Bremsschwelle
Eine Bremsschwelle oder häufiger[1] Rüttelschwelle[2] (auch Speedbump oder Ralentisseur) ist eine quer zur Fahrtrichtung angeordnete bauliche Erhebung auf der Fahrbahn, die zu einer Geschwindigkeitsdämpfung führt und damit zur Verkehrsberuhigung beitragen soll. Die Bremsschwelle kann entweder als Kreissegmentschwelle, plateauförmige bzw. kissenartige Schwelle oder in Form runder Teller ausgeführt werden.
Bereits Mitte der 1970er Jahre experimentierte man in Deutschland mit Bodenschwellen und orientierte sich dabei an den Erkenntnissen aus den Niederlanden. Die dort bereits verwendeten Delfter Hügel bzw. Delfter Schwellen sollten auch in deutschen Wohngebieten den Fahrzeugverkehr wirksam verlangsamen.[3] Im Jahre 1988 wurden auch in Krefeld im Rahmen eines Versuchprojektes Bremsschwellen erfolgreich erprobt und auf diese Weise die so genannten Krefelder Kissen entwickelt.
Die seinerzeit in Berlin erprobten Berliner Kissen (Coussins berlinois) sind insbesondere in Frankreich beliebt.[4] Damit werden kleinere Bremsschwellen bezeichnet, die von LKW und Radfahrern über- bzw. umfahren werden können.
Begriffsbestimmungen
Für die Bezeichnung von Bremsschwellen haben sich im Laufe der Zeit und in Abhängigkeit von der Bauform und der Herkunft viele verschiedene Begriffe eingebürgert.[5] So werden die Schwellen allgemein (auch auf fachlicher Ebene) häufig als Fahrbahnschwellen, Bodenschwellen, Tempo(hemm)schwellen bzw. Geschwindigkeitshügel oder Kreissegmentschwellen bezeichnet. In Abhängigkeit von ihrer Herkunft bzw. Verbreitung haben sich zudem die Begriffe Moabiter Kissen,[6] Krefelder Kissen, Berliner Kissen, Kölner Teller oder Delfter Hügel etabliert. Diese Vielzahl an Begrifflichkeiten lässt sich auch in anderen Sprachen feststellen. Besonders häufig wird hier die Formulierung „schlafender“ bzw. „liegender Polizist“ (engl. sleeping policeman) verwendet.
Bauformen
Bremsschwellen lassen sich in folgende Bauformen unterscheiden:
- Kreissegmentschwelle
- plateauförmige bzw. kissenartige Schwelle
- runde Teller (Mehrfachanordnung)
- Rüttelstreifen (über die gesamte Straße oder auch nur am Straßenrand)
Neben den oben genannten Bauformen wurden auch Bodenschwellen entwickelt, die von schweren Fahrzeugen (wie etwa Bussen, LKW und Rettungsfahrzeugen) beim Überfahren herabgedrückt werden. PKWs können dagegen aufgrund ihres geringeren Gewichts die eingebauten Federn der Bodenschwelle nicht herunterdrücken.[7]
Kritik
Nach erfolgreicher Erprobung entwickelte sich die Bremsschwelle bei vielen Kommunen rasch zu einem wichtigen Instrument der Verkehrsberuhigung. Die daraufhin vielerorts errichteten Bremsschwellen erzielten jedoch häufig nicht die erhoffte Wirkung und wurden zum Teil wieder zurückgebaut.
Die Gründe für den Rückbau sind vielfältig.[8] Die Bremsschwellen werden trotz Beschilderung von Fahrzeugführern und Radfahrern oftmals erst spät erkannt und der durch sie verursachte Stoß wird auch bei niedrigen Geschwindigkeiten als unangenehm empfunden. Von der Schwelle ist nicht nur der PKW-Verkehr betroffen, sondern alle Verkehrsteilnehmer (z. B. Radfahrer, Busse, Rettungs- und Winterdienstfahrzeuge). Die angestrebte Lärm- und Schadstoffverringerung tritt in vielen Fällen nicht ein, da die Fahrzeugführer vor der Schwelle abbremsen und dahinter wieder beschleunigen (unstetige Fahrweise). Des Weiteren kann es zu ungewünschten Verkehrsverlagerungen kommen, da die Fahrzeugführer die mit Bremsschwellen ausgestattete Straße meiden und auf andere Straßen ausweichen (Schleichverkehr). Insbesondere kurze Schwellen können beim Überfahren zu Schäden am Fahrzeug führen. Die Folge sind Schadenersatzforderungen, die in vielen Fällen erfolgreich durchgesetzt werden.
