Geruchsbelastung im Erzgebirge und Vogtland

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Abgestorbener Wald im Erzgebirge (1998).

Die Geruchsbelastung im Erzgebirge und Vogtland entsteht während einer besonderen Wetterlage, des Böhmischen Winds, in Verbindung mit Schadstoffbelastungen im Vogtland und im Erzgebirge. Es kommt dabei zu einem besonders starken Geruch, der von den Bewohnern beider Landschaften als „Katzendreckgeruch“ beschrieben wird. Der Geruch wird mit dem Wind aus Süden oder Südosten von der tschechischen Seite über den Erzgebirgskamm nach Sachsen herangetragen. Bewohner klagen dabei auch über Gesundheitsbeschwerden; bis in die 1990er Jahre trat zudem ein Baumsterben auf. Das Phänomen tritt vor allem im Herbst und Winter bei südlichen Luftströmungen auf.

Hintergründe und Folgen

Industriekomplex Záluží bei Litvínov (2009).

Der aus Böhmen kommende Südostwind führt einen durch Inversionswetterlage entstandenen Kaltluftsee aus Böhmen ab. Dieses Phänomen wird als Böhmwind oder Böhmischer Wind, in Verbindung mit der Geruchsbelastung auch als Böhmischer Nebel bezeichnet. Mit diesem Wind werden insbesondere auch Schadstoffe aus Tschechien herübergetragen.

Als Verursacher gelten die petrochemische Industrie und die Braunkohlekraftwerke des tschechischen Braunkohlereviers,[1] insbesondere aus dem nordwestböhmischen Industriegebiet um Chomutov (Komotau), Litvínov (Leutensdorf), Most (Brüx) und Teplice (Teplitz).

Zu den Schadstoffen zählen Schwefeldioxid, Kohlenwasserstoffverbindungen, Ruß und Stäube. Derzeit untersucht man insbesondere Mercaptane, die unter anderem in Rohöl vorkommen und für den markanten Geruch ursächlich sein könnten.[2][3][4] Im Rahmen des Umweltmonitorings werden insbesondere Schwefelwasserstoffverbindungen am Schwartenberg und im Klingenthal gemessen.[5]

Zwischen etwa 1965 und 1990 sorgten die hereintreibenden Luftverunreinigungen für ausgedehntes Baumsterben im Erzgebirge.[6][7] In Olbernhau und Klingenthal wurde in den 1990er Jahren ein pH-Wert von 2,5 im Regen gemessen.[1]

Der Geruch wird nicht allein mehr als der Geruch von Katzendreck wahrgenommen; beschrieben werden unter anderem Gerüche wie „nach verdorbenen Eiern oder verbranntem Gummi“.[8]

Als gesundheitliche Beschwerden werden von den Bewohnern Übelkeit, Durchfall, Kopf- und Bauchschmerzen sowie Fieber genannt.[2] Das Sächsische Staatsministerium für Soziales beauftragte im Frühjahr 2016 die Technische Universität Dresden, das Phänomen näher zu untersuchen.[9] Deren am 14. März 2017 veröffentlichte Studie attestiert, dass es zwischen den Geruchsbelastungen und den geschilderten Krankheiten „nur sehr geringe Zusammenhänge“ gäbe. Kritiker wiesen die Studie daraufhin als unzureichende Untersuchung des Phänomens zurück.[10]

Einzelnachweise

  1. a b Gestank wie Katzendreck. Die tschechischen Schlote rauchen wieder, im Erzgebirge verstärkt sich das Baumsterben. In: Spiegel, 9. Dezember 1996
  2. a b Cornelius Pollmer: Erzgebirge. Stinkende Landschaften. In: Süddeutsche Zeitung, 23. Juli 2015
  3. Horst-Günter Kath et al.: Sind Mercaptane Ursache für Geruchsbeschwerden im Erzgebirge? (Memento des Originals vom 17. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.umwelt.sachsen.de 2016
  4. Katzenurin und verdorbene Eier. In: Frankfurter Rundschau, 10. April 2015
  5. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie: Geruchsbelastung im Erzgebirge und Vogtland. Umweltberichte.
  6. František Rein: Meteorologische Bedingungen der Luftverunreinigung an den Südhängen des Erzgebirges. In: Zeitschrift für Meteorologie. Band 20, Heft 1–6 (1968), S. 101–105.
  7. Günther Flemming: Zur Häufigkeit von südöstlichen Starkwinden am Erzgebirgskamm. In: Zeitschrift für Meteorologie. Band 31, Heft 1 (1981), S. 41–44.
  8. Das Rätsel des Katzendrecks. Tschechen und Deutsche suchen nach dem Grund für üble Gerüche im Erzgebirge. In: Prager Zeitung, 2. April 2015
  9. Böhmischer Nebel – Ministerium in der Kritik, Freie Presse, 8. Februar 2016, aufgerufen am 18. März 2017
  10. Dresdner Studie sorgt für dicke Luft. (Memento des Originals vom 18. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mdr.de, mdr.de, 15. März 2017