Benutzer:TommiSiebzig/Service à la russe
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Service à la russe
Die historische Form des Service à la russe (dt. "Bedienung nach russischer Art") ist eine Speisenfolge, bei der die Gänge nacheinander an den Tisch gebracht werden und die Speisen auf dem Teller portioniert werden, bevor sie dem Gast gereicht werden. Sie wurde ab Beginn des 19. Jahrhunderts in der westlichen Welt bei formellen Abendessen zur Norm. Sie steht im Gegensatz zum älteren Service à la française (dt. "Bedienung nach französischer Art"), bei dem die Speisen der verschiedenen Gänge oder Trachten gleichzeitig in einer beeindruckenden Präsentation von Terrinen und Servierschalen auf den Tisch gebracht wurden und die Gäste sich das Essen selbst und gegenseitig auf die Teller legten.[1][2][3]
Der Service à la russe hatte den Vorteil, dass die Speisen viel heißer waren, wenn sie den Gast erreichten. Gleichzeitig wurde die Anzahl der Gerichte und Gewürze auf dem Tisch zum einem reduziert und sichergestellt, dass jeder Gast alle Gerichte probieren konnte, was beim Service à la française häufig nicht möglich war. Andererseits führte es dazu, dass Wirkung und prächtigen Fülle der Speisen auf dem Tisch reduziert wurde, und viel mehr Diener und mehr Geschirr benötigt wurde, so dass sich nur die Wohlhabenden diese Bedienung leisten konnten. Außerdem verkürzte sich die Zeit, die man bei Tisch verbrachte.[4] Da die Gäste nun nicht mehr mit dem Zureichen von Speisen beschäftigt waren, nahm die Konversation untereinander eine bedeutendere Rolle ein.
Es wird dem russischen Botschafter Alexander Borissowitsch Kurakin zugeschrieben, dass er im Sommer des Jahres 1810 bei einem Essen in Clichy am Rande von Paris den Service à la russe nach Frankreich brachte.[5][6] Während er sich in England durchsetzte und schließlich in den 1870er und 1880er Jahren zur Norm wurde gab es in Frankreich erheblichen Widerstand, und der Service à la française hielt sich bis in die 1890er Jahre und war darüber hinaus die Norm für formelle Staatsbankette.[7][8] Heute ist der Service à la russe mit einigen Änderungen die Art und Weise, in der die meisten modernen westlichen Restaurants das Essen servieren.
Aufstellung des Gedecks und Reihenfolge der Bedienung
Für einen möglichst korrekten Service à la russe in seiner modernen Form (die sich deutlich vom Original unterscheidet) muss Folgendes beachtet werden:[9]
Das Gedeck für jeden Gast umfasst einen Servierteller, alle notwendigen Bestecke außer denen für das Dessert und Gläser für Wasser, Wein und Champagner. Auf dem Servierteller liegen eine gerollte Serviette und die Tischkarte. Oberhalb des Tellers befinden sich ein Salzstreuer, eine Nussschale und die Speisekarte.
Das Besteck rechts vom Servierteller besteht von außen nach innen aus der Austerngabel, die in der Schale des Suppenlöffels ruht, dem Fischmesser, dem Fleischmesser und dem Salatmesser (oder Obstmesser). Auf der linken Seite, von außen nach innen, befinden sich die Fischgabel, die Fleischgabel und eine Salatgabel (oder Obstgabel). Wenn sowohl ein Salat- als auch ein Obstgang serviert werden, wird das notwendige zusätzliche Besteck auf einem Tablett gebracht, da es unschicklich ist, mehr als drei Messer oder Gabeln auf einmal auf dem Tisch zu haben, mit Ausnahme der Austerngabel.
Die Gäste nehmen entsprechend ihrer Platzkarten den Stuhl ein und nehmen ihre Servietten ab und legen sie sich auf den Schoß. Alternativ kann Serviette entfernt werden, wenn der Gastgeber seine eigene auf den Schoß gelegt hat. Ebenso beginnt der Gastgeber als Erster mit dem Essen, und die Gäste folgen ihm. Der Austernteller wird auf den Servierteller gestellt. Sobald dieser abgeräumt ist, wird er durch den Suppenteller ersetzt. Nach Beendigung des Suppengangs werden sowohl der Suppenteller als auch der Serviceteller vom Tisch genommen und ein erwärmter Teller an ihre Stelle gestellt. Die Regel lautet: Ein gefüllter Teller wird immer durch einen leeren ersetzt, und bis kurz vor dem Dessert bleibt kein Platz ohne Teller.
