Kryptozoologie

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Verbreitung angeblicher Sichtungen des Bigfoot im Jahr 2009.

Die Kryptozoologie (altgriechisch κρυπτός kryptós „verborgen, geheim“,

ζῷον

„Tier, lebendes Wesen“ und

λόγος

„Lehre“) befasst sich mit Tieren, für deren Existenz es nur schwache und zweifelhafte Belege gibt, wie Folklore, Legenden, Augenzeugenberichte, Fußspuren und (meist verschwommene) Fotos oder Filme. Die wissenschaftliche Zoologie beschäftigt sich nicht mit solchen Wesen; sie sind Thema von Volkskunde und Mythologie. Kryptozoologen vermuten, dass Berichte über Tiere, die normalerweise den Fabelwesen zugeordnet werden, zum Teil auf noch unentdeckte Tierarten zurückzuführen sind. Eine solche Art wird in der Kryptozoologie als Kryptid bezeichnet. Kryptiden dürfen nicht mit den Kryptospezies verwechselt werden.

Kryptobotanik[1], die z. B. nach menschenfressenden Pflanzen sucht, und Kryptozoologie werden manchmal als Kryptobiologie[2] zusammengefasst. Die Kryptozoologie unterteilt sich u. a. in die Dracontologie[3], die sich mit Wasserkryptiden, also Seeungeheuern, beschäftigt (z. B. Ogopogo oder Seeschlange), die Hominologie[4], die nach Affenmenschen wie Yeti und Orang Pendek sucht, sowie in die Mythologische Kryptozoologie[5], die über die Entstehungsgeschichte von Fabelwesen spekuliert.

Die Bezeichnung Kryptozoologie wurde in den 1940er und 1950er Jahren von Ivan T. Sanderson und Bernard Heuvelmans geprägt. Aufgrund seiner zentralen Stellung wird Heuvelmans oft als „Vater der Kryptozoologie“ bezeichnet.[6] Schon vor Entstehung der Kryptozoologie hatten sich andere mit dem Thema beschäftigt, etwa Charles Fort.

Von Außenstehenden wird die Kryptozoologie als Pseudowissenschaft eingeordnet.[7][8][9] Die 1982 gegründete und seit etwa 2004 inaktive International Society of Cryptozoology (ISC)[10] setzte sich dafür ein, dass die Kryptozoologie als seriöse Wissenschaft anerkannt würde. Im deutschsprachigen Raum übernahm diese Aufgabe von seiner Gründung 2005 bis zur Auflösung 2008 der Verein für kryptozoologische Forschung.

Kryptiden

Schematische Darstellung der verschiedenen Formen, in denen das Ungeheuer von Loch Ness gesichtet wird.

Kryptozoologen suchen nach Großtieren, die wie Mothmen, Chupacabras oder Werwölfe nicht in die existierenden Klassifikationsschemata zu passen scheinen. Daneben gibt es allerdings viele Kryptiden, bei denen es sich um Verwandte von bekannten Arten handeln soll, etwa Marozi und afrikanischer Zwergelefant.

Kryptozoologen gehen auch Spuren nach, die auf ein Überleben von als ausgestorben geltenden Arten hindeuten könnten. Man hofft also auf den sogenannten Lazarus-Effekt. Neben Dinosauriern wie Mokele-Mbembe sind das etwa der Beutelwolf und der Moa. Entsprechend dem in der Kryptozoologie weit verbreiteten prehistoric-survivor-Paradigma[11] wird beispielsweise das Ungeheuer von Loch Ness als Plesiosaurier oder Basilosaurus erklärt.

Als Kryptiden gelten auch „normale“ Arten, wenn sie in Gegenden gesichtet werden, in denen sie üblicherweise nicht vorkommen. Zu diesen sogenannten out-of-place-sightings[12] gehören etwa Alien Big Cats.

Auch die Bestie des Gévaudan – eine historische Begebenheit in Südfrankreich – kann als Gegenstand der Kryptozoologie angesehen werden.

