Bürgerbewegung Pro Chemnitz

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Bürgerbewegung Pro Chemnitz
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Pro Chemnitz.png
Basisdaten
Art Wählergruppe
Ausrichtung Rechtspopulismus, Rechtsextremismus
Verbreitung Coat of arms of Chemnitz.svg Chemnitz
Gründungsdatum 2009
Gründungsort Chemnitz
Vorsitzender Reinhold Breede
Stellvertreter Ina Leuoth
Schatzmeister Martin Kohlmann
Struktur
Mitglieder > 30
Gliederung keine
Frauenanteil unbekannt
Jugendorganisation keine
Mitgliedschaften keine
Adressen
Adresse Postfach 767
09007 Chemnitz
Website www.pro-chemnitz.de

Die Bürgerbewegung Pro Chemnitz (Kurzbezeichnung: PRO CHEMNITZ) ist eine rechtspopulistische[1][2] Wählervereinigung in Chemnitz und gilt als Teil der Pro-Bewegung.[3][4] Sie wird seit Ende 2018 vom Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Bestrebungen nachrichtendienstlich beobachtet.

Geschichte

Die Bürgerbewegung Pro Chemnitz wurde 2009 durch den Ex-Republikaner-Stadtrat Martin Kohlmann sowie den vormaligen Chemnitzer Stadtparlamentspräsidenten[5] und Ex-CDU-Mitglied Reinhold Breede gegründet.

Die ehemalige Stadtratsfraktion der Republikaner verließ nach anhaltenden internen Konflikten auf Grund unüberwindbarer Differenzen geschlossen die Partei und trat der neuen Bürgerbewegung bei. Eine Neubenennung der Fraktion als äußerer Nachvollzug dieser Entscheidung wurde jedoch zunächst durch die Oberbürgermeisterin der Stadt Chemnitz, Barbara Ludwig (SPD), verboten.[6] Das Oberverwaltungsgericht in Bautzen hob dieses Verbot jedoch später auf.[7]

Die Pro-Chemnitz-Fraktion im Chemnitzer Stadtrat klagte erfolgreich gegen die 2005 beschlossene Änderung der Fraktionsfinanzierung. Das Bundesverwaltungsgericht entschied 2012 rechtskräftig, dass die getroffene Regelung kleinere Fraktionen diskriminiert.[8][9]

Nachdem es im Verlauf des Jahres 2013 in der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Chemnitz-Ebersdorf wiederholt zu schweren Ausschreitungen gekommen war,[10][11] unterstützte Pro Chemnitz mehrere Protestdemonstrationen einer örtlichen Bürgerinitiative, an denen bis zu 200 Menschen teilnahmen.[12][13][14]

Am 19. Januar 2015 veranstaltete Pro Chemnitz eine Mahnwache für Meinungsfreiheit, an der sich 300 Menschen beteiligten. Anlass war das polizeiliche Verbot der Dresdner PEGIDA-Demonstration, das aufgrund islamistischer Terrordrohungen gegen die Versammlung ausgesprochen wurde.[15]

Im August und September 2018 organisierte Pro Chemnitz im Kontext der fremdenfeindlichen Ausschreitungen die zentralen Demonstrationen, die auch international Beachtung fanden.

Im November 2019 sperrte der Onlinebezahldienst PayPal das Konto der Bewegung, nachdem mehr als 100.000 Menschen dies per Petition forderten.[16]

Politische Einordnung

Pro Chemnitz verfüge – nach einer „Situationsanalyse der 'rechten Szene' in Chemnitz“ im Auftrag des DGB Region Südwestsachsen[17] – in „Person Kohlmanns […] über gute Verbindungen zur NPD in Sachsen.“[18] Zwar nehme „Pro Chemnitz zum Nationalsozialismus eine distanzierte oder schweigende Haltung ein. Mit der Rede vom 'Volkstod' oder den 'Völkermassen fremder Ethnien, die ins Land geholt werden' […], schließt Pro Chemnitz indes an die völkisch nationalen Diskurs [sic] der NPD an“.[19] „In strategischer Hinsicht“[20] ähnele sie der Pro-Bewegung.

