Gua Sha

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(Weitergeleitet von Cạo gió)
Patient nach der Behandlung

Gua Sha, auch Guasha (chinesisch 

刮痧

, Pinyin

guāshā

), setzt sich zusammen aus gua (

, "schaben") und sha (

, "akute Krankheit" wie Sonnenstich oder Cholera). Gua Sha ist eine volksheilkundliche Behandlung, die teilweise auch von Anwendern der Traditionellen Chinesischen Medizin verwendet wird. In Ostasien und Südostasien ist Gua Sha unter verschiedenen Bezeichnungen als Heilmethode der Volksmedizin weit verbreitet. Bei dieser Methode wird mit einer abgerundeten Kante eines Porzellanlöffels, einer Münze mehrmals über einen Bereich der Haut geschabt, bis eine deutliche Verfärbung und Blutungen unter der Haut auftreten.

Gua Sha entspricht auf vietnamesisch cạo gió. Dies bedeutet wörtlich „windschaben“ und ist ein sehr häufig angewendetes Heilmittel unter Vietnamesen gegen Erkältung und Fieber, wobei die Erkrankung an diesen auch oft trúng gió („vom Wind getroffen“) genannt wird.[1]

Gua Sha ist auch in Indonesien als traditionelle javanesische Technik der Volksheilkunde weit verbreitet und bekannt als kerikan (wörtlich „Schabetechnik“) oder kerok, was von den meisten Indonesiern als „den Wind durch Schaben herausholen“ verstanden wird.[2]

In Japan ist Gua Sha auch als kassa (jap.

刮痧

) bekannt.

Die Wirksamkeit des Verfahrens ist außerhalb China nicht hinreichend erforscht und wissenschaftlich und schulmedizinisch nicht belegt.

Die Volksheilkundemethode Gua Sha

Gua Sha ist eine Methode der Volksheilkunde, wobei die Bezeichnung dieser Technik in der jeweiligen Sprache erfolgt:

  • Gua Sha ist in der Bevölkerung des fernen Ostens sehr weit verbreitet als Erstmaßnahme bei Krankheiten.
  • Gua Sha erfordert keine komplexe medizinische Diagnose.
  • Gua Sha ist einfach zu handhaben.

Trotzdem wird Gua Sha auch von Anwendern der Traditionellen Chinesischen Medizin als ein ebenso wichtiger Bestandteil wie das Schröpfen verwendet, wobei Gua Sha und Schröpfen üblicherweise nicht zusammen angewendet werden. Damit ist Gua Sha der häusliche Auftakt einer traditionellen chinesischen Behandlung, wenn das Schaben alleine zur Gesundung nicht ausreichen sollte.

Die Gua-Sha-Technik

Gua Sha besteht aus wiederholtem Schaben auf eingeölter Haut mit einer abgerundeten Kante. Üblicherweise wird ein chinesischer Porzellansuppenlöffel, eine abgenutzte Münze, abgerundete Tierhörner oder Jade verwendet. Die abgerundete Kante wird auf die eingeölte Haut gedrückt und entlang der Muskeln oder der Meridiane in ca. 10 bis 15 cm langen Zügen bewegt. Dieses Verfahren verursacht eine verstärkte Durchblutung (Sha) in der Haut, wobei auch Petechien und Ekchymosen entstehen. Es dauert normalerweise 2 bis 4 Tage, bis diese wieder verschwinden. Je stärker die „Blutstase“ (im Sinne der chinesischen Medizin) ist, desto stärker verfärbt sich die Haut. Typischerweise verspüren Patienten sofort eine Erleichterung und Veränderung.

Die Hautverfärbungen durch Gua Sha können leicht als Zeichen körperlicher Misshandlung mißgedeutet werden.[3][4]

Es gibt eine verwandte Technik, ba sha (

拔痧

,

báshā

), oder tsien sha (wörtlich „anheben für Cholera“), die eine ähnliche Wirkung entwickeln soll wie Gua Sha. Bei ba sha hebt man die Haut an und bewegt sie dann zwischen den Fingern, bis Petechien entstehen. Über Sehnen und Bändern oder an den Augenbrauen wird diese Technik eher als Gua Sha durchgeführt.

Indikationen

Im klassischen chinesischen Gebrauch wird Gua Sha meist angewendet bei:

Kontraindikationen

Gua Sha darf nicht angewendet werden bei:

Abwandlungen

Jade-Roller sollen Gesichtsspannungen reduzieren und die Durchblutung fördern.

