Druckluftauto

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Der Tata OneCAT ist ein Prototyp eines Druckluftautos

Ein Druckluftauto (engl.: compressed air car) ist ein Kraftfahrzeug, das mit Hilfe von Druckluft und einem Gasexpansionsmotor angetrieben wird. Die komprimierte Luft wird in Druckbehältern mitgeführt und dem Motor zugeführt.

Es handelt sich daher um ein emissionsfreies Fahrzeug gemäß kalifornischen Abgasstandards mit alternativer Antriebstechnik.

Druckluftautos für den öffentlichen Straßenverkehr werden seit den 1990er Jahren unter dem Oberbegriff der alternativen Fahrzeugtechnik immer wieder vorgestellt, eine Serienproduktion fand bisher nicht statt.[1]

Druckluftantrieb allgemein

Stationäre Druckluftmotoren finden sich vielfältig in Maschinen und Werkzeugen.

Verschiedene Nischenanwendungen mit Druckluftantrieb, wie Straßenbahnen in Bern und druckluftbetriebene Lokomotiven, z. B. beim Bau des Gotthardtunnels oder Grubenlokomotiven[2], wurden in der Vergangenheit realisiert. Viele dieser speziellen Einsatzgebiete sind heute durch elektrische Antriebssysteme abgelöst worden, die einfacher und ebenfalls emissionsfrei sind.

Industriell genutzte Speicherdampflokomotiven haben ein ähnliches Konzept sowie ähnliche Technik.

Geschichte

Bereits 1838 wurde von Adraud und Tessié du Motay in Paris ein Druckluftauto konstruiert und 1840 vorgestellt.[3] Im Schienenverkehr wurde diese Antriebsform erstmals 1879 bei der Straßenbahn in Nantes (Frankreich) eingesetzt.[4] Die Systeme wurden von dem französischen Ingenieur polnischer Abstammung Louis Mékarski entwickelt.

Zum Rennen Paris-Rouen 1894 waren sechs Fahrzeuge aus Frankreich mit Druckluftantrieb gemeldet, keines erschien jedoch am Start:[5]

Teilnehmer/Hersteller Herkunft Plätze
Berthaud (Startnr. 78) Lyon 8
A. Duchemin (Startnr. 38) Paris 4
Plantard (Startnr. 84) Paris 4
Victor Popp (Startnr. 9) Paris 4
Roze-Andrillon (Startnr. 95) Marseille 4
Société Parisienne (Startnr. 52) Paris 4

Die US-Hersteller MacKenzie & McArthur in New Haven (Connecticut)[6] und die Autocrat Manufacturing Company in Hartford (Connecticut)[7] beschäftigten sich mit dem Druckluftauto. Den Namen American Pneumatic sollte ein mit Druckluft angetriebenes Automobil tragen, dessen Planung im Februar 1900 von der American Vehicle Company angekündigt wurde. Ebenfalls nicht vermarktet wurden Druckluftfahrzeuge der Marken Automatic Air, Carrol, Meyers[8], Muir[9] und Pneumatic.[10] Gemäß der frühen US-amerikanischen Fachzeitschrift The Hub wurde 1899 in Delaware die United States Vehicle Company mit einem gewaltigen Aktienkapital von 25 Mio. US$ gegründet zum Zweck der „Entwicklung der Erfindungen von Stackpole und Francesco sowie zur Herstellung von Mittelklasse-Automobilen mit Druckluftantrieb“. Das Unternehmen wird 1900 mit der Adresse 1129 Broadway im Buch Horseless Vehicles, Automobiles and Motorcycles von Hiscox erwähnt und findet sich noch 1911 im Register der Stadt New York mit Sitz an 52 Broadway. Was mit diesem enormen Kapitaleinsatz letztlich erreicht wurde, ist unklar.[11]

Eigenschaften

Der Druckluftantrieb arbeitet ohne Verbrennungsvorgänge und ohne die Gefahr von Funkenbildung, wie sie an elektrischen Anlagen besteht. Er ist daher sehr gut in explosiven Umgebungen einsetzbar, wie z. B. im Bergbau unter Tage.

Dem gegenüber stehen jedoch Einschränkungen, die gegen den Einsatz als Massenverkehrsmittel sprechen. Um eine ausreichende Menge Antriebsenergie mitzuführen, sind große (schwere) Drucklufttanks notwendig. Die Energiedichte des Antriebssystems ist bereits im Vergleich mit einfachen Bleiakkumulatoren ungünstig.

