Stimmen einer Gitarre

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Das Stimmen einer Gitarre)

Beim Stimmen einer Gitarre werden die Saiten dieses Musikinstruments auf ihre vorgesehene Tonhöhe eingestellt.

Standard-Stimmung

Als Grundlage zum Gitarren-Stimmen dient die Standard-Stimmung. Sie gibt an, auf welchen Ton jede einzelne Gitarrensaite gestimmt wird.

Die Töne der Standard-Stimmung sind: E – A – D – G – H – E, wobei der erste Ton die oberste, dickste und am tiefsten klingende Saite bezeichnet.

Um sich diese Töne zu merken, haben sich einige Eselsbrücken eingebürgert, z. B.:

  • Eine Alte Dame Geht Heute Einkaufen
  • Ein Anfänger Der Gitarre Hat Eifer
  • Eine Alte Dumme Gans Hat Eier
  • Eine Alte Deutsche Gitarre Hält Ewig

Da die Saiten von der hohen e-Saite aus gezählt werden, gibt es auch inzwischen Eselsbrücken wie:

  • Ein Hungriger Gitarrist Darf Alles Essen

Die folgende Tabelle gibt die Frequenzen der Saiten einer Gitarre wieder, die nach dem Standard-Kammerton a1 = 440 Hz gestimmt werden:

Saite Note Frequenz bei a1 = 440 Hz EDV-gerechte Notation
1 (Höchste Saite) e' 329,63 Hz E4
2 h 246,94 Hz H3
3 g 196,00 Hz G3
4 d 146,83 Hz D3
5 A 110,00 Hz A2
6 (Tiefste Saite) E  82,41 Hz E2

Falls mit anderen Instrumenten zusammengespielt werden soll, sind die Tonhöhen ggf. anzupassen. Beispielsweise ist in deutschen und österreichischen Sinfonieorchestern eine höhere Stimmung auf a1 = 443 Hz üblich, in der Schweiz auf a1 = 442 Hz (siehe: Kammerton).

Methoden

Es gibt mehrere Stimm-Methoden. Da die Intervalle bekannt sind, kann die Gitarre von einem Musiker mit entsprechendem Gehör, nachdem er die A-Saite mit einer Stimmgabel gestimmt hat, durch Zupfen zweier Saiten gestimmt werden, indem die Schwebungsfrequenzen der Intervalle zu nahe Null gebracht werden. Das gelingt nicht jedem Gitarrenspieler. Verbreiteter sind daher folgende Methoden:

Stimmen mit Griffen (5. Bund-Methode)

Diese Methode ist am verbreitetsten. Bei ihr wird die Tonhöhe der Saiten miteinander verglichen und die ungestimmten Saiten werden mit Hilfe der bereits gestimmten Saiten gestimmt. Es werden jedoch zu vergleichende Saiten so gegriffen, dass sich die gleichen Töne ergeben – deren Vergleich ist für viele ungeübtere Spieler einfacher als das Abstimmen der Intervalle.

Abgesehen von der G- und der H-Saite sind alle Saiten in reinen Quarten zueinander gestimmt. Folglich wird die untere (gestimmte) Saite im 5. Bund gegriffen und gezupft. Dieser Ton wird mit der darüber liegenden Saite verglichen und diese wird gestimmt, bis er gleich ist. Zwischen der G- und der H-Saite liegt jedoch eine große Terz, sodass beim Stimmen der H-Saite die G-Saite im 4. Bund gegriffen werden muss.

Die Methode geht relativ schnell, allerdings ist sie auch vergleichsweise ungenau, da die Bundreinheit in die Genauigkeit eingeht und auch die Saitenspannung beim Greifen möglicherweise verändert wird.

Stimmen mit Flageolett (die Harmonische anregen)

Eine verbreitete Methode ist auch das Stimmen mit Flageoletttönen, also mit Harmonischen, die entstehen, wenn eine Saite beim Zupfen mit einem weiteren Finger an Stellen der Schwingungsknoten der Harmonischen nur leicht berührt wird.