Aufgrund der vorgenannten Gründe wird der Einsatz von Bremsschwellen eingehend geprüft. Es hat sich die Meinung durchgesetzt, dass diese nur bei geringem Verkehrsaufkommen und zur Unterstützung weiterer verkehrsberuhigender Maßnahmen verwendet werden sollten.[8]
Auch werden Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung gelegentlich zum Ziel von Vandalismusattacken.[9][10]
Gefahren
Für Fahrradfahrer und Motorradfahrer stellen die Bremsschwellen eine Sturzgefahr dar. Nach Ansicht des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) muss auf der Fahrbahn genügend Platz für Fahrradfahrer sein, um daran vorbeizukommen.[11] In Heidelberg kam es zu einem tödlichen Fahrradunfall, als ein 41-Jähriger über die „Kölner Teller“ fuhr und mit dem Kopf gegen den Sockel einer Mauer prallte.[12] Daraufhin erhielten drei Mitarbeiter des städtischen Amtes für Verkehrsmanagement eine Verwarnung mit Strafvorbehalt.[13] Aufgrund der Gefahren, die von den Bremsschwellen ausgehen, werden vom Hersteller Sicherungsmaßnahmen empfohlen.[14]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ „Rüttelschwelle“ gibt es im Duden online, aber nicht „Bremsschwelle“
- ↑ Rüttelschwelle im Duden
- ↑ Kölner Knubbel, Der Spiegel, Ausgabe vom 1. November 1976.
- ↑ Les “coussins berlinois”, ces ralentisseurs low-cost dans le viseur de la justice. In: Toute l’info › Société. 20. Januar 2021. Auf LCI.fr (französisch), abgerufen am 28. Oktober 2021.
- ↑ Richard Deiss: Silberling und Bügeleisen – 1000 Spitznamen in Transport und Verkehr und was dahinter steckt. 2010, ISBN 3-8391-6269-6, S. 25.
- ↑ Moabitonline.de Moabiter Kissen über Johann Anton Schilcher, den Erfinder der Bremsschwelle in Berlin-Moabit
- ↑ Die intelligente Bodenschwelle: Verkehrsberuhigung ohne Kompromisse. Archiviert vom Original am 16. April 2012. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 11. Oktober 2011.
- ↑ a b Günter Wolf: Straßenplanung. Werner Verlag, München 2005, ISBN 3-8041-5003-9, S. 306.
- ↑ „Gemeinde bittet Vandalen zur Kasse“ Kreiszeitung vom 21. Juli 2012 (abgerufen am 28. Mai 2016)
- ↑ GTI-Treffen: Schwellendiebe geschnappt, orf.at, 4. Mai 2016, abgerufen 28. Mai 2016.
- ↑ Experten raten von den Metallhubbeln auf der Fahrbahn ab. Rhein-Neckar-Zeitung vom 4. November 2017 (abgerufen am 10. November 2017)
- ↑ Nach dem Tod des Radfahrers wird der Unfall untersucht. Rhein-Neckar-Zeitung vom 7. November 2017 (abgerufen am 10. November 2017)
- ↑ Heidelberger Verkehrsplaner verurteilt. Rhein-Neckar-Zeitung vom 8. Dezember 2018 (abgerufen am 17. Dezember 2018)
- ↑ Verlegehinweise und Sicherungsmaßnahmen. (abgerufen am 10. November 2017)
Weblinks
- Kölner Teller: Der Streit um die "Tellerminen" geht weiter FAZ vom 7. Januar 2004