Schlacht an den Pontes longi

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Römisch-Germanische Kriege
Datum 15 n. Chr.
Ort unbekannt; Raum Münsterland / Osnabrücker Land
Ausgang Erfolgreiche römische Absetzbewegung
Konfliktparteien

Römisches Reich

Germanen
(Cherusker; wahrscheinlich: Marser, Brukterer; unsicher: Chatten)

Befehlshaber

Aulus Caecina Severus

Germanische Fürsten. Überliefert: Arminius, Inguiomer

Truppenstärke
4 Legionen ohne Kampfreiterei, ca. 20–25.000 Mann.
Legio I Germanica
Legio V Alaudae
Legio XX Valeria Victrix
Legio XXI Rapax
unbekannt
Verluste

unbekannt

unbekannt

Die Schlacht an den Pontes longi fand im Jahre 15 n. Chr. zwischen germanischen Stammeskriegern unter Arminius und römischen Truppen unter Aulus Caecina Severus statt. Sie endete als Abwehrerfolg der Römer, die sich, wenn auch unter starken Verlusten, der Vernichtung durch die Germanen entziehen und den Rhein erreichen konnten. Die Schlacht ist Teil der Germanicus-Feldzüge (14 bis 16 n. Chr.).

Vorgeschichte

Nach der Vernichtung von drei Legionen unter Publius Quinctilius Varus durch Arminius im Jahre 9 n. Chr. vollzogen die Römer 6 Jahre später einen weiteren Feldzug in das Gebiet der Germanen.

Die römischen Truppen unter Germanicus und General Caecina stießen bis zum alten Schlachtfeld der Varusschlacht vor und bestatteten die Überreste der Toten. Anschließend kam es zu einer Schlacht zwischen den Römern und den von Arminius geführten Germanen, die laut Tacitus unentschieden ausging.[1] Die Vermutung ist allerdings stark, dass die Römer sehr empfindliche Verluste erlitten; vor allem ihre Reiterei und Hilfstruppen scheinen erheblich angeschlagen gewesen zu sein. Fest steht auf jeden Fall, dass sich Germanicus danach umgehend aus Germanien zurückzog, obwohl er anscheinend geplant hatte, einen großen Teil des Landes länger besetzt zu halten (immerhin hatte er einen Tumulus am Ort der Varusschlacht erbauen lassen, den die Germanen nach der Belagerung eines Kastells an der Lippe wieder zerstörten).

Germanicus, der sich zu dieser Zeit westlich der Weser befand, zog sich zunächst an die Ems zurück und führte dann 4 Legionen auf dem Fluss- bzw. Seeweg zurück an den Niederrhein. Diese erlitten durch eine Sturmflut schwere Verluste. Zuvor befahl er Caecina, mit vier Legionen, nämlich der 1., der 5., der 20. und der 21. (alles in allem 28.000 bis 30.000 Mann einschließlich Tross), einen als „pontes longi“ („lange Brücken“) bezeichneten Weg, der um das Jahr 1 n. Chr. von den Römern angelegt worden war, instand zu setzen.

Dieser wird vielfach als Holzbohlenweg durch die sumpfige Lippeniederung zwischen Xanten und Haltern oder auch Rheine vermutet, allerdings bleibt dieses unbelegt. Raphael v. Uslar[2] hat klargestellt, dass die herkömmlichen germanischen Bohlenwege nicht geeignet gewesen sein könnten, um eine (oder gar vier) römische Legion/en zu befördern, es müsse sich hierbei also um einen aufgeschütteten Dammweg handeln. D. h., Caecina ist wohl nicht über einen längeren Weg über „pontes longi“ gezogen, sondern sollte an einer bestimmten Stelle einen alten römischen Dammweg reparieren.

Schlachtverlauf

Als Caecina und seine Truppen den Dammweg erreichten, der in einem desolaten Zustand war, waren sie von Arminius' Kriegern, die in viel größerer Zahl als erwartet angerückt waren, umzingelt, und zwar so, dass die Römer in der sumpfigen Niederung Straßenbau betrieben, während die Germanen auf der bewaldeten Höhe lagerten. So ließ Caecina ein Lager errichten, während der andere Teil der Truppen mit den Angriffen der Germanen beschäftigt war. Nach schweren und verlustreichen Kämpfen zogen sich die Römer am Abend ins Lager zurück. Die Germanen ließen dann durch das Umleiten von Bächen Wassermassen von den Höhen herabfließen, die den mühsam errichteten Damm auch noch zunichtemachten. Am nächsten Tag gaben die Römer den weiteren Bau am Dammweg auf und setzten ihren Marsch über einen Sandhang fort, der aber anscheinend zu schmal war, um die geplante „Vierecksformation“ zu ermöglichen, durch die der Tross in der Mitte durch die an den Flanken aufgestellten 5. und 21. Legion geschützt werden sollte, während die 20. die Nachhut und die 1. die Vorhut bildete. Die Legionen an den Flanken verließen ihre Stellung und gaben den Germanen Gelegenheit, den Tross anzugreifen. In den Kämpfen um den Tross zeichnete sich zwar vor allem die 1. Legion aus, die sich mutig den Germanen entgegenwarf. Bald führte aber der Weg wieder in sumpfiges Gelände; die Römer konnten sich gegen Abend nur unter enorm großen Verlusten endlich ins Trockene freikämpfen, wo sie ein notdürftig befestigtes Lager errichteten und kaum noch Proviant hatten.