Druckluft ist einer der teuersten Energieträger. Ihre Erzeugung ist energetisch mit sehr großen Verlusten behaftet. Wenn die bei der Kompression entstehende Wärme nicht genutzt werden kann, ist sie für die Energiebilanz verloren. Ein effizienter Druckluftmotor benötigt eine mehrstufige Entspannung mit Zwischenerwärmung und ist daher aufwändig (Motorenkonzept). Durch Entspannung der Druckluft kommt es zu einer Abkühlung des Motors. Es muss Wärme aus der Umgebung zugeführt werden. Ist das nicht ausreichend gewährleistet, sinkt die Leistung des Expansionsmotors. Dieser Effekt wird bei niedrigen Umgebungstemperaturen verstärkt.

Die Entwicklungen von Nègre

Mit seiner Firma MDI aus Frankreich begann der französische Formel-1-Motorkonstrukteur Guy Nègre Anfang der 1990er Jahre, einen speziellen Druckluftmotor für den Fahrzeugantrieb zu entwickeln. Diese Bemühungen führten zum Konzeptfahrzeug Tata OneCAT.

Pressemitteilungen kündigten seit 1995 immer wieder den geplanten Produktions- und Verkaufsstart an, und seit Jahren wird jeweils für das nächste Jahr eine Serienfertigung angekündigt. In Zusammenarbeit mit dem indischen Fahrzeughersteller Tata-Motors wird weiter an der Entwicklung gearbeitet. In Europa wird ein neuartiges Konzept zur Produktion angekündigt, bei dem die Fahrzeuge direkt beim Händler produziert werden sollen.

Guy Nègre war 2002 für den Eurosolar-Preis für alternative Verkehrssysteme nominiert. Die Nominierung wurde jedoch zurückgezogen, nachdem Fragen zu Betriebserfahrungen der Prototypen nicht beantwortet werden konnten.[12] Die angegebenen Fahrleistungen konnten bisher nicht unabhängig überprüft werden. Ein Crashtest fand in der Praxis ebenfalls noch nicht statt.

Als Vorteile werden vom Entwickler niedrige Wartungskosten und eine lange Lebensdauer angegeben. Die Funktionsweise des von Nègre entwickelten Motors unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom bekannten Prinzip eines Gasexpansionsmotors: Druckluft expandiert in zwei Zylindern, deren Kolben den Wagen antreiben. Die Motoren der nur 500 bis 700 Kilogramm schweren Fahrzeuge sollen eine Leistung von 30 PS (22 kW) haben. Als Schmierstoff wird Speiseöl verwendet.

Für eine Tankfüllung werden 90.000 Liter Luft (etwa 110 Kilogramm) auf einen Druck von 300 bar verdichtet und in vier mit Kevlar ummantelten Druckluftflaschen mit einem Gesamtvolumen von 300 Litern gespeichert. Laut Herstellerangaben dauert der Ladevorgang an einer 230-Volt-Steckdose etwa vier bis sechs Stunden, an einer entsprechenden Kompressorstation zwei Minuten.

Laut Hersteller fallen für den Betrieb lediglich Kosten für elektrische Energie, Verschleißteile, Schmierstoffe und Steuern an, für eine Tankfüllung seien nur 20 kWh nötig (je nach Stromtarif etwa 3 bis 6 Euro). In der Vergangenheit sprach der Hersteller von 240 km Reichweite bei konstant 60 km/h, bei der Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h sollten 100 Kilometer möglich sein. Um höhere Reichweiten zu ermöglichen, soll es Modelle mit einem Verbrennungsmotor geben, der weitere Druckluft erzeugt. 2009 wurde vom Hersteller eine Reichweite von etwa 70 Kilometern angegeben. Diese Werte wurden von Fachleuten als deutlich zu optimistisch angesehen. Eine unabhängige Referenz für die Herstellerangaben existiert nicht.

Weitere Modelle

Auf dem Genfer Autosalon 2009 wurden von MDI zwei neue Modelle, AirPod und OneFlowAir, vorgestellt.[13]

Bei dem AirPod handelt es sich um einen knapp über zwei Meter langen Viersitzer mit 220 kg Leergewicht. Laut Spezifikation[14] besteht das vordere Fahrwerk aus einer vertikalen Einachssteuerung mit Schubkarren-Rädern in Doppelausführung (auch bekannt als „Möbelrollensteuerung“), mit der Größe 10×4.00-5 (Auszug aus den veröffentlichten techn. Daten: «Train avant: Diabolo deux roues, Pneumatiques Avant : 10×4.00-5»).

Der OneFlowAir ist ein 3,40 m langes und bis zu fünfsitziges Cabrio, das von der Form her dem Citroën Méhari ähnelt. Der OneFlowAir soll neben dem Druckluftantrieb einen Verbrennungsmotor zur Reichweitenverlängerung enthalten.

