Polnische Heimatarmee

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Die inoffizielle Flagge der polnischen Heimatarmee mit der sogenannten Kotwica
Regionale Organisationsstruktur der Polnischen Heimatarmee

Die Armia Krajowa (polnisch für Landesarmee, abgekürzt AK; im Deutschen meist als polnische Heimatarmee bezeichnet) war eine polnische Widerstands- und Militärorganisation im von Deutschland besetzten Polen während des Zweiten Weltkrieges. Im Untergrund wurde sie auch „PZP“ (Polski Związek Powstańczy), etwa „Polnische Aufständische Allianz“, genannt. Sie war die größte militärische Widerstandsorganisation in Europa im Zweiten Weltkrieg.[1] Sie war eine Armee aus Freiwilligen, die sich die Befreiung Polens von der deutschen Besatzungsmacht zum Ziel gesetzt hatten. Als militärischer Arm des polnischen Untergrundstaates unterstand sie der „Regierungsvertretung im Lande“ (Delegatura Rządu na Kraj), einer Abteilung der polnischen Exilregierung in London. 1944 zählte sie über 350.000 Partisanen.[2] Nach dem Einmarsch der Roten Armee setzte sie inoffiziell ihren Widerstand fort – nun gegen das kommunistische Regime.[3]

Geschichte

Ursprünglich wurde sie bereits beim deutschen Überfall auf Polen im September 1939 gegründet als Służba Zwycięstwu Polski (Dienst für den Sieg Polens). Schon im Dezember desselben Jahres wurde dieser in Związek Walki Zbrojnej (Verband für den bewaffneten Kampf) umbenannt, aus dem dann im Februar 1942 die Armia Krajowa hervorging.

Die Armia Krajowa beanspruchte die ausschließliche Führung des militärischen Widerstandes und bemühte sich darum, alle im besetzten Polen entstandenen Widerstandsgruppen ihrem Kommando unterzuordnen. Es traten bei:

und viele kleinere Gruppen. Das Offizierskorps der Heimatarmee bestand vorwiegend aus ehemaligen Offizieren der polnischen Vorkriegsarmee.

Außerhalb der Strukturen des polnischen Untergrundstaates blieben lediglich die extremen Organisationen, d. h. die Nationalen Streitkräfte (NSZ) sowie die Kommunisten der Polnischen Arbeiterpartei (Polska Partia Robotnicza) und deren ab Sommer 1942 gebildete Volksgarde (Gwardia Ludowa), die die verfassungsmäßige Exilregierung nicht anerkannte, von der UdSSR abhängig war und ihre Interessen vertrat.[2][4][5] Als sich nach dem Tode des Exilpremiers Sikorski und der Verhaftung des AK-Kommandeurs General Rowecki im Sommer 1943 das Kräfteverhältnis in London verschob und die rechtsgerichtete NSZ einen Bürgerkrieg im Untergrund gegen die Volksgarde begann, beteiligten sich auch Teile der AK daran. Die AK-Führung forcierte die politische Polarisierung des Widerstandes, vor allem die Tätigkeit des 1943 gebildeten Antikommunistischen Komitees (Antyk) der AK.[6]

Schwerpunkte des Widerstandes

Schwerpunkte des Widerstands der AK waren die Sabotagekriegführung und der Nachrichtendienst für den britischen Ausschuss für Spezialoperationen, Special Operations Executive, SOE. Den bewaffneten Kampf lehnte sie seit der Niederlage Frankreichs und der Zerschlagung der ersten Partisaneneinheit unter Major Henryk Dobrzański („Hubal“) im April 1940 ab, stand „Gewehr bei Fuß“ und strebte stattdessen einen gesamtnationalen Aufstand an. Als allerdings ab November 1942 die Bauernbataillone den bewaffneten Kampf gegen die Massenaussiedlungen der Aktion Zamość und gegen die in der SS-Landwacht Zamosc organisierten volksdeutschen Siedler aufnahmen, war angesichts dieses starken Widerstandes ab 1943 auch die Führung der AK bereit, im Zamość-Gebiet Partisanenabteilungen aufzustellen.[7]