Auch zur militanten Naziszene bestehen Kontakte. So kandidierte zur Stadtratswahl im Mai 2014 eine (laut Innenministerium) zum Kern der verbotenen Kameradschaft Nationale Sozialisten Chemnitz gehörende Person für Pro Chemnitz. Pro-Chemnitz-Fraktionsvorsitzender Kohlmann bestritt eine NSC-Mitgliedschaft des Kandidaten.[21]

Das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen sah 2011 bei der Bürgerbewegung Pro Chemnitz jedoch „keine tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen“.[22] Seit Ende 2018 beobachtet das Amt die Gruppierung.[23]

Wahlteilnahmen und Ergebnisse

Oberbürgermeisterwahlen

Bei der Oberbürgermeisterwahl 16. Juni 2013 in Chemnitz kandidierte Martin Kohlmann für Pro Chemnitz und erreichte ein Ergebnis von 5,6 Prozent der Stimmen.[24] Da keiner der Bewerber bei dieser Wahl die absolute Mehrheit erreichte, fand am 30. Juni 2013 eine Neuwahl statt, bei der auch Martin Kohlmann wieder antrat und 5,5 Prozent der Stimmen erhielt.[25][26]

Zur letzten Kommunalwahlen konnte Pro Chemnitz sein Ergebnis auf 7,7 Prozent der Stimmen und damit auf 5 Mandate ausbauen. Des Weiteren schafften sie es auch mit einem Mandat in den Ortschaftsrat Einsiedel (7,8 Prozent) und mit zwei Mandaten in den Ortschaftsrat Wittgensdorf (20,5 Prozent).

Stadtrats- und Ortschaftsratswahlen

Zur Wahl des Chemnitzer Stadtrates am 7. Juni 2009 trat die Bürgerbewegung Pro Chemnitz unter dem Namenszusatz DSU an, da sie Mitglieder der Deutschen Sozialen Union auf ihrer Liste kandidieren ließ. Sie erhielt bei dieser Wahl 12.608 Stimmen (4,6 Prozent)[27] und stellte damit in der Wahlperiode 2009–2014 drei Stadträte.[28]

Bei der Wahl des Chemnitzer Stadtrates am 25. Mai 2014 konnte die Bürgerbewegung Pro Chemnitz ihren Stimmenanteil auf 5,7 Prozent (+ 1,1 Prozentpunkte) ausbauen und erhielt erneut drei Sitze.[29][30] Im Chemnitzer Stadtteil Ebersdorf wurde Pro Chemnitz mit 17,8 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft nach der CDU (25,3 Prozent).[31][32] Bei den Wahlen der Ortschaftsräte der Stadt Chemnitz, die gleichzeitig mit der Stadtratswahl stattfanden, trat Pro Chemnitz ausschließlich in der Ortschaft Einsiedel an und erzielte hier 3,97 Prozent der Stimmen.[33]