Tacitus berichtet ausführlich über die Verzweiflung der Römer in dieser Nacht, in erster Linie um die Führungsstärke des Feldherrn Caecina zu loben, der trotz allem die Truppe zusammenhielt und damit – denn die Schlacht wird durchweg mit der Varusschlacht verglichen – ein positives Gegenbeispiel zum angeblich schuldhaft unfähigen Varus lieferte. Er soll auch eine Reitereieinheit dadurch aufgestellt haben, dass er den Offizieren ihre persönlichen Pferde wegnahm und geeigneten Soldaten zuwies – angefangen mit dem eigenen Ross. Damit ist klar, dass die Römer bereits ihre gesamte Reiterei verloren hatten, wahrscheinlich bereits in der eingangs erwähnten ersten Schlacht weiter im Norden.

Gleichzeitig hielten die Germanen eine Heeresversammlung ab, wobei der Onkel des Arminius, Ingomerus, zum Sturm aufs Römerlager aufrief. Arminius' Widerspruch und seine Argumente für ein Festhalten an der bewährten Strategie der Zermürbungsangriffe aufs marschierende Feindesheer wurden nicht beachtet. Am Tag darauf griffen die Germanen also das Lager an, wurden aber verlustreich zurückgeschlagen. Caecina konnte dadurch seinen Rückzug zum Rhein unangefochten fortsetzen und die Reste seiner Armee über den Rhein ins Hauptlager Xanten-Birten führen. Der Tross und ein großer Teil der Soldaten (10.000 bis 15.000 Mann) waren aber verloren. Germanicus war mit seinen Einheiten noch nicht angekommen, seine Frau Agrippina übernahm aber kurzerhand die Leitung der Aufnahme der sich rettenden Soldaten und verhinderte den Abbruch der Rheinbrücke durch die Garnison, die einen Angriff der Germanen über die Brücke fürchtete. Dieses Verhalten erzürnte den Kaiser Tiberius gegen seinen Neffen Germanicus, da dadurch die Gestalten der Feldherren schandhaft in den Schatten einer bloßen Frau gestellt worden seien.

Forschung

Von einigen Althistorikern (Peter Kehne, Reinhard Wolters) wird vorgebracht, dass die Fundregion Kalkriese Zeugnis von der Schlacht an den Pontes longi wiedergibt.

Diese Meinung wird von der derzeit stärksten Kritikerfraktion gegen Kalkriese als Ort der Varusschlacht vertreten. Die These stützt sich auf die Möglichkeit, dass die Teilung des Germanicusheeres bereits östlich der Ems stattgefunden haben könnte und das Vierlegionenheer des Caecina im Engpass von Kalkriese in die von Tacitus ausführlich geschilderte Schlacht verwickelt wurde.[3]

Tacitus, Annalen 1,63: „....mox reducto ad Amisiam exercitu legiones classe, ut ad vexerat, reportat; pars equitum litore Oceani petere Rhenum iussa; Caecina, qui suum militem ducebat, monitus, quamquam notis itineribus regrederetur, pontes longos quam maturrime superare.“
übersetzt: „Bald danach führte Germanicus seine Armee zurück zur Ems und führte seine Legionen mit der Flotte heim, so wie er sie geholt hatte. Einem Teil der Kavallerie wurde befohlen, den Rhein entlang der Seeküste zu erreichen. Caecina, der seine eigene Abteilung befehligte, wurde angewiesen, obwohl er über einen Weg zurückmarschierte, den er kannte, die langen Brücken mit aller möglichen Geschwindigkeit zu passieren.“

Auffälligerweise sind bei Hunteburg in nur 10 km Entfernung des Schlachtfeldes von Kalkriese Reste eines Bohlenweges gefunden worden, dessen Zerstörungshorizont sich dendrochronologisch auf das Jahr 15 n. Chr. – das Jahr der Schlacht an den Pontes Longi – datieren lässt. Als Beifunde wurden Holzschwerter und Keulen gemacht, die eindeutige Kampfspuren tragen.[4]

Andere Historiker wiederum vertreten die These, dass der Schlachtort südwestlich der Ems liege. Dieses bleibt jedoch ungeklärt; die Gegend zwischen Münster und Coesfeld wurde in der Vergangenheit angenommen.[5]

Einzelnachweise

  1. Tacitus, Annalen 1,63-69
  2. Raphael v. Uslar: Zu den Pontes Longi, Gymnasium, 78/, 1971
  3. Tacitus, Annalen 1,65
  4. Vgl. Rainer Wiegels: Rom Germanien und die Ausgrabungen von Kalkriese
  5. Ralf G. Jahn: Der Römisch-Germanische Krieg, Dissertation, Bonn, 2001

Weblinks