Wenn beispielsweise eine Saite beim Anzupfen zusätzlich genau in der Mitte leicht berührt wird, so schwingt sie mit der doppelten Frequenz. Aus einem Drittel der Saitenlänge ergibt sich die dreifache Frequenz und so weiter. Das Auffinden der Punkte gelingt anhand der Bünde.

Unterschiedliche Saiten haben – wenn sie an den richtigen Flageolett-Punkten berührt werden – etwa die gleichen Flageolett-Töne. Dadurch lassen sich die Saiten untereinander stimmen. Im Folgenden sind beispielhafte Tonpaare aufgeführt:

  • Der Flageolett-Ton des 5. Bundes der E-Saite entspricht etwa dem des 7. Bundes der A-Saite.
  • Der Flageolett-Ton des 5. Bundes der A-Saite entspricht etwa dem des 7. Bundes der D-Saite.
  • Der Flageolett-Ton des 5. Bundes der D-Saite entspricht etwa dem des 7. Bundes der G-Saite.
  • Der Flageolett-Ton des 7. Bundes der tiefen E-Saite entspricht etwa der leer angeschlagenen H-Saite.
  • Der Flageolett-Ton des 5. Bundes der H-Saite entspricht etwa dem des 7. Bundes der hohen E-Saite.

Zu beachten ist, dass beim Stimmen nach der Flageolett-Methode die Harmonischen eingestimmt werden, die nicht genau die für die Gitarre gültige temperierte Stimmung wiedergeben. Die Differenz zwischen den reinen und den temperierten Frequenzen nennt man pythagoreisches Komma. Wenn man den Flageolett-Ton im 5. Bund auf der tiefen E-Saite spielt, erhält man eine exakte doppelte Oktave, beim Anschlagen des Flageolett-Tons im 7. Bund der A-Saite erhält man jedoch eine pythagoreische (und damit eine gegenüber dem temperierten System leicht zu hohe) oktavierte Quinte. Das führt dazu, dass die so gestimmte A-Saite leicht zu tief gestimmt wird. Dieser Fehler wird dann über das nächste Saitenpaar (A – D und über die nächsten Saiten) verschlimmert, weil sich ja die Differenz zur temperierten Stimmung beim Übernehmen des fehlerhaften A systematisch vergrößert. Aufgrund dieser Tatsache kann das Stimmen nach Flageolett-Tönen – so bequem es auch ist – nur als schnelle und angenehme, aber nicht als wirklich saubere Methode des Stimmens empfohlen werden.[1]

Hilfsmittel

Wenn eine Gitarre mindestens eine gestimmte Saite hat, können theoretisch ohne Hilfsmittel alle anderen Saiten der Reihe nach gestimmt werden. Wenn allerdings keine einzige Saite mehr gestimmt ist, ist – außer bei absolutem Gehör – mindestens ein Vergleichston nötig, um auf die korrekten Frequenzen zu stimmen. Man kann allerdings das relative Schwingungsverhältnis der Saiten auch ohne Referenzton (und damit einhergehender Missachtung der eigentlich vorgegebenen Tonhöhe) einstellen und auf der Gitarre spielen. Sie ist dann lediglich komplett zu tief oder zu hoch gestimmt.[2]

Ferner kann ein Hilfsmittel nötig werden, wenn die Gitarre über ein Tremolo verfügt, bei dem die Saiten nicht am Sattel festgeklemmt werden (Bigsby, Fender), da sich mit jeder Veränderung einer Saitenspannung über das gefederte System gleich alle Saitenspannungen verändern.

