit inidividuellem Fehlverhalten zu tun. So bediene sich Herbig einer populistischen Vereinfachung und beschränke sich auf bloße Dramatisierung. Hauptsache der Journalismus habe gewonnen und man könne mit einem guten Gefühl das Kino verlassen: Moreno M‘Barek, unser Held.[15]

In der FAZ bezeichnete der Kritiker Peter Körte den Film als uninspiriert. Ob der Presseskandal aus dem Jahr 2018 nicht eher ein „Fall Spiegel“ sei, bei dem ein System versagt habe – diese Frage müsse Herbig nicht beantworten, aber von einer intelligenten Komödie könne man schon erwarten, dass sie diese Frage stelle. Die Figur Bogenius bleibe während des ganzen Films eine Black Box: keine Herkunft, keine Motive, keine Psychologie. Das könne ein interessanter Ausgangspunkt sein, weil er auf diese Weise keiner realen Person gleiche, sondern einen Geist verkörpere: den Geist des Dichtergotts und Weltbaumeisters, wie es damals maliziös geheißen hätte. Doch der Film wisse damit gar nichts anzufangen.[16]

In der NZZ kritisierte Andreas Schreiner das Level des Humors und konstatierte, dem Film fehle es vor allem an Geist. Er scheitere nicht an Elyas M’Barek, sondern am Fokus. Man könne eine Satire aus dem Skandal machen, aber dafür müsste Bogenius ins Zentrum. Als „Catch Me If You Can“-Variante ließe sich das denken, dazu ein wenig „Wolf of Wall Street“. Aber Herbigs Ansatz sei zu hasenfüßig.[6]

„"Tausend Zeilen" ist eine ordentliche Komödie und eine ordentliche Aufarbeitung des Falles – vielleicht ist das Ergebnis sogar etwas zu ordentlich. […] Und da sieht man, was Michael Herbig für ein hervorragender Handwerker ist. Wahrscheinlich wäre er auch dazu in der Lage gewesen, einen richtig schrillen, kracherten Film über Relotius zu machen. Aber der würde vielleicht in eine andere Zeit gehören.“

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Tausend Zeilen. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. a b Starttermine Deutschland. In: insidekino.de. Abgerufen am 30. März 2022.
  3. Steffen Klusmann, Stefan Kuzmany: Bully Herbig im Interview über »Tausend Zeilen«. In: Der Spiegel. 22. September 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 29. September 2022]).
  4. TAUSEND ZEILEN | Kinofilm – UFA Fiction. In: UFA. Abgerufen am 29. September 2022.
  5. "Wir brauchen uns doch alle gegenseitig". In: sueddeutsche.de. 22. September 2022, abgerufen am 23. September 2022.
  6. a b Andreas Schreiner: Claas Relotius war ein Jahrhundertfälscher. In: www.nzz.ch. Neue Zürcher Zeitung, 22. September 2022, abgerufen am 26. September 2022.
  7. Filmstarts: Die Filmstarts-Kritik zu Tausend Zeilen. Abgerufen am 24. September 2022.
  8. Tausend Zeilen bei crew united, abgerufen am 31. August 2022.
  9. 175 Zeilen Fördermeldung: FFF unterstützt 26 neue Film- und Serienprojekte mit 4,6 Mio. Euro. In: Pressemitteilungen. FilmFernsehFonds Bayern, 8. Oktober 2020, abgerufen am 14. November 2021.
  10. Tausend Zeilen. In: Kino.de. Ströer Media, abgerufen am 29. Juli 2021: „Kinostart: 22.12.2021“
  11. Steffen Klusmann, Stefan Kuzmany: Bully Herbig im Interview über »Tausend Zeilen«. In: Der Spiegel. 22. September 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 26. September 2022]).
  12. Tausend Zeilen. Abgerufen am 20. September 2022.
  13. Thomas E. Schmidt: "Tausend Zeilen": Wie Bully Herbig den Schwindler Relotius zur Strecke bringt. In: Die Zeit. 21. September 2022, abgerufen am 24. September 2022.
  14. Thomas E. Schmidt: Ein aufgekratzter Film über den Spiegel-Skandal. Hrsg.: Die Zeit. Nr. 39/2022. Die Zeit, Hamburg 21. September 2022.
  15. Tausend Zeilen (2022) | Film, Trailer, Kritik. Abgerufen am 24. September 2022.
  16. „Im Westen nichts Neues““ und „Tausend Zeilen“ im Kino. 25. September 2022, abgerufen am 25. September 2022.
  17. Susan Vahabzadeh: Michael Bully Herbig verfilmt den Fall Relotius. Selbstverliebtheit macht blind. In: Kultur. Süddeutsche Zeitung, 27. September 2022, abgerufen am 28. September 2022.