Weblinks

Quellen

  1. Lokaler Aktionsplan für Demokratie, Toleranz und für ein weltoffenes Chemnitz (LAP). (Memento vom 8. Dezember 2012 im Internet Archive) (PDF; 275 kB) Fortschreibung 2012. Stand: November 2011, veröffentlicht auf chemnitz.de
  2. Swen Uhlig: NPD plant Aufmarsch in Chemnitz, freiepresse.de, 16. Februar 2010.
  3. Katharina Leuoth: Engagement mit Haken. Freie Presse, 11. Mai 2011, archiviert vom Original am 10. Januar 2014; abgerufen am 11. April 2013.
  4. Friedrich-Ebert-Stiftung: Die rechten Pro-Parteien: Herkunft, Ideologie, Potential (2011)
  5. Ein ehemaliges Amt in Chemnitz. Stadtparlamentspräsidenten leiteten die Sitzungen des Stadtrates, waren mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet und standen damit in Konkurrenz zum Amt des Oberbürgermeisters.
  6. Vgl. Freie Presse vom 6. April 2009, S. 4.
  7. Archivlink (Memento vom 31. Mai 2009 im Internet Archive)
  8. http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/verteilung-der-zuwendung-nach-anzahl-der-mitglieder-benachteiligt-kleinere-fraktionen/
  9. http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2012&nr=62
  10. http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/Asylbewerber-nach-Ausschreitungen-vor-Gericht-artikel8824484.php
  11. https://www.sächsische.de/polizei-grosseinsatz-in-asylbewerberheim-2671173.html
  12. https://www.freiepresse.de/200-teilnehmer-bei-demonstration-gegen-asylbewerberheim-artikel8607180
  13. https://www.freiepresse.de/asylpolitik-hunderte-menschen-demonstrieren-in-chemnitz-und-schneeberg-artikel8565929
  14. http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/Erneut-Demonstration-in-Ebersdorf-artikel8643386.php#
  15. Freie Presse (Chemnitzer Zeitung), 20. Januar 2015, S. 9.
  16. Paypal sperrt "Pro Chemnitz" - Öffentlicher Druck wirkt. Abgerufen am 27. November 2019 (deutsch).
  17. DGB Region Südwestsachsen (2011): „Rechts“ sind doch die anderen!? Eine Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen und ein aktueller Überblick über die Neonazi-Szene und die „Neue Rechte“ in Chemnitz
  18. DGB Region Südwestsachsen (2011): „Rechts“ sind doch die anderen!? Eine Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen und ein aktueller Überblick über die Neonazi-Szene und die „Neue Rechte“ in Chemnitz, S. 54 (PDF; 1,4 MB)
  19. DGB Region Südwestsachsen (2011): „Rechts“ sind doch die anderen!? Eine Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen und ein aktueller Überblick über die Neonazi-Szene und die „Neue Rechte“ in Chemnitz, S. 55 (Fehler im Original) (PDF; 1,4 MB)
  20. DGB Region Südwestsachsen (2011): „Rechts“ sind doch die anderen!? Eine Auseinandersetzung mit menschenverachtenden Einstellungen und ein aktueller Überblick über die Neonazi-Szene und die „Neue Rechte“ in Chemnitz, S. 55 (PDF; 1,4 MB)
  21. Freie Presse: Verbotene Neonazi-Gruppe: Mitglied will in den Stadtrat, 10. April 2014
  22. Archivierte Kopie (Memento vom 16. Juni 2011 im Internet Archive)
  23. https://www.mdr.de/sachsen/chemnitz/chemnitz-stollberg/verfassungsschutz-beobachtet-pro-chemnitz-100.html
  24. http://chemnitz.de/chemnitz/de/buerger-rathaus/wahlen/wahlen_2013/oberbuergermeisterwahl/ergebnisse_20130616.html
  25. https://archive.today/2013.06.26-230731/http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/thema-ob-wahl-chemnitz-2013/Vier-Bewerber-fuer-Wahl-zum-Stadt-Chef-von-Chemnitz-bestaetigt-artikel8431143.php
  26. https://www.freiepresse.de/chemnitz/ob-wahl-in-chemnitz-klarer-wahlsieg-fuer-barbara-ludwig-artikel8444056
  27. Archivierte Kopie (Memento vom 19. Oktober 2014 im Internet Archive)
  28. chemnitz.de: Stadtratsfraktionen, abgerufen am 12. April 20139
  29. http://www-03.stadt-chemnitz.de/php/kom2014/iFrameErgebnisseStadt.php
  30. http://www-03.stadt-chemnitz.de/php/kom2014/iFrameErgebnisseSR.php
  31. Archivierte Kopie (Memento vom 7. Juni 2014 im Internet Archive)
  32. http://www-03.stadt-chemnitz.de/php/kom2014/iFrameErgebnisseStadtteil2.php?id=14&name=Ebersdorf
  33. http://www-03.stadt-chemnitz.de/php/osr2014/iFrameErgebnisseEinsiedel.php?id=46&stadtteilName=Einsiedel&name1=einsiedel2014CDE&name2=einsiedel2014listeCDE