Abistreich

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Das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Wertheim während der Zeit des Abistreichs 2006
Bleibender Abistreich an der Mies-van-der-Rohe-Schule in Aachen-Haaren

Ein Abistreich, Abischerz, Abigag, (Abi)Juxtag, Abiulk oder Abisturm (wobei „Abi“ die umgangssprachliche Verkürzung von Abitur ist; in der Schweiz und Österreich deshalb Maturastreich oder Maturstreich genannt) ist ein Jugendritual, das meist nach Ende der letzten Abschlussprüfung von den Abiturienten an ihren Schulen organisiert wird. Mancherorts ist es üblich, vor der Abiturprüfungswoche einen oder mehrere Tage ausgefallene Aktionen durchzuführen.

In Teilen Westösterreichs (Vorarlberg, Teile Tirols) ist aufgrund der den Maturanten zuvor verliehenen Maturakäppchen die Bezeichnung Käpplefest gebräuchlicher. Es wird meist schon im Herbst vor der Matura gefeiert. Vor allem in Teilen Norddeutschlands ist der Begriff Nulltagefeier geläufig.

Ablauf

Abistreich am Saarbrücker Gymnasium am Schloss

In der Regel wird ein Spektakel veranstaltet, bei dem der Unterricht an diesem Schultag durch die Aktivitäten der Abiturienten erheblich beeinflusst wird, was bis zu Unterbrechungen bzw. zu einem Abbruch des Unterrichts führen kann.

Für den Ablauf eines Abistreiches gibt es verschiedene Möglichkeiten; vom kurzzeitigen Stören des Unterrichts der anderen Schüler bis zum ganztägigen Programm mit Streichen und Wettbewerben, an denen die Lehrer gegeneinander, aber auch gegen die Abiturienten, antreten müssen. Viele dieser Wettbewerbe sind abgeleitet von Aktions- und Partyspielen wie zum Beispiel Sackhüpfen, Wettrennen mit zusammengebundenen Zweierteams oder Quizspiel mit Wissens- oder Trickfragen.

An einigen Schulen ist es üblich, dass in diesen Wettkämpfen die Lehrer einen symbolischen Schlüssel der Schule von den Schülern zurückgewinnen müssen.

Es kommt ebenfalls vor, dass Teile des Schulgebäudes bzw. -geländes unzugänglich gemacht werden, etwa durch das Anbringen von Absperrband, Luftschlangen, großen Mengen an Luftballons oder ähnliches. Gelegentlich werden auch Unterrichtsgegenstände wie Stühle und Tische aus den Räumen entfernt, damit Barrieren errichtet und ein normaler Unterrichtsablauf von vornherein verhindert.

Einige Jahrgänge verewigen sich zusätzlich auf dem Schulgelände, zum Beispiel mit Denkmälern, Wandbemalungen oder ähnlichem. Diese tragen gängigerweise die Namen der Schüler oder auch nur die Jahreszahl des Schulabgangs, außerdem das Motto, falls vorhanden.

Relativ neu ist die Sitte, Abistreiche durch Mottotage oder -wochen[1] teils zu ergänzen, teils zu ersetzen. An einigen Schulen finden die ersten Mottotage bereits im Jahrgang 11 statt, z. B. nach Abgabe der Facharbeiten.

Kritik

Abistreiche werden an vielen Schulen geduldet und haben dann meist keine weiteren Folgen. Allerdings kommt es auch vor, dass der Abistreich vorab von der Schulleitung verboten wird.[2] Gründe hierfür können schlechte Erfahrungen der Schule mit vorherigen Abistreichen sein, zum Beispiel durch übermäßigen Alkoholkonsum, Verletzungen bei Schülern oder Lehrern sowie Beschwerden von Anwohnern.[2] Auch der zu große Unterrichtsausfall kann ein Grund sein. Weitere Kritikpunkte sind, dass Abistreiche für persönliche Racheaktionen an Lehrern missbraucht werden, sowie der unter Umständen nicht vorhandene Versicherungsschutz, ohne den Unfallfolgen nicht wie ansonsten beim Schulbesuch üblich abgesichert sind.[3]

In vielen Schulen werden die Abistreiche daher heute in der Regel bereits im Vorfeld mit der Schulleitung abgesprochen, das Ausmaß der Überwachung und der erforderlichen „Absegnung“ durch den Direktor unterscheidet sich aber von Schule zu Schule.

Da ein Abistreich für jeden Jahrgang ein einmaliges Ereignis darstellt, kann ein Verbot aufgrund früherer Auswüchse nur Schülern den Streich verbieten, die bisher unbescholten waren. Dies gilt jedoch nur eingeschränkt, wenn eine bestimmte unerwünschte Streichform bereits mehrjährig „eingespielt“ ist und daher anzunehmen ist, dass der aktuelle Jahrgang mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder diese Form durchführen würde. Insbesondere sind die Abschlussjahrgänge Kölner Gymnasien als mehrjährig eingespielte Krawallmacher bekannt[4], jedoch besitzen mittlerweile auch Abschlussklassen anderer Städte einen wiederholt schlechten Ruf.[5][6]

Siehe auch

Literatur

  • Werner Mezger: Die Bräuche der Abiturienten. Vom Kartengruß zum Supergag. Ein Beitrag zur Schülervolkskunde. (Kulturgeschichtliche Skizzen; 2). UVK, Konstanz 1993, ISBN 3-87940-438-0.
  • Stefan Nauenheim: Zur Psychologie des Abiturstreichs. Eine qualitativ-empirische Studie zur gegenwärtigen Schulkultur. edition: forschung, Münster 2017, ISBN 978-3-86435-016-0.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pharetis GmbH: Mottowoche: Themen und Ideen. uniturm.de
  2. a b Abistreich gestrichen: Schule droht mit Konsequenzen, merkur-online, abgerufen am 22. Juli 2012
  3. Unfallkasse Sachsen: Unfall beim Abi-Streich oder am letzten Schultag, Mai 2006
  4. mehrjährig eingespielter Krawall in Köln:
  5. rp-online.de: „Bengalos, Krawalle und ein „Amoklauf“; "Keine Abi-Streiche, sondern Straftaten"“, vom 23. März 2013, nennt auch die Städte Düsseldorf und Hilden als Orte randalierender Abiturienten
  6. rp-online.de: „Misslungene Abi-Scherze der Vergangenheit“, vom 16. März 2016