Die der Heimatarmee untergeordneten Einheiten haben in der Zeit vom 1. Januar 1941 bis 30. Juni 1944 im Rahmen der Kampfhandlungen u. a. 732 Züge entgleist, fast 40 Eisenbahnbrücken gesprengt, 19.000 Waggons und rund 6900 Lokomotiven beschädigt, rund 4300 Fahrzeuge zerstört, rund 25.000 Sabotageaktionen in Rüstungsfabriken durchgeführt, 130 Waffen- und Ausrüstungslager sowie 1200 Tankwagen in Brand gesetzt, 5 Öltürme zerstört, 3 Hochöfen außer Betrieb gesetzt, rund 5700 Anschläge auf Funktionäre verschiedener Polizeiformationen, Soldaten und Volksdeutsche verübt, über 170 Gefechte geliefert und dabei über tausend Deutsche getötet und Häftlinge aus 16 Gefängnissen befreit.[8][2]

Zu den spektakulärsten Aktionen der Heimatarmee gehörten u. a. die Stilllegung des Warschauer Eisenbahnknotens (7.–8. Oktober 1942), die Befreiung der Häftlinge in Pińsk (18. Januar 1943), der Bombenanschlag auf dem S-Bahnhof Friedrichstraße in Berlin (15. Februar 1943),[9] die Befreiung von Gefangenen im Zentrum von Warschau in der Aktion am Arsenal (26. März 1943) und der Anschlag auf Franz Kutschera, den SS- und Polizeiführer im Distrikt Warschau (1. Februar 1944).[8] Bis zum Juli 1944 kamen rund 34.000 Soldaten der Heimatarmee und der untergeordneten Einheiten in Kampfhandlungen ums Leben, die meisten wurden aber als Gefangene erschossen oder in Gefängnissen zu Tode gequält.[8]

Der bewaffnete Kampf der polnischen Heimatarmee 1944

Wehrmacht-Operation Sturmwind

Die Partisanentätigkeit der Heimatarmee nahm seit dem Frühjahr 1944 stark zu, besonders im Distrikt Lublin. Mit der Operation Sturmwind unternahm die Wehrmacht vom 8. bis zum 25. Juni 1944 den ersten Großeinsatz, um die Partisanenverbände zu zerschlagen. In den Wäldern von Janów Lubelski kam es zur größten und blutigsten Partisanenschlacht auf polnischem Boden. Gegen zwei Brigaden der Volksgarde, eine Abteilung der Heimatarmee und fünf sowjetische Partisanenabteilungen mit zusammen etwa 5000 Partisanen setzte General Siegfried Haenicke die 154. und die 174. Reserve-Division, Teile der 213. Sicherungs-Division, das 1. motorisierte Gendarmeriebataillon, das SS-Polizei-Regiment 4, das Kalmückische Kavalleriekorps, weitere Einheiten sowie eine Staffel Schlachtflieger ein, insgesamt rund 30.000 Mann. Trotz der Überzahl gelang es ihnen nicht, die Partisanenverbände zu zerschlagen. Sie erlitten hohe Verluste.[10]

Operation Gewitter

Operationen während der Aktion Burza

Ziel der Aktion Burza war die eigenständige Befreiung des polnischen Staatsgebiets durch die Heimatarmee.

Am 7. Juli 1944 begann die Heimatarmee die Operation Ostra Brama, die die Befreiung von Wilna zum Ziel hatte. Den polnischen Kämpfern gelang es, einen Großteil des Stadtzentrums von Wilna zu besetzen, bis sich sowjetische Einheiten in die Kampfhandlungen einschalteten.

Vom 22. Juli bis 27. Juli eroberten die Kämpfer der Heimatarmee die ostpolnische Stadt Lemberg.

Warschauer Aufstand

Polnische Soldaten der Heimatarmee verwendeten sowohl deutsche als auch polnische Helme.
Mitglieder des Bataillons Zośka der Heimatarmee während des Warschauer Aufstandes

Anfang 1944 bestand die polnische Heimatarmee in Warschau aus etwa 16.000 Mann. Während des Warschauer Aufstandes seit dem 1. August 1944 wuchs die polnische Heimatarmee auf etwa 45.000 Kämpfende an. Der Aufstand war unzureichend vorbereitet, zunächst war sogar nur ein Zehntel der Soldaten der AK bewaffnet, schwere Waffen fehlten anfangs völlig. Zudem entbehrte der Aufstand weitgehend der Unterstützung der bis zur Weichsel vorgerückten Roten Armee.

Zeitgleich mit dem Warschauer Aufstand entfalteten die polnischen Partisanen eine intensive Kampftätigkeit gegen die sich zurückziehenden Deutschen in den Frontabschnitten, in denen die Rote Armee und die 1. Polnische Armee sich westlich der Weichsel Brückenköpfe erkämpften. Die 2., 7. und 106. Division der polnischen Heimatarmee, zu denen auch Bauernbataillone gehörten, und weitere selbständig operierende größere Einheiten nahmen an diesen Kämpfen teil.

