Burewestnik (Marschflugkörper)

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Satellitenbild der Abschussrampe

Burewestnik (russisch Буревестник Sturmvogel) ist ein strategischer Marschflugkörper mit Kernenergieantrieb aus russischer Produktion in der Testphase. Im GRAU-Index wird der Flugkörper 9M730 bezeichnet. Der NATO-Codename lautet SSC-X-9 Skyfall.[1]

Chronologie

Konzepte zu Flugkörpern dieser Art wurden sowohl von der Sowjetunion als auch von den USA in den 1950er-Jahren erörtert, in den USA mit Pluto entwickelt, in der Sowjetunion als Prototyp erstellt und an beiden Orten verworfen. Die Nachteile des Konzepts, insbesondere die Gefahr, welche von diesem Gerät während des Starts oder des Fluges über eigenes Territorium ausging, waren zu offensichtlich, ganz abgesehen davon, dass eine Landung nicht vorgesehen war.[2]

Laut der weitherum bekannten Aussage des russischen Präsidenten Wladimir Putin aus dem Jahr 2018 begann die Entwicklung von Burewestnik nach dem Austritt der Vereinigten Staaten aus dem ABM-Vertrag im Dezember 2001 als Antwort auf den von den USA vorangetriebenen Aufbau eines globalen Raketenabwehrsystems.[3]

Der Marschflugkörper wurde der breiten Öffentlichkeit im März 2018 bekannt, als Putin ihn zusammen mit fünf weiteren Rüstungstechnologien in seiner Rede vor der Föderationsversammlung vorstellte. Der Name „Burewestnik“ (Sturmvogel) wurde im Rahmen einer Volksabstimmung auf der Online-Plattform des russischen Verteidigungsministeriums gewählt.[4] Angeblich sei das Gerät 2017 geflogen, die angestrebte Leistung sei erreicht worden und in der Folge wurden Sergei Kirijenko und Juri Borissow mit dem Titel Held der Russischen Föderation ausgezeichnet, was auf die Entwicklung von Burewestnik zurückgeführt wurde.[5] Möglicherweise steht die Freisetzung von Ruthenium südlich des Urals 2017 in Zusammenhang mit einem missglückten Testflug eines Burewestnik-Marschflugkörpers.[1] Andererseits war gar nicht klar, ob der erwähnte Test überhaupt mit einer Atomanlage durchgeführt worden war, eine Quelle hatte von einem Mockup gesprochen.[6]

Vermutlich fiel bei einem Test im Oktober 2018 ein System ins Meer. Zu jener Zeit waren Flugverbotszonen (NOTAMs) publiziert.[7] Der Nuklearunfall von Njonoksa am 8. August 2019 mit sieben Toten und einer nicht unerheblichen Menge von ausgetretener Radioaktivität wurde überwiegend mit dem Burewestnik-Projekt in Verbindung gebracht. Eine aufgrund der Informationen plausible Erklärung des Vorfalls war der Versuch der Bergung des möglicherweise im Oktober 2018 ins Meer gestürzten Flugkörpers.[7]

In einer am 22. November 2019 gesendeten Rede erklärte Putin die Vollendung und Perfektionierung einer neuartigen Waffe, die im Zusammenhang mit dem Unfall steht. Deren Besitz würde „die Souveränität und die Sicherheit Russlands für die kommenden Jahrzehnte“ sicherstellen. Am Vortag hatte er den Witwen der 7 Getöteten postum Tapferkeitsmedaillen für ihre Männer überreicht.[8]

Technische Angaben

Burewestnik soll einen Mini-Kernenergieantrieb basierend auf einem Kernreaktor[9] oder Radionuklidbatterien besitzen und dadurch eine Reichweite von über 25.000 km haben.[1] Nach russischen Angaben soll er mehrfach um den Planeten fliegen und den potenziellen Gegner aus einer unerwarteten Himmelsrichtung erreichen können. Zu den weiteren Eigenschaften von Burewestnik zählen nach Aussage von russischen Militärs seine Manövrierfähigkeit und seine niedrige Flughöhe, weswegen er für feindliche Raketenabwehrsysteme kaum erkennbar und erst recht nicht zerstörbar sei.[3] Westliche Rüstungsexperten nehmen an, dass Burewestnik ein Kernwaffen-Träger ist.[1]

Von US-Experten wurde die technische Machbarkeit eines Marschflugkörpers mit einem nuklearen Antrieb aufgrund der Nachteile als unglaubhaft bezeichnet, jedoch nicht ausgeschlossen.[10]

Westlichen Beobachtungen zufolge wurde im Jahr 2011 mit der Entwicklung des Burewestnik begonnen.[1] Von den 13 Testflügen, die zwischen 2016 und Ende 2019 stattfanden, verliefen gemäß westlichen Nachrichtendiensten nur zwei erfolgreich.[1] Nach US-Darstellung kam kein Flug über eine Flugstrecke von 22 Meilen (35,4 km) hinaus.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Rainer Göpfert: Russland erprobt „Burewestnik“. In: FliegerRevue, Nr. 1/2021, S. 22–25

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Jill Hruby: Russia’s New Nuclear Weapon Delivery Systems – An Open-Source Technical Review. (PDF) In: nti.org. NTI - The Nuclear Threat Initiative, 1. November 2019, abgerufen am 28. Januar 2020 (englisch).
  2. Хоть чучелом, хоть пушкой, Nowaja Gaseta. Europa, 20. August 2022
  3. a b Russia gears up to test fine-tuned ‘invincible’ nuclear powered cruise missile. In: tass.com. TASS, 19. Juli 2018, abgerufen am 16. August 2019 (englisch).
  4. Россияне выбрали названия для новейшего отечественного оружия. In: ria.ru. RIA Novosti, 23. März 2018, abgerufen am 16. August 2019 (russisch, dt. Die Russen haben die Namen für die neuesten einheimischen Waffen ausgewählt).
  5. Putins "Sturmvogel": Kiriyenko erhielt dafür den Helden Russlands, Moskowski Komsomolez, 5. Juli 2018
  6. In den USA wurden Putins Worte über eine Rakete mit einem Atomkraftwerk in Frage gestellt, Vwdomosti, 1. März 2018; Ядерную установку на борту представлял электрический макет, говорит источник
  7. a b "Die Wassersäule stieg 100 Meter hoch", rferl, 29. August 2019 (russisch)
  8. Tödlicher Unfall: Putin kündigt Vollendung neuer Waffe an orf.at, 22. November 2019, abgerufen am 23. November 2019.
  9. Russia's New Arms Give the U.S. Room for Pause. Stratfor Enterprises, 16. August 2019, abgerufen am 18. September 2019 (englisch).
  10. Sean Gallagher: Best bad idea ever? Why Putin’s nuclear-powered missile is possible… and awful. In: arstechnica.com. Ars Technica, 22. März 2018, abgerufen am 16. August 2019 (amerikanisches Englisch).
  11. Amanda Macias: Putin claimed a new nuclear-powered missile had unlimited range — but it flew only 22 miles in its most successful test yet. In: cnbc.com. CNBC, 22. Mai 2018, abgerufen am 16. August 2019 (amerikanisches Englisch).