Eine moderne Anwendung von Gua Sha ist zum Ende des Jahres 2016 durch Influencer auf Instagram, YouTube und Tik Tok bekannt geworden: Der Jade-Roller.[8]

Anwendung

Der Jade-Roller besteht aus einem Handstück, an dem zwei glatt polierte Walzen aus Jadestein befestigt sind. Die größere Walze wird über flächigere Gesichtspartien wie Wangen und Stirn gestrichen. Die kleinere Walze ist u. a. für die Augenpartie gedacht.[9] Grundsätzlich sind die Jade-Roller für jeden Hauttypen geeignet, allerdings sollte nicht zu viel Druck auf die Haut ausgeübt werden. Der Roller wird dabei einmal täglich angewendet. Vor der Anwendung wird das Gesicht allerdings gründlich gereinigt und Pflegeprodukte auf die Haut aufgetragen. Nun wird mit dem Jade-Roller über das Gesicht gerollt, wobei stets von der Mitte nach außen und von unten nach oben gerollt werden soll:[9]

  • Zunächst wird mit dem breiten Ende des Rollers vom Nasenrücken in kleinen Aufwärtsbewegungen über die gesamte Stirn in Richtung Haaransatz gerollt.
  • Anschließend wird entlang des Haaransatzes in Richtung der Schläfe gearbeitet.
  • Mit dem kleineren Ende des Jade-Rollers wird nun von der inneren Augenbraue zur Schläfe gefahren.
  • Anschließend wird vom inneren Augenwinkel zur Schläfe gearbeitet.
  • Mit der breiten Seite des Jade-Rollers wird danach von der Mitte des Kinns über den Kieferknochen bis hin zu den Schläfen gerollt. Dabei darf ein leichter Druck ausgeübt werden.
  • Danach wird von der Mitte der Lippe zu den Schläfen gerollt.
  • Anschließend wird der Roller von der Nasenmitte zu den Schläfen bewegt.
  • Zum Schluss wird der Jade-Roller von den Schläfen runter zu den Lymphknoten gefahren.[9][10]

Durch die Massage werden Pflegeprodukte besser in die Haut eingearbeitet als beim bloßen Cremen mit den Fingern.[9]

Nach der Anwendung wird der Jade-Roller unter fließendem Wasser gereinigt. Danach kann der Roller im Kühlschrank gelagert werden, um den kühlenden Effekt bei der nächsten Anwendung zu intensivieren.[9][10]

Wirkung

Der Stein wirkt entzündungshemmend und kühlend auf der Haut. Der grüne Jade-Stein soll außerdem mystische Kräfte haben, Schutz bieten und Eigenschaften wie Weisheit und Ausgeglichenheit fördern.[8] Zusätzlich soll der Jade-Roller einen Anti-Aging-Effekt haben und Gesichtsspannungen reduzieren.[11] Es gibt bereits Studien, die erste Hinweise darauf geben, dass durch die Anwendung eines Jade-Rollers die Durchblutung gefördert wird, wodurch die Haut praller, rosiger und frischer wirkt.[12] Die Rollbewegung regt außerdem die Stoffwechselprozesse der Haut an, genauer den Lymphfluss, wodurch Giftstoffe schneller abtransportiert werden.[13] Auch bei Kopfschmerzen verspricht der Jade-Roller durch die kühlende Wirkung Linderung.[9]

Vermarktung

Durch die sozialen Medien wurde der Jade-Roller in den letzten Jahren zu einem Hauptpflege-Produkt des Internets. Allerdings werden Jade-Roller nicht nur über Influencer vermarktet, sondern auch kommerzielle Einzelhändler haben bereits an dem Trend angeknüpft und Jade-Rolle produziert. Besonders der niedrige Preis und die Benutzerfreundlichkeit gelten dabei als Vorteile bei der Vermarktung. Gleichzeitig lässt sich mit dem Jade-Roller eine Mischung aus Selbstpflege und Wellness garantieren, die den Konsumenten eine kurze Auszeit durch eine Gesichtsmassage in Kombination mit Dekompression und Entspannung gönnt.[8]

Weitere Gesichts-Roller

Mittlerweile gibt es auch Walzen, die mit anderen Edelsteinen bestückt sind. Zum Beispiel lassen sich auch Rosenquarz-Roller finden, wobei der rosa Rosenquarz für bedingungslose Liebe, Empathie und Frieden steht.[8][9] Der Stein soll helfen Spannungen und Stress zu lösen und Ängste zu reduzieren. Da die Psyche und die Haut sich gegenseitig beeinflussen, wird dem Rosenquarz-Roller eine beruhigende Wirkung auf irritierte Haut zugesprochen.[9]

Rezeption

  • Der Film Gua Sha – Die Behandlung aus dem Jahr 2001 vom chinesischen Regisseur Zheng Xiaolong (
    郑晓龙
    ) thematisiert das Unverständnis, das dieser fernöstlichen Behandlungsmethode im Westen häufig entgegengebracht wird.[14][15]

Siehe auch

Literatur

chronologisch aufsteigend

  • P. Huard, M. Wong: Oriental Methods of Mental and Physical Fitness: The Complete Book of Meditation, Kinesitherapy, and Martial Arts in China, India, and Japan. Übersetzt von D. N. Smith. Funk & Wagnalls, New York 1977, ISBN 0-308-10271-1. (englisch)
  • A. Nielsen: Gua Sha – Eine traditionelle Technik für die moderne Medizin. Verlag für Ganzheitliche Medizin, Mai 2000, ISBN 978-3-927344-51-8.
  • A. Nielsen: Gua Sha. Step-by-Step: A Visual Guide to a Traditional Technique for Modern Medicine. Lehrvideo. Verlag für Ganzheitliche Medizin, Koetzing 2002, ISBN 3-927344-63-X. (englisch)
  • Franz Thews: Schabemethode Gua Sha Fa in der TCM. Im Selbstverlag, Mai 2004, ISBN 978-3-936456-07-3.