Auch gab es 2013 Entwicklungen, Druckluft für Hybridantriebe in Kraftfahrzeugen zu nutzen.[15]

Kritik

In einer Studie[16] der University of California, Berkeley wurde ein Vergleich zwischen Benzinauto, batterieelektrischem Auto und Druckluftauto in Bezug auf Treibhausgasemission, Treibstoffkosten, Primärenergieverbrauch und Tankvolumen bezogen auf den US-Bundesstaat Kalifornien angestellt. Als Vergleichsobjekte dienten ein konventioneller Smart Fortwo, ein batterieelektrischer Smart Fortwo ED und ein hypothetisches Druckluftauto. Dabei wurden die technischen Parameter des Druckluftautos, sofern unbekannt, optimistisch geschätzt. In den Punkten Treibhausgasemission, Treibstoffkosten und Tankvolumen schnitt das Druckluftauto für Kalifornien deutlich schlechter als das Benzin- oder das Batterieauto ab. Lediglich im Punkt Primärenergieverbrauch ergab sich ein Vorteil gegenüber dem Benzinauto, aber nur beim Betrieb mit erneuerbarer Energie. Das Batterieauto schnitt laut kalifornischer Studie in allen Punkten deutlich besser als das Druckluftauto ab. Hierbei wurde die Nachhaltigkeit der primären Energiespeicherung und deren Technik nicht berücksichtigt, wobei sich Luft und Benzin in Treibstofftanks verwenden lassen, so baut die aktuelle Batterietechnik auf Lithium. Die Batterietechnik könnte sich durchsetzen, wenn Alternativen auf Gasen (Forschung Hamburg), Trockenzellen (Dry Cells) oder umweltverträglichere und häufig vorkommende Substanzen (Nickel-Zink-, Kalium-Luft- oder Chrom-Eisen) effizient als Batterie genutzt werden können. Insbesondere jedoch der Durchbruch in der Kathodentechnik (Kalifornien, USA) könnte das schädliche Kobalt in Lithium-Ionen-Batterien bald überflüssig machen und durch „ungeordnete Steinsalze“ ersetzen. Die Studie der Berkeley Universität in Kalifornien ist daher nicht falsch im Ergebnis der geprüften Faktoren, jedoch sind wichtige Vergleichspunkte schlicht nicht aufgenommen worden.

Weitere Kritik an MDI wird derzeit von aktuellen und ehemaligen Geschäftspartnern geübt, hauptsächlich im Hinblick auf versprochene Leistungen und Technologietransfers, die nie ausgeführt wurden.[17][18]

Siehe auch

Commons: Druckluftauto – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Tata Airpod air-powered car likely to be launched by 2020. In: International Business Times, India Edition. 17. Februar 2017, abgerufen am 18. März 2018.
  2. Compressed-Air Propulsion. In: douglas-self.com. 10. Mai 2013, abgerufen am 16. Mai 2016.
  3. Tessié du Motay Andraud: Ueber die comprimirte Luft als universelle Triebkraft und unentgeltliches Ersatzmittel der Dampfkraft. Deutsch von C. H. Schmidt. Voigt, Weimar 1841.
  4. Druckluft-Straßenbahn (englisch).
  5. Le Petit Journal. 22. Juli 1894.
  6. Kimes: Standard Catalog. 1985, S. 875.
  7. Kimes: Standard Catalog. 1985, S. 81.
  8. Kimes: Standard Catalog. 1985, S. 929.
  9. Kimes: Standard Catalog. 1985, S. 967.
  10. Kimes: Standard Catalog. 1985, S. 1173.
  11. Kimes: Standard Catalog. 1996, S. 1489.
  12. Eine windige Erfindung Rüdiger Vossberg, taz, 16. November 2002, abgerufen am 18. Februar 2022.
  13. Luftikus: MDI präsentiert AirPod und OneFlowAir. heise Autos, 20. März 2009, abgerufen am 22. März 2009 (Mit Bildergalerie).
  14. www.mdi.lu.
  15. "Eine Hydraulikpumpe am Getriebe baut Druck auf, wenn der Wagen verzögert. Die gespeicherte Energie genügt, um den Wagen nach einem Ampelstopp per Hydraulikmotor wieder auf Touren zu bringen."Antrieb aus der Pressluftflasche
  16. Economic and environmental evaluation of compressed-air cars. 17. November 2009, abgerufen am 1. Januar 2010.
  17. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.journaldujura.ch journaldujura.ch
  18. News. (Memento vom 15. Januar 2010 im Internet Archive) auf: catecar.ch

Literatur

  • Beverly Rae Kimes (Herausgeberin), Henry Austin Clark, jr.; The Standard Catalog of American Cars. 2. Auflage. Krause Publications, Iola WI, USA 1985, ISBN 0-87341-111-0, S. 42, 81, 875, 929, 967, 1173, 1542.

Weblinks