Benutzer:Majakis/Prädynastik

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Prädynastik (Ägypten)

Prädynastik bezeichnet in der Ägyptologie die Zeit vom Übergang des 5. zum 4. Jahrtausends vor Christus bis zur Ausbildung der Dynastien im späten 4. Jahrtausend v. Chr. Sie entspricht damit annähernd der Kupfersteinzeit in anderen Regionen. Diese Zeit ist geprägt durch die zunehmende Ausdifferenzierung der ägyptischen Gesellschaft, der Entstehung spezialisierter Handwerksbetriebe einschließlich solcher der Metallurgie, der Ausbildung überregionaler Handelsnetzwerke sowie der Entstehung des altägyptischen Zentralstaates und seiner Königsideologie.[1] Archäologisch umfasst die prädynastische Zeit die Blütezeit der Maadi-Kultur in Unterägypten sowie die Badari- und Naqada-Kultur in Oberägypten, wobei letztere im Verlauf der Zeit die übrigen Kulturen assimilierte und nahtlos in die frühdynastische Zeit einmündete. Nach Stan Hendrickx ist der Begriff Prädynastik in diesem Zusammenhang problematisch, da er seinem Namen nach zwar die komplette Vorgeschichte vor der Staatsbildung abdecken müsste, in der ägyptologischen Praxis aber deutlich enger gefasst wird.

Inhaltsverzeichnis

Badari-Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Badari-Kultur evtl. 5000, sicher 4400 bis 4000 v. Chr.[2]

Die Badari-Kultur ist die älteste aus Oberägypten bekannte Kultur mit sesshafter Lebensweise (ca. 4000 v. Chr.). Es gibt die ersten Belege für Kupfer- und Fayencebearbeitung sowie für kulturelle Beziehungen zu Palästina.

Naqada I und II und unterägyptische Kulturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unterägyptische Kulturen 4000 bis 3600 v. Chr., Naqada I und II 3900 bis 3400 v. Chr.[3]

Die daran anschließende Naqada-Kultur (auch Negade-Kultur genannt, etwa 4000 v. Chr. bis 3200 v. Chr.) gilt als Vorläufer des eigentlichen ägyptischen Reiches. Sie wird in drei Stufen unterteilt (Naqada I–III). Neueste, auf 3320 v. Chr. datierte archäologische Funde auf dem so genannten Friedhof U von Umm el-Qaab bei Abydos (Grab U - j) deuten darauf hin, dass die Schrift hier entweder unabhängig von oder sogar vor der sumerischen Schrift entwickelt wurde, was allerdings wegen einer fehlenden, sicheren Vergleichsmöglichkeit beider Kulturkreise weder bestätigt noch widerlegt werden kann. Fundstellen wie Naqada liefern Nachweise von Ackerbau und Viehhaltung, daneben wurde aber auch gejagt und Wildpflanzen gesammelt. Erst im 4. Jahrtausend lässt sich eine ausschließlich produzierende Wirtschaftsweise belegen. Ob die Vorfahren der domestizierten Rinder, Schweine und Ziegen aus dem vorderen Orient oder aus Nordafrika stammten, ist ungeklärt.

Naqada III, Protodynastische Zeit oder 0. Dynastie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Protodynastische Zeit 3200 bis 3000 v. Chr.

Die Naqada-III-Stufe wird oft auch protodynasttische Zeit oder 0. Dynastie genannt.[4]

Naqada III is often referred to as Dynasty 0 or the Protodynastic Period to reflect the presence of kings at the head of influential states, although, in fact, the kings involved would not have been a part of a dynasty.

Der alternativ gebrauchte Begriff 0. Dynastie umschreibt den Zeitraum, in welchem die ersten inschriftlich dokumentierten Kleinkönige nachweisbar sind. Diese Herrscher benutzen erstmals den Serech als Namenssiegel, allerdings sind auch viele anonyme Serechs entdeckt worden. Es ist bis heute nicht zufriedenstellend geklärt, wie viele Kleinkönigtümer es gab. Auch kann aufgrund der Überlappungen einzelner Regierungszeiten mit denen zeitgleich herrschender Gegenkönige keine fließende Chronologie erstellt werden.

Hinsichtlich der prädynastischen Gebietsaufteilung kann mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass unter den protodynastischen Königen bereits ein festes Gebilde von Ober- und Unterägypten existierte und dass Oberägypten unterägyptische Regionen insgesamt eroberte, die eine großflächige Reichseinigung zur Folge hatten. Die rote Krone des Nordens, die später symbolisch Unterägypten kennzeichnete, stand in prädynastischer Zeit noch für den nördlichen Teil von Oberägypten, während die weiße Krone hauptsächlich von Königen im südlichen Oberägypten getragen wurde. Zudem markierten die Grenzen von Ober- und Unterägypten in dieser Epoche gegenüber dem späteren Verlauf noch völlig andere Gebiete, weshalb mehrere Lokalkönige gleichzeitig ihren Regierungsanspruch geltend machten.