Literatur

Aus kryptozoologischer Sicht
  • Chad Arment: Cryptozoology. Science & Speculation. Coachwhip Publications, Landisville PA 2004, ISBN 1-930585-15-2.
  • Loren Coleman, Jerome Clark: Cryptozoology A to Z. The Encyclopedia Of Loch Monsters, Sasquatch, Chupacabras, and other Authentic Mysteries of Nature. Fireside, New York NY 1999, ISBN 0-684-85602-6.
  • Lothar Frenz: Riesenkraken und Tigerwölfe. Auf den Spuren der Kryptozoologie (= Rororo 61625 rororo science). Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 3-499-61625-4.
  • Bernard Heuvelmans: On the Track of Unknown Animals. Translated from the French by Richard Garnett. Revised, 3rd English Edition. Kegan Paul International, London 1995, ISBN 0-7103-0498-6. (Erste Auflage: 1958)
  • Ingo Krumbiegel: Von neuen und unentdeckten Tierarten. Kosmos – Gesellschaft der Naturfreunde Frank’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1950.
  • Michael Newton: Encyclopedia of Cryptozoology. A Global Guide to hidden Animals and their Pursuers. Mcfarland & Co Inc, Jefferson NC 2005, ISBN 0-7864-9756-4.
  • Karl P. N. Shuker: The Beasts that hide from Man. Seeking the World's last undiscovered Animals. ParaView Press, New York NY 2003, ISBN 1-931044-64-3.
Aus wissenschaftlicher und skeptischer Sicht
  • John Conway, C. M. Kosemen, Darren Naish: Cryptozoologicon. Band 1. Irregular Books, S. l. 2013, ISBN 978-1-291-62153-2.
  • Richard Ellis: Seeungeheuer. Mythen, Fabeln und Fakten. Birkhäuser, Basel u. a. 1997, ISBN 3-7643-5422-4.
  • Daniel Loxton, Donald R. Prothero: Abominable Science! Origins of the Yeti, Nessie, and other Famous Cryptids. Columbia University Press, New York NY u. a. 2013, ISBN 978-0-231-15320-1.
  • Ulrich Magin: Trolle, Yetis, Tatzelwürmer. Rätselhafte Erscheinungen in Mitteleuropa (= Beck'sche Reihe. 1004). C. H. Beck Verlag, München 1993, ISBN 3-406-37394-1.
  • Benjamin Radford, Joe Nickell: Lake Monster Mysteries. Investigating the World's Most Elusive Creatures. The University Press of Kentucky, Lexington KY 2006, ISBN 0-8131-2394-1.
  • Brian Regal: Searching for Sasquatch. Crackpots, Eggheads, and Cryptozoology (= Palgrave Studies in the History of Science and Technology.). Basingstoke, Palgrave Macmillan 2013, ISBN 978-1-137-34943-9.

Weblinks

Commons: Kryptozoologie – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Archive for the “Cryptobotany” auf www.cryptomundo.com (englisch).
  2. Etwa von: Taylor Reints: An Introduction to Cryptobiology (unexplained-mysteries.com 2013) (Memento vom 24. Januar 2016 im Internet Archive)
  3. Kryptozoologie-Online: Dracontologie
  4. Kryptozoologie-Online: Hominologie - Ein taxonomischer Überblick
  5. Ein eher seltener Begriff. Verwendet etwa bei: Michael Schneider: Auf der Spur des Unbekannten. Die phantastische Welt der Kryptozoologie. Twilight-Line GbR, Krombach 2009, ISBN 978-3-941122-48-2, S. 31 ff., (Online Zugriff auf googlebooks.de)
  6. Kryptozoologie-Online: Heuvelmans, Bernard
  7. Robert T. Carroll: The Skeptic's Dictionary. 1994–2009 : “Cryptozoology is, literally, the study of hidden animals. (…) It is not a recognized branch of the science of zoology. (…) Since cryptozoologists spend most of their energy trying to establish the existence of creatures, rather than examining actual animals, they are more akin to psi researchers than to zoologists.”
  8. Ben S. Roesch, John L. Moore: Cryptozoology. In: Michael Shermer (Hrsg.): The Skeptic Encyclopedia of Pseudoscience. Band 1. ABC-CLIO, Santa Barbara CA u. a. 2002, ISBN 1-57607-653-9, S. 71–78, hier S. 71: “Cryptozoology ranges from pseudoscientific to useful and interesting, depending on how it is practiced.”
  9. Spektrum.de - Lexikon der Biologie - Kryptozoologie: „Die Kryptozoologie ist somit keine wissenschaftlich anerkannte Disziplin (Pseudowissenschaft) – auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß ihre Vertreter durch Zufall das eine oder andere unbekannte ‚normale‘ Tier entdecken mögen.“
  10. Kryptozoologie-Online: International Society of Cryptozoology (ISC)
  11. Sharon Hill: Prehistoric Survivors? They Are Really Most Sincerely Dead. 2014 (englisch).
  12. Michael Schneider: Auf der Spur des Unbekannten. Die phantastische Welt der Kryptozoologie. Twilight-Line GbR, Krombach 2009, ISBN 978-3-941122-48-2, S. 39 ff. (Onlinezugriff auf googlebooks.de)