Die Fisch- und Fleischgerichte werden heute immer von Platten serviert, da bei einem korrekten Service niemals ein gefüllter Teller vor den Gast gestellt wird, da dies indirekt vorschreiben würde, wie viel der Gast zu essen hat. Dies war in der Vergangenheit nicht der Fall und wird in Restaurants auch nicht oft befolgt.
Unmittelbar vor dem Dessert werden alle Gedecke entfernt, außer den Wein- und den Wassergläsern. Gleichzeitig wird der Tisch von eventuell angefallen Krümeln befreit. Dann wird der Dessertteller hervorgeholt, auf dem ein Deckchen, eine Fingerschale sowie Gabel und Löffel liegen, wobei erstere auf der linken und letztere auf der rechten Seite des Tellers balanciert werden. Die Gäste nehmen das Deckchen und die Fingerschalen ab, stellen sie links neben den Teller und legen die Gabel auf die linke Seite des Tellers und den Löffel auf die rechte Seite des Tellers. Die Gäste müssen die Fingerschale nicht zu benutzen, wenn sie nicht mit den Fingern gegessen haben, es sei denn, sie hatten auch Brot zum Essen.
Ein mehrgängiges Essen nach russischer Art
Die Anzahl der Gerichte bzw. der Gänge, die bei einer Mahlzeit à la russe serviert werden, hat sich im Laufe der Zeit geändert, aber ein grundlegendes Prinzip des Services - beginnend mit der Suppe, über verschiedene Vorspeisen, dann den Braten oder das Wild und schließlich Gemüse (einschließlich Salate), Süßigkeiten und Kaffee - bestand von der Mitte des 19. Jahrhunderts (als diese Art von Service in Frankreich eingeführt wurde) bis zum Zweiten Weltkrieg und wurde in stark reduzierter Form bis ins 21.Jahrhundert beibehalten. Die Reihenfolge der Speisen stammt direkt von dem viel älteren Service à la française ab. Wie Jean-Louis Flandrin gezeigt hat, entsprach die Reihenfolge des Verzehrs - die den Gästen der damaligen Zeit bekannt war, aber aus den zeitgenössischen Speisekarten oder Beschreibungen der Mahlzeiten nur selten hervorgeht - im Wesentlichen der Reihenfolge der Präsentation im Service à la russe.[10]
Literatur
- Flanders, Judith: The Victorian house. Domestic life from childbirth to deathbed. Harper Collins, London 2003.
- Ottomeyer, Hans: Erscheinungen des Geschmacks. Tafelbräuche und Tischgerät. In: Die anständige Lust. Von Esskultur und Tafelsitten. München 1994, S. 23–32.
- Ottomeyer, Hans: Service à la française und service à la russe. Die Entwicklung der Tafel zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert. In: Hans Ottomeyer und Michaela Völkel (Hrsg.): Die öffentliche Tafel. Tafelzeremoniell in Europa 1300-1900. 2003, S. 94–101.
- Strong, Roy: Feast: A History of Grand Eating. Cape, London 2002.
Einzelnachweise
- ↑ Ottomeyer, Hans: Erscheinungen des Geschmacks. S. 28.
- ↑ Flanders: S. 236–238.
- ↑ Strong: S. 296–298.
- ↑ Strong, 295–99
- ↑ Strong, 296–97
- ↑ Hans Ottomeyer: Service à la française und service à la russe. In: Die öffentliche Tafel. Wolfratshausen 2002, S. 94–101.
- ↑ Strong, 298–99 (both countries)
- ↑ Flanders, 236–38 (England)
- ↑ Stephen Schmidt: When Service à la Française Met Service à la Russe. In: manuscriptcookbookssurvey.org . Pine Needles Foundation of New York. 1. November 2016. Abgerufen am 28. August 2019.
- ↑ Jean-Louis Flandrin: Arranging the Meal: A History of Table Service in France (California Studies in Food and Culture). University of California Press, Berkeley and Los Angeles 2007, ISBN 978-0520238855.