Einzelnachweise

  1. G. W. Yeatman, V. V. Dang: Cao Gío (coin rubbing). Vietnamese attitudes toward health care. In: JAMA. Band 244, 19. Dezember 1980, S. 2748–2749, PMID 7441861. (englisch)
  2. A. Nielsen: Gua Sha: Traditional Technique for Modern Practice. Churchill Livingstone, Edinburgh / New York 1995, ISBN 0-443-05181-X. (englisch)
  3. B. B. Randall: Fatal hypokalemic thyrotoxic periodic paralysis presenting as the sudden, unexplained death of a Cambodian refugee. In: American Journal of Forensic Medical Pathology. Band 13, September 1992, S. 204–206, PMID 1476122.
  4. B. S. Hulewicz: Coin-rubbing injuries. In: American Journal of Forensic Medical Pathology. Band 15, September 1994, S. 57–60, PMID 7825559. (englisch)
  5. A. L. Ries, M. A. Picchi, L. H. Nguyen, R. J. MoserJ, C. A. Molgaard, S. I. Wasserman: Asthma in a Vietnamese refugee population. In: American Journal of Respir Crit Care Med. Band 155, Juni 1997, S. 1895–1901, PMID 9196092. (englisch)
  6. A. Nielsen, N. T. Knoblauch, G. J. Dobos, A. Michalsen, T. J. Kaptchuk: The effect of Gua Sha treatment on the microcirculation of surface tissue: a pilot study in healthy subjects. In: Explore. Band 3, New York 2007, S. 456–466, PMID 17905355. (englisch)
  7. M. E. Schwickert, F. J. Saha, M. Braun, G. J. Dobos: Gua Sha for migraine in inpatient withdrawal therapy of headache due to medication overuse. In: Forsch Komplement Medizin. Band 14, Oktober 2007, S. 297–300. PMID 17971671. (englisch)
  8. a b c d Thomas Ellen: Jade Rollers: Inside the Millennial Skin-Care Obsession. Hrsg.: WWD. 2. Auflage. 2018, S. 10–11 (englisch).
  9. a b c d e f g h Philipp Wehsack: Lohnt sich ein Jade-Roller? 11. November 2020, abgerufen am 29. September 2021.
  10. a b Richtige Anwendung & Wirkung von Jade Roller. Abgerufen am 29. September 2021.
  11. Husna Shafiqah Binti Abu Backer Sidek: Technology-based business idea bluepront. Jade Roller skin analyser. Hrsg.: Faculty of sports science and recreation, University Teknologi Mara. 2020, S. 3–6 (englisch).
  12. Akane Miyaji, Kaori Sugimori, Naoyuki Hayashi: Short- and long-term effects of using a facial massage roller on facial skin blood flow and vascular reactivity. In: Complementary Therapies in Medicine. Band 41, 1. Dezember 2018, ISSN 0965-2299, S. 271–276, doi:10.1016/j.ctim.2018.09.009 (englisch, sciencedirect.com [abgerufen am 29. September 2021]).
  13. Giampietro L Vairo, Sayers John Miller, N M Cb Icolem Rier, W B Illiame Uckley: Systematic Review of Efficacy for Manual Lymphatic Drainage Techniques in Sports Medicine and Rehabilitation: An Evidence-Based Practice Approach. In: Journal of Manual & Manipulative Therapy. Band 17, Nr. 3, Juli 2009, S. 80E–89E, doi:10.1179/jmt.2009.17.3.80E (englisch).
  14. Gua sha – Die Behandlung. In: fernsehserien.de. Imfernsehen, 2001, abgerufen am 16. März 2022: „[...] einer alten Heilmethode der traditionellen chinesischen Medizin, der Gua Sha, die aber unübersehbare Spuren auf der Haut hinterlässt. Ein Krankenhausarzt vermutet familiäre Misshandlung und schaltet die Behörden ein… Zheng Xiaolongs dramatische Familiengeschichte verdeutlicht auf eindringliche Weise, wie tief die Differenzen zwischen östlicher und westlicher Kultur sind. (Text: arte)“ bei arte
  15. Gua Sha – Die Behandlung. In: filmdienst.de. Filmdienst, 2001, abgerufen am 16. März 2022: „pädagogische Empfehlung, ab 16 Jahre“