Der Aufstand wurde von der Wehrmacht niedergeschlagen, Warschau danach großflächig zerstört und die Heimatarmee fast völlig aufgerieben. Der Kommandant des Aufstandes, General Bór-Komorowski, kapitulierte am 2. Oktober 1944 und ging mit dem Rest seiner Truppen in deutsche Kriegsgefangenschaft.

An den Kämpfen der polnischen Partisanen im Herbst 1944 nahm die Heimatarmee ab Oktober nicht mehr teil.[11]

Nach dem Einmarsch der Roten Armee

Die Truppen der Heimatarmee wurden vom NKWD entwaffnet, viele ihrer Offiziere wurden erschossen oder in den Gulag geschickt. Diejenigen, die sich nicht entwaffnen ließen, setzten ihren Kampf in den verschiedenen neuen Widerstandsbewegungen fort. Sie wurden als Verstoßene Soldaten bezeichnet.[5][12]

Oberkommandierende

General Komorowski

Prominente Mitglieder

Siehe auch

Literatur

  • Bernhard Chiari (Hrsg.): Die polnische Heimatarmee. Geschichte und Mythos der Armia Krajowa seit dem Zweiten Weltkrieg. Beiträge zur Militärgeschichte 57. Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56715-2.
  • Wolfgang Jacobmeyer: Heimat und Exil. Die Anfänge der polnischen Untergrundbewegung im Zweiten Weltkrieg. Leibniz-Verlag, Hamburg 1973, ISBN 3-87473-006-9.
  • Julian Eugeniusz Kulski: Dying we live. Holt, Rinehart and Winston, New York 1979, ISBN 0-03-040901-2.
  • Timothy Snyder: The Reconstruction of Nations: Poland, Ukraine, Lithuania, Belarus, 1569–1999. Yale University Press, New Haven [unter anderem] 2003, ISBN 0-300-09569-4.
  • ders.: Sketches from a Secret War – A Polish Artists Mission to Liberate Soviet Ukraine. Yale University Press, New Haven/London 2005, ISBN 0-300-10670-X.
  • Bernhard Chiari (Hrsg.), Jerzy Kochanowsky: Die polnische Heimatarmee: Geschichte und Mythos der Armia Krajowa seit dem Zweiten Weltkrieg. Oldenbourg 2003, ISBN 978-3-486-56715-1. Schriftenreihe des MGFA (Band 57)[13]

Weblinks

Commons: Armia Krajowa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Poles under German Occupation. Institut für Nationales Gedenken. Abgerufen am 19. Mai 2014.
  2. a b c Marek Ney-Krwawicz: Der Polnische Untergrundstaat und die Heimatarmee. Abgerufen am 30. März 2013.
  3. Wielkie polowanie: Prześladowania akowców w Polsce Ludowej. Die große Jagd: Verfolgung der AK-Soldaten in der Volksrepublik Polen. In: Rzeczpospolita. 2. Oktober 2004, abgerufen am 21. März 2018 (polnisch).
  4. Die Tätigkeit der politischen Parteien im besetzten Land. Abgerufen am 30. März 2013.
  5. a b Der Stalinistische Plan der Vernichtung der pro-westlichen, demokratischen Kräfte in Polen. Abgerufen am 30. März 2013.
  6. Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz. Band 8. Hüthig, Heidelberg 1996, ISBN 3-7785-2338-4, S. 179f.
  7. Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz. Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus (1938–1945). Band 8. Hüthig, Heidelberg 1996, ISBN 3-7785-2338-4, S. 180f., S. 191f.
  8. a b c Die Untergrundarmee im besetzten Polen. Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten. Abgerufen am 30. März 2013.
  9. Dramen unter der Erde. DIE WELT. Abgerufen am 30. März 2013.
  10. Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz. Band 8. Hüthig, Heidelberg 1996, ISBN 3-7785-2338-4, S. 195.
  11. Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz. Band 8. Hüthig, Heidelberg 1996, ISBN 3-7785-2338-4, S. 214.
  12. Die Politik der Vereinigten Staaten gegenüber der Sowjetunion 1941–1945 und ihre Konsequenzen für Polen. Abgerufen am 30. März 2013.
  13. Inhaltsverzeichnis / Autoren