Anavatan Partisi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von ANAP)
Mutterlandspartei
Anavatan Partisi
ANAP
Partei­vorsitzender İbrahim Çelebi
Gründung 1983 durch Turgut Özal
Aus­richtung Konservatismus,
Türkisch-islamische Synthese,[1]
Wirtschaftsliberalismus
Website https://www.anavatan.org.tr

Die Mutterlandspartei (türkisch Anavatan Partisi, kurz Anavatan oder ANAP) ist eine Mitte-rechts ausgerichtete politische Partei in der Türkei, die von 1983 bis 2009 existierte, und erneut seit 2011 existiert.

Gegründet wurde sie 1983 von Turgut Özal, der von 1983 bis 1989 Ministerpräsident[2] und anschließend bis zu seinem Tod 1993 Staatspräsident der Türkei war. Die Partei versammelte verschiedene konservative und liberale Strömungen. Gesellschaftspolitisch stand sie für die Synthese aus türkischem Nationalismus und islamischen Traditionen, in der Wirtschaftspolitik trat sie für Liberalisierung und freie Marktwirtschaft ein. Sie wurde dabei von Teilen des Sufi-Ordens der Nakşibendis,[3] wie auch von der Bewegung Fethullah Gülens unterstützt.[4]

In den ersten vier Jahren ihres Bestehens kam ihr eine dominante Rolle in der politischen Landschaft der Türkei zu, bestärkt durch die restriktive Verfassung von 1982, die politischen Wettbewerb und Pluralismus einschränkte.[5] Bis 1991 blieb sie die mit Abstand stärkste Kraft im Parlament. Anschließend verlor sie nach und nach an Bedeutung. 2002 fiel sie unter die 10-Prozent-Hürde und ist seither nicht mehr im Parlament vertreten.[2] 2009 verschmolz sie mit der Demokrat Parti, wurde aber schon zwei Jahre später wiedergegründet.

1999 hatte die Partei 3,2 Millionen Mitglieder. Ein Grund für diese relativ hohe Mitgliederzahl ist der generell hohe Organisationsgrad der türkischen Parteien.

Geschichte

Sie stellte die Regierung von 1983 bis 1991 (MP: Turgut Özal) und von 1997 bis 1998 (MP: Mesut Yılmaz), außerdem war sie 1996 und 1999 kurzzeitig an Koalitionsregierungen beteiligt. Sie führte während ihrer ersten Regierungszeit von 1983 bis 1989 Wirtschaftsreformen mit dem Ziel einer Privatisierung und Zurückdrängung des staatlichen Einflusses in der Wirtschaft durch und setzte sich für den Beitritt der Türkei zur EU ein. Während die Mutterlandspartei bei der ersten Parlamentswahl nach dem Ende der Militärherrschaft 1983 sowie 1987 noch die absolute Mehrheit erreichte, schmolz ihre Wählerbasis danach und vor allem nach 1999 zunehmend zusammen. Als Grund für diesen Niedergang werden – neben der wachsenden Konkurrenz anderer neu gegründeter Parteien, so etwa der programmatisch sehr ähnlichen Partei des Rechten Weges (DYP) – auch der Parteienfilz, interne Flügelkämpfe und Günstlingswirtschaft in der Regierungszeit Özals verantwortlich gemacht.

Bei den Wahlen zur türkischen Nationalversammlung von November 2002 schaffte sie nicht mehr den Sprung ins Parlament, da sie mit 5,12 % an der 10 %-Hürde scheiterte. Inzwischen war sie bis 20. Juli 2007 aufgrund von Parlamentarierwanderungen jedoch wieder mit 19 Abgeordneten im Parlament vertreten.[6] Seit der katastrophalen Wahlniederlage 2002 bemüht sich die Mutterlandspartei um eine personelle und inhaltliche Erneuerung der Partei.

Fusion und Neugründung

Um eine bessere Chance für die Wahlen am 22. Juli 2007 zu haben, wollte sich die ANAP mit der DYP zusammenschließen. Aber eine Fusion scheiterte im letzten Augenblick. Gründe waren unter anderem der Wiedereintritt von Mesut Yilmaz in die Partei, was bei Erkan Mumcu auf heftigen Widerstand stieß. Die Mutterlandspartei trat letztlich nicht zur Wahl von 2007 an. Erneute Verhandlungen mit der DYP, die seit 2007 Demokrat Parti (DP) hieß, führten dazu, dass auf einem außerordentlichen Kongress am 31. Oktober 2009 einer Fusion von ANAP und DP unter dem Namen DP zugestimmt worden ist.

Am 11. September 2011 wurde die Partei dennoch wiedergegründet.[7]

Wahlergebnisse

Parteivorsitzende

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Judith Hoffmann: Aufstieg und Wandel des politischen Islam in der Türkei. Reihe Nahost-Studien, Band 5. Verlag Hans Schiler, Berlin 2003, S. 38.
  2. a b BAMF: Glossar Islamische Länder, Band 23, Türkei. BAMF, S. 3, abgerufen am 22. August 2018.
  3. Hasan Kaygisiz: Menschenrechte in der Türkei. Eine Analyse der Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union von 1990–2005. Reihe Europäische Hochschulschriften. Peter Lang, Frankfurt a. M. 2010, S. 152.
  4. Heiko Schuss: Wirtschaftskultur und Institutionen im Osmanischen Reich und der Türkei. Ein Vergleich institutionenökonomischer und kulturwissenschaftlicher Ansätze zur Erklärung der wirtschaftlichen Entwicklung. Verlag Hans Schiler, Berlin 1998. Zugleich Dissertation, Universität Erlangen-Nürnberg 2006, S. 287, 355.
  5. Hoffmann: Aufstieg und Wandel des politischen Islam in der Türkei. 2003, S. 37.
  6. Abgeordnete der 22.Legislaturperiode, Türkische Große Nationalversammlung, abgerufen am 20. Juli 2007
  7. kirsehirhaber40.com@1@2Vorlage:Toter Link/www.kirsehirhaber40.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.