Wenn ein anderes Instrument verfügbar ist, können die Tonhöhen von dort abgenommen werden, beispielsweise durch Anschlagen der Töne auf einem Klavier. Ansonsten können folgende Hilfsmittel eingesetzt werden:

Stimmpfeife
Auf einer Stimmpfeife für Gitarre können genau die sechs Töne der Gitarren-Standardstimmung gespielt werden, nämlich E–A–D-G–H–E, meistens in Höhe des Standard-Kammertons. Stimmpfeifen sind jedoch ungenau, die Töne sind temperatur- und blasdruckabhängig. Daher sind sie nur bedingt zum Stimmen geeignet[3].
Stimmgabel
Auf Stimmgabeln ist in der Regel eingraviert, welchen Ton oder welche Frequenz sie angeben. Meist ist dies ein A als Standard-Kammerton bzw. 440 für dessen Frequenz in Hertz. Wenn die Stimmgabel in Schwingung gebracht wird (z. B. durch leichtes Anschlagen an einer Tischkante), ertönt immer der Kammerton A. Nach diesem Ton wird die A-Saite gestimmt (2 Oktaven tiefer schwebungsfrei auf 110 Hz = A2) und davon ausgehend alle anderen Saiten. Durch Aufsetzen der Stimmgabel auf den Resonanzkörper der Gitarre kann die A-Saite besser gestimmt werden.
Stimmgerät
Ein Stimmgerät (Tuner) ist entweder ein kleines elektronisches Gerät, das an der Kopfplatte der Gitarre festgeklemmt wird und den Ton direkt über Körperschall aufnimmt oder ein Kästchen mit eingebautem Mikrofon für akustische Instrumente und zusätzlicher Klinkenbuchse zum Stimmen einer E-Gitarre. Der Vorteil der Kopfplatten-Tuner ist die Tatsache, dass sie auch bei störendem Umgebungslärm verwendet werden können. Das gilt auch für die E-Gitarrentuner bei der Verwendung der Klinkenbuchse. Die gerade gespielte Tonhöhe wird auf einem kleinen Bildschirm optisch wiedergegeben. Bei der A-Saite sollte „A5“ (110 Hz, 5 für „fünfte Saite“) als Zielton angezeigt werden, und eine fächerförmige Strichskala zeigt an, ob der Ton zu tief oder zu hoch ist. Auf diese Weise lässt sich das Instrument schnell stimmen. Es gibt chromatische Stimmgeräte, die alle 12 Halbtöne erkennen und manche, die nur die sechs Gitarrentöne „hören“. Für Anfänger ist letzteres von Vorteil, weil sonst vielleicht versehentlich auf einen Halbton gestimmt wird. Einige Stimmgeräte können auf verschiedene Modi umgeschaltet werden: „Gitarre“, „Bass“ oder „chromatisch“. Die Kammertonfrequenz lässt sich bei besseren Stimmgeräten ebenfalls anpassen, denn sie variiert je nach Kontext (moderne Orchester stimmen beispielsweise höher, mindestens auf A=442 Hz).[4]
Computer
Für Computer sind kostenlose Programme verfügbar, die die Funktion eines Stimmgeräts übernehmen – ein Mikrofon muss dabei vorhanden sein.
Smartphone
Für Smartphones sind diverse Tuner-Apps verfügbar.

Literatur

  • P. Päffgen: Die Gitarre – Geschichte, Spieltechnik, Repertoire. Schott Music, Mainz 2002. ISBN 978-3-7957-2355-2.
  • J. Powrozniak: Gitarren Lexikon. Komponisten, Gitarristen, Technik, Geschichte. Nikol Verlagsgesellschaft, Hamburg 1997. ISBN 978-3-930656-45-5.

Weblinks

Wikibooks: Gitarre: Stimmen – Lern- und Lehrmaterialien
Wikibooks: Gitarre: Stimmen mit Flageolett – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. http://timberens.com/essays/tuning.htm
  2. https://www.renesenn.de/stimmen.html
  3. https://fedora.kug.ac.at/fedora/get/o:11038/bdef:Content/get Robert Winkler: Fehler beim Stimmen der Gitarre, Magisterarbeit am Institut für Elektronische Musik und Akustik der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, Seite 39
  4. https://van.atavist.com/kammerton-440-432