In der Zeit von Skorpion II., Ka und anderen zeitgenössischen Herrschern werden außerdem kulturelle und ideologische Veränderungen sowie Neuerungen deutlich. In der Staatsideologie äußern sich letztere nicht nur durch die vermehrte Zusammenlegung diverser Gaue und Kleinstaaten, sondern auch durch die immer komplexere und intensivere Agrar- und Handelswirtschaft. Skorpion II. verfeinerte Ämter und Hierarchien hinsichtlich einer effektiven sowie verlässlichen Zusammenarbeit und Funktionalität. Immer mehr Provinzen und Fürstentümer verschmolzen miteinander und expandierten. Man erkannte offenbar den unübertroffenen Nutzen im Zusammenhalt und der wachsenden Stärke. Ideologische Veränderungen zeigen sich in den Nachweisen für extensiven Tauschhandel zwischen den Kleinkönigreichen. So wurden im Nildelta Gefäße mit typisch oberägyptischem Dekor gefunden und umgekehrt. Dieser nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ideologisch motivierte permanente Austausch zwischen den Königtümern führte schließlich zu einer Vereinheitlichung der geistigen Wertauffassungen und materiellen Kulturen. Spätestens unter König Narmer wird in den Gefäßinschriften und in den Funden in abydenischen und thinitischen Grabanlagen deutlich, wie vielschichtig und komplex das hierarchische Klassensystem schon seit protodynastischen Zeiten gewesen sein muss. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass jedes Königreich zu Skorpions Zeiten sein eigenes zentrales Verwaltungs- und Machtzentrum dieses Formats besaß, scheint es nur eine Frage der Führungsstärke gewesen zu sein, welcher der frühdynastischen Herrscher letztendlich die Reichseinigung abschließen konnte. Der sich in zahlreichen Inschriften und Dekorationsausführungen widerspiegelnde gesellschaftliche Wandel unter Skorpion II. und zahlreichen zeitgenössischen Herrschern gehörte zu den „Meilensteinen“ auf dem Weg zur Reichseinigung.

Einer der größten Wirtschafts- und Machtfaktoren werden die Bewässerungsanlagen gewesen sein, deren Entwicklung und Nutzung unter Skorpion II. ihren ersten Höhepunkt erreichte. Michael Allan Hoffman verweist unter Berufung auf die Dissertationen von Karl W. Butzer darauf, für diese Zeit fänden sich vermehrt Hinweise, dass künstliche Bewässerungssysteme angelegt und genutzt würden. Bewässerungsanlagen erlaubten einen erweiterten Anbau von Getreide, Gemüse und die Aufzucht von Nutzvieh. Dieser Faktor war für den sich gerade bildenden Staat von größter Bedeutung, da die Macht eng mit der Kontrolle über die Erntegebiete verbunden war. Nahrungsknappheit und/oder Platzmangel waren von jeher häufige Auslöser für Unruhen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gebiete mit kontrollierter Bewässerung offenbar sehr klein waren. Dies ist verwunderlich, da es archäologische Belege für kontrollierte Bewässerung bereits für die Naqada-Kultur gibt und Bewässerungsanlagen in Ägypten somit schon lange bekannt waren. Es bleibt daher zu klären, ob die bewässerten Flächen vielleicht von den Herrschenden bewusst knapp gehalten wurden, um ihre Macht zu sichern.

Das Streben nach Dominanz über ganz Ägypten endete etwa 3150 v. Chr. mit der Vereinigung beider Reiche unter oberägyptischer Herrschaft. Die anschließende Epoche wird die Frühdynastische Periode genannt.

  • Schematische Darstellungen neolithisch landwirtschaftlicher Tätigkeiten. Zeichnungen realer, gefundener Werkzeuge (archäologische Funde) und Aktivitäten von ägyptischen Wandmalereien.
  • Zusammenfassende, schematische Darstellungen neolithisch landwirtschaftlicher Tätigkeiten.

Chronologie-Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch Anwendung der Radiokarbonmethode neu ermittelte Daten führen Forscher nunmehr zu der Ansicht, dass die Chronologie der Prädynastik bis einschließlich der 1. Dynastie der Frühdynastischen Periode präzisiert und hinsichtlich der Zeitlinie auch korrigiert werden sollte.

  1. Christiana Köhler: Prehistory. In: Alan B. Lloyd (Hrsg.): A Companion to Ancient Egypt. Band 1, 2010, ISBN 978-1-4051-5598-4, S. 30–39.
  2. Stan Hendrickx: Predynastic - Early Dynastic Chronology. In: Erik Hornung / Rolf Kraus / David A. Warburton (Hrsg.): Ancient Egyptian Chronology. Brill, Leiden / Boston 2006, S. 59.
  3. Yann Tristant / Beatrix Midant-Reynes: The Predynastic Cultures of the Nile Delta. In: Emily Teeter (Hrsg.): Before the Pyramids. S. 48.
  4. Hermann A. Schlögl: Das Alte Ägypten. München 2006, S. 60.